Protocol of the Session on November 9, 2011

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) tritt den Ausführungen des Ausschusses bei.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Entwurf des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags, Drucksache 17/1523, und dem Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit, Drucksache 18/101, Kenntnis.

Gesetz über die Erhebung einer Tourismusabgabe

Mitteilung des Senats vom 8. November 2011 (Drucksache 18/110) 1. Lesung

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Bürgermeisterin Linnert.

Wir kommen zur ersten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet.

Als ersten Redner rufe ich den Abgeordneten Dr. Kuhn auf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Entsprechend einem Beschluss der Bremischen Bürgerschaft vom vergangenen Jahr legt uns der Senat heute nach gründlicher Vorbereitung den Entwurf eines Gesetzes über die Erhebung einer Tourismusabgabe vor. Ich komme später noch auf den Ausgangspunkt dieser Diskussion zurück. Der Senat schlägt darin vor, in Wahrnehmung unserer landesrechtlichen Kompetenzen eine Tourismusabgabe einzuführen, wie dies viele andere Städte entweder schon getan haben oder aber planen.

Diese Abgabe soll auf Übernachtungen in gewerblich genutzten Betrieben und Übernachtungsstätten im Land Bremen erhoben werden. Die Höhe der Abgabe ist in drei Klassen differenziert: Ein Euro soll in Gästehäusern, Gasthöfen, Pensionen, Feri

enhäusern, Privatwohnungen, Reisemobilhäfen und ähnlichen Einrichtungen gezahlt werden, zwei Euro in Hotels ohne Klassifizierung sowie mit einer Klassifizierung von bis zu drei Sternen und drei Euro in Hotels mit vier Sternen und mehr. Die Beherbergung von Minderjährigen bis zu 18 Jahren ist insgesamt davon ausgenommen. Es ist so – das ist der Ausgangspunkt –, das Land Bremen und seine beiden Städte halten ein großes und attraktives touristisches und im Kern auch kulturelles Angebot für uns, unsere Bürgerinnen und Bürger, aber auch für viele auswärtige Gäste vor. Das sind natürlich auch private Initiativen, aber vor allen Dingen in erheblichem Maße öffentliches Geld. Von diesem Angebot profitieren die Besucherinnen und Besucher ebenso wie das Übernachtungsgewerbe im weitesten Sinne. Meine Damen und Herren, ich brauche Ihnen nicht zu erklären, warum, Bremen ist offensichtlich gehalten, die Möglichkeiten eigener Einnahmeverbesserung gründlich zu prüfen und dann nach Prüfung auch umzusetzen. Deswegen ist nach unserer Ansicht die Erhebung der Tourismusabgabe hier auch geboten und vernünftig. Ich will noch einmal erklären, im steuerrechtlichen Sinne handelt es sich um eine sogenannte örtliche Aufwandsteuer. Das habe ich nachgesehen, oder ich glaube, es wird auch in der Begründung zitiert, es wird wie folgt definiert: „Eine Aufwandsteuer erfasst eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in persönlichem Aufwand zur Lebensführung ihren Ausdruck findet.“ Das ist in diesem Falle die Fähigkeit zu reisen, sich anderes anzusehen und dabei natürlich auch woanders zu übernachten. Diese Fähigkeit zu besteuern ist legitim, und es ist in dieser Logik eine kluge Lösung, sie auch unterschiedlich nach Klassifizierung der Übernachtungsmöglichkeiten zu besteuern. Es ist dann eine einfache, unbürokratische, auch gerechte Regelung, meine Damen und Herren, und es ist sehr klug, es auch unbürokratisch so zu regeln, dass es insgesamt auch in Bremerhaven eingezogen und verwaltet wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

In seiner Begründung führt der Senat aus, dass die Betreiber der Übernachtungsangebote die Abgabe auch auf den Nutzer abwälzen, das heißt, die Preise erhöhen könnten. Das ist formalrechtlich natürlich möglich, aber, wie ich finde, nicht der Sinn der Sache, eigentlich im Gegenteil! Ich kann mir natürlich vorstellen, dass wir demnächst in Hotels Schilder mit der Aufschrift „Preiserhöhung wegen Tourismusabgabe“ sehen, aber können Sie sich erinnern, im vergangenen Jahr Schilder in den Hotels mit dem Hinweis „Starke Preissenkung wegen Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 7 Prozent“ gesehen zu haben? Ich kann mich nicht daran erinnern, meine Damen und Herren,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

denn diese erheblichen Kostensenkungen sind nicht auf die Kunden übertragen worden, die Preise sind nachweislich nicht gesunken. Natürlich hat uns der Verband dann erzählt, dieses Geld sei ausschließlich und nur für Personal und für das Wohlbefinden der Kunden ausgegeben worden. Ehrlich gesagt, wer das glaubt, wird mit Sicherheit selig, meine Damen und Herren!

