Trotzdem bleibt am Ende eine Gruppe von 30 bis 40 Jugendlichen, die unsere Systeme hier in Bremen sprengt, und nicht nur in Bremen, auch die Jugendhilfeträger aus anderen Städten, die Sozialdezernenten in Köln, Freiburg, Hamburg, Berlin und überall melden ähnliche Probleme. Ehemalige Straßenkinder aus den Mahgreb-Staaten, die über Spanien nach Bremen, nach Aachen oder Hannover gekommen sind, ziehen von Stadt zu Stadt und haben in ihrem Leben nichts anderes gelernt. Frau Dr. Schaefer hat es treffend beschrieben: beziehungslos, sie leben von einem Tag auf den anderen, beschaffen sich Geld und Ware, um sie zu verkaufen, um über den Tag zu kommen, und hier ist der Antritt für den in Deutschland ausgebildeten Sozialpädagogen relativ schwierig, denn das hat hier im Raum niemand gelernt, auch nicht die frisch ausgebildeten Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen,
und das hat auch die Justiz in diesem Umfang noch nicht erlebt. Es ist für uns auch eine neue kulturelle Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Dass wir ein bisschen brauchen, um die richtige Antwort in einem Rechtsstaat zu finden, hat Sascha Aulepp richtig gesagt. Wir müssen überprüfen, ob wir immer noch alle entsprechenden Antworten parat haben, aber gleichwohl sind wir gefordert. Wir spielen in dem ganzen System als Jugendhilfe eine andere Rolle als Justiz und Inneres. Also, man hätte überspitzt sagen können, Thomas Röwekamp, alle Staatsgewalt geht von der Jugendhilfe aus. Das ist nicht so, sondern es spielt auch die Polizei ihre Rolle, und der Justiz ist ebenfalls eine Funktion zugeschrieben. Die Jugendlichen, die vom Haftrichter laufengelassen werden, können wir nicht einsperren und festhalten. Das dürfen wir als Jugendhilfe schlichtweg nicht, und deshalb ist es auch unheimlich schwierig, in dem Bereich zu einer Lösung zu kommen.
Wir werden eine interdisziplinäre Jugendhilfeeinrichtung gründen – daran arbeiten wir jetzt –, in der die Möglichkeit besteht, im Rahmen von Einzelfallentscheidungen zusammen mit den Familienrichtern Jugendliche zeitweilig festzusetzen. Wir haben in Bremen in den letzten zwölf Monaten das System der Haftvermeidung ausgebaut. Wir haben die Streetwork-Angebote verstärkt. Ich höre mit Freude – ich will das wirklich sagen, denn wir stehen ja kurz vor den Haushaltsberatungen – von dem Engagement des Parlaments, dass nämlich gesagt wird, dass Streetwork eine wichtige Aufgabe ist, die in dem Konstrukt der Prävention ein Baustein ist.
Ich habe den Zeitrahmen des Senats beschrieben. Wir werden weitere Angebote ausbauen, sicherlich wird mit der Gründung der Jugendhilfeeinrichtung in Bremen-Nord nicht das Ende der Fahnenstange erreicht sein. Die Straßensozialarbeit habe ich angesprochen.
In den Anträgen wird die Einrichtung einer Koordinierungsstelle nach Hamburger Vorbild angeregt. Das ist eine gute Sache. Neben anderen Abgeordneten dieses Hauses hat sich Susanne Wendland beispielsweise in Hamburg das Hamburger Modell vorstellen lassen. Das begrüße ich sehr. Es ist aus meiner Sicht ein Weg, den wir fortsetzen sollten. Wir werden auch die begleitenden Beratungsdienste, zum Beispiel den Beratungsdienst für die Fremdplatzierung, stärken und weiter ausbauen.
Ein wichtiges Instrument bleiben die behördenübergreifenden Fallkonferenzen. Ich muss hier jetzt ein paar Fachthemen aus meinem Hause ansprechen. Eine Herzensangelegenheit ist die Verbesserung der Zusammenarbeit mit der Polizei. Ich hätte gern am Dienstag an der Fragestunde in der Stadtbürgerschaft teilgenommen – Herr Hinners wir können ja auch noch einmal über das Thema reden,
aber unabhängig davon will ich hier entschieden dem Eindruck entgegentreten, dass wir uns nicht um die Jugendlichen kümmern, die sich in unserer Obhut befinden.
