Protocol of the Session on October 22, 2014

Es ist jetzt schon so, dass nicht kontrolliert wird.

Es wird bei einer Seebestattung auch nicht der In halt der Urne kontrolliert. Deswegen finde ich es falsch, ein Bild zu zeichnen, dass es demnächst eine Urnenpolizei geben wird. Es gibt sie jetzt nicht, und es wird sie auch in Zukunft nicht geben, weil sie einfach nicht notwendig ist.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Es wird also nicht kontrolliert! Warum schreiben Sie es denn dann hinein?)

Ich möchte noch einmal etwas zu der Bestattungs

kultur sagen, weil Sie noch einmal darauf hinge wiesen haben. Beim letzten Mal war es der Disput zwischen uns beiden, Herr Röwekamp. Ich habe den Sachverhalt noch einmal juristisch nachprüfen lassen.

Sie haben beim letzten Mal das Preußische Land

recht angeführt, was aber im Übrigen nur besagt, dass Friedhöfe außerhalb von Wohngebieten errichtet werden dürfen. Das hat hygienische Gründe, weil man aus der Pest gelernt hat. Dass es einen Fried hofszwang oder eine Friedhofspflicht für Urnen und Totenasche in Deutschland und Österreich gibt, beruht – und das ist noch einmal juristisch bestätigt worden – auf der Fortschreibung des 1934 einge setzten Reichsfeuerbestattungsgesetzes. Ich finde, ein Gesetz von 1934 kann man jetzt, nach über 80 Jahren, auch endlich einmal wieder abschaffen, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Dann können wir das BGB ja auch abschaffen! Das ist noch älter!)

Ja, es gibt sinnvolle Gesetze, und es gibt vielleicht

nicht sinnvolle Gesetze oder Gesetze, die sich durch

den Wandel der Gesellschaft auch einfach überholt haben,

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber darüber sagt das Alter doch nichts aus!)

und das ist, Herr Röwekamp, eines von diesen Ge setzen, die von den Nationalsozialisten eingeführt worden sind und wir jetzt einfach wieder rückgängig machen wollen.

Ich sage es noch einmal, ich finde es nicht würdelos,

dass jemand selbst bestimmen kann, wo er bestattet wird, an einem ausgesuchten Ort, und das zeigen die Erfahrungen aus dem Ausland. Ich möchte das jetzt doch noch einmal an einigen Beispielen verdeutlichen.

(Zurufe von der CDU)

Herr Röwekamp, wenn Sie bitte zuhören würden!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ja, es ist müh sam! – Abg. Frau N e u m e y e r [CDU]: Er kann beides!)

Ja, ich finde es auch mühsam, Ihnen zuzuhören, ganz ehrlich gesagt!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber ich rede ja gar nicht! – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ununterbrochen!)

Es gibt Beispiele aus unserer eigenen Fraktion. Sie

sagen, Sie möchten kein Haus kaufen oder irgendwo entlanggehen, wo die Asche ausgestreut wird. Dann würde ich Ihnen empfehlen, niemals nach London zu gehen! Da kann ich Ihnen Orte nennen, ob es Kew Gardens oder Richmond Park ist, die Englän der lassen sich in den englischen Parks ausstreuen.

(Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: Das macht doch die Sache nicht besser!)

Die Mitarbeiterin unserer Geschäftsstelle, die mir

auch erlaubt hat, sie als Beispiel zu nennen, hat ihre Mutter letztes Jahr am Genfer See ausstreuen lassen, auf einer wunderschönen Naturwiese. Das ist, finde ich, kein würdeloser Ort, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

So gibt es viele Beispiele, und warum es mich,

gelinde gesagt, manchmal – –. Ich komme auch gleich zum Schluss, ich habe schon gesehen, es blinkt schon nicht mehr, Herr Präsident! Nach all diesen Debatten, sowohl hier in der Bürgerschaft, wo die CDU ja übrigens mit Herrn Kastendiek und Herrn Eckhoff, das haben wir beim letzten Mal festgestellt, vor etlichen Jahren, schon gefordert hat, dass der

Friedhofszwang aufgehoben werden soll, kamen Leute aus allen Fraktionen, auch aus Ihrer Fraktion, Herr Röwekamp – ich weiß nicht, ob sie sich trauen, sich heute zu melden – und haben gesagt, dass sie das selbst auch schon einmal gemacht haben. Es gibt auch andere prominente Beispiele aus Bremen, die – –.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Wer war das? – Abg. H i n n e r s [CDU]: Namen!)

Ja, Namen, genau! Kann ich nennen, will ich jetzt

aber nicht, vielleicht trauen sie sich ja, nach vorn zu kommen! Wenn selbst in den eigenen Fraktionen Betroffene sagen, bei ihnen im Garten befinde sich übrigens auch die Asche eines Angehörigen, und es prominente Beispiele aus prominenten Familien in Bremen gibt, die ihre Angehörigen auch schon lange in den eigenen Gärten bestatten, traditio nell im eigenen Garten bestatten, und auch keine Scham haben, das zuzugeben, dann finde ich, zeigt es doch, dass dieses Problem selbst in Ihrer Mitte ist, in unserer Mitte, in der ganzen Fraktion und auch in Bremen ist. Deswegen gehört dieses Gesetz heute beschlossen und endlich auch einmal ein Wandel in dieser Gesellschaft durch diese Gesetzesgrundlage widergespiegelt! – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat

das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Herr Präsident, meine

Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Röwekamp, Sie haben mich gefragt, was ich mit Kulturpessimismus meine.

(Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: Nein, mit der Kiste! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Mit der Kiste und wo sie ist!)

Sie können sich jede Kiste vorstellen, wie Sie

wollen, ich werde Ihnen gleich etwas zum Kultur pessimismus sagen, auf das kam es mir jedenfalls an. Ich will vorweg aber sagen, dass ich unter Kul turpessimismus nicht verstehe, dass früher alles besser war, das ist Zukunftspessimismus, den meine ich aber nicht.

Lassen Sie mich aber zunächst auf ein paar Punkte

von Ihnen eingehen, weil ich es ehrlich gesagt, Herr Röwekamp, nicht für lauter halte, wie Sie diskutie ren! Der erste Punkt, Sie sagen, Sie möchten nicht, dass Tote zur Verfügungsmasse werden bei einem Gesetz, mit dem wir bestimmen, dass es auf die private, auf die Verfügung zu Lebzeiten ankommt. Damit da überhaupt ein Sinn herauskommt, sagen Sie dann, tote Menschen sollen keine Verfügungsmasse werden, auch nicht durch eigene Entscheidung. Was ist denn das für ein Satz? Versuchen Sie den einmal

irgendwem logisch zu erklären, dass man durch eigene Entscheidungen zu Verfügungsmasse wird!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ja, ich kann es Ihnen erklären! Jetzt haben Sie es provoziert! Ich kann es Ihnen erklären!)

Dann erzählen Sie uns das bitte gleich noch einmal!

Die zweite Sache ist, Sie sagen, wieso kommen

ausgerechnet Sie, die Regierungsparteien, dazu, in diesem Bereich Privatisierung zu machen, Sie sind doch sonst so für die Kommunalisierung! Darum geht es doch in diesem Fall offensichtlich nicht!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Eine Privatisierung wären private Friedhöfe oder

private Flächen, bei denen für Geld so ein Ausstreuen zugelassen wird. Genau das schließen wir in dem Gesetz aus. Ich denke, das müssten Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)