Protocol of the Session on September 25, 2014

Wir wollen Menschen aus ihrer Abhängigkeit von

Transferleistungen herausholen, vor allem, wenn sie schon am Beginn des Lebensweges steht, denn wann, wenn nicht dann, müssen wir ansetzen, um die Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen?

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Deswegen sind die Konzentration auf Qualifizierung und Ausbildung in diesem Programm, die deutliche Schwerpunktsetzung auf junge Menschen völlig richtig, und ich sage noch einmal, es ist falsch zu unterstellen, dass wir damit den regionalen Ansatz sowie die regionalen Strukturen von Arbeitsmarkt politik vernachlässigen. Wir sind eindeutig der Mei nung, dass da sehr viel Geld hineinfließt und dass man parallel dazu auch diesen von mir genannten Ansatz deutlich stärken muss.

Letzte Bemerkung: Natürlich benötigen wir auch

ein paar andere Lösungen. Ich hatte eingangs ge sagt, wir verteilen gern das Geld, das wir von Dritten bekommen – aus dem Europäischen Sozialfonds, aus dem Bundeshaushalt über die Arbeitsagenturen, die Jobcenter –, darüber hinaus brauchen wir aber auch ein paar andere Instrumente, das haben wir im Rahmen der Reform intensiv diskutiert, wie zum Beispiel den Aktiv-Passiv-Transfer und neue Regeln für soziale Projekte.

(Glocke)

Wir haben auch dazu Initiativen auf Bundesebene ergriffen, und ich bin sicher, dass wir im Herbst dieses Jahres dazu noch ein paar Dinge genannt bekommen und es noch ein paar neue Regelungen geben wird. – So weit erst einmal herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat

das Wort der Abgeordnete Willmann.

Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist sehr wichtig, sowohl der Gesamtheit des Parlaments als auch den Zuhörern ein bisschen zu verdeutlichen, was eigentlich das Beschäftigungs politische Aktionsprogramm, kurz BAP genannt, ist. Seine Eckpunkte, zu denen ja die LINKE 52 Fragen gestellt hat, zielen darauf ab, dass es in erster Linie konsequent auf die Bekämpfung von Armut durch Integration und existenzsichernde Arbeit setzt. Das ist der Punkt, der ganz oben darüber steht.

Allen Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollen

die Zugänge zu Ausbildung und Arbeit ermöglicht werden, dafür sollen insbesondere die Übergänge aus dem allgemeinbildenden Schulbildungssystem in berufliche Bildung dargestellt werden. Das ist für uns ein erklärtes Ziel, und daraus ergibt sich auch die Bildung der Jugendberufsagenturen, die erfreu licherweise in Bremen und Bremerhaven gleichzeitig starten werden und somit auch die gleichen Ver hältnisse in beiden Kommunen gewährleisten. Ich danke von dieser Stelle aus auch den beiden dafür zuständigen Dezernenten in Bremerhaven, Herrn Rosche und dem Schuldezernenten Frost, dass sie diese große Aufgabe in der kleineren Kommune auch für sich so angenommen haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das BAP konzentriert sich in dieser Förderperiode

insbesondere auf Langzeitarbeitslose und Arbeitslose im SGB II-Bereich, auf alleinerziehende Eltern, auf Menschen mit Migrationshintergrund und, Frau Bernhard, auch wenn Sie das nicht so hinnehmen wollen, auch auf Frauen. Die finden Sie auch darin.

Abschlussbezogene Maßnahmen für Frauen und

Männer, die einen ersten Übergang in den ersten Ar beitsmarkt ermöglichen, sind für uns gleichzusetzen, da machen wir keine Unterschiede. Die Angebote für abschlussbezogene – und die Betonung ist neu, meine Damen und Herren! – Qualifizierungen für und- und angelernte Beschäftigte werden weiter entwickelt, und zwar konsequent, um ihre Position am Arbeitsmarkt zu entwickeln, denn für uns ist Teilhabe auch immer über Arbeit definiert, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Teilhabe am gesellschaft lichen Leben findet nach wie vor über Arbeit statt.

Wir haben hier auch an die besonders arbeitsmarkt

fernen Langzeitarbeitslosen gedacht, nur werden wir sie nicht weiter in irgendwelche Endlosschleifen stecken, sondern wir möchten gern über Förder zentren so weit kommen, dass wir niederschwellige lebensraum- und quartiersbezogene Ansätze finden, in denen wir besonders arbeitsmarktferne Menschen unserer beiden Städte qualifizieren und sie langsam in ihrem eigenen Tempo, manchmal auch mit pflegen der Umlagerung an den Arbeitsmarkt heranbringen.

