Protocol of the Session on December 17, 2014

Hier kann man jetzt auch wieder sagen, genug sei nicht genug, und wir würden einmal sehen, es mache ja auch nichts, das würden wir später machen können. Es ist aber nicht etwa so – das sagt auch der Rechnungshof –, dass sich Sanierungsmittel und Mittel für die Erhaltung der Bausubstanz einfach nur aufsummieren, wenn man sie nicht ausgibt, und man sie irgendwann so nach und nach wieder abtragen kann, wenn man wieder Geld hat, sondern unglücklicherweise verzinsen sich diese Mittel, und zwar dergestalt, dass der Betrag, den man aufwenden muss, um Schäden zu beheben, jedes Jahr höher wird. Der Rechnungshof sagt, es sind circa vier bis sechs Prozent pro Jahr, und er ist nun nicht verdächtig, linksradikale Propaganda zu betreiben. Er hat einfach festgestellt, wenn man 100 Millionen Euro nicht ausgibt, dass es dann im nächsten Jahr 104 Millionen Euro sind und es sich dann weiter steigert. Man kann deswegen nicht einfach die Hände in den Schoß legen und abwar

ten, bis man wieder Geld hat, und sagen, dass man es schon schaffen wird.

Bei öffentlichen Gebäuden und bei Straßen sieht es ähnlich aus. Für die Straßen gibt es einen Bericht aus dem Jahr 2006, der besagt, dass es dort einen Sanierungsbedarf von 52 Millionen Euro gibt, und im Jahr 2013 sind es 120 Millionen Euro. Das ist eine Differenz von 67 Millionen Euro, und ich weiß gar nicht, wann und wo wir diesen Abstand wieder einholen wollen! Man kann jetzt sagen, Straßen seien nicht so wichtig, aber ich finde, es ist nicht in Ordnung, wenn Straßen und öffentliche Gebäude auf diese Weise verfallen, und wir müssen eine Antwort darauf finden.

Ich bitte darum, diese Fragen ernst zu nehmen, denn wir diskutieren hier oft über Geldschulden, und wir haben zum ersten Mal Zahlen für Straßen und öffentliche Gebäude, die belegen, dass wir auch da Schulden für die nächste Generation haben. Wir müssen abwägen: Was ist eigentlich besser, Schulden in Geld oder Schulden in einer erodierenden Infrastruktur? Dieses Mal ist es nicht so, dass wir uns das nur ausgedacht haben, diesen Vorwurf kann man uns nun wirklich nicht mehr machen. Die Große Anfrage belegt, dass dort dringender Handlungsbedarf besteht, in einer Größenordnung, die in diesem Hause, sage ich einmal, nicht geleugnet wurde, aber vor der man nach meiner Wahrnehmung lieber die Augen verschließt.

(Zuruf von der CDU: Wohl wahr!)

Das gilt im Übrigen auch für die Häfen. Wir haben des Öfteren einmal nachgefragt, ob es eigentlich einen Investitionsstau bei den Häfen gibt. Es wurde gesagt, nein, den gibt es nicht, keinesfalls, es ist immer alles auskömmlich und wunderbar, es wurde sozusagen alles gemacht, was notwendig ist, um den Betrieb der Häfen zu erhalten. Wir wissen aber auch, dass viele Dinge in den Häfen in einem Zustand sind, in dem wir ganz spontan mit dem Zusammenbrechen von Kaimauern und Ähnlichem rechnen müssen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Kaiserschleuse ist schon drei Jahre alt!)

Die Kaiserschleuse ist sozusagen Pfusch am Bau, wenn ich es richtig sehe, das hat mit Sanierungsstau überhaupt nichts zu tun!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Eben!)

So etwas kann passieren, wenn Firmen bestimmte Dinge nicht machen oder Fehler passieren, aber darüber rede ich nicht, auch nicht über den JadeWeserPort. Ich spreche über die Stellen, an denen systematisch soziale Schulden aufgebaut werden, an de

nen systematisch Geld nicht ausgegeben wird und die Folgekosten auf die nächsten Generationen übertragen werden. Deshalb komme ich in meinem zweiten Redebeitrag zu dem Antrag, den wir dazu stellen. – Ich bedanke mich erst einmal für die bisherige Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausgangspunkt der LINKEN für die Große Anfrage und den Antrag war offensichtlich – Sie haben es ja erwähnt – der diesjährige Bericht des Rechnungshofs und dort das Kapitel zum Konsolidierungsweg Bremens, das ist ein längeres Kapitel. Der Rechnungshof kommt hier, das ist für uns jetzt nicht so sehr überraschend, zu der Bewertung, dass dieser Konsolidierungsweg außerordentlich schwierig und ehrgeizig sei – das haben auch schon andere festgestellt –, der Rechnungshof fordert darin in sehr allgemeiner Weise Disziplin, ja, Kürzungen bei den Ausgaben Bremens, den Teil der Empfehlung hat DIE LINKE jetzt nicht zitiert.

