Protocol of the Session on June 19, 2014

(Beifall bei der CDU)

Es geht Ihnen angeblich um eine halbe Million Euro. Das ist die Summe, die sie langfristig, nicht einmal kurzfristig sparen wollen. Vom Sparen ist in dieser Diskussion im Übrigen ungewöhnlich offensiv die Rede, obwohl Sie doch den Bildungsbereich angeblich so vor Einsparungen schützen wollen. „Schippe drauf“, wenn es gerade opportun ist und die Diskussion schwierig wird! Das gilt aber offensichtlich nicht für alle, sondern nur, wenn es Ihnen passt. Ein derartiges Signal der Reduzierung im Bildungsbereich ist insgesamt ein falsches Signal, im Übrigen ganz un

abhängig von der Trägerschaft der Schulen, und deshalb wird Ihre Politik auch nicht richtiger, wenn Sie auf die öffentlichen Schulen verweisen, bei denen Sie tatsächlich oder vermeintlich ebenfalls sparen, meine Damen und Herren.

Sie führen bildungspolitische Debatten ja gern auch als Gerechtigkeitsdiskussionen, aber hier zeigt sich, Ihr Gerechtigkeitsbegriff ist selektiv und verengt von Ihren Interessen abhängig. Ihre Politik ist im Gegenteil schlicht ungerecht, im Übrigen mit Tradition! An den Mitteln aus dem Konjunkturprogramm wollten Sie die Schulen in freier Trägerschaft ja auch schon nicht beteiligen, und kaum verhohlen formulieren Sie jetzt: Wenn es denen nicht gefällt, bauen wir eben staatliche Schulen, dann können sie Ihre Kinder ja dorthin schicken! Die zurückhaltende Interpretation solcher Äußerungen ist: Offensichtlicher kann man seine Missachtung und mangelnde Wertschätzung kaum zum Ausdruck bringen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Man könnte auch sagen, schlicht ignorant!

Hier die Fakten: Die staatlichen Zuschüsse über alle Schulen in freier Trägerschaft betragen zurzeit knapp 25 Millionen Euro. Rechnet man die Kosten hoch, die die Schülerinnen und Schüler der Schulen in freier Trägerschaft im öffentlichen System verursachen würden, käme man auf 44 Millionen Euro, im Übrigen und wohlgemerkt im Jahr. Der Staat spart schon jetzt durch die Beiträge der Eltern und Träger der Schulen in freier Trägerschaft jährlich fast 20 Millionen Euro. Setzt man nun die staatlichen Zuwendungen ins Verhältnis zu den gesamten anfallenden Kosten der Schulen in freier Trägerschaft, so wird deutlich, dass die Zuschüsse schon jetzt nur wenig mehr als die Hälfte der tatsächlichen finanziellen Aufwendungen aufwiegen. Hier wollen Sie trotzdem weiter reduzieren.

Es kommt hinzu, die Zuschüsse wurden schon seit geraumer Zeit nicht mehr erhöht, obwohl die Kosten gestiegen sind und das öffentliche Bildungssystem zu Recht weitgehend mit Ihren Anstrengungen von Einsparungen ausgenommen worden ist. Sie sparen in Wahrheit jetzt schon durch die Beiträge der Träger und Eltern, und schon deshalb wäre es eher angezeigt, einmal Danke zu sagen, Anerkennung zum Ausdruck zu bringen

(Beifall bei der CDU)

und nicht noch unter dem Tisch Fußtritte zu verteilen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Wir reden im Übrigen über Schulen, die in den Verfassungen des Bundes und des Landes als Ersatz- und Ergänzungsschulen gewollt sind. Wir führen hier eine

Diskussion, die im Kita-Bereich so jedenfalls undenkbar wäre. Im grünen Sozialressort sind freie Träger unterschiedlichster Art gar nicht wegzudenken, zu Recht, ausgehend von dem Gedanken, dass von Vielfalt letztlich alle profitieren. Ich frage mich, warum dies im Bildungsbereich nicht gilt. Ich frage mich auch, wo bei dieser Frage eigentlich die Grünen geblieben sind.

