Protocol of the Session on June 18, 2014

Nun lasse ich über den Antrag des staatlichen Haushalts- und Finanzausschusses abstimmen.

Wer dem Antrag des staatlichen Haushalts- und Finanzausschusses mit der Drucksachen-Nummer 18/1339 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht des staatlichen Haushalts- und Finanzausschusses Kenntnis.

Gesetz zur Änderung des Bremischen Schulgesetzes – Sexuelle Selbstbestimmung und gesellschaftliche Vielfalt im Sexualkundeunterricht

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 28. November 2013 (Drucksache 18/1178) 2. Lesung

Wir verbinden hiermit:

Gesetz zur Änderung des Bremischen Schulgesetzes – Sexuelle Selbstbestimmung und gesellschaftliche Vielfalt im Sexualkundeunterricht

Bericht und Antrag der staatlichen Deputation für Bildung vom 12. März 2014 (Drucksache 18/1307) 2. Lesung

D a z u

Änderungsantrag der Fraktion der CDU vom 25. März 2014

(Drucksache 18/1323)

u n d

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen, der CDU und DIE LINKE vom 17. Juni 2014

(Neufassung der Drucksache 18/1434 vom 17. Juni 2014) (Drucksache 18/1447)

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in ihrer 52. Sitzung am 12. Dezember 2013 in erster Lesung beschlossen und zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für Bildung überwiesen. Diese Deputation legt mit der Drucksachen-Nummer 18/1307 ihren Bericht und Gesetzesantrag dazu vor.

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Professor Dr. Quante-Brandt.

Bevor wir zur zweiten Lesung der Gesetzesanträge kommen, möchte ich Ihnen mitteilen, dass bei der Drucksache 18/1307 folgende redaktionelle Änderung vorgenommen wurde:

Es muss richtig heißen, „das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. Januar 2014 (Brem.GBl. Seite 72) geändert worden ist“.

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die rot-grüne Regierungskoalition legt Ihnen heute einen Gesetzentwurf in zweiter Lesung vor, der – so sieht es aus! – auf breite Zustimmung in diesem Hause stoßen wird.

Die Sexualkunde ist auf der einen Seite ein ganz normaler Unterrichtsinhalt, auf der anderen Seite scheiden sich an kaum einem anderen Inhalt der schulischen Erziehung dermaßen die Geister. Aus grüner Sicht muss im Unterricht vorbehaltlos und ohne ideologische oder religiöse Scheuklappen über die verschiedenen Formen des sexuellen Lebens informiert werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es geht uns dabei nicht darum, eine bestimmte Form des Lebens miteinander zu forcieren oder zu negieren. Wir wollen, dass der Sexualkundeunterricht die Schülerinnen und Schüler zu einem eigenständigen und verantwortungsvollen Umgang mit Sexualität

erzieht. Wir wollen, dass Schülerinnen und Schüler wissen, Homosexualität ist eben keine heilbare Krankheit, und der Unterricht soll dazu befähigen, mit diesen unterschiedlichen Formen des Miteinanders umzugehen und diese zu respektieren.

Wir haben mit der vorgeschlagenen Änderung unseres Gesetzentwurfs aber auch die kritischen Stimmungen aufgenommen, die in Teilen aus dem Bereich der Eltern entgegengekommen sind. Deswegen stellen wir heute noch einmal klar und machen deutlich, dass eine rechtzeitige und umfassende Information der Erziehungsberechtigten bei diesen Lehrinhalten notwendig ist. Die Senatorin für Bildung bitten wir außerdem, die näheren Grundlagen des Informationsanspruchs im Rahmen des Sexualleitfadens zu regeln.

In der Tat können wir hier nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen festlegen, die Arbeit vor Ort müssen die Lehrerinnen und Lehrer leisten. Wir hoffen aber auch, dass wir den Lehrkräften mit dieser Änderung ihre Arbeit erleichtern. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es keine Unterrichtsbefreiung für den Bereich der Sexualkunde gibt, aber der Diskussion mit den Eltern tat dies keinen Abbruch. Wir stellen heute noch einmal klar, der Erziehungsauftrag der Eltern wird nicht angetastet, der Erziehungsauftrag der Schule aber auch nicht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Insofern haben wir auch noch einmal die Leitsätze des Urteils des Bundesverfassungsgerichts in unsere Gesetzesbegründung aufgenommen.

