Als Erstes lasse ich über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit abstimmen.
Wer den Bemerkungen dieses Ausschusses, Drucksache 18/1689, beitreten möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem 8. Jahresbericht der Landesbeauftragten für Informationsfreiheit, Drucksache 18/1319, von der Stellungnahme des Senats, Drucksache 18/1520, und von dem Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit, Drucksache 18/1689, Kenntnis.
Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit zum 36. Jahresbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz vom 21. März 2014, Drucksache 18/1320, und zur Stellungnahme des Senats vom 12. August 2014, Drucksache 18/1521, vom 17. Dezember 2014
Meine Damen und Herren, der 36. Jahresbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz vom 21. März 2013, Drucksache 18/1320, ist von der Bürgerschaft (Landtag) in ihrer 59. Sitzung am 21. Mai 2014 und die Stellungnahme des Senats dazu vom 12. August 2014, Drucksache 18/1521, in ihrer 66. Sitzung am 24. September 2014 an den Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit überwiesen worden. Dieser Ausschuss legt mit der Drucksachen-Nummer 18/1690 seinen Bericht und Antrag dazu vor.
Frau Dr. Sommer: Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Einladung, zum 36. Jahresbericht über den Datenschutz zu Ihnen zu sprechen, nehme ich sehr gern an. Dieser 36. Jahresbericht berichtet über das Wohlergehen des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung im Jahr 2013, und wenn wir alle einmal ein bisschen zurückdenken, dann erinnern wir uns daran, dass das Jahr 2013 ein ganz denkwürdiges Jahr für dieses Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung war. Anfang Juni 2013 gab es die ersten Veröffentlichungen über massenhafte und anlasslose Überwachungspraktiken der NSA, die diesen Presseartikeln zugrundeliegenden Informationen hatte Edward Snowden den Zeitungen übergeben. Diesen Ereignissen haben Sie hier in der Bremischen Bürgerschaft viel Raum für Debatten eingeräumt.
Sie haben aber hier nicht nur über die NSA und ihre Verbindung zur Freien Hansestadt Bremen gesprochen und für Edward Snowden einen sicheren und unbefristeten Aufenthalt in Deutschland gefordert. Sie haben noch viele andere Debatten über Datenschutz geführt, unter anderem über Themen wie Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern auf der einen und öffentlichen Stellen auf der anderen Seite, das nationale Cyber
Abwehrzentrum und über den europäischen Datenschutz. Bei der Debatte über das TTIP-Abkommen mit den USA haben Sie hier festgestellt, es könne nur geschlossen werden, wenn sich beide Seiten verpflichteten, die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger auf Datenschutz zu achten. Sie haben über Bodycams für die Polizei und mehrfach über Vorratsdatenspeicherung diskutiert, und auf der heutigen Tagesordnung steht noch die Nutzung von Facebook-Fanseiten durch die Polizei, über die dann aber vielleicht auch erst in der nächsten Bürgerschaftssitzung debattiert werden wird.
Das waren sehr viele Debatten über den Datenschutz: Aber ich finde, eine dieser Debatten, die ich jetzt noch nicht genannt habe, sticht heraus. Das war die vom 17. Dezember 2014. Darin haben Sie den Senat einstimmig aufgefordert, im Bundesrat eine Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes zu initiieren. Ziel dieser Initiative soll die Stärkung der Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber Auskunfteien sein. Einerseits soll darin klar festgelegt werden, welche Daten zur Berechnung von Scoringwerten, zum Beispiel über die Zahlungswilligkeit von Menschen, herangezogen werden dürfen. Das Wohnumfeld, so Ihre Entscheidung, soll ausdrücklich nicht dazugehören. Andererseits sollen die Menschen grundsätzlich auch Auskunft darüber erhalten dürfen, in welcher Weise die herangezogenen Daten jeweils gewichtet werden. Damit haben Sie, sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Offenlegung dieser Algorithmen gefordert, also die Offenlegung dieser Softwareprogramme, die die Scoringwerte berechnen, und ich glaube, das war sehr entscheidend.