Da Sie die regionalen Netze schon erwähnt ha

ben, Frau Bernhard, gehört zur ganzen Wahrheit auch – und das muss man einmal deutlich sagen –, dass es die Bundesregierung war, die in den letz ten Jahren AGH und damit die Finanzierung der regionalen Netze eingestellt hat. Es war der Bremer Senat zusammen mit der rot-grünen Koalition, der hier schon seit Anfang des Jahres die Weiterfinan zierung dieser regionalen Netze aus ESF-Mitteln übernommen hat, und zwar bis Ende dieses Jahres. Des Weiteren ist jetzt erkannt worden, dass wir aus Gründen der Steuerung und auch des Übergangs der Deputation, so hoffe ich, gemeinsam mit Ihnen empfehlen können, noch eine Verlängerung in das nächste Jahr hinein zu erwirken.

Man muss aber auch deutlich sagen, wir erwar

ten auch, dass nicht nur die Beschäftigung und das bloße Bringen von Menschen in die Stadtteile im Vordergrund steht, sondern dass für uns auch deutlich Qualifizierung und Orientierung in Richtung sozi alversicherungspflichtiger Beschäftigungen stehen. Der Ein-Euro-Job im Recyclinghof kann nicht die dauerhafte Perspektive für jemanden sein, der noch nicht einmal 25 Jahre alt ist. Er kann – mein Kollege Reinken hat mir das einmal sehr bildhaft erklärt – doch auch im Neustädter Hafen qualifiziert werden und dort für die in dem Bereich geltenden Tarife, die meines Wissens bei 9,09 Euro je Stunde anfangen, seine Perspektive entwickeln und muss es nicht über den Ein-Euro-Job in einem Recyclinghof machen.

Im Rahmen der Entwicklung des neuen BAP ist

ebenfalls erkannt worden, dass die Schulsozialarbeit an dieser Stelle eine wichtige Rolle spielt. Schon in der Schule ist auch stärker darauf hinzuarbeiten, dass Teilhabe ein wichtiger Plan ist. Deshalb ist auch die Schulsozialarbeit, die von der Bundesregierung ebenfalls nicht weiter finanziert worden ist, mit 3,95 Millionen Euro abgesichert worden. Das ist, finde ich, auch eine Leistung, die man anerkennen muss.

Über die Maßnahmen hinaus, die wir hier gefunden

haben, glauben wir Grünen allerdings, dass wir weiterhin – gern auch mit der Bundesregierung zusammen – darüber nachdenken müssen, wie man so etwas wie einen sozialen Arbeitsmarkt, das heißt, einen zweiten Arbeitsmarkt findet, der losgelöst ist von den starren Bedingungen der Zusätzlichkeit, der Wettbewerbsneutralität. Wir glauben, dass man im Rahmen eines Passiv-Aktiv-Transfers Menschen mit größeren Vermittlungshemmnissen aktivieren

und damit an den Arbeitsmarkt heranführen kann. So weit erst einmal für die erste Runde! – Vielen herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat

das Wort der Abgeordnete Kastendiek.

Frau Präsidentin, mei

ne sehr verehrten Damen und Herren! Einleitend eine persönliche Bemerkung: Sie haben es selbst angesprochen, Frau Kollegin Bernhard, man muss sich wirklich schon selbstkritisch die Frage stellen, ob wir uns als Parlament einen Gefallen tun, eine Große Anfrage mit 52 Fragen einzureichen und zu debattieren, und wenn Sie einmal die ganzen Unter punkte hinzunehmen, dann sind Sie leicht bei 70 bis 80 Fragen. Wenn man dann einmal das Ergebnis, den Aufwand, den alle Beteiligten haben, im Verhältnis zu den Diskussionsbeiträgen betrachtet: Sie können es bei allen Großen Anfragen feststellen, die 10, 15 Fragen und mehr beinhalten – und das ist übrigens selbstkritisch zu sehen, wir diskutieren auch bei uns in der Fraktion immer einmal wieder darüber –, wenn Sie sich einmal anschauen, wie darüber diskutiert wird, dann diskutiert man nämlich fleißig nebeneinander her, aber man spricht nicht überein ander und miteinander, weil sich jeder gerade den Teil heraussucht, der ihm passt, nur der Duktus, die zentrale Aussage, auch die Ihres Anliegens, kommt dabei gar an.

