Protocol of the Session on January 21, 2015

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir haben – und das machen wir ja an verschie

denen Stellen der Stadt, auch im Armutsausschuss – gemeinsam eine Reihe von Feldern identifiziert, innerhalb derer wir das Problem des Abbaus und der Prävention von Armut im Wesentlichen angehen müssen. Das eine ist, Sie haben es angesprochen: Natürlich ist dieser hohe Sockel von Langzeitarbeits losigkeit, von verfestigter, fast generationenüber greifender Armut das große Problem. Wir können anhand dessen, was wir erreicht haben – wir haben weniger Schulabbrecher und mehr Schulabschlüsse –, feststellen, dass wir in vielen Dingen tatsächlich, anders als Sie es sagten, vorangekommen sind, aber wir treffen immer wieder auf diesen hohen Sockel von verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit, und insofern ist gerade die Arbeitsmarktpolitik hinsichtlich der Wege aus dieser verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit ein zentraler Punkt. Hier müssen wir im Übrigen gar nicht im Sinne von Gegensätzen oder Schuldzuschreibung argumentieren, denn die Arbeitsmarktpolitik ist sowohl Sache des Bundes und der Bundesagentur für Arbeit als auch unsere, da ich gebe Ihnen völlig

recht. Daher ist es die Aufgabe, als Land gemeinsam mit dem Bund und Wege zu finden, und ich finde, mit der Jugendberufsagentur und vielen weiteren Dingen, die jetzt gerade im Bereich der jungen Leute gemacht werden sollen, haben wir durchaus auch ganz konkrete Ansätze und sind weit davon entfernt, uns in warmen Worten zu ergehen, sondern wir handeln, sehr verehrter Herr Röwekamp!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ein zweiter Punkt ist sicherlich die Armut im Bereich

der Migrantinnen und Migranten. Es ist vollkom men klar: Wenn man per Gesetz Flüchtlinge daran hindert, für ihr Einkommen selbst zu sorgen, dann schafft man Armut per Gesetz.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Lassen Sie uns also einig sein, und lassen Sie uns

Arbeitsverbote noch weiter aufheben, lassen Sie uns Flüchtlinge nicht in die Armut auf Geheiß des Gesetzes schicken, sondern lassen Sie sie arbeiten, lassen Sie sie ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt in die Ausbildung gehen, und der ist nach der grünen Lesart sofort, nachdem sie zu uns kommen!

Wir haben einen weiteren Bereich, nämlich den

Bereich der Frauen, vor allem, aber auch nicht aus schließlich den der alleinerziehenden Mütter. Hier ha ben wir eine große Aufgabe, nämlich die Ausweitung und Flexibilisierung des Krippen- und Kita-Angebots und das Schaffen der Möglichkeit, eine Ausbildung oder ein Studium aufzunehmen oder zu arbeiten. Da darf ich noch einmal sagen, sehr geehrte Frau Vogt: Kita-Plätze auch dort zu schaffen, wo alleinerziehende oder in einer andern Familienkonstellation lebende Frauen diese benötigen, damit sie arbeiten gehen können, bietet – ob alleinerziehend oder in einer anderen Familienkonstellation – die Möglichkeit, durch Erwerbseinkommen aus der Armut zu kommen. Dass Sie das immer wieder denunzieren als eine Art Luxusveranstaltung, wo Champagner an irgendje manden verteilt wird, verstehe ich überhaupt nicht, sondern wir müssen beides machen.

(Zuruf der Abg. Frau V o g t [DIE LINKE])

Wir müssen Frauen die Möglichkeit geben zu

arbeiten, und wir müssen Frauen, die ausgegrenzt sind, ermöglichen, ihre Kinder in die Betreuung zu geben, damit in den Stadtteilen, die sozusagen ab gehängt sind, eine nachholende Entwicklung eintritt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Sie tun immer so, als ob Sie Senats-, Bürgerschafts

beschlüsse nicht zur Kenntnis nehmen; der Senat hat es auch mehrfach in den Kita-Konzepten beschlossen,

alles, was Sie hier einfordern, steht auch darin und wird umgesetzt.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Bislang noch nicht!)

Lassen Sie mich einen letzten Punkt ansprechen!

Wir brauchen, wenn wir in diesem Bereich tatsächlich weiterkommen wollen, noch einmal eine Orientierung an den armen Familien selbst. Wir brauchen geschlos sene Präventionsketten ab der Geburt von Kindern. Wir benötigen Familiencoaching und Begleitung von Menschen, damit Ausbildungen nicht abgebrochen werden. Wir müssen ein Programm haben, mit dem die Menschen, die teilweise über Generationen den Weg aus der Armut, aus der Arbeitslosigkeit nicht gefunden haben, ihn endlich finden, aber mit dem natürlich auch verhindert wird, dass jedes Jahr mehr Menschen wieder dazukommen. In dem letzteren Bereich sind wir, wenn Sie sich die Statistiken und die Zahlen aus dem Bericht einmal anschauen, gar nicht so schlecht. Unsere Maßnahmen in die Bildung, in den Kita-Ausbau, in die vielen konkret wirkenden Präventionsketten beweisen zumindest, dass wir in den Bereichen, in denen Bremen einmal sehr schlecht war – wir hatten eine riesige Anzahl von Schulab brechern, viel zu wenige Ausbildungsplätze, was unweigerlich dann irgendwann in Marginalisierung und Armut endet –, sehr viel besser geworden sind.