Es ist aber auch Fakt, dass sich unter diesen Jugendlichen junge Menschen befinden, die lange Wege hinter sich gebracht haben. Die Jugendlichen, die nach dem 1. November gekommen sind, erhalten sehr schnell die Auskunft, dass sie nicht in Bremen bleiben können und umverteilt werden. Wenn einem Jugendlichen, der nach Bremen oder in eine vergleichbare Großstadt möchte, mitgeteilt wird, dass er nach Posemuckel weitergeleitet wird – damit möchte ich Niedersachsen nicht zu nahetreten – und wenn das gegen den Willen des Jugendlichen ist, dann erleben meine Kollegen bundesweit, dass sich Jugendliche zusammenschließen und in die nächste Stadt reisen, um dort erneut ihr Glück zu versuchen. Daraus abzuleiten, dass das Jugendamt und die Polizei vor dieser Situation die Augen verschließen und sich nicht
Die Beschäftigten erledigen ihre Aufgaben mit großer Sorgfalt. Wir beide wissen ganz genau, dass die Polizei am Anschlag arbeitet, und das gilt auch für mein Haus und das Amt für Soziale Dienste. Sie können sich gar nicht die Anforderungen an die Kolleginnen und Kollegen im Kinder- und Jugendnotdienst vorstellen. Das ist auch ein Angebot, das wir angesichts der Herausforderungen, die entstanden sind, neu aufstellen müssen.
Der Kinder- und Jugendnotdienst ist unter anderen Rahmenbedingungen eingerichtet worden. Wir müssen uns diesen Bereich gemeinsam – und ich betone gemeinsam – anschauen und prüfen, ob die Ausstattung noch angemessen ist, oder ob wir Dinge verändern müssen. Am Ende eint uns das Ziel, dass wir die Menschen schützen wollen und dass jeder Jugendliche das Recht hat, als Einzelfall, als einzelne Person betrachtet zu werden. Es kann kein großes Angebot für alle geben, sondern wir brauchen viele differenzierte Antworten auf die schwierige Lebenslage der Jugendlichen.
Ich sage es noch einmal: In Bremen leben rund 2 560 Jugendliche. Die Kollegen des Jugendgerichts haben diese Jugendlichen noch nicht gesehen. Ich wünsche mir, dass die Jugendrichter diese Jugendlichen nicht sehen werden!
Ich habe den Eindruck aus den Stadtteilen, dass die Integration – unterstützt durch die Stadtteile – sehr gut gelingt, und zwar beispielsweise auch unterstützt durch die Arbeit von Fluchtraum und den weiteren Willkommensinitiativen. Das ist der Weg, den wir gehen müssen. Diesen Weg halte ich für alternativlos. Wir können nicht zur Seite blicken, sondern wir müssen diese schwierige Aufgabe aufgreifen, um die Kriminalität zusammen mit der Polizei zu bekämpfen. Zwischen der Polizei und der Sozialsenatorin gibt es keine Berührungsängste. – Danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei aller Gemeinsamkeit, die will ich an dieser Stelle durchaus zugestehen, bleibt aber doch das eine oder andere, das uns unterscheidet. Ich habe hier im Übrigen nicht gesagt, um das zunächst einmal klarzustellen, dass
das Jugendhilfesystem der richtige rechtliche Rahmen sei, um die Bevölkerung vor Kriminalität zu schützen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Bevölkerung einen Anspruch darauf hat, vor der Kriminalität dieser Gruppe unbegleiteter minderjähriger Ausländer geschützt zu werden und dass die bisherigen Maßnahmen eben nicht zur Bekämpfung ausreichen, das wird man wohl doch in diesem Parlament noch einmal sagen dürfen.
Ich will noch einmal aus der Vorlage des Senators für Justiz für die Sitzung des Rechtsausschusses zitieren, damit auch allen klar ist, über welche Delikte wir reden, die von diesen Jugendlichen begangen worden sind:
„Die Delikte sind beispielsweise Beförderungserschleichung, Diebstahl, gemeinschaftlicher Diebstahl, Hehlerei, Sachbeschädigung, Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Hausfriedensbruch, unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln, Bedrohung, Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, Wohnungseinbruch, Diebstahl, räuberischer Diebstahl, Diebstahl mit Waffen, Raub und gemeinschaftlicher Raub.“
Ich sage Ihnen, wenn das Jugendhilferecht vielleicht nicht die richtige Antwort darauf ist, wenn wir uns einig sind, dass die Sanktionen des Strafrechts die zu späte Antwort auf diese Jugendlichen sind, dann sage ich Ihnen, dann müssen wir darauf eine andere staatliche Antwort finden. Die Menschen haben nämlich einen Anspruch darauf, dass wir sie vor dieser Kriminalität wirksam beschützen.
Das, was der Jugendrichter aufgeschrieben hat, ist ja keine Systemkritik, sondern es ist ein Hilferuf gewesen – so habe ich es verstanden –, indem er sagte, behandelt und kümmert euch bitte endlich um diese Kinder, bevor sie vor mir sitzen und ich sie in Strafhaft nehmen muss. Wir als CDU fordern nichts anderes: Kümmern Sie sich um diese Kinder, und zwar nicht nur um ihrer selbst willen, sondern auch um der Opfer der Straftaten willen muss diesen Kindern schneller
und wirksamer geholfen werden, als Sie, Frau Senatorin, es bisher vermocht haben. Das will ich an dieser Stelle deutlich sagen.