Ich glaube, man wird auch der Verwaltung nicht

gerecht, denn wenn man sich dann anschaut – Sie haben es ja selbst auch eingeräumt –, dass viele Dinge eigentlich klar waren, wie zum Beispiel der von Ihnen kritisierte zeitliche Ablauf des BAP, so richtet sich dieser schon seit Langem nach der Struk tur der EU. Da muss ich dann den Senat in Schutz nehmen, denn dafür kann er nichts, weil er von Vorgaben, auch allgemeinen Programmvorgaben der EU, abhängig ist. Es wäre vielleicht auch gut, wenn Ihnen das Thema wirklich so am Herzen liegt, dass Sie dann vielleicht öfter in der Wirtschafts- und Arbeitsdeputation vorbeischauen und sich dort einen umfassenden Überblick verschaffen.

Uns als CDU-Fraktion bewegt die Tatsache sehr,

dass sich die ganze Diskussion vor dem Hintergrund dramatischer Zahlen abspielt. Wir als Bundesland Bremen haben zwischenzeitlich die höchste Arbeits losigkeit aller Bundesländer. Wir haben im August 2014 mit 11,2 Prozent den traurigen Rekord von Berlin mit 11,1 Prozent leicht überholt. Es gibt in Bremen mit weit über 40 Wochen von allen Bundesländern die höchste Verweildauer in der Arbeitslosigkeit, und wir haben von allen Bundesländern den höchsten Anteil an Langzeitarbeitslosen. Ich finde, das muss man bei einer solchen Diskussion einleitend in Erin nerung rufen, damit wir auch einmal erkennen, vor

welchem Problem wir hier stehen. Ich halte die etwas lapidaren Hinweise nach dem Motto, die Struktur probleme der Achtziger- und Neunzigerjahre seien die Gründe dafür, dass wir 30 Jahre später eine hohe Arbeitslosenquote haben, wie es sich zum Teil auch in der einen oder anderen Antwort wiederfindet – ich weise auf die Antwort zu Frage 8 hin –, deswegen an der Stelle auch für ein wenig zu kurz gedacht.

(Beifall bei der CDU)

Man muss deswegen, das ist aber auch in den Bei

trägen und in der Deputation der Fall, sehr intensiv darüber diskutieren, was das BAP kann und soll. Wir als CDU-Fraktion wollen den Menschen helfen, wieder an den ersten Arbeitsmarkt heranzukommen, weil wir davon überzeugt sind – das wurde hier auch schon angesprochen –, dass Arbeit der Schlüssel zur Teilhabe und der Weg aus Armut und Transferleis tungen ist, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich finde, das ist eine ganz zentrale Aussage.

(Beifall bei der CDU)

Das müsste deswegen eigentlich die Überschrift sein. Das ist die zentrale Aufgabe des BAP, und wir müssen darüber diskutieren, ob das BAP mit allen Facetten, die sicherlich auf dem Weg existieren, diese Aufgabe erfüllen kann und was es nicht erfüllen kann.

Es bestand manchmal doch schon der Eindruck,

das war gerade in den Strukturen der Vergangenheit der Fall, dass man eher ein Interesse daran hatte, die Strukturen aufrechtzuerhalten, als den Betroffenen zu helfen. Das kann und soll das BAP nicht erreichen, sondern es geht darum, die Menschen möglichst schnell mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen – sie haben alle unterschiedliche Ausgangsvoraus setzungen, die man auch akzeptieren muss, der eine ist schneller, der andere braucht länger, das wurde hier auch angesprochen – in aller Differenziertheit im BAP abzubilden. Das ist das Grundverständnis, das muss das BAP erfüllen, und man kann darüber diskutieren, ob dieses Grundverständnis vom BAP in allen Bereichen erfüllt wird.

Wir bekommen in der Deputation vierteljährlich

einen Bericht, das ist eine große Menge Papier, zum Teil ein Wust von Papieren, in dem wenig durchsichtig ist, was dort eigentlich genau passiert. Der entschei dende Punkt ist, es geht an der Stelle darum, mehr Klarheit, mehr Transparenz und mehr Erfolgskontrolle in das BAP hineinzubringen, ob die Programme und die Träger ihrer Aufgabe letztendlich gerecht wer den, nicht horizontal zu schauen, wie der Betroffene möglichst lang in den Strukturen

(Glocke)