Abschließend ein Wort des Dankes! Dass wir heute diese Gesetzesänderung auf eine, wie ich hoffe, sehr breite Mehrheit stellen können, freut mich ungemein. Es gibt Bundesländer, in denen eine solche Änderung zu großen Verwerfungen geführt hat. Ich glaube, dass die Art und Weise des sachlichen und vernünftigen Umgangs insgesamt dem Thema angemessen war. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Vogelsang, Fraktion der SPD.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihnen liegt das „Gesetz zur Änderung des Bremischen Schulgesetzes – Sexuelle Selbstbestimmung und gesellschaftliche Vielfalt im Sexualunterricht“ zur Beschlussfassung in zweiter Lesung vor. Das Wesentliche zur Begründung der Notwendigkeit der Gesetzesänderung hat bereits mein Vorredner gesagt, sodass ich mich kurzfassen möchte.

Der Änderungsantrag bezieht sich auf den Paragrafen 11. Im zweiten Satz werden nach dem Wort „rechtzeitig“ die Worte „und umfassend“ eingefügt. Die Begründung liegt Ihnen schriftlich vor, sodass ich sie nicht zu wiederholen brauche. Gesetzesänderungen sind häufig notwendig, damit gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung getragen wird und Gesetze nicht mehr realitätsfremd wirken.

(Beifall bei der SPD)

Die Akzeptanz sexueller Vielfalt findet zunehmend Zuspruch in allen europäischen Ländern, zuletzt auch sichtbar auf dem European Song Contest im Mai dieses Jahres in Kopenhagen, wie Sie sich vielleicht erinnern, ein Medienereignis von großem Interesse unter Beteiligung von Menschen aus 37 Ländern. Beachtlich fand ich, dass Conchita Wurst mit deutlicher Mehrheit von den Menschen in ganz Europa zur Gewinnerin gewählt wurde. Sie wissen, warum dies für viele eine Überraschung war. Die Siegerin ist eine Dragqueen, also ein Beispiel sexueller Vielfalt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dieses Beispiel zeigt, dass weit über die offiziellen politischen Leitlinien einiger Länder hinaus die Menschen die Vielfalt der sexuellen Selbstbestimmung bereits akzeptieren. Es ist Aufgabe der Politik, Gesetze und Richtlinien den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen anzupassen.

Der Leitfaden zur Sexualerziehung der Bildungsbehörde stammt aus dem Jahre 1987 und war damals fortschrittlich und beispielgebend für viele Bundesländer. Er war jedoch in die Jahre gekommen und wurde durch neue Richtlinien ersetzt, die die gesellschaftliche Weiterentwicklung berücksichtigten. Eine entsprechende unspektakuläre Anpassung wird nun mit der beantragten Änderung des Bremischen Schulgesetzes vorgenommen. Damit verfügt Bremen wieder über ein Schulgesetz, das sich der gesellschaftlichen Entwicklung anpasst, wie es auch die Richtlinien tun.

Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu dieser Gesetzesänderung und unserem gemeinsamen Änderungsantrag! Den Änderungsantrag der CDU lehnen wir ab! – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. vom Bruch, Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Fragen der Sexualerziehung und des schulischen Sexualkundeunterrichts sind eingebunden in ein kompliziertes Geflecht von gesellschaftlichen und auch von höchst in

dividuellen wertebezogenen Orientierungen und Auffassungen. Die Art und Weise des Umgangs damit unterliegt schon deshalb dem Wandel, aber eben auch nicht der Beliebigkeit. Es ist nichts Ungewöhnliches, aber es liegt nahe, dass es sicher von Zeit zu Zeit richtig ist zu überprüfen, ob die entsprechenden gesetzlichen Normen, hier des Schulgesetzes, noch einen adäquaten Rahmen bieten. Hier hat sich auch aus unserer Sicht, meine Damen und Herren, ein gewisser Handlungsbedarf ergeben.

Elterliche und schulische Erziehung müssen das Ziel haben, eine selbstbestimmte sexuelle Identität, diesbezügliches Verantwortungsbewusstsein und Offenheit zu entwickeln. Ähnlich ist es auch in der Begründung des Gesetzes formuliert. Hier ist es sicher ganz richtig, das Toleranzgebot in den gesetzlichen Vorgaben besonders zu betonen und zum eigenständigen Erziehungsziel zu machen. Daraus wird deutlich, dass wir nicht zwischen richtig und falsch differenzieren. Das Wissen über das eine oder andere ist aber die Voraussetzung für Respekt und das selbstverständliche Nebeneinander unterschiedlicher von uns nicht zu bewertender Orientierungen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)