Ich habe auch noch nicht so richtig verstanden, welche Punkte den Mehrwert des Antrags der Koalitionsfraktionen gegenüber unserem Antrag begründen sollen. Sie sagen, Sie wollen eine fakultativ geschlossene Unterbringung. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ja, es hat sich vielleicht bisher kein Träger gefunden, der bereit wäre, eine solche Einrichtung zu betreiben. Das ist doch aber nicht die Antwort, die wir auf dieses Kriminalitätsphänomen geben müssen. Ich sage Ihnen, wenn wir in absehbarer Zeit keinen Träger finden, dann müssen wir in einem provisorisch hergerichteten Gebäude, das der Senator für Justiz aufwendig hergestellt hat, erst einmal eine Übergangslösung mit Bordmitteln schaffen. Wir müssen auf jeden Fall reagieren, bevor uns vielleicht in einem Jahr eine von einem Träger betriebene Einrichtung zur Verfügung steht.
Welche Botschaft ist es denn an die Menschen, die diese Straftaten begehen? Denen kann doch ein weiteres Jahr nichts passieren, meine Damen und Herren! Ich bin nicht bereit, das für die CDU-Fraktion hinzunehmen. Ich will, dass diese Straftaten so schnell und so wirksam wie möglich beendet werden, und darauf haben die Menschen einen Anspruch.
Wenn Sie dann in einem Jahr die optimale Einrichtung, den fantastischen Träger und die Superkräfte haben, die auf Dauer und verlässlich diese Jugendlichen betreuen können, dann sage ich, dann ist das die bessere Lösung. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen Sie aber etwas tun, Frau Senatorin. Es reicht nicht, weiße Salbe zu verteilen, was Sie angeblich schon alles getan haben. Wenn es so erfolgreich gewesen wäre, dann hätte diese kleine priorisierte Gruppe nicht allein im letzten Jahr fast 400 neue Straftaten begangen. Nein, das, was Sie getan haben, hat nichts bewirkt! Deswegen müssen Sie jetzt etwas anderes tun, Frau Senatorin, nichts anderes fordern wir als CDU-Bürgerschaftsfraktion.
Ich will zum Schluss dieser Debatte noch einmal ausdrücklich sagen, dass das Problem für jeden greifbar ist. Ich kann nur empfehlen, nach 21.30 Uhr einmal den Hauptbahnhof zu besuchen.
Was stellen Sie fest, Frau Dr. Schaefer? Alles Tuttifrutti? Alles in Ordnung? Nein! Ich stelle fest, dass die
Sie sagen: „Wunderbar, ein tolles Zeichen!“ Nein, schöner wäre es, Frau Dr. Schaefer, wenn sie nicht anwesend sein müsste, weil die Jugendhilfe sich wirksam um die Jugendlichen kümmert. Das ist doch die Antwort, die wir geben müssen.
Wenn Sie, meine Damen und Herren, heute beschließen werden – und das wird ja so sein –; ich sage, wir werden uns bei Ihrem Antrag enthalten, weil er nicht falsch ist, aber er reagiert aus meiner Sicht zu spät, um es so deutlich zu sagen. Wenn Sie beschließen, wir wollen die intensivpädagogische Betreuung ausbauen, ja, wir wollen eine bedarfsgerechte Straßensozialarbeit, wie es im Antrag steht, dann frage ich mich ehrlich, meine Damen und Herren von der Koalition, warum brauchen Sie ein Jahr – ein Jahr! –, um sich auf eine solche politische Minimalforderung zu verständigen? Wenn das die Antwort auf dieses Kriminalitätsphänomen gewesen wäre, dann hätten Sie doch längst, seit einem Jahr, handeln können, wenn nicht noch länger. Sie haben es nicht getan, und deshalb spreche ich Ihnen auch die ernsthafte Erfolgsaussicht dieser Maßnahmen ab. Das Einzige, das hilft, ist die fakultativ geschlossene Einrichtung. Wenn diese weiße Salbe dazu dient, dass die Grünen-Fraktion geschlossen der fakultativ geschlossenen Einrichtung zustimmt, dann sei es so. Aber es ist nicht die zeitgerechte, richtige Antwort für die Jugendlichen, und es ist nicht die zeitgerechte und richtige Antwort für die Opfer, die bis dahin unter dieser speziellen Kriminalität hier in Bremen leiden werden. Ich halte es für politisch unvertretbar, die Lösung auf die lange Bank zu schieben. So geht man mit einem Phänomen nicht um!
Ich kündige deshalb an, dass wir als CDU-Fraktion natürlich unserem eigenen Antrag zustimmen werden. Wir werden uns beim Antrag der Koalition enthalten. Wir werden den Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen und uns beim Antrag der FDP-Fraktion enthalten.
Ich habe die Hoffnung, dass es vielleicht doch am Ende aus Vernunftgründen schneller geht, als Sie es in Ihrem Antrag beschreiben. Ich will in keinem Staat leben, in dem sich 160 Flüchtlinge, unbegleitete minderjährige Ausländer, aus einem Bremer System verflüchtigen und niemand weiß, was aus ihnen geworden ist, und wo sie geblieben sind. Ich will auch in kei