Der Rechnungshof weist aber auch – das ist ganz richtig wiedergegeben – auf hohen allgemeinen Investitions- und Sanierungsbedarf bei Gebäuden, Straßen, Brücken und Anlagen hin und empfiehlt angesichts der knappen Mittel eine Planung der Prioritäten, mit denen das angegangen wird.

DIE LINKE zieht in ihrem Antrag den Schluss, dass wir heute 90 Millionen Euro in die entsprechenden Sondervermögen einzahlen sollen, um daraus in den kommenden Jahren mehr ausgeben zu können. Ich will an dieser Stelle nicht zum x-ten Male die Debatte um den sogenannten Sicherheitsabstand und die Grenzen unseres Haushalts führen. Ich weise nur auf den letzten Bericht im Haushaltsausschuss hin, der zeigt, wie schnell sich nach wie vor die Lage bei den Einnahmen und Ausgaben ändert und dass wir dringend auf diesen Abstand angewiesen sind. Ich weise darauf hin, dass sich DIE LINKE mit ihrer Forderung jedenfalls nicht auf den Rechnungshof berufen kann. Dessen Vizepräsident hat auf Nachfrage erklärt, es sei trotz der Probleme jedenfalls nicht vertretbar, dass Bremen deswegen den Konsolidierungsweg verlasse. Wenn mehr für Sanierung und Instandhaltung ausgegeben werde, müsse das an anderer Stelle eingespart werden. So der Rechnungshof! Eine echte Lösung, so Herr Meyer-Stender, lasse sich nur mit der Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen erreichen. Da sind wir ganz einer Meinung mit dem Rechnungshof. In der Tat wird die Diskussion über den hohen Investitionsbedarf der öffentlichen Hand bundesweit geführt, beim Bund, aber vor allen Dingen bei den Kommunen.

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau hat den Investitionsbedarf bei den Kommunen auf insgesamt fast 120 Milliarden Euro geschätzt. Dabei ist das Problem zunehmend zwischen finanzschwachen und finanzstarken Kommunen aufgeteilt. Das driftet auseinander. Das ist neben den steigenden Sozialleistungen der Grund, aus dem zum Beispiel der Soli unbedingt bleiben muss und warum es daraus Hilfen für Kommunen in Ost und West und Nord und Süd geben muss und warum endlich mehr Steuergerechtigkeit her muss, indem diejenigen, die den größten Nutzen aus dieser Infrastruktur ziehen, auch mehr dazu beitragen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das ist also eine allgemeine Debatte. Die Frage ist aber natürlich: Wie gehen wir in Bremen unter den besonderen schwierigen Bedingungen damit um? Ich weise zunächst darauf hin, dass die Investitionen, die wir tätigen, unser Investitionshaushalt in Bremen, dem Stabilitätsrat im Vergleich immer noch eher zu hoch als zu niedrig erscheinen. Das liegt natürlich auch an objektiven Dingen, zum einen an dem hohen Anteil der Abfinanzierungen der großen Projekte aus den früheren Jahren, zum anderen an unseren Investitionen in die Häfen, die wir für den Gesamtstaat tätigen, aber nach unserer Auffassung viel zu wenig anerkannt und erstattet bekommen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Gerade das Häfenressort hat dem Haushaltsausschuss bereits dargelegt, dass die erforderlichen Investitionen der kommenden Jahre nach Prioritäten geplant werden. Ich habe es so verstanden, dass Anfang kommenden Jahres noch einmal detailliert dargelegt wird, wie das gemacht werden soll.

