Protocol of the Session on December 18, 2014

und in dem Stil, in dem Studienplätze abgebaut werden sollen, wäre durchaus möglich, dass die Hochschule Bremen unter diesen Referenzwert fällt und damit an der zukünftigen Runde des Hochschulpaktes, sprich: an Geldern des Bundes, nicht mehr partizipieren kann.

(Zuruf: Nein! – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Da wären wir ja be- scheuert! – Glocke)

Das setzen Sie mit diesem Wissenschaftsplan aufs Spiel.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das Zweite ist: Mit Studienplatzabbau – das habe ich eben schon erwähnt – setzen Sie auch Gelder aus dem Länderfinanzausgleich aufs Spiel. Es ist aber auch deshalb noch in sich nicht stimmig, weil Studieren ohne Abitur durch die harten Einschnitte an der Hochschule Bremen und durch die geplante Kürzung am Zentrum für Arbeit und Politik erschwert wird. Und von dem Ziel erhöhter Durchlässigkeit, wovon in dem Wissenschaftsplan immer die Rede ist, kann dann faktisch nicht mehr die Rede sein.

Das ist das Interessante: Sie formulieren Ziele, und die Kürzungen betreffen an der Universität das Zentrum für Arbeit und Politik, was den Zugang für NichtAbiturienten zur Universität ermöglicht, und an der Hochschule Bremen relativ viele Studiengänge. Die Hochschule Bremen ist nun einmal neben der Hochschule Bremerhaven die Einrichtung, die eben auch Nicht-Abiturienten aufnehmen kann.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Die bleiben auch alle, die Studien- gänge!)

Ich sage doch: Wunsch und Realität klaffen weit auseinander.

Wesentliche Vorschläge des Wissenschaftsrates, der im Vorfeld des Wissenschaftsplans die Hochschulen begutachtet hat, werden in diesem Wissenschaftsplan von der Landesregierung ignoriert. Der Wissenschaftsrat hat als erste und wichtigste Maßnahme die Erhöhung der Grundfinanzierung gefordert. Eine weitere wichtige Forderung des Beratungsgremiums war die Stärkung der Geisteswissenschaften an der Universität. Stattdessen sollte im Akademischen Senat gestern über ein Abbau von Doppelstrukturen in den Fachbereichen 5, 8 und 9 in Höhe von 550 000 Euro beschlossen werden. Diese Summe entspricht grob 100 Vollzeitstellen. Die Fachbereiche 8 und 9 sind die Sozial- und Kulturwissenschaften, also eindeutig geisteswissenschaftliche Fächer, die der Wissenschaftsrat ausdrücklich hier in Bremen stärken wollte. Des

wegen sage ich: Wunsch und Realität – eine solche Lücke! Es ist völlig absurd, was der Senat da beschlossen hat.

(Beifall bei der LINKEN – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist nah an Märchenstunde, was Sie erzählen!)

Herr Dr. Güldner, das ist der Fachbereich, wo vom Wissenschaftsrat explizit die Stärkung gefordert wurde. Und am Ende kommt eine drastische Kürzung heraus? – Ich frage mich, wie das zusammenpasst. Das können Sie vielleicht noch einmal erklären. Es ist jedenfalls in sich gar nicht stimmig.

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Herr Dr. Güldner, es passt auch nicht zusammen: Der rot-grüne Wissenschaftsplan ist einfach planlos und widersprüchlich, und mit der Realität an Universität und Hochschulen hat er herzlich wenig zu tun.

Was steckt denn aktuell noch dahinter? – Bei den Geisteswissenschaften, das habe ich eben schon erwähnt, aber auch am Zentrum für Europäische Rechtspolitik von Professor Fischer-Lescano, das hat Frau Grobien auch schon erwähnt, am Institut für Arbeit und Wirtschaft von Rudolf Hickel wird gekürzt,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Der ist emeritiert!)

während drittmittelstarke wirtschaftsnahe Institute insbesondere in den Ingenieurswissenschaften gestärkt werden. Das entspricht nicht der Intention des Wissenschaftsrates, Herr Dr. Güldner, er wollte genau in eine andere Richtung gehen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Er wollte! Ganz großer Käse, was Sie erzählen! Vielleicht sollten Sie mal le- sen! Vielleicht sollten Sie die Dokumente wirklich einmal gelesen haben!)

