Protocol of the Session on November 20, 2014

Grüne heißt das nicht anderes als: Voraussetzung für die Teilhabe an der digitalen Gesellschaft ist auch ein möglichst barrierefreier Zugang.

Leider herrscht immer noch eine gewisse Rechtsunsicherheit, mein Kollege hat darauf hingewiesen, was die Betreiber für WLAN-Netze angeht. Seit dem BGH-Urteil aus dem Jahr 2010 hat sich diese Lage leider noch einmal etwas verschärft. Die Gesetzgebungskompetenz in der Frage des Betriebs freier WLAN-Netze liegt meiner Kenntnis nach eindeutig beim Bund, deswegen hat sich Bremen ja auch einer Bundesratsinitiative angeschlossen. Leider ist im Bund bisher noch nichts dabei herausgekommen, ich vernehme da noch immer wieder so eine Stagnation, was die Rechtssicherheit für Betreiber von WLAN angeht. Das wird kaum ernst genommen, aber auf der anderen Seite wird gefordert, dass wir in Bremen doch aktiver werden sollten, aber ich werde gern im zweiten Beitrag noch einmal auf diese Punkte eingehen.

Die Bundesregierung spricht seit Wochen, wenn nicht seit Monaten, von einer digitalen Agenda, die inhaltlich sehr dünn und ausgelaugt ist, bei der kaum etwas herüberkommt, und ich frage mich, wann die Große Koalition in diesem Punkt endlich so aktiv wird, dass wir in Bremen, wenn Rechtssicherheit herrscht, diese Störerhaftung beseitigen können. Jetzt stellen sich dieses sperrige Wort einmal vor, so etwas gibt es nur Deutschland, Störerhaftung! Das Beispiel hat mein Kollege eben in Anlehnung an Verkehrssenator Lohse erwähnt.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Beim We- serstadion braucht ihr das, habe ich gehört! Bei der Mannschaft! – Abg. H i n n e r s [CDU]: Da ist das doch ganz ähnlich! – Abg. T s c h ö p e [SPD]: Aber nur ähnlich!)

Herr Hinners, danke für den Hinweis! Insofern sind wir der Auffassung, dass die Freifunkinitiativen und deren Förderung sinnvolle Möglichkeiten bieten, hier erste Grundlagen zu schaffen, ich glaube, darum geht es auch erst einmal konkret in unserem Antrag. Wir wollen den Menschen jetzt nicht das Blaue vom Himmel versprechen, wie es die CDU vielleicht in dem Antrag, der nachher vorgestellt wird, auf den ich aber noch nicht eingehe – –.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Wir können Ihnen sogar den Himmel versprechen! – Abg. T s c h ö p e [SPD]: Das machen Sie ziem- lich häufig!)

Das machen Sie ziemlich häufig, ganz genau, danke, Kollege Tschöpe!

Wir möchten die Grundlagen dafür schaffen, dass Freifunkinitiativen hier gesondert gefördert werden. Wir möchten auch öffentlich zugängliche WLANHotspots errichtet sehen. Natürlich versperren uns auch dort nicht der Zusammenarbeit mit Telekom

munikationsunternehmen, aber dennoch darf man Folgendes nicht tun: Wir Grüne machen keinen Unterschied zwischen den Funknetzen von Privatpersonen und dem Funknetz im Starbucks, wo sich viele von uns treffen und auch das freie WLAN nutzen beziehungsweise das WLAN von Hotels oder Gastronomie.

(Unruhe – Glocke)

Uns geht es um die Rechtssicherheit. Ohne die Rechtssicherheit können wir kein freies WLAN garantieren, weil sonst die Störerhaftung greift. Ich gehe in meinem zweiten Beitrag gern noch einmal auf den Antrag der CDU ein. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rohmeyer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß ja, wie gern die Grünen unserem Antrag zugestimmt hätten, daher war es schon ein sehr kraftvoll vorgetragener Vortrag des Kollegen gerade, der doch ziemlich schonungslos die eigene Mutlosigkeit offenbarte.

