Protocol of the Session on March 16, 2016

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Dr. Buh- lert [FDP]: Das ist kein Entweder-oder! Nein, nein!)

Wir unterscheiden uns also insofern von der LINKEN – von dem, was in dem Antrag beschrieben worden ist. Wir sind dafür, auf der einen Seite konkret auszuweisen, welche Sonderkosten wir durch die Flüchtlinge haben und dafür auch Kredite aufzunehmen, auf der anderen Seite aber den Konsolidierungskurs beizubehalten. Das bedeutet eine getrennte Rechnung, und das bedeutet auch, dass wir alle Anstrengungen unternehmen, um – wenn wir die Flüchtlingskosten herausrechnen – ein Argument zu haben, auch weiterhin die 300 Millionen Euro Zinshilfe zu bekommen, wobei das sehr schwierige Verhandlungen mit dem Stabilitätsrat sein werden. Wir können im Übrigen auch nicht auf ungedeckte Schecks setzen. Es ist klar, dass eine mittelfristige Finanzplanung selbstverständlich andere Zahlen und andere Planungen haben würde, wenn wir denn wüssten, dass wir mit der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs ab 2020 tatsächlich auch eine Summe X bekommen. Das wissen wir aber noch nicht.

(Abg. Dr. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen]: So ist es!)

Im Augenblick ist der Stand, dass sich die Ministerpräsidenten untereinander geeinigt haben, aber eben noch nicht mit dem Bund. Solange diese Einigung noch nicht vollzogen ist, würde ein Daraufsetzen und Verrechnen dieser Zahlen nichts anderes bedeuten, als mit ungedeckten Schecks zu arbeiten.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Neuer Kanzlerbrief!)

Ich weiß, wovon ich rede. Wir hatten einmal einen Kanzlerbrief. Sie kennen den auch noch. Das wollen wir nicht noch einmal. Das ist also für uns kein seriöser Ansatz.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Röwe- kamp [CDU]: Das machen wir aber gerade!)

Trotzdem gibt es Wünsche. Auch wir sind der Auffassung, dass sich der Bund stärker an den Kosten der Aufnahme und der Integration der Flüchtlinge beteiligen muss. Man kann es den Kommunen nicht allein überlassen. Die Kommunen sind an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Es muss hier eine stärkere Unterstützung geben. In diesem Zusammenhang muss man sich im Bund und bundesweit – nicht nur in Bremen – darüber Gedanken machen, ob die abstrakte schwarze Null wichtiger ist als das Gemeinwohl und der Zusammenhalt der Gesellschaft.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Ich glaube, darüber muss man reden, und es wäre klug, das vorurteilsfrei zu tun. Wenn wir tatsächlich eine gelungene Integration wollen, müssen wir einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren ins Auge fassen. Da muss man sehen, welche Mittel man einsetzt, damit Integration – wie Herr Dr. Hilz vorhin gesagt hat – dann auch ein Gewinn werden kann.

(Beifall SPD)

Was die im Antrag eingeforderten Maßnahmen angeht, lassen Sie mich nur ausführen – das ist aber auch bekannt –, dass wir den kommunalen Wohnungsbau schon vorangetrieben haben, dass es spezielle Programme zur Langzeitarbeitslosigkeit gibt, dass wir die Personalausstattung an den Schulen verbessern. Hinzuzufügen wäre noch, dass wir eine weitere Versorgung mit Kita-Plätzen machen, dass wir mehr Ganztagsschulen einrichten, Personal bei Polizei und Stadtamt erhöhen und so weiter. Die Liste lässt sich noch sehr weit fortsetzen.