Damit vertiefen Sie hier in dieser Stadt einerseits die Spaltung zwischen den Fachbereichen entlang von ökonomischen Verwertbarkeitskriterien. Das kritisieren wir.

(Beifall bei der LINKEN)

Andererseits wird in den großen Fachbereichen weiterhin die Lehre verschlechtert und einseitig die Forschung und hier vor allen Dingen die Drittmittelforschung gestärkt. Die Politik ist unseres Erachtens grundfalsch, und deswegen ist der Protest von Studierenden und Beschäftigten wichtig und richtig.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sagen an dieser Stelle auch ganz klar: Es reicht! Weitere Kürzungen darf es nicht geben. Die Landesregierung muss nachlegen. Die freiwerdenden BAföG-Millionen müssen in die Grundfinanzierung gegeben werden. Ich habe das schon im November an dieser Stelle gesagt. Auch ich halte von dem Zukunftsfonds nichts. Der Wissenschaftsrat hat ganz klar die Schwachpunkte im Bremer Wissenschaftssystem ausgemacht. Er hat gesagt: Die Forschung ist finanziell gut ausgestattet, die Lehre nicht. – Hier muss nachgesteuert werden. Ich möchte keine neuen Sondertöpfe für befristete Projekte, weil sie nicht weiterhelfen. Sie sind das Gegenteil von dem, was der Wissenschaftsrat im Auftrag des Landes Bremen gefordert hat. Daher sagen wir: Durch den Bund freiwerdende Mittel gehören in die Grundfinanzierung und nicht in einen sogenannten Zukunftsfonds.

(Beifall bei der LINKEN – Glocke)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss! Die Studierenden nennen den rot-grünen Wissenschaftsplan 2020 einen Wissenschaftsabbauplan, und meiner Meinung nach trifft es das. Wir wollen die Wissenschaft im Land Bremen aber nicht abbauen. Deswegen lehnen wir dieses Papier ab und haben es schon im Sommer abgelehnt. – Ich danke Ihnen.

Als Nächste hat Frau Kollegin Schön das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass ich mir für den Wissenschaftsbereich immer deutlich mehr wünsche, ist – glaube ich – bekannt. Hier sowohl von der CDU als auch von der LINKEN so zu tun, als hätten wir es mit einem Abrissunternehmen zu tun und herrschte nur die Verantwortungslosigkeit vor, ist barer Unsinn.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Aus völliger Verantwortungslosigkeit sind wir Stadt der Wissenschaft geworden. Aus völliger Verantwortungslosigkeit sind wir Exzellenzuniversität geworden.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Aber die Uni hat 10 Millionen Euro Defizit!)

Ich habe Ihnen auch zugehört! Vielleicht können Sie auch einfach einmal zuhören, Frau Vogt! Das wäre nett von Ihnen!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das wird keinen Deut wahrer, wenn Sie sich aufregen! Es stimmte fast nichts in Ihrer Rede! Die kann ich meinem Kind als Weihnachtsmärchen vorlesen!)

Wir haben 30 000 Studierende in Bremen. Daraus werden 21 000 Arbeitsplätze generiert – aus völliger Verantwortungslosigkeit. Wir haben die höchste Dichte an Forschungsinstituten im Lande Bremen – aus völliger Verantwortungslosigkeit. Das AWI koordiniert die deutsche Polarforschung – aus völliger Verantwortungslosigkeit. Die Beispiele kann man fortführen. Ehrlich gesagt, das, was hier erzählt wird, ist ein bisschen Unsinn.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Der Wissenschaftsrat hat empfohlen – das ist richtig –, in erster Linie die Finanzierung anzuheben. Das haben wir im Übrigen auch getan. Wir haben in den Haushalt für die Jahre 2014/2015 jeweils 2,4 Millionen Euro mehr eingestellt, die wir woanders weggenommen haben. Wir haben darauf reagiert.