(Beifall bei der CDU)

Stattdessen, meine Damen und Herren von den Grünen, verteilen Sie in Bremen lieber schon einmal gedanklich das Geld, das die Große Koalition in Berlin für unser Bundesland vorgesehen hat, ohne dabei aber eventuell zu sagen, wir denken über den hier in Rede stehenden Bereich vielleicht noch einmal neu nach, vielleicht auch, weil die angeblich zu erfüllende Sparquote dadurch im Bildungsbereich natürlich endgültig relativiert wird und nachhaltige Politik, meine Damen und Herren, soziale Politik eben auch funktionierende Systeme stabil hält und weiterentwickelt.

(Beifall bei der CDU)

Es kommt hinzu: Was Sie uns hier heute vorlegen, können Sie inhaltlich auch im engeren Sinne kaum begründen. Die Zahlen, von denen Sie ausgehen, ergeben sich irgendwie aus der Historie.

(Abg. G ü n g ö r [SPD]: Sagen Sie doch einmal inhaltlich irgendetwas zum Gesetz, Herr Dr. vom Bruch! Unabhängig von den Finanzen!)

Der Berechnungsmodus, sprich irgendwie definierte Prozentsätze der Personalkosten, ist im Ergebnis gegriffen und irgendwie eine Festschreibung des IstZustands minus einer dubiosen Sparquote, mit realen Kosten, Zielen oder Strukturen überhaupt nicht im Zusammenhang stehend. Das bestreiten Sie nicht einmal in Wirklichkeit. In Ihrer Not nennen Sie dieses unzulängliche Durchbringen eine politische Setzung. Basta-Politik nenne ich das!

(Abg. G ü n g ö r [SPD]: Wir können das im Gegensatz zu Ihnen!)

Damit aber auch noch nicht genug! Sieht man sich die Details an, dann stellt man fest, dass die einzelnen Schularten vollkommen unterschiedlich behandelt werden. Man darf dreimal raten, welche am schlechtesten davonkommt. Richtig, die Gymnasien! Sie haben Zuschusssenkungen zu realisieren, die an knapp 10 Prozent heranreichen werden. Auch hier wird Ihre ideologische Ausrichtung deutlich, auch hier setzt sich fort, was wir im öffentlichen System schon seit Jahren erleben. Damit organisieren Sie die Ungerechtigkeit in der Ungerechtigkeit, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Nicht selten begründen Sie Ihre Skepsis ja auch mit der These, die Schulen in freier Trägerschaft nähmen den öffentlichen Schulen die guten Schüler und beförderten die soziale Auslese und Ungleichbehandlung, jedenfalls ein immer wieder gern genommenes, ich sage, Scheinargument mit ideologischem Einschlag. Es ist aber genau das, was die Schulen in freier Trägerschaft eigentlich gar nicht wollen. Es widerspricht auch schon dem gesetzlich vorgegebenen sogenanntem Sonderungsverbot.

Ihre Politik aber wird genau dazu führen, dass zumindest eine Reihe von Schulen in freier Trägerschaft gar nicht anders können, als ihre Beiträge zu erhöhen. Sie, Rot-Grün, Sie sind es, die am Ende die Ursache liefern, dass einzelne Schulen tatsächlich nur noch den sogenannten Besserverdienenden offenstehen. Stattdessen wollen diese Schulen Schulen ihrer Region und ihres sozialen Umfeldes sein. Ihre Politik ist nicht nur ungerecht, sie ist in Wahrheit auch zutiefst unsozial!

(Beifall bei der CDU)

Wir setzen dagegen auf eine Stärkung bürgerschaftlichen Engagements und auf Selbstverantwortung, denn auch das kommt im Wirken von Schulen in freier Trägerschaft in Wahrheit zum Ausdruck, meine Damen und Herren.