Die Tourismusabgabe ist eine Steuer und keine Gebühr: Sie hat daher keine Bänder und fließt zunächst in den allgemeinen Haushalt, aber es besteht Einvernehmen in der Koalition, dass die Einnahmen daraus zur Stärkung der Tourismus- und Kulturförderung eingesetzt werden sollen, und die weiteren Festlegungen müssen dann in den Haushaltsberatungen erfolgen.

Wir schlagen Ihnen vor, das Gesetz heute in erster Lesung zu beschließen und es danach – und das ist auch dann der Antrag – an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss zur Beratung und Berichterstattung zu überweisen, damit wir es im Dezember in zweiter Lesung hier abschließen können. Wir haben dort dann auch die Möglichkeit, Einzelfragen, die jetzt in der Diskussion aufgekommen sind, wie etwa die Frage der Jugendherbergen, von Kreuzfahrtschiffen, die Frage von Klassifizierung von Hotels, noch einmal genau zu klären. Nach meiner jetzigen Erwartung werden Gesetzesänderungen eher nicht notwendig sein, sondern eher verwaltungsmäßige Klarstellungen für die Umsetzung, aber das werden die Gespräche bis zum Dezember zeigen.

Wir sind überzeugt davon, dass wir mit dieser Tourismusabgabe etwas Vernünftiges tun, nach ihren Leistungsmöglichkeiten eine gerechte Beteiligung derjenigen, die von unserem Angebot in der Stadt profitieren, und wir wollen diese auch zur weiteren Stärkung von Tourismus und Kultur verwenden. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Liess.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Kuhn hat die Grundlagen des Gesetzes soeben erläutert, ich will deshalb darauf verzichten und noch einmal kurz zu ein paar Aspekten Stellung nehmen! Es lässt sich ja nicht leugnen, dass Anlass für die Gesetzesinitiative der Vorstoß der schwarz-gelben Bundesregierung gewesen ist, den Mehrwertsteuersatz zu reduzieren, begründet damit, das Hotel- und Gaststättenge––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

werbe zu fördern. Die Folge für Bremen ist aber, dass wir weniger Einnahmen haben. Wir haben, und das brauche ich Ihnen allen nicht zu erzählen, als Haushaltsnotlageland darauf zu achten, dass es nicht zu weiteren Einnahmereduzierungen kommt, und die nächste scheint uns ja bevorzustehen. Was dort vom Bund kommt, dem werden wir nicht zustimmen können.

Wir mussten sehen, dass wir Kompensation erhalten. Nach dem, was das Finanzressort uns vorlegt, wird es so sein, dass mit einer Einnahmeerwartung von 3,6 Millionen Euro bei ungefähren Ausgaben von 100 000 Euro gerechnet wird, die insgesamt zur Verwaltung aufgewandt werden müssen. Das heißt, wir werden real in die Lage versetzt, tatsächlich Geld einzunehmen. Im Übrigen darf ich einmal auf den heutigen Beitrag aus dem Ressort von Bürgermeister Teiser hinweisen, der eindeutig formuliert hat, wir brauchen sichere Einnahmen, und wir brauchen zusätzliche Einnahmen, und dies ist ein Beitrag, der hier geleistet wird.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich will in dem Zusammenhang noch einmal sagen, Geld hat in der Tat keine Bänder. Sie können sich aber darauf verlassen: Wir machen diesen Schritt, um dieses Geld zielgerichtet einzusetzen, um zielgerichtet die kulturellen Einrichtungen zu stärken, um zielgerichtet den Tourismus zu stärken. Aus diesem Grund halten wir es auch für richtig, eine solche Steuer zu erheben, da dann auch diejenigen mit herangezogen werden, die insgesamt diese Einrichtungen nutzen.

Nun gibt es den Vorwurf, dies sei rechtlich nicht haltbar. Hier verweise ich Sie auf die Begründung des Gesetzestextes seitens des Finanzressorts, dass es nämlich bereits erste Verwaltungsgerichtsentscheidungen gibt, die ein solches Vorgehen für rechtlich zulässig erklären. Sie erklären es auch für rechtlich zulässig, eben nicht zwischen beruflicher und privater Übernachtung zu unterscheiden. Aus diesem Grund denken wir, dass wir auch rechtlich gut dastehen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn man die heutige Presseberichterstattung sieht – wir hatten ja heute mehrere Presseartikel und auch einen zur Tourismusabgabe – und die Äußerungen des Herrn Siemering zur BTZ hört, ein Euro sei der entscheidende Faktor, damit jemand nach Bremen kommt, dann finde ich das maßlos übertrieben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es wird dann das Argument angeführt, es gebe jetzt das Klassifizierungsmodell und die Überlegung der Klassifizierung nach den Sternen, und es wird gesagt, es könnten jetzt alle abwandern und sagen, sie verzichteten auf dieses Klassifizierungsmodell. Meine Damen und Herren, wenn die Hotels dies tatsächlich tun, dann wissen sie sehr genau, dass sie sich in ihr eigenes Fleisch schneiden, denn die Klassifizierung nach Sternen ist natürlich eingerichtet worden, um bestimmte Zielgruppen anzusprechen. Wer sich davon verabschiedet, von den eigenen Zielgruppen, verabschiedet sich von der eigenen Leistungsfähigkeit und dem eigenen Angebot.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Lassen Sie mich noch etwas sagen! Es hat ja auch eine Rolle gespielt – und ich gebe zu, in meinen Überlegungen hat es für mich auch eine Rolle gespielt –, wie es eigentlich mit der Bremer Tourismuszentrale und dem Beitrag ist, den die Unternehmen heute auch leisten. Dabei müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, dass die Bremer Touristik-Zentrale und der heute von dem Verein aufgebrachte Beitrag natürlich dazu genutzt wird, die Buchungsmöglichkeiten für die eigenen Hotels zu schaffen. Unabhängig davon, ob man eine Tourismusabgabe hat oder nicht, wird diese Notwendigkeit weiterhin bestehen. Ich sehe also auch hier an dieser Stelle keine Gefahr.

