werden sollen, und wenn Sie diese Schritte an den vorhandenen Finanzmitteln ausrichten würden, dann wäre auf der Bundesebene deutlich, welche Maßnahmen wir hier mit unseren Mitteln umsetzen können und welche Maßnahmen wir nicht umsetzen können, weil uns die finanziellen Mittel fehlen. Es kann doch nicht wirklich Ihr Anliegen sein, ständig als Visionäre aufzutreten, die einen Flickenteppich hinter sich herziehen! Ich kann doch kein Zweifamilienhaus planen, wenn ich lediglich über die Mittel für eine Eigentumswohnung verfüge. In Ihrem Eckpunktepapier hat die CDU-Fraktion trotz aller Kritik einige gute Ansätze entdeckt. Die Schaffung eines Kompetenzzentrums für die Flüchtlingsaufnahme ist zum Beispiel auch unser Anliegen, das wir bereits im November 2015 mit einem eigenen Antrag untermauert haben. Wir wollen, dass ankommende Flüchtlinge so lange in der Erstaufnahmestelle bleiben, bis sie die für sie wichtigen Stationen durchlaufen haben. Die Ersterfassung und Registrierung, die erkennungsdienstliche Behandlung und die Stellung des Asylantrags beim Bundesamt sollen dort optimiert durchgeführt werden. Die medizinische Erstuntersuchung muss dort ebenso stattfinden wie für voraussichtlich bleibeberechtigte Flüchtlinge eine Abfrage berufsbezogener Kompetenzen und ein erster Kontakt zum Jobcenter oder zur Bundesagentur für Arbeit. Familien müssen erste Informationen und Kontakte bezüglich der frühkindlichen Betreuung und Beschulung ihrer Kinder erhalten. Es müssen auch erste Kontakte zu Anbietern von Sprachkursen möglich sein. Meinem Eindruck nach scheint Ihnen das meiste von dem, was ich eben dargestellt habe, wichtig, sodass wir davon ausgehen, dass Sie unserem Antrag zustimmen werden. Abschließend möchte ich noch eine Sache ansprechen, die der CDU-Fraktion im Konzept fehlt. Unser Bürgermeister, Herr Sieling, hat in seiner Neujahrsansprache im Rathaus gesagt: „Natürlich sind unsere Wertvorstellungen ein zentraler Maßstab für die Integration.“ Es gelte, Werte wie Respekt, Gleichberechtigung, Glaubens- und Religionsfreiheit zu erhalten. Er hat versichert, Klarheit in den Regeln und Humanität gehören zusammen. Für diese Worte hat es viel Applaus gegeben, aber wir haben auf den 59 Seiten des vorgelegten Konzepts nichts dazu gefunden. Erwarten Sie eigentlich aktiv etwas von den Flüchtlingen? Wie wollen Sie ihnen Ihre Erwartungen nahebringen? Die CDU-Fraktion erwartet, dass alle Menschen mit Bleiberechtsperspektive sich bemühen, früh die Sprache zu lernen und sich Wissen über das Leben in Deutschland und über unsere Werte und Normen anzueignen. Wir erwarten, dass sie sich dann schnell an die hier geltenden Regeln halten, und wir finden auch, dass sie dafür befähigt werden müssten.
Wir erwarten zum Beispiel auch, dass sich alle bemühen, eine ihnen angemessene Arbeit zu finden, damit sie von Sozialleistungen unabhängig werden. Wir hätten sehr einen Abschnitt begrüßt, in dem hierzu Aussagen getroffen worden wären, denn dadurch hätte der Bremer Senat zeigen können, dass er die ankommenden Menschen als Gegenüber und als mündige Bürger sieht, die Verantwortung für ihr Tun und Lassen übernehmen müssen.
Obwohl es sicher nicht Ihre Absicht war, kommt mir das Konzept ohne einen solchen Abschnitt so vor, als wollten Sie die Flüchtlinge in einem Puzzle hin- und herschieben. Irgendwie tut es mir ja leid, dass ich so viel Salz in Ihre Suppe streue, obwohl sich das Konzept auf dem Sofa sehr gut lesen ließ. Da es für mich aber Schreibtisch- und Arbeitslektüre ist, ist mir vorrangig wichtig, was wann konkret in die Praxis umgesetzt wird.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich konkret zu dem Konzept Stellung nehme, möchte ich ein paar allgemeine Bemerkungen machen.
Ich habe die gestrige Debatte als nicht angemessen empfunden. Ich glaube weder, dass Frau Vogt die Ereignisse von Köln verharmlosen wollte,
noch glaube ich, dass die CDU die Ausländer allgemein unter Generalverdacht stellen will. Beides wollte hier eigentlich niemand. Meiner Meinung nach, um das ganz klar zu sagen, leben wir in einer Situation, in der es unbedingt nötig ist, dass alle demokratischen Kräfte an dem Ziel, die Integration zu bewerkstelligen, arbeiten sollten.