Obwohl wir in erster Linie daran interessiert sind, dass Ihre Verschlechterungen nicht beschlossen werden, belassen wir es nicht bei einer Ablehnung Ihrer Vorlage, wir wollen eine Alternative anbieten, eine Diskussionsgrundlage. Lassen Sie mich vier Kernpunkte zusammenfassend herausgreifen:

Es gibt weder einen nachvollziehbaren Grund, Schulen in freier Trägerschaft untereinander grundsätzlich unterschiedlich zu behandeln, noch einen, bei den Kosten nur die Personalkosten zugrunde zu legen, auch weil der Personalhaushalt schon längst nicht mehr 100 Prozent der tatsächlichen Personalausgaben abbildet. Wir treten deshalb dafür ein, dass alle Schulen grundsätzlich auch mit einem gleichen Faktor bezuschusst werden, und dafür, dass von den Gesamtkosten pro Schülerin und Schüler ausgegangen wird. Unterschiede spiegeln sich ja bereits darin wider, dass die Kosten pro Schüler und Schülerin in unterschiedlichen Pro-Kopf-Beträgen in den einzelnen Schularten zu Buche schlagen.

Wir denken auch, dass eine über alles kalkulierte, moderate Anhebung der Zuschüsse für Schulen in freier Trägerschaft schon dadurch gerechtfertigt wird, dass bereits in den letzten Jahren reale Kostensteigerungen eben nicht zu einer Anpassung geführt haben. Es würde nach unserer überschlägigen Einschätzung ein Kostendeckungsgrad erreicht, der ungefähr dem Nordrhein-Westfalens entspricht, das im Übri

gen auch für alle Schularten nahezu gleiche Prozentsätze zugrunde legt, ein Bundesland, mit dem Sie sich in Tariffragen doch ansonsten so gern selbst vergleichen. Das Geld dafür wäre vorhanden, spätestens seit den Entscheidungen des Bundes.

Zweitens, wir wollen aber auch noch anderes, wir wollen deutlich machen, dass diese Schulen nicht von gesellschaftlichen Entwicklungen abgekoppelt werden, wir wollen von diesen Schulen nicht nur fordern, dass sie zum Beispiel die Inklusion und Ganztagsschulangebote realisieren, wir wollen sie dabei unterstützen, wir wollen es ihnen ermöglichen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der CDU)

Am Ende ist aber entscheidend, dass Sie den Konsens auf Augenhöhe suchen.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss! Ich glaube, dass Sie gut beraten wären, auch angesichts der öffentlichen Diskussion noch einmal das Gespräch mit den Beteiligten zu suchen.

Ich glaube, dass die Spielräume, um die es hier in Wahrheit geht, vorhanden sind. Ich glaube, dass Sie insgesamt die Möglichkeiten bis zur zweiten Lesung dieses Gesetzes nutzen sollten, um auch hier zu einem Konsens zu kommen. Das ist unsere oberste Forderung, aber da sehe ich leider im Moment ihr Bemühen nicht, aber vielleicht werden wir ja noch eines Besseren belehrt. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort Frau Kollegin Dogan.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Zunächst einmal möchte ich betonen, dass die Schulen in freier Trägerschaft die Schullandschaft durch ihre besonderen Profile und Schwerpunkte bereichern. Deshalb war uns auch wichtig, dass dies in das Gesetz aufgenommen wird, da die Schulen in freier Trägerschaft das öffentliche Schulsystem durch besondere Inhalte und Formen der Erziehung und des Unterrichts ergänzen. Es war uns als Koalition wichtig, weil es vorher nicht im Gesetz stand, dass das aufgenommen wird.