Ich finde, dass eine Opposition, die das sehr vor

nehme Recht hat, die Regierung auch scharf zu kritisieren, den armen Menschen keinen Gefallen tut, wenn sie die bestehenden Entwicklungen und Prozesse, die auch in dem Bericht stehen und die Sie auch aus dem Armutsausschuss kennen, hier einfach negiert. Was ist das für eine Botschaft? Die CDU sagt, es gibt eine Hoffnungslosigkeit, und es geschieht nichts. In Wirklichkeit wird viel getan. Es gibt sehr viele Ansätze, in denen die Maßnahmen dieser Regierung sehr wohl gewirkt haben, und Sie können sie auch nachlesen und statistisch bewei sen, wenn Sie Ergebnisse haben wollen, gerade im Bereich der Bildung hat sich enorm viel getan und gewandelt.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Ja! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Was denn?)

Zu sagen, der Senat hätte für die Bereiche Soziales,

Bildung und Kita-Betreuung nichts getan, bringt arme Menschen in dieser Stadt, finde ich, keinen Schritt weiter und hilft ihnen nicht.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Genau wie diese Regierung!)

Selbstverständlich diese Regierung! Selbstverständ lich sind gerade bei solchen Themen wie Abbruch der Schule ohne Abschluss auch die Zahlen sehr viel besser geworden. Ich finde, es muss nicht unbedingt

Teil einer effektiven Oppositionsarbeit sein, diese Fakten einfach zu ignorieren, sondern Sie könnten im Rahmen Ihrer Kritik ruhig zugeben, dass es diese Erfolge der rot-grünen Regierung gibt.

Lassen Sie mich damit enden! Ich glaube, dass

diese Regierung in der nächsten Legislaturperiode einen ganz großen Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Umsetzung der Empfehlungen aus den diversen Gre mien, unter anderem ein Ausschuss dieses Hauses, legen wird und legen muss. Es wird ein zentraler Inhalt einer Koalitionsvereinbarung sein, und Ihre Partei mit ihrer grundsätzlichen Verweigerung schon allein der Grundannahme, dass Armut und Reichtum irgendetwas in Ihrer Welt miteinander zu tun haben könnten, ist nicht die geeignete Partei, um für arme Menschen in den beiden Städten dieses Landes etwas Bahnbrechendes zu bewegen. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Bevor ich die nächste Rednerin

aufrufe, gebe ich Ihnen noch die restlichen Rede zeiten bekannt. DIE LINKE und die SPD haben noch vier Minuten, die CDU drei Minuten, und die Kollegin Wendland von den Grünen hat noch eine Minute Redezeit.

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeord

nete Frau Vogt.

Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gestern Abend „buten und binnen“ geschaut, und die CDU hat gesagt, Armutsbekämpfung sei ihr zentrales Wahlkampfthema. Ich habe es nicht so ganz geglaubt, nicht nur nach zwölf Jahren Großer Koalition mit falscher Weichenstellung – es ist auch ein Befund des Armutsausschusses, dass auch schon in den Neunzi gerjahren die Weichen falsch gestellt worden sind, was lange nachwirkt – sondern genau deshalb. Sie haben es eben deutlich gemacht, Herr Röwekamp, weil jemand, der über Armut, aber nicht über Reich tum und den Zusammenhang reden will, dass eine öffentliche Hand das Geld braucht, um strukturelle Maßnahmen umzusetzen, unglaubwürdig ist, und dann können Sie sich Ihr Wahlprogramm gern ins Regal stellen, aber bewirken wird es nichts!

(Beifall bei der LINKEN – Vizepräsidentin S c h ö n übernimmt den Vorsitz.)

Ein anderer Punkt, Herr Kollege Dr. Güldner, ist

aber, dass Sie hier auch die Tatsachen verdrehen. Sie haben hier vor eineinhalb Jahren noch im Radio und Fernsehen – öffentlich bei „buten und binnen“ – zu verstehen gegeben: Wir können in den armen Stadt teilen die Bedürfnisse nicht nach Belieben erfüllen, wir müssen schauen, woher wir das Geld nehmen können, und ich erschaffe hier keine Kita-Plätze, nur

weil irgendwo vielleicht einmal ein Bedarf entstehen könnte, sondern ich schaffe sie nach Bedarf.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber nur die eine Hälfte!)

Sie haben auch erst reagiert, als die Zivilgesell

schaft, die Arbeitnehmerkammer und wir hier ge nügend Druck ausgeübt haben, sodass Sie gesagt haben, in Ordnung, wir müssen auch hinsichtlich sozialer Kriterien einmal nachsteuern. Sie sind im Jahr 2007 mit einer großspurigen Koalitionsverein barung angetreten. Acht Jahre später hätte ich mir im Bereich des Kita-Ausbaus, ehrlich gesagt, auch andere Fortschritte gewünscht.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die Ankündigung – wir haben uns mit dem

Senatsbeschluss hier noch nicht befasst –, dass jetzt irgendwie eine aufholende Entwicklung einsetzen soll, glaube ich erst dann, wenn sie eintritt, und ich glaube sie Ihnen deswegen erst dann, weil wir wissen, dass die Mittel in der nächsten Legislaturperiode knapper werden. Sie verhalten sich in Berlin in der Frage der Bund-Länder-Finanzbeziehungen auch ein bisschen merkwürdig, statt mit aufrechter Haltung.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Was denn, wie denn?)

Ich verspreche Ihnen eines, so sehr hart, wie ich