Zu den BAföG-Mitteln, über die morgen im Bundesrat entschieden wird: Wir werden das Geld in Bildung und Wissenschaft einstellen – anders, als es diverse andere Länder in Deutschland tun werden. Wir tun eine ganze Menge. Da von Abrissunternehmen zu reden, ist einfach völlig fern von der Welt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. Frau V o g t [DIE LIN- KE]: Ich habe nur das mit der Kettensäge in den Mund genommen!)

Zu der Frage des Zukunftsfonds! Ich frage mich, inwieweit man sich eigentlich gegenseitig zuhört. Wir haben gesagt, das soll dauerstellenfähig sein. Was heißt das denn anderes, als dass das Geld mit in die Grundfinanzierung einfließen wird? Was uns zentral wichtig ist, ist, dass dieses Geld der Lehre und dem Studium zur Verfügung steht, nämlich für Studierende, für eine gute Ausbildung, für eine gute Qualität der Ausbildung, und dass es eben nicht in die Forschung gehen wird. Das ist unser zentrales Anliegen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zu der Frage der Transparenz! Auch das finde ich in diesem Zusammenhang ein bisschen unsinnig. Wir Grüne sind sehr für Transparenz, haben dazu auch einen Antrag eingebracht. Wenn wir sagen, dass sich die Hochschulen im Rahmen von Hochschulautonomie selbst darauf verständigen sollen, wo sie meinen, dass Einsparpotenziale sind, dann ist das nicht eine Frage von Intransparenz, sondern von Respekt gegenüber den Hochschulen. An dem, was die Haushaltskommission erarbeitet hat, waren wir genauso wenig beteiligt wie Sie. Wir kennen auch nur die Ergebnisse, die jetzt allgemein öffentlich zugänglich sind. Das ist erst einmal ein Verfahren der Universität.

Liebe Frau Grobien, Sie müssen sich entscheiden, was Sie wollen: mehr Hochschulautonomie oder mehr staatliche Steuerung? Der Wissenschaftsrat hat nur in Bezug auf die Hochschule Bremen gesagt, dass es mehr staatliche Steuerung geben soll. Bei den anderen Hochschulen hat der Wissenschaftsrat nämlich in Wirklichkeit das Gegenteil gesagt. Es geht also nicht, dass man hier immer die Argumente zieht, wie sie am besten passen; man muss auch eine stringente Argumentation verfolgen. Dann kann man gemeinsam auf einen grünen Zweig kommen. So jedenfalls nicht! Sie können versichert sein, dass wir weiterhin dafür sorgen werden, dass unsere Hochschulen gut ausgestattet sein werden, dass wir alles dafür tun werden, dass Studierende eine gute Qualität der Lehre vorfinden werden. Das wird unser Politikauftrag hier sein. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Kollegin Grobien.

Herr Präsident! Um es klarzustellen: Auch wir sprechen nicht von Abrissunternehmen, wenn es um die Hochschullandschaft in Bremen geht.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Ich weiß nicht, woher sie das Wort genommen hat!)

Auch wir sind stolz auf die Exzellenz und das Erreichte. Das geht lange zurück, auch bis in die Zeiten der Großen Koalition. Stadt der Wissenschaften sind zum Beispiel Projekte, die damals gelaufen sind.

In den vorherigen Debattenbeiträgen ging es vor allen Dingen um maximale Studienzahlen, Chancengleichheit und Durchlässigkeit. Nicht einmal kamen in Ihren Debattenbeiträgen das Wort „exzellent“ oder die oft geforderte Schwerpunktsetzung oder hochschulübergreifende Konzepte vor.

Vom Wissenschaftsrat wurde angemahnt, mehr in Kooperationen zwischen den Hochschulen zu denken. Auch hiervon haben wir überhaupt noch nichts gehört. Aber das kommt vielleicht gleich.

Bemerkenswert – klar –: Der Interessenkonflikt zwischen Hochschulautonomie und politischer Steuerung ist gegeben und auch nicht immer ganz einfach. Er verdeutlicht sich vor allem bei Herrn Tsartilidis Aussagen, nämlich auf der einen Seite Lobpreisungen an die Hochschulautonomie und auf der anderen Seite schon im Vorwege einer Steigerung der Verwaltungsgebühren eine Absage zu erteilen.

(Beifall bei der CDU)

Da wollen Sie dann doch zustimmen. Wie widersprüchlich ist das denn?