Trotzdem ist immer die Frage: Wie wirkt Politik eigentlich? Ist es tatsächlich so, dass das, was man einsetzt, zu den Effekten führt, die man gern erreichen möchte? Die Frage ist vorhin vom Kollegen Rupp gestellt worden, und seine Antwort war, die Politik hat nichts bewirkt. Da muss ich Ihnen aber sagen, dann müssen Sie bitte auch zur Kenntnis nehmen: Es gibt mehr Ganztagsschulen, seit Rot-Grün regiert, es gibt die Inklusion, es gibt mehr Kita-Plätze. Wir haben keine gerichtliche Auseinandersetzung über die Anzahl der U3-Plätze, selbst wenn wir noch mehr brauchen. Wir haben ein Energieprogramm aufgelegt, mit dem wir auch Gebäude sanieren. Wir haben den Küstenschutz vorangetrieben. Wir haben weitere Gewerbeflächen erschlossen. Wir entwickeln die Überseestadt. Wir haben mehr Geld in Bildung

gesteckt als vorher. Das alles zu negieren, bedeutet, die Entwicklung von Politik zu negieren. Ich finde, Sie werden der rot-grünen Koalition damit absolut nicht gerecht.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir teilen auch nicht die Auffassung der LINKEN, dass man jetzt alles in einen Riesenhaushalt zusammenpacken müsste, der die Überschrift trägt: „Sicherung der sozialen Gerechtigkeit und Menschlichkeit“. Ich habe vorhin schon ausgeführt, warum wir dafür sind, dass wir auf zwei verschiedene Bereiche schauen und so zukünftig auch agieren. Wie Sie den Ausführungen entnehmen konnten, gibt es einige Gemeinsamkeiten, aber es gibt eben auch deutliche Unterschiede. Wir werden deshalb Ihren Antrag – das sage ich bewusst – in weiten Teilen ablehnen. Es gibt einen Punkt, auf den ich gleich noch einmal komme, den wir unterschreiben werden und zu dem wir uns positiv verhalten werden. Lassen Sie mich zum Abschluss aber vorher noch eine Anmerkung machen! Ich bin – das beziehe ich jetzt auf mich persönlich – nicht glücklich über die lange Zeit, die es gebraucht hat, bis ein Haushalt hat vorgelegt werden können.

(Beifall FDP, ALFA)

Das ist eindeutig der besonderen Situation geschuldet. Trotzdem würde ich mir ein geregelteres Verfahren über die zeitlichen Abläufe der Vorlage eines Haushalts dem Parlament gegenüber wünschen. Das sage ich jetzt unabhängig von meiner Rolle als Mitglied der Regierungskoalition, sondern als Mitglied dieses Hauses. Es wäre dem Parlament gegenüber fairer, zu vereinbaren, wie ein gesichertes Verfahren organisiert werden kann. Das steht in Ihrem Antrag in einem Punkt. Es wäre gut, wenn Sie das im nächsten Haushalts- und Finanzausschuss noch einmal aufgreifen und wir darüber noch einmal reden. Ich halte es für richtig. Ich möchte an dieser Stelle, weil Herr Dr. Hilz auch darauf Bezug genommen hat, noch eines sagen: Ich möchte mich bei den Kolleginnen und Kollegen der Opposition bedanken, dass wir jetzt den Haushalt werden beraten können, indem wir eine vorgezogene Sondersitzung zur ersten Lesung machen, damit der Beratungsspielraum auch aus Sicht der Opposition weit genug ist, um tatsächlich die zweite Lesung noch vor der Sommerpause zu machen. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich! Damit das funktioniert, finden wir es richtig, den Punkt vier des Antrags der LINKEN, der dafür das notwendige Verfahren beschreibt, zu unterstützen. Wir werden diesem Punkt des Antrags der LINKEN zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Haushaltsverfahren an sich ist schon einiges gesagt worden. Ich will versuchen, den Spagat zwischen dem formellen Verfahren zur Aufstellung der Haushalte 2016 und 2017 und einer angemessenen inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Antrag der LINKEN hinzubekommen.

