Protocol of the Session on November 9, 2011

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wie viele denn?)

Die waren auch vorher nicht klassifiziert! Was machen Sie mit denen?

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Das steht doch darin!)

Das heißt, dass sie nur einen Euro zahlen und der Besucher des Swissôtel in Bremen zwei Euro weniger zahlt als der des Park Hotels? Das ist doch unrealistisch und naiv, da so heranzugehen! Jeder, der sich damit ein bisschen auskennt, weiß, dass diese Klassifizierung überhaupt nicht mehr die Bedeutung hat wie früher.

Herr Liess, Sie werden sich wundern, wie viele Hotels austreten werden und damit überhaupt kein Problem haben, weil sie ihre Häuser zwischenzeitlich über ihre Marke verkaufen. Das Maritim Hotel wird das erste Haus sein, das austreten wird, das sage ich Ihnen; nur eine Prognose an der Stelle, weil nur die wenigsten Häuser klassifiziert sind. Diese Häuser verkaufen sich über die Marke und auch das Park Hotel braucht die Klassifizierung nicht, weil sie sich über The Leading Hotels of the World verkaufen. Das ist der entscheidende Punkt, nicht aber fünf Sterne, fünf Sterne plus oder sechs Sterne. Hier hat also jemand eine Vorlage geschrieben, der vom Sachverhalt und vom Markt überhaupt keine Ahnung hat.

(Beifall bei der CDU)

Nach dem, was man aus den Gesprächen mit dem Finanzressort hört, gab es auch überhaupt keine Bereitschaft, diese Argumente aufzunehmen. Man merkt schon, hier ist sehr dogmatisch vorgegangen worden.

Dann kommt der nächste Punkt: dass es verfassungsrechtlich auch sehr bedenklich ist an der Stelle. Sie haben eben die beste Begründung gegeben, Herr Liess. Der DEHOGA wird sich über Ihren Beitrag, den Sie hier gerade geleistet haben, freuen. Sie haben nämlich diese Vorlage in den direkten Zusammenhang mit der Mehrwertsteuererstattung für Hotels gestellt. Man kann ja über die Mehrwertsteuerer

stattung für Hotels denken, wie man will. Man kann dazu durchaus eine gespaltene Meinung haben, ich glaube, das geht zum Teil quer durch die Fraktionen. Sie haben aber das Gebot der Widerspruchsfreiheit, und Sie dürfen auf Landesebene oder auf kommunaler Ebene keine gegenläufigen Regelungen treffen, die gegen Bundesgesetz gelten.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Aber das haben mehrere Gerichte entschieden!)

Nein, Herr Dr. Kuhn, haben sie nämlich nicht!

Wenn Sie einmal in die Urteile schauen – ja, da müssen Sie nur einmal hineinschauen! –, es ist eigentlich nur über den Sachverhalt zwischen Tourismus und beruflichem Aufwand geurteilt worden. Die Urteile stehen nämlich noch aus, die die verfassungsrechtliche Seriosität der Vorlagen in Nordrhein-Westfalen angehen, weil die meisten Kommunen erst zum 1. Dezember an der Stelle damit anfangen. Weimar dürfen Sie nicht nehmen, das war vor der Mehrwertsteuerreduzierung, da gibt es diesen direkten Zusammenhang nicht.

Alle Kommunen aber, die dies nach der Mehrwertsteuerreduzierung als Begründung genommen haben, die Hotels an der Stelle zu belasten, werden sich mit diesem Problem auseinandersetzen. Es gibt viele, die nur warten, weil ja nicht jeder vor dem Verfassungsgericht klagen darf, bis der erste Steuerbescheid kommt, um dann dagegen zu klagen. Ich sage, sie werden recht bekommen, weil es so offensichtlich und so durchsichtig ist, was hier passiert ist, dass hier auch der Bremer Senat und Rot-Grün eine dicke Bauchlandung erleben werden.

