Protocol of the Session on January 21, 2016

(Beifall ALFA)

Das Wort erhält zu einer Kurzintervention die Abgeordnete Frau Steiner.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich war eben ein wenig schnell, deshalb noch eine kurze Stellungnahme. Zunächst möchte ich erstens klarstellen, dass es nicht darum geht, dass ich hier Tag und Nacht Angst habe,

(Abg. Frau Böschen [SPD]: Doch nicht?)

sondern es geht darum, dass man an bestimmten Orten ein ungutes Gefühl hat und sich vielleicht nachts nicht wohlfühlt, wenn man heimgeht, und das in Bahnhofsgegenden.

Zweitens, Frau Vogt, ich glaube, dass die Polizisten durchaus dankbar wären, wenn sie mehr Vollzeiteinheiten als unterstützende Kräfte zur Verfügung hätten.

Punkt drei! Herr Zicht, überall wird Geld ausgegeben, aber dort, wo es eine der Hauptaufgaben des Staates berührt, wird gespart.

(Zuruf Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen])

Das finde ich durchaus schade, und deshalb haben wir uns damit beschäftigt. Wir leben in einem völlig freien Land. Freiheit ist eines der höchsten Güter, und ich hoffe, dass wir nicht in eine Lage geraten, die Freiheit erst dann wertzuschätzen, wenn wir sie vermissen und sie nicht mehr vorhanden ist. Das ist der Grund, weshalb wir uns damit befassen und mehr Vollzeiteinheiten fordern, die, so denke ich, auch durchaus maßvoll und finanziell darstellbar sind.

Lassen Sie doch bei diesem Thema einfach einmal die Ressentiments innerhalb der Parteien beiseite, und lassen Sie uns doch einmal gemeinsam ein Signal set

zen, in die Mitte der Bürgerinnen und Bürger, der Zugewanderten, und zwar nicht für uns als Freie Demokraten, sondern für Bremen!

(Beifall FDP, ALFA)

Als Nächste hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht kann man zunächst einmal mit dem beginnen, was hier im Haus unstrittig und schon sehr viel ist. Alle Rednerinnen und Redner haben nämlich gesagt, dass die innere Sicherheit ein ganz wichtiges Gut ist und sowohl die objektive Sicherheitslage als auch das subjektive Sicherheitsgefühl Güter in unserem Staat sind, denen wir Rechnung tragen wollen und müssen, dass wir außerdem der Tatsache ins Auge sehen, dass ein hohes Maß an innerer Sicherheit hier der Standard ist und wir uns gemeinsam anstrengen wollen, das zu erreichen.

Dabei darf man in dieser Debatte auch nicht unterschlagen, dass Deutschland eines der sichersten Länder der Erde ist, und wir wollen gemeinsam – ich denke, Regierung und Opposition sicherstellen, dass dies auch so bleibt. Unser hohes Maß an Rechtsstaatlichkeit – und die Polizei ist einer der zentralen Faktoren, um das zu erzielen – ist etwas, das wir gemeinsam mit aller Energie und allem Aufwand, den wir dafür betreiben können, verteidigen müssen.

Innere Sicherheit muss Vorrang haben, so lautet der Antrag der FDP. Auch Herr Zicht ist darauf eingegangen, warum müssen nicht Bildung, Kinder, Umwelt oder Sparpolitik Vorrang haben? Man weiß es nicht. Das sind die klassischen Anträge für Lobbyismus, von denen ich immer glaube, dass sie in der Wirkung auf die betroffenen Gruppen – –.

Die Menschen im Land Bremen wissen nämlich sehr wohl, dass wir nicht nur Einzelinteressen verfolgen können, die hier Vorrang haben, sondern unsere Aufgabe, jedenfalls die der gewählten Regierung, ist, einen Interessenausgleich herzustellen zwischen all den anderen Dingen, die als Staatsziele wichtig sind, die uns das Grundgesetz auferlegt, die das Sozialstaatsgebot bedingt. Da gibt es diesen Vorrang nicht, so wie Sie ihn hier meinen und auch versuchen, ich sage einmal, in Verkennung einer realen Lage, die für Politik immer im Abwägen besteht, herzustellen.

Zu Ihrer Behauptung, Frau Steiner, dass im Bereich innere Sicherheit gespart würde, möchte ich gern einmal von Ihnen wissen, was Sie denn unter Sparen verstehen. Es ist ganz sicher, dass die Anzahl der Polizistinnen und Polizisten unter der Regierungszeit von RotGrün angehoben wurde, und wo die Sparpolitik denn dann nun besteht, außer dass es nicht so viel – –.