Ich will mit einem Satz aus dem Antrag beginnen, den ich so wichtig finde, dass man ihn ruhig zitieren darf. Es heißt bei der LINKEN: „Schlussendlich ist die Finanzierung struktureller Defizite im öffentlichen Haushalt durch Kredite, selbst wenn sie historisch günstig sind, keine dauerhafte Lösung.“ – Jawohl, meine Damen und Herren der LINKEN, das stimmt! Deswegen ist die Zielsetzung am Ende eines langen und steinigen Prozesses, öffentliche Haushalte ohne Schulden aufzustellen, auch die richtige.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Warum machen wir das eigentlich? Weil wir Grünen einen handlungsfähigen Staat erhalten möchten, einen Staat, der die Schwachen unterstützt und die Grundlagen für eine persönliche Entwicklung ohne Berücksichtigung der sozialen Herkunft schafft. Aus Verantwortung für die künftigen Generationen müssen wir unsere öffentlichen Haushalte sanieren. Wo führt denn Ihre Haltung, Herr Rupp, immer weiter und weiter Schulden zu generieren, am Ende des Tages hin? Ist nicht am Ende im Verteilungskampf um das dann noch wenige verbleibende Finanzielle immer der Schwächere derjenige, der leider nichts mehr abbekommt? Ganz ehrlich, Herr Rupp, ich glaube, wer Ihnen folgt, bekommt am Ende einen Staat, wie ihn sich die FDP wünscht, und das ist kein Staat, wie wir ihn haben wollen.

(Beifall SPD)

Unter schwierigen Rahmenbedingungen hat dieser rot-grüne Senat Zeichen gesetzt. Es wird mehr Lehrer geben, es wird ein Programm für Langzeitarbeitslose geben, es wird mehr Ganztagsschulen geben, es wird eine stärkere Pflege des städtischen Grüns geben. Es wird weiter gebaut, es werden Gebäude saniert und Straßenbahnen angeschafft, Deiche erhöht, Kajen saniert und so weiter. Die Aufgabe in der kommenden Haushaltsberatung, mit der wir im Mai anfangen werden, wird es sein, darüber zu beraten und auch gern darüber zu streiten, ob dies in allen Bereichen des Haushaltes angemessen ist und ausreicht.

In Ihrem Antrag wird aber so getan, als gebe es all diese Zielsetzungen nicht. Sie ignorieren schlichtweg die Beschlüsse des Senats und ziehen schon heute ein

Fazit, obwohl in den Deputationen die Einzelpläne der Ressorts noch nicht einmal behandelt wurden. Ich finde Ihr Vorgehen in dieser Sache falsch.

Da ich die Haushaltsberatung nicht vorwegnehmen möchte, werde ich mich nur noch ganz kurz mit den einzelnen Beschlusspunkten Ihres Antrags befassen.

Punkt vier hat der Kollege Liess eben schon angekündigt. Ich habe unsere gemeinsame Zielsetzung so verstanden, dass alle Fraktionen im Haus das Ziel haben, den Haushalt noch vor der Sommerpause zu beschließen. Daher werden wir Ihrem Antrag zu Punkt vier zustimmen, der im Kern allen Abgeordneten ermöglicht, zu sehen, welche Anmeldungen aus den Ressorts insgesamt erfolgt sind, und da einen Vergleich zum aktuellen Haushalt zu ziehen.

In Punkt fünf fordern Sie gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und zur Verbesserung der Bildungsergebnisse. Zwei Millionen Euro im Jahr 2016 und fünf Millionen Euro im Jahr 2017 werden für ein Landesprogramm zur Förderung von Langzeitarbeitslosen bereitgestellt. Das Betreuungsangebot für null- bis sechsjährige Kinder wird weiter ausgebaut. Zu Ganztagsschulen und Lehrern habe ich mich eben schon geäußert.

Lassen Sie mich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die grüne Fraktion auch schon öffentlich bekundet hat, im Bildungsbereich noch einmal einen Schwerpunkt in den Haushaltsberatungen setzen zu wollen!