(Beifall bei der CDU)

Wenn der Senat schon in seine Vorlage schreibt – man muss ja wissen, was Verwaltungsdeutsch so heißt –, rechtliche Risiken könnten bei diesem Vorgehen aber nicht ausgeschlossen werden, wer dieses Verwaltungsdeutsch übersetzt, weiß ganz genau, das ist der eindeutige Hinweis, dass man hier etwas beschließt, das sich juristisch nicht halten lässt. Sie werden Ihr blaues Wunder erleben, auf Kosten der Verschlimmerung des Klimas.

Ich würde auch nicht so leicht darüber hinweggehen, Herr Liess, was Sie hier zur BTZ gesagt haben! Bei diesem PPP-Modell zwischen der öffentlichen Hand und Privaten werden 65 Prozent durch die Beiträge der Privaten bei der BTZ finanziert. Das ist bundesweit ein vorbildliches Projekt. Es gibt kein anderes Modell in der Republik, wo die Privaten sich so stark engagieren.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Die haben ja auch etwas bekommen!)

Ja, es ist ja überhaupt kein Thema, das machen sie ja auch aus Überzeugung! Wer aber mit einer solchen Ignoranz vorgeht und hier eine rein ideologisch geprägte Gesetzesvorlage durchbringen will, auf Argumente nicht hört und links und rechts Scheuklappen trägt, der muss sich nicht wundern, wenn ein solch vorbildliches PPP-Modell aufs Spiel gesetzt wird. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Tourismusabgabe ließe sich, glaube ich, ganz einfach vermeiden, wenn der Kollege Röwekamp oder die CDU-Fraktion dafür sorgen könnten, dass auf Bundesebene auskömmliche Steuern erhoben werden.

(Abg. H i n n e r s [CDU]: 170 Millionen Euro Mehreinnahmen!)

Unglücklicherweise sind die Mehreinnahmen ja nicht unbedingt Ihren Gesetzen zu verdanken, sondern einer unverhofften positiven wirtschaftlichen Entwicklung, und ob diese auf Dauer anhält, wird man sehen! Wer auf Landesebene zu einer solchen Maßnahme kommt, handelt in meinen Augen ein Stück weit aus Notwehr. Dass wir hier in einer Situation, in der Bremen Haushaltsnotlageland ist, auch schauen müssen, ob wir eigene Einnahmen generieren können, finde ich wichtig. Die Notwehr entsteht dadurch, dass auf Bundesebene Steuererleichterungen beschlossen werden, die Bremen wiederholt – wir werden einmal sehen, was als Nächstes kommt – vor die Schwierigkeit stellen, ein vernünftiges Gemeinwesen aufrechtzuerhalten. Deswegen stimmen wir dem Gesetz zu dieser Tourismusabgabe in erster Lesung zu. Ich verstehe auch, ehrlich gesagt, die ganze Aufregung nicht wirklich. Ich habe einmal gerechnet: Wenn jemand bis zur Senkung der Mehrwertsteuer 50 Euro für ein Zimmer bekommen hat, dann hätte er seine Preise anschließend normalerweise auf ungefähr 45 Euro senken können.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Hat er aber nicht gemacht!)

Das haben wahrscheinlich viele nicht gemacht! Bei 100 Euro hätte er sie auf 90 Euro senken können, das haben sie wahrscheinlich auch nicht gemacht. Jetzt können wir aber schauen und sagen, ihr habt jetzt einen finanziellen Spielraum, ihr seid jetzt wettbe––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

werbsfähiger geworden, jetzt können wir uns einen Euro bei 50 Euro – dies ist wahrscheinlich diese Klassifikation, wann man einen Euro bezahlen muss – einen Euro wiederholen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ein echtes Problem für das Hotel- und Gaststättengewerbe und für die Übernachtungsbetriebe in Bremen sein muss. Deswegen finde ich die Aufregung um dieses Thema, insbesondere aufgrund der Höhe der Abgabe, völlig unangemessen.

Ich weiß nicht, vielleicht ist es aber auch angeblich interessengeleitet, wenn man so dagegen wettert. Man hat ja auch schon gehört, dass die Gesetze und Parteispenden nicht immer vollständig unabhängig zustande gekommen sind, insbesondere im Hinblick auf die Angelegenheiten bei den Hotels.