Meine Damen und Herren, wir würden uns auch freuen, wenn wir weiter wären! Wir würden uns vor allem darüber freuen, dass selbst Sie, die in Bremen ja derzeit eine – ich weiß nicht, ob „regierungsfähig“ das richtige Wort ist – Mehrheit zum Regieren haben, das, was wir in unserem Antrag haben, auch schon einmal machen wollten. Sie haben es nur nicht gemacht, und Sie haben es nicht nur wegen der bezeichneten Rechtssicherheit nicht gemacht, bei der ich dann doch bitte, vielleicht auch noch einmal unter Genossen mit dem Bundeswirtschaftsminister zu reden, Genosse Hamann, oder mit der Genossin Krafft, dass sie die Kraft aufbringen, vielleicht auch einmal in Berlin über ihren eigenen Schatten zu springen! Die Digitale Agenda, die Bundesminister Dobrindt vorgelegt hat, ist ein wichtiger Schritt, aber es kann nur auf Bundesebene ein Schritt sein. Die Umsetzung vor Ort müssen wir hier schon selbst machen, meine Damen und Herren, und Sie machen nichts!

(Beifall bei der CDU)

Was sie machen ist, auch das war so schön kraftvoll: Sie wollen eine ideelle Unterstützung! Ich bin fast geneigt zu sagen: Ach Gottchen! Das ist wirklich nichts, was Sie hier in Ihrem Antrag beschreiben. Sie wollen Menschen, die ihr eigenes Netzwerk zur Verfügung stellen, dabei auch noch unterstützen. Wir könnten viel weiter sein, Herr Kollege Hamann, wenn wir als Abgeordnete, die wir hier ja mit dem Haus der Bürgerschaft eine Vereinbarung unterschrieben haben zu unserem WLAN, das Sie hier im Ple

narsaal mit ihren Tablets nutzen ebenso wie das WLAN in der Lobby, weiter als bis zum Hansekreuz kämen, dort endet der Empfang langsam. Wir könnten auch hier im Haus einen solchen Schritt machen, das haben Sie jetzt gar nicht erwähnt, denn hier haben wir ein funktionsfähiges WLAN, und überall dort, wo sich eine bremische Behörde befindet, ist das Netz empfangbar, für welches wir alle die Zugangsdaten haben. Genau, Herr Tschöpe, da sie gerade herschauen, das, womit gerade Ihr Tablet versorgt wird, ist WLAN!

(Beifall bei der CDU)

Die Lage ist ganz eindeutig, meine Damen und Herren! Wir wollen, dass Bremen selbst hier vorangeht. Obwohl sie eine Mehrheit zum Regieren haben, haben Sie es nicht geschafft, dass Bremen vorangeht, Sie leben quasi noch im digitalen Mittelalter. Das wiederum ist traurig, weil ich zumindest von den Grünen weiß, dass sie inhaltlich viel weiter sind. Sie beugen sich hier offensichtlich einer Koalitionsdisziplin mit ihrem sozialdemokratischen Partner, der eben weder in Bremen noch im Bund, also in Berlin, bereit ist, hier mutig voranzugehen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Da haben Sie einen Traum gehabt!)

Das, was das WLAN ermöglicht, nämlich für die Menschen, die sich nicht Flatrate-Pakete für ungeheure Datenmengen leisten wollen oder können, benötigt nämlich künftig auch eine Infrastruktur, die mindestens genauso wichtig ist wie Gas- und Wasserleitungen, wie Straßen- oder Schienennetze. Es geht darum, ob man eben nicht nur dort, wo Touristen sind, werter Herr Hamann, sondern künftig auch überall mobil im Internet sein kann, und zwar nicht nur, um irgendwelche Spiele zu spielen oder sich YouTube-Videos anzuschauen, sondern für viele und eine zunehmende Zahl von Menschen ist es auch eine notwendige Arbeitsgrundlage, überall mit einem entsprechend arbeitsfähigen Netz mobil unterwegs zu sein.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen bin ich auf Ihre jeweiligen gleich glorreich vorgetragenen zweiten Redeabschnitte gespannt, in denen Sie sagen werden, dass unser Antrag in die völlig falsche Richtung geht,

(Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: Nein, es läuft alles schon!)

dass alles gut läuft und es jetzt das Wichtigste ist, die Freifunker zu unterstützen. Die Freifunker hätten Sie längst unterstützen können, ohne den Landtag damit behelligen zu müssen, aber tun Sie etwas dafür, dass die digitale Infrastruktur in Bremen und Bremerhaven endlich vorankommt! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren zwei Anträge, kabelloses Internet über sogenanntes WLAN zur Verfügung zu stellen. Der erste Antrag der Koalition behandelt den Freifunk, der zweite behandelt das freie WLAN.