Diese Offenlegung der Algorithmen ist nämlich nicht nur im Bereich der Auskunfteien richtig und wichtig. Wenn wir lesen, dass Big Data zum WM-Sieg der deutschen Fußballnationalmannschaft geführt hat oder zumindest ganz wesentlich dazu beigetragen hat, weil eine Datenbank mit Daten wie Laufwegen, Raumaufteilungen oder Ballbesitz von 7 000 Spielen der potenziellen Gegner der deutschen Nationalmannschaft ausgewertet wurde, wenn wir hören, dass die FC Bayern München AG plant, Daten über das Leistungsvermögen, die Stärken und Schwächen und die Gesundheit der Spieler in Echtzeit auszuwerten, und wenn wir hören, dass die Spieler der TSG Hoffenheim bereits jetzt Trikots tragen, in denen Sensoren eingebaut sind, deren Daten dem Trainer auf eine Datenbrille gespiegelt werden,
dann bekommen wir eine Vorahnung auf das, was bald auch sonst in der Arbeitswelt 4.0 möglich ist. Auch hier brauchen wir die Offenlegung der Algorithmen.
Genauso ist es bei smarten Preisen – die haben Sie zum Teil auch schon kennengelernt, wenn Sie im Inter
net nach Hotels oder nach Flügen gesucht haben –, die jedem genau den Preis anzeigen, den Sie gerade noch zu zahlen bereit sind. Genauso ist es bei smarten Heizungen, die unser Wohnverhalten voraussagen sollen, bei Gesundheitsapps – darüber haben wir auch viel gehört – und bei allem anderen, was neuerdings unter dem Titel „smart“ firmiert. In Zeiten von smarten Anwendungen bedeutet dieses Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, dass die Menschen die Vorurteile dieser Algorithmen kennen müssen und dass sie entscheiden können müssen, welche Schlüsse diese Programme aus welchen Daten über sie ziehen dürfen.
Morgen werde ich dem Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft und dem Präsidenten des Senats den 37. Jahresbericht zum Datenschutz übergeben. Er trägt den Titel „Keine Smartness ohne Freiheit“, und damit geht er genau in dieselbe Richtung wie Ihre Beschlüsse vom Dezember letzten Jahres. Nicht nur deshalb freue ich mich auf die jetzt folgende Debatte und auch auf alle anderen Debatten hier in diesem Haus zur informationellen Selbstbestimmung in Zeiten von Smartness. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Bevor ich der Kollegin Frau Schön das Wort erteile, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne eine Schülergruppe der WilhelmWagenfeld-Schule aus Bremen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit wurde am 21. Mai 2014 an den Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit überwiesen, die Stellungnahme des Senats dazu wurde dem Ausschuss am 24. September 2014 überwiesen. Der Ausschuss hat darüber am 24. Oktober 2014 beraten, genauso wie über den Informationsfreiheitsbericht.
Eben ist hier angesprochen worden, dass die Verfahrenswege sehr lange dauern, das hat auch der Ausschuss bemängelt. Das zu beschleunigen ist sicherlich eine Herausforderung, es wurde angemerkt, dass bereits der neue Datenschutzbericht schon wieder vorliegt. Der Ausschuss hat aber auch entschieden, dass der Datenschutzbericht und die Senatsstellungnahme sinnvollerweise zusammen beraten werden. Wenn die Stellungnahme des Senats im August vorliegt, die nächste Bürgerschaftssitzung im September stattfindet und die nächste Ausschusssitzung dann im Oktober
ist, ist das von den Zeitabläufen in Wirklichkeit zeitnah. Allerdings könnte man sich in dem Zusammenhang sicherlich darüber unterhalten, ob dann diese Berichte hinterher nicht auch gesetzt werden können, sodass wir sie nicht dann beraten, wenn bereits der nächste schon wieder vorliegt.