Ich mache mir wirklich große Sorgen über das, was aus dem rechtspopulistischen, dem rechtsradikalen und dem rechtsextremen Lager gerade auf uns zukommt und dort wächst. Das wächst auch dann, wenn sich Demokraten in den Parlamenten nicht auf ein Mindestmaß in der Frage verständigen können, auf welche Weise mit der Zuwanderung umzugehen ist.
Auch das! Wie gehen wir in den Parlamenten miteinander um? Ich glaube, der Versuch, auf die Populisten zuzugehen, um damit parteipolitisch irgendwie etwas mehr Profil zu gewinnen, ist wahnsinnig gefährlich und sollte unterlassen werden.
Ich kann die Diskussion in Europa gelegentlich nicht nachvollziehen, weil ich glaube, dass man an der Stelle mit dem Feuer spielt, wenn man die Idee verkündet – wie vor Kurzem in Österreich –, dass die Grenzen geschlossen werden sollten.
Im Übrigen hat eine Grenzschließung – und das sagen ja alle Experten – einen riesengroßen Nachteil für den Wirtschaftsraum Europa. Es muss jedem klar sein, dass man nicht einfach die Grenze schließen kann, ohne dass daraus Konsequenzen folgen.
Ich glaube, dass wir im Gegenteil daran arbeiten müssen, vielleicht uns auch klarer und deutlicher uns dafür einsetzen müssen, dass sich die Situation in den Ländern verbessert, aus denen die Flüchtlinge zu uns kommen, also zu helfen, dass die Welt friedlicher wird und die Menschen nicht ganze Regionen wegen Hunger und Armut fluchtartig verlassen.
Dies vorausgeschickt halte ich fest, dass sich das vorgelegte Konzept genau in diese Situation einbettet. Es ist der Versuch, Bremens Leistungsfähigkeit zu beschreiben. Wir können nicht einmal eben so abschieben, wie das verschiedentlich gefordert wird, wenn jemand kriminell ist, oder wenn ich finde, dass jemand kriminell ist, dann schieben wir ihn ab! Nein, wir leben in einem Rechtsstaat, es gibt rechtsstaatliche Verfahren, und vor einer Abschiebung steht allemal ein ordentliches Gerichtsverfahren.
Wenn man den Rechtsstat ernst nimmt, dann, finde ich, ist die jetzige Situation nicht dazu geeignet, einmal schlankweg über die eine oder andere rechtsstaatliche Norm hinwegzugehen.
Ich habe auch nicht das Gefühl, dass wir in Bremen nicht in der Lage waren, über die kriminellen Jugendlichen, die hoch aggressiven Täter zu reden. Wir haben sehr häufig das Thema erörtert, und ich erinnere mich daran, dass ich schon vor circa zwei Jahren darauf hingewiesen habe, dass man meiner Meinung nach andere Maßnahmen und andere Einrichtungen braucht.
Herr Röwekamp, ich sage ja nur, dass für einige Bereiche die Vermutung naheliegt, dass die Probleme verschwiegen werden. Ich habe immer gesagt, dass wir die Problematik der Flüchtlingsaufnahme offen diskutieren müssen. Es hilft überhaupt nicht, wenn irgendwelche Bereiche schöngeredet werden. Wir wissen, dass in einigen Zelten problematische Situationen entstanden sind. Wir wissen, dass wir dem Flüchtlingsstrom mit unseren augenblicklichen Maßnahmen nicht hinreichend begegnen können. Die Zahl der ankommenden Flüchtlinge übersteigt unsere Möglichkeiten. Das Jugendhilfesystem kann beispielsweise nicht im notwendigen Maß ausgebaut werden. Gleiches gilt für die Errichtung von Neubauten, den Zugang zum Arbeitsmarkt und zum Gesundheitssystem. All das ist eine komplizierte und schwierige Aufgabe. Ich hätte mir gewünscht, dass die Situation schneller zu bewältigen gewesen wäre, aber wenn man ehrlich ist, ich glaube, egal, welche Partei den Senat gestellt hätte, die Probleme wären ziemlich gleich gewesen. Es ist deswegen müßig, an dieser Stelle politisch zu argumentieren und zu sagen, wir können das alles besser. Frau Grönert, mit Verlaub, wenn Sie bei Ihrer Sofalektüre geblieben wären, dann wäre es vielleicht schöner gewesen.