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch einen ganz kurzen Ausflug zu den Äußerungen des Kollegen Dr. Hilz machen! – Herr Professor Dr. Hilz, ich glaube, dass Ihre Ansprüche an die Arbeitsmarktpolitik an den Realitäten scheitern werden. Ich glaube, dass wir anerkennen müssen, dass es Menschen gibt, deren Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt – sagen wir es einmal ganz gelinde – sehr schwierig bis fast unmöglich ist.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Aber nicht 16 Prozent!)

Ich bin bei Ihnen, dass wir die Zielsetzung haben müssen, dieses Ziel im Blick zu behalten, aber ich finde, dass zur Ehrlichkeit auch gehört, dass wir es da mit einer ganz schwierigen Aufgabe zu tun haben.

(Beifall SPD)

Im Punkt sechs heißt es: mehr Geld für alle! So habe ich es einmal zusammengefasst. Das würde ich dann gern im Detail im Rahmen der Haushaltsberatung diskutieren.

In Punkt sieben geht es noch einmal um die Rolle des Bundes. Das werte ich eher als Unterstützung für Senatorin Linnert und Bürgermeister Dr. Sieling, die auf Bundesebene für eine stärkere Beteiligung des Bundes bei den Kosten der Integration werben.

Denn das ist in der Tat ein Skandal: Während im Bund die Millionen und Milliarden gestapelt werden,

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: So ein Quatsch! – Abg. Kastendiek [CDU]: Blödsinn!)

kämpfen die Kommunen, Gemeinden und Länder um jeden Cent, und man lässt sie am langen Arm verhungern.

(Zuruf)

Ich empfehle den Haushalts- und Finanzausschuss und die entsprechenden Unterlagen! Aber das alles können wir gern noch weiter klären.

Punkt acht: Da verlangen Sie, wenn ich das richtig verstanden habe, Herr Kollege Rupp, dass wir die Sanierungsvereinbarung, die wir haben, aufkündigen und neu verhandeln.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Das müssen Sie sowieso nächstes Jahr!)

Gut! Dann lassen Sie uns doch einfach einmal dafür stehen, dass die Verabredungen, die wir miteinander getroffen haben, eingehalten werden und wir als Bundesland ein verlässlicher Partner gegenüber allen anderen Bundesländern und dem Bund sind!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Dann haben wir noch die Vermögensteuer. Da sind wir inhaltlich bei Ihnen, glauben aber, dass es keine rechtliche Möglichkeit gibt, auf Landesebene eine Vermögensteuer einzuführen. Insofern setzen wir da, glaube ich, gemeinsam auf die Ergebnisse der Bundestagswahl, die bevorsteht.

Interessant in Ihrem Beitrag ist Ihre Auseinandersetzung oder Ihr Kampf gegen Starbucks und Ikea. Ich muss noch einmal ein bisschen darüber nachdenken, wenn ich mir die Geschichte der FDP-Regierungsverantwortung im Bund und in den Ländern anschaue, ob das so zusammenpasst. Wir können uns gern noch einmal in einer weiteren Debatte darüber auseinandersetzen, wie das mit Mövenpick und anderen war. Das lassen wir aber an dieser Stelle.

Bleibt der zehnte Punkt. Da geht es um die Zeitplanung. Auch ich hätte mir eine frühere Beschlussfassung des Senats über die Eckwerte gewünscht, aber bei aller Kritik dürfen wir nicht ausblenden, dass wir uns in einer Sondersituation befinden. Herr Kollege Rupp, ich glaube, dass wir alle den Anspruch haben, in einen vernünftigen Prozess zu kommen, der klare Fristen und Aufgaben definiert, dass wir aber in diese vernünftigen Prozesse nicht Kriege und Flüchtlingsströme hineinplanen können. Natürlich habe ich Verständnis für die Verärgerung über den jetzt angedachten Zeitplan. Der trifft auch die

Regierungsfraktionen hier im Haus, und ich habe hohen Respekt vor der Bereitschaft der Opposition, die Haushaltsberatung bis zum Sommer mit uns gemeinsam zum Abschluss zu bringen.