Es ist aus unserer Sicht gut, dass es diese Schulen gibt und sie auch in der äußeren Struktur und in ihren Zielen den öffentlichen Schulen entsprechen müssen. Wichtig ist aber auch, dass sie eigene Wege bei ihren Bildungs- und Erziehungsinhalten gehen können. Dadurch wird die Bildungslandschaft auch bunter, das ist uns Grünen besonders wichtig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die nun geplanten Änderungen des Privatschulgesetzes sind nötig, weil die hier im Schulgesetz 2009 vorgenommenen Veränderungen auch für die Schulen in freier Trägerschaft angepasst werden müssen, darauf haben meine Kollegen ja auch eben Bezug genommen. Wir begrüßen es auch, dass nun die Schulen in freier Trägerschaft, wie die öffentlichen Schulen, verbindlich den Auftrag bekommen, sich zu inklusiven Schulen zu entwickeln. Das ist ja auch nicht zuletzt aufgrund der UN-Behindertenrechtskonvention der Auftrag für alle Schulen im Land Bremen.

Kontrovers wurden in den letzten Wochen diese geplanten Veränderungen in der Stadt und im Land diskutiert. Das ist auch verständlich, da es ja auch um die Senkung des Zuschussvolumens um zwei Prozent geht – Herr Dr. vom Bruch hat ja auch die Zahlen genannt –, es geht um eine Summe von 500 000 Euro. Meine Damen und Herren, dabei muss man aber berücksichtigen, dass es sich hierbei um eine Anpassung der Schulstruktur an das öffentliche Schulwesen und -system handelt und es hierfür eine längere Übergangsfrist für die Schulen in freier Trägerschaft gibt, damit sie das auch richtig und gut umsetzen können.

Die Zuschüsse für Privatschüler sollen zukünftig an die Personalausgaben der öffentlichen Schulen angelehnt werden. Dabei war es uns als Koalition wichtig, dass es gerade im Bereich der Grundschulen – die genauen Zahlen hat Herr Güngör eben erwähnt – auf keinen Fall zu Kürzungen kommt, weil dort die entscheidenden Weichen für die weitere Bildungsbiografie der Kinder gestellt werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das heißt, dass hier der Zuschuss auf der bisherigen Höhe bleibt.

Für die Oberschulen – das hat Herr Güngör auch noch einmal ausgeführt – steigen die Zuschüsse, das bitte ich auch noch einmal zur Kenntnis zu nehmen. Zutreffend ist, dass es Kürzungen in der gymnasialen Oberstufe geben wird, weil die Zuschüsse dort bisher über denen der Zuschüsse für die öffentlichen Schulen lagen. Das geht aus den Unterlagen ja auch hervor, und das haben wir auch sehr ausführlich in der Bildungsdeputation besprochen.

Die einzige Förderschule, nämlich die Tobias-Schule, erhält die Zuschüsse wie bisher, es bleibt beim Status quo, es wird überhaupt nicht zu irgendwelchen Änderungen dort kommen, das bitte ich in dieser kontroversen Diskussion auch einmal zur Kenntnis zu nehmen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Im Bundesvergleich steht das Land Bremen nach der Novellierung des Privatschulgesetzes im Mittelfeld. Sie kennen ja auch die Stellungnahmen der Schulen in freier Trägerschaft, in denen einige auch

dies zur Kenntnis genommen und gesagt haben, es ist allseits bekannt, dass sich das Land Bremen in einer Haushaltsnotlage befindet und man das nachvollziehen kann. Das bitte ich bei der Bewertung dieses Gesetzes und bei den ganzen Diskussionen zu berücksichtigen!

Wir wollen auf der einen Seite eine gute Arbeit leisten – und das haben wir ja aus unserer Sicht in den letzten Jahren gemacht –, aber auf der anderen Seite, und das wissen Sie auch, meine Damen und Herren, werden wir aus Berlin vom Stabilitätsrat genau beobachtet. Wir als Koalition vertreten die Auffassung, dass die Senkung um zwei Prozent mit Augenmaß erfolgt ist und vor dem Hintergrund der Übergangsregelungen – bei den Grundschulen und Oberschulen kommt es zu keinen Veränderungen, und der Status quo bei der Tobias-Schule bleibt erhalten – vertretbar ist. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)