Worüber haben wir in der Ausschusssitzung beraten? Wir haben uns noch einmal folgende Punkte angeschaut, sowohl zusammen mit Frau Dr. Sommer als auch mit den entsprechenden Behörden: „Mangelnde Beteiligung behördlicher Datenschutzbeauftragter“, „Sichere Administrationsumgebung bei Dataport“, „Rahmendatenschutzkonzept BASIS.Bremen“, „Telekommunikationsüberwachung durch die Polizeien“, „Speicherung personenbezogener Daten bei der Polizei“, „Erweiterung der Anwendung INPOL und INPOL-Land“, „Rahmendatenschutzkonzept der Polizei Bremen“, „Aktuelle Situation im Stadtamt“ und „Rahmendatenschutzkonzept des Senators für Inneres und Sport“. Ich möchte kurz auf einige wenige Punkte davon eingehen! So hat der Ausschuss festgestellt, dass bei der Einbeziehung der behördlichen Datenschutzbeauftragten und der Kooperation zwischen der Landesbeauftragten und den öffentlichen Stellen noch erheblicher Optimierungsbedarf besteht. Die Kommunikation läuft teilweise nicht immer zufriedenstellend. Der Ausschuss fordert daher alle öffentlichen Dienststellen auf, ihre behördlichen Datenschutzbeauftragten künftig rechtzeitig und umfassend in die Verfahren einzubeziehen und in datenschutzrechtlichen Fragen besser mit der Landesbeauftragten zusammenzuarbeiten. In den Bereichen Dataport und BASIS.Bremen stellt der Ausschuss fest, dass Verbesserungen erzielt worden sind, aber dennoch nicht alle notwendigen Konzepte und Verfahrensbeschreibungen vorliegen und der Ausschuss diese Themen weiter begleiten möchte. Der Ausschuss bemängelt im Bereich der Polizei zum Teil erhebliche Defizite bei der Umsetzung der datenschutzrechtlichen Anforderungen. Dies ist vor dem Hintergrund der sensiblen Daten, mit denen die Polizei tagtäglich arbeitet, für den Ausschuss nicht hinnehmbar. Positiv ist allerdings hervorzuheben, dass die Polizei Bremen nunmehr über einen eigenen Datenschutzbeauftragten verfügt, an den sich die Bürgerinnen und Bürger direkt wenden können. Soweit die Zusammenfassung des Berichts! Dieser Bericht ist einstimmig im Ausschuss beschlossen worden und der Ausschuss empfiehlt die Annahme dieses Berichts durch die Bürgerschaft (Landtag). Insofern freue ich mich jetzt auf die Debatte.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute hier noch einmal nach der Ausschussbefassung den 36. Jahresbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz, Frau Dr. Sommer. Wer einmal einen Blick in die Berichte der letzten Jahre wirft, das ist hier auch schon angemerkt worden, wird schnell merken, dass sich viele Probleme wie ein roter Faden durch die Berichte ziehen, und vieles muss jedes Jahr wieder von uns auch im Ausschuss thematisiert werden.
Wir diskutieren heute abschließend über den Bericht für das Jahr 2013, und es ist schon darauf hingewiesen worden, dass morgen der neue Bericht für das Jahr 2014 vorgestellt wird. Ich vermute einmal, ohne ihn mir jetzt schon angesehen zu haben, dass sich auch dort vieles finden wird, was teilweise seit Jahren problematisiert wird.
Das ist einerseits sehr ärgerlich, denn es kann nicht sein, dass das Stadtamt über Jahre hinweg nicht den gesetzlich vorgeschriebenen behördlichen Datenschutzbeauftragten hat, nur um ein Beispiel zu nennen. Es kann genauso wenig sein, dass polizeiliche Datenverarbeitungssysteme über Jahre hinweg von Datenschützern kritisiert werden, ohne dass sich wirkliche Verbesserungen ergeben. Wir sehen also allein an diesen beiden Punkten, die immer wieder, in jedem Datenschutzbericht, stehen, dass die Landesbeauftragte für Datenschutz und ihr Team sozusagen ein dickes Fell und einen langen Atem haben müssen. Deshalb auch an dieser Stelle einmal mein Dank für ihre gute Arbeit!
Ich will nur kurz noch einige Dauerbaustellen nennen! Für das IT-Großprojekt BASIS.Bremen von Dataport, bei dem standardisierte Computer für die Verwaltung eingerichtet werden, fehlen die nötigen Verfahrensbeschreibungen und Datenschutzkonzepte. Bei der Polizei gab es an mehreren Stellen Datenschutzprobleme, und gegenüber dem zuständigen Ausschuss wurde uns dann erklärt, die Polizei habe schlicht nicht genügend Personal, um die Bestimmungen einzuhalten, und ähnlich sieht es beim Stadtamt aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das geht nicht! Ich habe hier an verschiedenen Stellen schon einmal sehr deutlich gemacht, dass Datenschutz eine wichtige Sache ist, die Grundrechte berührt, und dass es kein Kavaliersdelikt ist, wenn man die gesetzlichen Bestimmungen nicht einhält, sondern manchmal sogar richtig gefährlich. Ich erinnere an die Debatte im Februar, bei der es um den Sozialdatenschutz ging, und ich finde nicht, dass Behörden aus Personalmangel einfach sagen dürfen, das ist uns weniger wichtig, deswegen nehmen wir das nicht so ernst. Datenschutz