Mich hat, ehrlich gesagt, der Wortstil geärgert, mit dem wir es zum Teil zu tun haben, wenn nämlich seitens des DEHOGA gesagt wird, es würde sich hier um Wegelagerei handeln. Dann kann ich nur sagen, das ist im Ton völlig daneben,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

und man hat nicht verstanden, dass wir hier einen Beitrag zur Sicherung und Stärkung des kulturellen und touristischen Angebots leisten wollen. Man hat nicht verstanden, dass dies ein wichtiger Weg ist, um sicherzustellen, dass wir auch in Zukunft das hohe Niveau, das wir hier heute haben, erhalten können. Dafür brauchen wir diese Steuer.

Ich bitte Sie um Unterstützung für die erste Lesung! Danach werden wir das Gesetz, wie vorgeschlagen, im Haushalts- und Finanzausschuss noch einmal beraten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Kastendiek.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben ja eben gerade schon aus den beiden Regierungsfraktionen die offizielle Begründung für diese Bettensteuer gehört. Es klang große Überzeugung mit, muss ich sagen, alle Achtung! Diejenigen, die etwas länger dabei sind, wissen, wie man so etwas zu werten hat. Die Bauchschmerzen zu diesem Vorgehen des Senats scheinen sich bei Ihnen in der Fraktion offensichtlich auch breit gemacht zu haben. Wir haben hier eine Vorlage präsentiert bekommen, die nicht durchdacht ist und unausgegoren. Sie ist finanziell unsolide, die Einnahmen sind zu hoch angesetzt, und sie ist rechtlich mehr als bedenklich. Wir werden dieser Vorlage nicht zustimmen können. Sie schadet dem Tourismusstandort Bremen.

(Beifall bei der CDU)

Fangen wir mit den Widersprüchen an, die sich schon in der Einleitung wiederfinden! Die Senatorin für Finanzen erklärt, dass es ein wichtiger, wesentlicher Beitrag zur Haushaltskonsolidierung sei, das heißt auf Deutsch: Schuldenentlastung, nicht mehr und nicht weniger! Eine Seite weiter heißt es, damit sollten attraktive Angebote der Kultur und des Tourismus gefördert werden. Was denn jetzt nun, meine sehr verehrten Damen und Herren?

Wenn ich höre, dass führende Vertreter des Wirtschaftsressorts Beruhigungspillen in den Bereich des Tourismus- und des Hotel- und Gaststättenbereichs geben, wobei es dann heißt, regt euch nicht auf, das Geld kommt zusätzlich, dann, muss ich sagen, hat das nichts mit einheitlicher seriöser Politik hier in Bremen zu tun.

(Beifall bei der CDU – Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es existieren auch für die prognostizierten Einnahmen in Höhe von 3,62 Millionen Euro überhaupt keine Berechnungen. Das ist die Politik des dicken Daumens, die Sie da machen. Sie haben ja seit dem ersten Entwurf des Senats vom 31. Oktober und dann bis hin zur Verabschiedung – dem, was Sie hier heute vorgelegt haben – die Berechnung und Zusammensetzung verändert. Sie haben das Mengengerüst verändert, der Betrag ist gleich geblieben. Sie wissen das, Herr Dr. Kuhn, Sie kennen ja die Vorlagen Ihrer Häuser an der Stelle. Was haben Sie als vermutliche Quote für die Minderjährigen angesetzt? Sie haben von der ersten bis zur verabschiedeten Fassung die Jugendherbergen und Heime komplett herausgenommen, auch die finden sich nicht wieder. Das zeigt, hier ist einfach nur eine Vorlage in die Pipeline geworfen worden, es hat sich keiner Gedanken darüber gemacht, was eigentlich ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

dahintersteckt. Auch das zeigt, wie solide und seriös diese Vorlage erarbeitet worden ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich halte selbst den Bürokratieaufwand in den Behörden, der angenommen worden ist, für viel zu gering. Ich kann Ihnen auch sagen warum: Sie haben das Beispiel der Klassifizierung angesprochen. Es gibt zum Beispiel Häuser, Herr Dr. Kuhn, die überhaupt nicht klassifiziert sind.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wie viele denn?)