(Beifall bei der LINKEN)

Aus diesem Grund müsste man einmal schauen, warum so ein Wind um einen vergleichsweise kleinen Beitrag gemacht wird.

Ich weise aber auch darauf hin, dass die zu erwartenden Einnahmen natürlich weit entfernt davon sind, die Haushaltsprobleme in Bremen zu lösen. Wir haben dann möglicherweise an der einen oder anderen Stelle etwas mehr Geld, um möglicherweise Kultur und Tourismus zu fördern. Wofür es genau ausgegeben wird, können wir ja einmal schauen. Ich weiß auch, dass drei Millionen Euro im Jahr in vielen Stellen in dieser Stadt vergleichsweise viel sind. Wenn man mit diesem Geld Dinge finanzieren kann und wir auf der anderen Seite möglicherweise doch Geld haben, zum Beispiel wieder ein paar Euro in Stadtteilprojekte zu investieren, dann ist das völlig in Ordnung. Das, finde ich, ist dann auch angemessen.

Selbstverständlich profitieren doch auch Übernachtungsgewerbe und Hotels und Gaststätten davon, dass Bremen eine attraktive Stadt bleibt. Wir müssen als Land und Kommune natürlich in der Lage sein, diese Attraktivität auch zu finanzieren. Gerade weil sie eine Erleichterung bekommen haben, ist es völlig unangemessen, jetzt zu sagen, es ist alles völlig unmöglich, wenn ein, zwei oder drei Euro Beitrag pro Nacht und pro Person erhoben werden. Ich verstehe nicht, woher diese Aufregung kommt.

Ich schlage vor, wir beschließen das Gesetz in erster Lesung, klären möglicherweise rechtliche Bedenken dann in den Ausschüssen und beschließen das Gesetz irgendwann in zweiter Lesung. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe ja

Verständnis dafür, dass die CDU hier der Lautsprecher des DEHOGA ist, das ist legitim. Ich verstehe auch, dass sie den kleinen, frei gewordenen Platz der FDP in Zukunft gern einnehmen möchte, nur, ich weise auf das hin, was mein Kollege Dr. Güldner heute Mittag schon gesagt hat: Es passt einfach nicht zusammen.

Am Sonntag sprechen Sie davon, wir müssten ganz brutal sparen, auf keine Einnahme verzichten, sondern eher dafür sorgen, dass sie auch hereinkommt, und wenn es konkret wird, egal, wo es ist, sagen Sie das Gegenteil, und das ist heute wieder der Fall. Zwischendurch habe ich ja gedacht, der Kollege Kastendiek wäre gar nicht grundsätzlich dagegen, er will uns vielleicht nur auf Unklarheiten hinweisen und Verbesserungsvorschläge machen. Teilweise klang das so, und ich will die Fragen, die Sie genannt haben, auch sehr gern aufnehmen, wir haben dazu die Möglichkeit. Vielleicht kommen Sie uns einfach im Haushaltsausschuss besuchen. Sie haben hier eine Rede gehalten, als würden Sie diese Frage als Wirtschaftsförderung verstehen. Nein, das kann sie nicht sein, wir müssen dies schon als steuerrechtliche Frage behandeln!

Wir haben das Geld im Übrigen aus guten Gründen nicht in den Haushalt eingestellt. Wir wissen auch in der Tat natürlich nicht, wer würde das bestreiten, kein Mensch weiß genau, wie viel das ergibt. Das sind grobe Schätzungen, das ist doch völlig klar. Ihren Hinweis auf rechtliche Risiken, Ihre Interpretation kann man nicht negieren. Der ehrliche Hinweis darauf, dass es Risiken gibt, würde bedeuten, wir hätten schon erklärt, wir würden vor Gericht verlieren, das ist natürlich Unsinn. Eine Reihe von Städten hat sich auf den Weg gemacht, übrigens ganz unabhängig von der politischen Farbe. Hätten Sie also diese Brandrede in anderen Ländern und Städten gehalten, wo Sie mit Ihrer Partei regieren? Was soll dieses Spiel? Ich verstehe es einfach nicht!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es sind Diskussionen und Überlegungen, die in allen Städten aufgrund der extremen Finanznot gerade der großen Städte angestellt werden. Dem muss man sich stellen und nicht so tun, als würde die eine Seite jeweils ideologische Gründe anführen.