Diese Planung gibt es auch für die Überprüfung der Brücken und anderer Ingenieursbauwerke in Bremen. Für den Erhalt und die Sanierung von Straßen hat die Koalition den Haushaltsanschlag erhöht. Jeder, der sich ein bisschen auskennt, weiß, dass die auch berechtigten Wünsche mit Sicherheit nicht alle erfüllt werden können. Das ist das gleiche wie bei den Mitteln für Unterhaltung und Sanierung unserer Immobilien, auch wenn wir den Ansatz für energetische Sanierung noch einmal um jährlich 2 Millionen Euro erhöht haben.

Folgendes ist der Kernpunkt der Debatte. An dieser Stelle postuliert DIE LINKE den allgemeinen Lehrsatz: Was wir heute nicht machen, das wird morgen teurer.

(Abg. Frau Vo g t [DIE LINKE]: Das stimmt auch!)

Das stimmt eben nicht so allgemein – natürlich nicht. Jeder kann auch an sich selber nachprüfen, ob das so stimmt.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Wenn ich heute nicht saniere, habe ich morgen einen größeren Schaden!)

Sie sagen, es sei in jedem Fall billiger, für diese Bauten heute höhere Schulden aufzunehmen. Natürlich haben Sie recht, dass es Fälle gibt, in denen unterlassener Bauunterhalt oder unterlassene Sanierung zu höheren Folgeschäden führen kann. Die Ressorts haben Geld, das zu vermeiden. Dafür hat Immobilien Bremen Sondervermögen. Das zu vermeiden, ist eine Frage der Steuerung. Ja, in der Tat, da kommt es auch einmal zu Unvorhergesehenem, da kommt es zu Engpässen, da kommt es zu Schwierigkeiten und bisweilen auch zu Fehlern. Aber das ist ein kleiner Teil.

Zum Schluss würde ich gern noch zwei Gedanken äußern, Herr Präsident! Es gilt, dass Dinge, die man aufschieben muss, nicht immer an die Substanz gehen, sondern oft nur Beeinträchtigungen der Nutzer bedeuten. Ich kann mich gut erinnern, dass der Kollege Möhle und ich viele Jahre in den Debatten um einen neuen Teppich im Haus gesagt haben: Der alte tut es doch noch! Ja, das war auch so. Er tat es auch noch eine ganze Weile. So unangenehm das manchen Nutzern ist – man muss manchmal in so einer Situation, in der wir sind, mit Unannehmlichkeiten bis hin zu Behinderungen, Beeinträchtigungen leben. Das heißt aber nicht, dass es immer teurer wird. Auch das Argument zwangsläufig steigender Baukosten ist doch oberflächlich. Was ich morgen oder übermorgen kaufe, hält auch länger.

Es ist klar: Die betroffenen Ressorts fordern mehr Mittel. Ich gehe davon aus, dass das Parlament diesen Wünschen in den nächsten Jahren mehr entsprechen werden wird, weil die Abfinanzierungen geringer werden. Klar ist aber auch, dass es auch in den kommenden Jahren eng und schwierig bleiben wird. Aber so ist die Situation. Der einfache Grundsatz, wir müssen heute in jedem Fall viel mehr Geld ausgeben, um Morgen zu sparen, gilt so allgemein nicht. Das ist einfach nicht in Ordnung.

(Glocke)

Deswegen lehnen wir Ihren Antrag auch ab.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Jägers.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Es stimmt: Wir haben einen Sanie

rungsstau. Er ist festgestellt worden. Der Rechnungshof hat ihn auch festgestellt. Der Sanierungsstau ist durchaus vorhanden. Man kann ihn auch nicht wegdiskutieren. Wir als SPD-Fraktion haben vor zwei Jahren schon einmal eine Veranstaltung gemacht, zu der ich Herrn Daehre eingeladen hatte. Herr Daehre hat mit Herrn Bodewig eine Kommission gegründet, die die Bundesregierung in Fragen des Sanierungsstaus berät. Bei der Veranstaltung ist herausgekommen – die Zahlen waren vorher schon klar –, dass der Sanierungsstau im Bund 7,2 Milliarden Euro beträgt. Jedes Jahr werden 7,2 Milliarden Euro mehr gebraucht, nur um die Infrastruktur zu erhalten. Darin ist kein Aufbau. Darin ist nichts anderes. 7,2 Milliarden Euro! Der Bund hat in seinem Haushalt 5 Milliarden Euro mehr beschlossen. Es ist etwas getan worden, aber nicht genug, was wir durchaus bedauern.