Herr Hamann hat eben schon deutlich gemacht, wie Freifunk funktioniert, was außerhalb kleinerer Initiativen noch relativ unbekannt ist. Ich kann es noch ergänzen: Die Teilnehmenden stellen nicht nur ihren WLAN-Router ins Fenster, sondern sie tragen auch ihre Position und Zugangsdaten auf der Webseite freifunk.bremen.net ein. Aktuell gibt es in Bremen 120 solcher Zugangspunkte, die regelmäßig von ungefähr 200 Personen, sogenannten Clients, genutzt werden. Die Freifunkinitiative hat Anfang des Jahres mit dem Aufstellen der WLAN-Punkte begonnen, und ihr Ziel ist, neben einem kostenfreien auch ein unzensiertes Netz aufzubauen. Das ist relativ wichtig in der Abgrenzung zum Antrag der CDU.

Der Koalitionsantrag möchte diese Initiative ideell unterstützen, mögliche Standorte in öffentlichen Gebäuden prüfen, wo neue WLAN-Router aufgestellt werden können. Dagegen spricht aus Sicht der LINKEN nichts, auch wenn wir uns fragen, wieso eine materielle Unterstützung im Antrag indirekt ausgeschlossen wird. Laut den Freifunkerinnen kostet ein WLAN-Zugangspunkt 20 Euro in der Anschaffung und Strom wahrscheinlich etwa einen Euro, vielleicht sogar weniger, das hat Herr Hamann auch gesagt. Es wäre also nach unserer Sicht keinesfalls undenkbar, das bestehende Netzwerk durch die Anschaffung von Freifunkknotenpunkten in öffentlichen Gebäuden deutlich zu vergrößern, weil es nicht viel Geld kostet.

Der zweite Antrag, der der CDU, will allgemein ein kostenloses WLAN schaffen. Auch dagegen spricht erst einmal aus Sicht der LINKEN nichts. Das öffentliche WLAN soll aber mit einem Filterprogramm sogenannte illegale Webseiten sperren, damit es kein Haftungsproblem gibt. Der Hintergrund ist – das wurde hier eben schon genannt –, dass es in Deutschland die sogenannte Störerhaftung gibt.

Die Betreiber eines öffentlichen WLAN könnten so beispielsweise für Urheberrechtsverletzungen durch Dritte abgemahnt werden. Die Freifunkinitiativen umgehen dieses Problem, indem sie alle Daten über das Ausland weiterleiten, wo es keine Störerhaftung gibt.

DIE LINKE und die Grünen haben im Bundestag erst in der vergangenen Woche gemeinsam beantragt, diese Haftung für Dritte für Betreiber öffentlicher Netzwerke abzuschaffen. Die Große Koalition hat jetzt

die Chance zu handeln und diese Rechtsunsicherheit abzuschaffen. In diesem Fall ein Wink an die Adresse der CDU: Herr Rohmeyer, bitte geben Sie doch Ihren beiden Abgeordneten im Bundestag mit, dass sie sich in dieser Sache dem Antrag der LINKEN und der Grünen anschließen. Das würde stringent zu Ihrem heutigen Antrag passen.

(Beifall bei der LINKEN – Abg. R o h - m e y e r [CDU]: Was ist mit den beiden SPD-Abgeordneten?)

DIE LINKE lehnt sowohl die Störerhaftung als auch ein gefiltertes, zensiertes Staatsinternet ab, wie die CDU das hier in ihrem Antrag fordert, weil wir der Meinung sind, dass Filtertechnik keinen genügenden Ansatz darstellt, um die Störerhaftung zu umgehen. Wir können die Idee so, wie sie uns hier vorgetragen wird, nicht unterstützen, auch wenn wir den Ansatz für richtig halten. Wir werden daher dem Antrag der Koalition zustimmen und uns beim Antrag der CDU enthalten. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Mustafa Öztürk.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Kollege Rohmeyer, lieber Claas! Euer Antrag – in allen Ehren! – enthält natürlich tolle Passagen. Sie lesen sich nicht nur gut, sondern sie klingen auch gut. Man wünscht sich, dass das alles schon Realität ist. Aber bitte – da frage ich jetzt die Bremer CDU –: Wer regiert im Bund mit?