(Abg. Frau Steiner [FDP]: Investitionsstau!)

Investitionsstau! Dann erzählen Sie, wo genau es diesen gibt! Bei der Polizei sind ja gerade neue Dienstfahrzeuge und auch neue Ausrüstungsgegenstände angeschafft worden. Außerdem steht das auch nicht in Ihrem Antrag, aber das macht ja nichts. Also, da würde gespart, behaupten Sie, aber den Beweis dafür sind Sie schuldig geblieben.

Sie haben gesagt, man lässt die Gesetzeshüter im Regen stehen, wenn man sich so wie der Senat verhält. Es ist völlig richtig, wie Herr Dr. vom Bruch auch eingeworfen hat, dass die innere Sicherheit und Ausstattung der Polizei Ländersache sind, und dieser Aufgabe wollen wir uns auch gern stellen.

Wie man jedoch gleichzeitig zum Beispiel bei der klassischen Ländersteuer, der Erbschaftsteuer, ständig weitererzählen kann, dass man sich am besten mit den Familienunternehmen auf den Weg begeben sollte, dass gar keine Erbschaftsteuer mehr für Unternehmen bezahlt wird, und dann hier erklärt, dass gespart wird, das passt einfach nicht zusammen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wer an der Steuerschraube so agiert wie die FDP, der sorgt nämlich dafür, dass wir die Polizistinnen und Polizisten, die wir gern hätten – ich selbst hätte auch gern mehr –, nicht bezahlen können, und das verstehe ich unter der Formulierung „im Regen stehen lassen“.

Es wurde schon erwähnt, 2 540 wird die neue Zielzahl für die Polizei sein.

(Zuruf Abg. Frau Steiner [FDP])

Bitte, Frau Steiner?

(Abg. Frau Steiner [FDP]: Mich wundert gerade, was Sie hier gerade für Sachen anführen, die aus einem ganz anderen Gebiet kommen! Das ist eine ganz an- dere Debatte, die wir gern einmal führen können!)

Es ist eine andere Debatte, wenn ich darauf hinweise, dass das Geld nicht vom Himmel fällt, sondern dass ein ordentliches Steueraufkommen des Staates nur die einzige Voraussetzung dafür ist, damit wir sicherstellen können, dass wir die Polizistinnen und Polizisten bezahlen können? Interessant!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Also, wir werden die Ausbildungskapazität so erhöhen, dass wir die Zielzahl von 2 540 erreichen. Das ist nun auch nicht so weit weg von den Forderungen der FDP.

Wir haben mit dem dritten Sofortprogramm, das der Senat beschlossen und auch mit einer Finanzierung hinterlegt hat, die dann in den Haushalt der Jahre 2016 und 2017 eingepflegt wird, dafür gesorgt, dass 26 weitere Stellen entstehen, die dann aber nicht mit

Vollzugspersonal besetzt werden, da die Polizei nicht ausreichend darüber verfügt. Sie müssten dort ausgebildet werden, darauf haben die Vorrednerinnen und Vorredner schon hingewiesen.

Des Weiteren haben wir, wie gesagt, den Ausbildungsjahrgang mit 100 Vollzeitstellen bei der Polizei Bremen und 20 bei der Polizei Bremerhaven, die dann im Jahr 2018 ausgebildet sein und die Polizei verstärken werden, schon beschlossen. Das sind die Taten der Regierung, an denen wir uns messen lassen. Wir werden sie auch finanzieren, und damit wird eine Verbesserung bei der Polizei einhergehen.

Was wir aber darüber hinaus tun müssen, ist, sicherzustellen – –. Die Ausbildungskapazitäten haben weder wir noch andere Bundesländer, insofern ist das immer so eine Sache, einfach nur zu fordern und, ich sage einmal, sich mit der Wirklichkeit nicht tatsächlich auseinanderzusetzen. Deshalb müssen wir, wenn wir die Polizei weiter entlasten wollen, auch noch einige andere Dinge tun.

Seit längerer Zeit überlegen der Kollege Mäurer und ich, wie man mit einem Konzept sicherstellen kann, dass die Polizei von Verwaltungsaufgaben weiter entlastet wird, aber auch die Frage, ob es eigentlich unbedingt ausgebildete Kommissare sein müssen, die Schwerlasttransporte begleiten oder Objektschutz vornehmen. Da gibt es Möglichkeiten, unabhängig von der Zielzahl der Polizei zu einer Verbesserung der Situation beizutragen.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Da sind wir auch da- bei!)