Wir als SPD-Fraktion sagen, dass wir Erhalt vor Neubau machen und haben wollen. Das ist unsere Position. Wir wollen also das, was wir haben, erhalten.

Infrastruktur ist ein wertvolles Gut, weil wir alle das selber brauchen und nutzen. Wir haben bisher nur oberirdisch geschaut. Ich schaue auch einmal unterirdisch. Sieht man sich die Kanalsysteme in Deutschland und auch in Bremen an, stellt man einen erheblichen Sanierungsbedarf in den öffentlichen Kanalsystemen fest. Das ist nicht nur eine Frage der Bequemlichkeit, sondern auch eine Frage des Umweltschutzes. Ich möchte nicht wissen, was alles so an Kanalwasser ungereinigt im Erdboden versickert. Das ist eine ganze Menge. Auch da muss man etwas tun.

Herr Kuhn, wenn es durch mein Dach regnet, ich sitze in meinem Wohnzimmer und bekomme die Tropfen auf den Kopf, ist das unangenehm. Ich weiß aber auch: Wenn ich es weitertropfen lasse, geht es durch die Decke und durch den Boden weiter.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das ist ein anderer Fall!)

Ich muss etwas tun. Zu sagen, es ist ein bisschen unbequem, wenn da ein Schlagloch ist, ist mir zu einfach, das ist mir auch zu wenig. Da muss man tätig werden.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Tun wir doch auch!)

Wenn die Straße Risse hat, dringt Wasser ein. Der Winter bringt es mit sich, dass es friert. Dann frieren die Straßen kaputt. Deswegen muss man tätig werden. Sonst vergrößert sich der Schaden. Wir wollen heile und keine kaputten Straßen.

Zur Situation in Bremen! Wir haben in Bremen oftmals Straßen saniert, indem wir die obersten 0,8 Zentimeter abgefräst haben. Das heißt dünne Schichten im Kalteinbau. Das System funktioniert nur eine kurze

Zeit und ist teuer. Das heißt, wir haben die Oberfläche saniert und sind nicht in den Grund gegangen, haben das also nicht grundsätzlich gemacht. Das rächt sich irgendwann. Straßenerhaltung ist Substanzsicherung, Wiederherstellung des Gebrauchswertes und Kontrolle des Zustandes.

Die Verkehrssicherheit muss mindestens gewährleistet sein, also wenn einem die Gehwegplatten entgegenkommen und man darüber stolpert, ist das nicht gut. Das muss saniert und in Ordnung gebracht werden, das wird auch gemacht.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ja, eben!)

Die Verkehrssicherheit wird hergestellt, da kann man sich nicht beschweren, wenn da Dinge durchzuführen sind, passiert etwas.

Wir haben im Land Bremen 1 500 Kilometer Straßen und 550 Kilometer Fahrradwege. Ein bisschen nehmen die Fahrradwege ja gerade ab, weil sie gesperrt werden, da spart man ein wenig Geld. Der Wert der Straßen liegt in Bremen bei deutlich über einer Milliarde Euro. Das gehört nicht irgendjemandem, das ist unser Vermögen, daher möchte ich auch – ich zahle Steuern in Bremen –, dass mein Vermögen erhalten wird. Ich habe in der Deputation oftmals darauf hingewiesen, dass wir einen Sanierungsstau haben, also wir brauchen nicht DIE LINKE, um auf diese Idee zu kommen. Ich habe auch immer nachgefragt.

Ich habe allerdings in der Deputation erfahren, dass Geld verfügbar ist, und das hat mich sehr geärgert. Es gibt Geld für Sanierungsmaßnahmen, das man aber nicht verbauen kann, weil kein Personal dafür da ist. Das geht nicht! Ich bemängele das nicht nur, ich unterbreite auch Vorschläge, wo man Personal herholen kann, das habe ich auch in der Deputation getan. Nur muss man dem dann aber auch nachgehen. Es kann doch nicht sein, dass wir keine Bauingenieure haben und deswegen das Geld nicht verbaut werden kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Außerdem bedeuten diese Baumaßnahmen für meine Kollegen auch den Erhalt des Arbeitsplatzes. Es kann auch nicht sein, dass Bauarbeiter in Kurzarbeit sind, und das Geld liegt, und wir können es nicht verbauen; solche Zustände können und wollen wir in Bremen nicht haben.