In dem Konzept schreibt der Senat die Aufgaben fest, die er beabsichtigt zu erledigen. Wir haben die ganze Zeit gesagt, dass wir eine kurzfristige, eine mittelfristige und eine langfristige Strategie benötigen. Es liegt nun eine mittelfristige Strategie mit einigen, das würde ich einmal sagen, Hinweisen auf eine langfristige Strategie vor. Glauben Sie doch nicht, wenn wir in dieser Stadt für über 30 000 Menschen Wohnraum schaffen müssen, dass das in den Ortsteilen überall ohne Probleme über die Bühne gehen wird! Es wird um jede Fläche gerungen werden. Ich weiß, dass bei uns in Obervieland auf einer Fläche, die, wie ich finde, vom Charakter her als Wiese einzustufen ist, Wohnungsbau vorgesehen ist, und jetzt wird auf einmal von einigen Anwohnern behauptet, es handele sich um eine hoch ökologische Fläche, und es seien dort auch schon Rehe gesehen worden. Das kenne ich. Es ist aus der Sicht einer Bürgerinitiative in Ordnung, auf diese Weise an den Start zu gehen. Tatsache ist aber, dass wir Flächen für den Wohnungsbau benötigen.
Eine ganz zentrale Frage ist, ob es dieser Stadtgesellschaft gelingt, Wohnungen zur Verfügung zu stel
len, und zwar nicht nur für Flüchtlinge. Niemand will, dass ein Flüchtlingsgetto oder ein Flüchtlingsstadtteil entsteht. Im Übrigen benötigen wir in dem Segment preiswerter Wohnungsbau nicht nur Wohnungen für Flüchtlinge, sondern gleichermaßen für Studenten und Hartz-IV-Empfänger. Das ist im Großen und Ganzen zwischen allen Konsens, aber eine Antwort auf die Frage zu finden, wie das Ganze umgesetzt werden soll, ist ausgesprochen schwierig.
Wir haben in den Kita-Ausbau relativ viel Geld investiert und, wie ich finde, ziemlich viel geleistet. Nun stehen wir aber vor der Situation, dass in die Kitas eine weitaus größere Kinderzahl aufgenommen werden muss, als zu dem Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Ausbauprogramme bekannt gewesen ist. Eine entsprechende Einschätzung ist zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Natürlich muss in diesem Bereich jetzt nachgebessert werden. Natürlich sind weitere Schulplätze einzurichten, und natürlich ist das Gesundheitssystem in die Lage zu versetzen, dass es die neue Herausforderung bewältigen kann.
Ich sage noch einmal: Die Frage, wie sich die Flüchtlinge bei uns verhalten, und die Erwartungshaltung, die Frau Grönert in ihrer Rede unter anderem formuliert hat, indem sie fragte, was die Flüchtlinge eigentlich leisten, ob sie eigentlich gewillt sind, stellen sich nicht. Es sind Menschen, die gerade aus Syrien stammen, traumatisiert sind, lange und auch gefährliche Fluchtwege bewältigt haben und zunächst einmal, finde ich, aus humanitären Gründen unsere Hilfe bekommen sollten.
Unsere Hilfe umfasst nicht nur ein Dach über dem Kopf und Integration light, sondern es handelt sich um einen langfristigen Prozess. Es ist dabei völlig klar, dass die Sprache ein ganz entscheidender Baustein für die Integration ist.
Wir werden mit Sicherheit bei der Abschiebung – um das auch noch einmal zu sagen – nicht die Größenordnung erreichen, die man ins Feld führen kann, um am Ende des Tages letztlich festhalten zu können, sie sind weniger, weil wir abgeschoben haben. Der eine oder andere Abschiebungsgrund wird vorliegen, und das ist aus meiner Sicht dann auch völlig in Ordnung. Das Problem, das weiterhin bestehen wird, ist die hohe Zahl der Zuzüge und die wenige Zeit, um die Strukturen adäquat ausbauen zu können. Das ist, glaube ich, das entscheidende Problem.
Die Wünsche und Hoffnungen der Populisten gehen mir persönlich extrem auf den Keks. Ich sage es einmal ganz deutlich: Wenn die Rechtsradikalen die Frauenbewegten dieser Nation werden, dann ist irgendetwas komplett schief!
Ich habe kürzlich gedacht – ich bin zum Beispiel auch auf Facebook und in anderen sozialen Netzwerken vertreten –, wenn man sich in den sozialen Netzwerken betätigt, dann bekommt man das Gefühl, dass diese Republik entweder komplett spinnt oder dass Knallfrösche unterwegs sind, die ihre persönliche Meinung kundtun, die aber nicht mit der Mehrheitsmeinung der Gesellschaft einhergeht. Vielleicht wäre es gesünder, das Ganze eine Zeit lang abzuschalten, um sich nicht immer wieder von dem geballten Blödsinn, den man lesen kann, irritieren zu lassen.
Wir brauchen, finde ich, eine klare, solidarische, europäische und weltoffene Haltung, die versucht, die vorhandenen Probleme auf eine Art und Weise zu lösen, dass ein gemeinsames Leben miteinander möglich ist.
Danke für den Hinweis! Ich muss noch zum Komplex Kompetenzzentrum und Flüchtlingsbeauftragter einige Anmerkungen machen. Ich hebe sie mir für die zweite Runde auf. An dieser Stelle beende ich meine Anmerkungen. – Vielen Dank!
Meine Damen und Herren, bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne einen Politikkurs der neunten Klasse der St.-Johannis-Schule.