Das steht aber nicht in Ihrem Antrag, wenn Sie da dabei sind, sondern Sie wollen und meinen – und darauf versuchen wir ja gerade hinzuweisen – damit ausgebildete Polizeikräfte, und die werden wir, da können wir uns auch auf den Kopf stellen, gar nicht erreichen können. Insofern beantragen Sie etwas, das nicht menschenmöglich ist.

So! Jetzt stellt sich die Frage, wie man trotzdem eine Lösung oder eine Verbesserung der Lage erreicht, und, das versuche ich hier gerade zu sagen, auch eine bessere Zusammenarbeit mit Bremerhaven und da für einen Ausgleich zu sorgen, ist ein Ziel des Senats. Wir machen eine Planung über den Ausbildungszeitraum hinweg, und natürlich wissen wir, dass wir es – weil die Abgänge nicht immer alle am gleichen Tag stattfinden – im Laufe des Jahres, bevor dann die neu ausgebildeten Polizistinnen und Polizisten eingestellt werden, in den Monaten vorher mit einem Abbau der Polizei zu tun haben. Wir müssen auch darüber reden, ob es nicht vielleicht Möglichkeiten gibt, über eine anders organisierte Ausbildung die sich daraus immer ergebende Delle, die nicht beabsichtigt, nicht von Interessen geleitet ist und auch nicht aus einem finanziellen Interesse heraus passiert, ausgleichen zu können.

Sicher ist, dass das, was Sie als FDP fordern, weder sofort geht – auch technisch gar nicht –, noch finde ich es richtig, hier Anträge zu beschließen, um Signale auszusenden. Das hat nämlich auch ein bisschen etwas damit zu tun, dass man Menschen nicht ernst nimmt, indem man ihnen Sand in die Augen streut, dass man hier Dinge beantragt, die theoretisch selbst noch nicht einmal mit dem allerbesten Willen und dem Vorhandensein von Geld umsetzbar wären. Ich finde es gut, dass der Antrag in den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen wird. Dort kann man anschauen, wo die jeweiligen Befürworter dieses Antrags dann das Geld generieren wollen. Es interessiert mich dann auch immer, zu wessen Lasten der Vorrang dann eingeräumt werden soll. Ich fände es zudem gut – –. Da ja jetzt auch mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass andere Großstädte besser ausgestattet sind – und das wollte ich auch noch einmal zu der Diskussion in Bezug auf Flüchtlinge heute Morgen sagen –, betone ich, wenn man das alles immer standalone macht, dann steht man eben auch ein bisschen allein da. Wenn man es aber einbettet, ich sage einmal, in das, was sonst in Deutschland passiert, wie dort die Standards sind und wie die Abwägungen und Entscheidungen in anderen Gebietskörperschaften ausfallen, dann kann man auch besser einordnen, wo man selbst steht. Ich rege noch einmal an, dies in die Debatte im Haushalts- und Finanzausschuss auch mit einzubeziehen, sodass wir da dann auch vielleicht noch zusammen etwas lernen können. – Danke!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Hier ist Überweisung zur Beratung und Berichterstattung an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss vorgesehen. Wer der Überweisung des Antrags der Fraktion der FDP mit der Drucksachen-Nummer 19/158 zur Beratung und Berichterstattung an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) überweist entsprechend.

(Einstimmig)

Keine Abschiebung in die Kälte – Wintererlass jetzt! Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 3. Dezember 2015 (Drucksache 19/195)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Leonidakis.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lange Zeit war Bremen zurückhaltend bei Abschiebungen. Sie wurden, wenn es überhaupt welche gab, vorher angekündigt. Humanitäre Gründe gegen Abschiebungen – zum Beispiel eine Angehörigkeit zu Minderheiten – wurden positiv berücksichtigt, dazu das Stichwort Kosovo-Erlass. Viele Menschen mit Kettenduldungen erhielten nach Jahren der Unsicherheit einen humanitären Aufenthalt.

Das Migrationsrecht in Deutschland ist durchzogen von Ausschluss, Diskriminierung und teilweise Schikane. Bei der Umsetzung hat Bremen im Rahmen seiner Möglichkeiten Menschlichkeit walten lassen. Dem gebührt Anerkennung, denn es ist keine Nichtigkeit, es hat viele Menschen vor einem Verlust der Existenz bewahrt.

(Beifall DIE LINKE)

Der Bundesgesetzgeber hat diese humane Ausgestaltung eines weitgehend inhumanen Aufenthaltrechtes jetzt verboten. Über den kompletten Ausschluss der Menschen aus den sogenannten sicheren Herkunftsstaaten haben wir hier schon geredet.