Wir sind gehalten, unsere Einnahmemöglichkeiten zu verbessern. Wir haben einen sinnvollen, gerechten Vorschlag, der niemanden in den Ruin treibt, sondern im Gegenteil diejenigen, die es leisten können, an der Finanzierung unserer touristischen, kulturellen Infrastruktur beteiligt. Ich bleibe dabei: Das ist ein vernünftiges Vorhaben, es wird gerichtliche Klärungen geben, ja, aber ich sehe dem mit Optimismus entgegen, das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, weil wir es nicht allein sind, sondern viele daran arbeiten und es eine notwendige Maßnahme ist,

um aus der schwierigen finanziellen Situation der Städte herauszukommen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde schon erwähnt, wir haben uns entschieden, die Bettensteuer als örtliche Aufwandsteuer zu organisieren. Nachdem wir verschiedene Modelle überprüft haben, haben wir einen Weg gefunden, der mit einem unbestreitbar niedrigen Aufwand gegangen werden kann, weil wir auf keinen Fall möchten, dass ein großer Teil des Geldes aus der Tourismusabgabe dann in der Verwaltung verschwindet.

Herr Dr. Kuhn hat es eben erwähnt: Wir sind nicht allein, und wir sind auch nicht vornweg und mit dem Modell, das wir hier gewählt haben, betreten wir in der Tat Neuland. Ähnliche Konstruktionen – Bettensteuern und Tourismusabgaben – haben aber auch die Städte Aachen, Darmstadt, Dortmund, Duisburg, Erfurt, Göttingen, Jena, Köln, Lübeck, Oldenburg, Osnabrück, Trier und Weimar. Sie haben diese Steuern eingeführt, und mittlerweile sind auch Gerichtsentscheidungen zugunsten dieser Steuer ergangen; nicht durchgängig, es gibt auch eine ablehnende Entscheidung vom OVG Münster. Weitere Städte sind in der Prüfung, und wir werden einmal sehen.

Ich bin ziemlich sicher, dass die große Finanznot der Kommunen dazu führen wird, dass, wenn es sich als durchgängig rechtskonform erweisen wird, es dann mit Sicherheit auch noch weitere Städte geben wird, die das machen werden, schon allein deshalb, weil es auch sinnvoll ist. Bremen und Bremerhaven haben einen unbestreitbar hohen Aufwand für die Tourismusförderung, und es ist einfach gerecht und auch sinnvoll, wenn wir sagen, wir wollen diese Ausgaben verstetigen, weil nämlich das, was unter anderem auch unter der Großen Koalition hier erarbeitet wurde – nämlich die Stärkung unserer beiden Städte als attraktive Tourismusstandorte –, es rechtfertigt, zusätzliches und verstetigtes Geld in den Bereich der Tourismuskulturförderung zu geben.

Ich glaube, man kann es einfach sagen: Die CDU möchte sich hier einen weißen Fuß machen, sie möchte das einfach nicht haben und sucht dann Argumente dafür, weil sie sich vielleicht bei Lobbyverbänden jedweder Couleur gern beliebt machen will.

(Widerspruch bei der CDU)

Das ist doch irgendwie auch die durchgehende Linie. Wir werden ständig von Ihnen aufgefordert, mehr

zu sparen, und überall dort, wo wir es versuchen, ist es nicht recht, und wenn wir versuchen, Einnahmen zu generieren, ist es auch nicht recht. Wenn jemand etwas ändert, hat er natürlich immer Gegner, und auf deren Seite sind sie dann eben auch verlässlich.