(Zuruf von der CDU: Die SPD regiert da mit!)

Richtige Antwort – aber mit der CDU! Die Gesetzgebungskompetenz in dieser wichtigen Frage der Rechtssicherheit liegt beim Bund, nicht bei uns. Wir haben uns einer Initiative angeschlossen. Wir fordern hier, dass die Störerhaftung abgeschafft wird, dass freies WLAN für alle zugänglich gemacht werden kann, damit Betreiber eben keine sogenannten Straftaten begehen.

Sie haben eben vollmundig von der digitalen Agenda gesprochen. Was beinhaltet diese digitale Agenda für uns konkret? Selbst beim kleinen Einmaleins der Netzpolitik, des Internet, versagt die Große Koalition doch. Breitbandausbau – nichts geschieht! Datenschutz – nichts geschieht! Urheberrecht, Netzneutralität! Die Liste ist deutlich länger. Da brauchen wir eher den Support aus der Bundesregierung heraus, dass endlich etwas geschieht, dass wir eine Rechtssicherheit haben auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite auch eine technische Infrastruktur, da

mit man solche Sachen wie das WLAN in der Öffentlichkeit zugänglich machen kann. Das ist das eine.

Das andere ist Folgendes: Die Bundesregierung – insbesondere die CDU – verspricht, Deutschland im Bereich des Internet zu einer Weltmacht führen zu wollen, zum Global Player, zur Nummer eins machen zu wollen. Die Bundesregierung verschleiert aber immer wieder, dass wir hier auf dem Niveau eines Entwicklungslandes sind. Es gibt Staaten – selbst in der Europäischen Union, aber auch außerhalb der Europäischen Union –, die sind in diesen Fragen nicht nur technisch weiter als wir. Sie haben ganz andere Budgets und ein ganz anderes Verständnis. Sie haben das doch eben auch genannt: Internet ist fast so selbstverständlich wie Gas und wie Strom. Vielleicht hat es sogar den Aspekt der öffentlichen Daseinsvorsorge.

In diesem Punkt müssen sowohl die CDU als auch unser Koalitionspartner, die SPD, im Bund viel stärker intervenieren und Anreize schaffen, dass die Länder und insbesondere die Kommunen in dieser wichtigen Frage – das liegt fernab von der Frage, ob es noch um Tourismus oder um Bürgerinnen und Bürger geht; es geht um beide – endlich vorankommen können. Sonst werden wir weiter den heutigen technischen Standard haben, weiter stagnieren, werden kaum Etats haben, und die Menschen werden sich irgendwann fragen, ob Politik in dieser Frage überhaupt noch tätig ist.

Wir werden Ihren Antrag ablehnen, auch wenn er gute Passagen enthält. Er schmiert aber auch ein wenig Honig um den Mund, weil Teile darin enthalten sind, die die Bundesregierung schon längst hätte machen können und bis heute nicht gemacht hat. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hamann.

Herr Rohmeyer, jetzt kommt die Ablehnungsbegründung, auf die Sie gespannt sind. Ich will kurz auf einige Ihrer Ausführungen eingehen.

Digitale Agenda: Ja, wir haben drei von der Datentankstelle, die sich hingestellt und gesagt haben: Wir machen irgendetwas. Aber bisher ist noch nichts gekommen. Sie hatten ja einmal eine Anfrage zum Thema Breitbandausbau gestellt. Da muss Geld in die Hand genommen werden. Denken Sie einmal an den Autobahnbau. Niemand würde irgendwo in Österreich in einem kleinen Seitental Ski fahren, wenn es nicht eine Autobahn oder eine Bundesstraße dorthin gäbe. So ähnlich ist es hier auch. Solange da nichts passiert, wird es nicht ordentlich funktionieren. Da können wir uns aus Bremen heraus noch so sehr anstrengen.