Gerade in dem Bereich sind die Gespräche besonders wichtig, erstens, die Gespräche mit dem Personal in den Klinken, und zweitens, die Gespräche mit den Angehörigen. Für uns ist es wichtig, dass darüber die Überschrift steht: überzeugen und nicht überre
Oft ist es so, dass Angehörige den mutmaßlichen Willen nicht kennen. In einer Situation, in der sie psychisch und emotional sehr belastet sind, sind sie in der Zwickmühle, eine Entscheidung treffen zu müssen, eine Entscheidung, die sie natürlich gern richtig treffen möchten, und deshalb entscheiden sie sich oft gegen eine Organspende. Ich finde es deshalb eigentlich gar nicht schlecht, dass es im Gesetz eine Entscheidungslösung gibt, in der sich jeder einmal in seinem Leben mit dem Thema auseinandersetzen soll. Herr Brumma hat es schon erwähnt, dazu gibt es Informationsmaterial von den Kassen, das uns immer übersandt wird. Doch mit Informationsmaterial habe ich ein Problem, denn wie es mit Informationsmaterial so ist, es wird irgendwo hingelegt, vielleicht wird es auch durchgelesen. Es gibt Menschen, die diese Frage ganz schnell beantworten können, aber viele können diese Frage eben nicht schnell beantworten. Dort muss Raum gefunden werden, in dem diese ethischen Debatten geführt werden können und jeder mit seiner Meinung akzeptiert wird.
Ich denke, hier wird auch das Spannungsfeld deutlich, dass in Umfragen große Teile der Bevölkerung einer Organspende zustimmen und sich als potenzielle Spender outen, aber keinen Organspendeausweis haben. Dort müssen wir ansetzen, wie wir es schaffen können, diese Debatten zu führen, um diese Menschen mehr zu informieren, damit sie, egal wie die Entscheidung ausfällt, in der Lage dazu sind, eine Entscheidung zu treffen. Das ist, denke ich, auch die Aufgabe der Politik, diese Foren, diese Räume zu schaffen.
Der Bericht des Ethikrates, den Sie in dieser Woche alle in den Postfächern hatten, zeigt, wie diese Information und die Debatten mit dem Ethikrat zusammen angenommen werden. Das finde ich gut so.
Ich finde es deshalb auch gut, Herr Bensch hat es angesprochen, dass in die Philosophie der Organspende in den Krankenhäusern die Fragen wie wir damit umgehen, wie die Weiterbildung aussieht und wie unser Personal ausgebildet wird, aufgenommen werden. Das ist der richtige Weg.
Noch einen Satz zur Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer, Herr Brumma hat das erwähnt: Wir wollen die Lehrerinnen und Lehrer nicht zu Spezialisten auf diesem Gebiet ausbilden, aber ich denke, es ist ein guter Moment, um mit Schülerinnen und Schülern
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wie die Vorredner schon gesagt haben und aus der Antwort des Senats ersichtlich ist, es ist viel auf den Weg gebracht worden, um Vertrauen zurückzugewinnen. Wie schnell es gehen wird, wie lange es dauern wird, bis das Vertrauen in der Bevölkerung wieder so wie vorher ist, lässt sich schwer abschätzen. Das ist die eine Sache.
Ich glaube, man kann versuchen, es zu beschleunigen. Wenn sich die Meinung, dass es bei der Vergabe von Organen nicht gerecht zugeht, so verfestigt hat, ist es sicherlich sehr, sehr schwer, dort zu überzeugen und aufzufordern, die eigenen Organe zur Verfügung zu stellen. Ich finde, das ist schwierig, trotzdem sollte man es versuchen.
Ich bin auch der Meinung, dass sich jeder dahingehend entscheiden muss. Ich muss aber ehrlich sagen, weil ich der Meinung bin, dass man sich entscheiden sollte, ich bin eigentlich für die Widerspruchslösung. Bei einer Widerspruchslösung, die wir hier in Deutschland nicht, aber in den meisten anderen EU-Ländern haben, muss man sich nämlich entscheiden: Ich weiß, meine Organe werden verwendet, wenn ich nicht deutlich widerspreche. Das heißt, ich muss eine Entscheidung treffen, denn es gibt für mich Gründe, warum ich das nicht will. Dann muss ich sie kenntlich machen und mitteilen, und dann können meine Organe nicht mehr verwendet werden.
Ich denke, dass das längerfristig die richtige Methode sein wird, denn andererseits ist es ja in der Tat – das kann ich zumindest aus meiner Erfahrung im Krankenhausbereich sagen – ziemlich elendig, wenn man das Gefühl hat, dass Menschen sterben, obwohl genügend Organe vorhanden sind, aber die Menschen liegen im Krankenhaus und sterben langsam, weil sie keine Organe bekommen
Es ist richtig schwierig, das auszuhalten, das mitzuerleben. Daher hat sich bei mir ein bisschen aus der praktischen Erfahrung heraus die Meinung verfestigt, man sollte versuchen, auch in Deutschland, auch wenn es jetzt noch nicht der Fall ist, irgendwann zu einer Widerspruchslösung zu kommen und nicht zu dieser Entscheidungslösung, die wir im Moment haben. Das ist zwar Zukunftsmusik, aber da das ja jetzt die Antwort auf eine Große Anfrage gewesen ist, kann ich das als Diskussionsanregung, glaube ich, hier ruhig sagen. – Danke sehr!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage Entscheidungslösung oder Widerspruchslösung war im Vorfeld des Bundesgesetzes Grundlage einer intensiven Debatte auf der Länderebene und zwischen dem Bund und den Ländern. Wie es natürlich leicht bei Fragestellungen passieren kann, die vor allem einen ethischen Hintergrund haben, waren die Positionen der einzelnen Länder nicht sortiert nach dem üblichen Kriterium, nämlich der parteipolitischen Farbe, sondern die Positionierung erfolgte unabhängig davon.
Es gab zwei Länder, die die Widerspruchslösung, die wir nicht haben, sehr engagiert vertreten haben, einerseits Bremen und andererseits Bayern. Dagegen standen damals aber genauso engagiert für eine Entscheidungslösung Rheinland-Pfalz und, wenn ich mich jetzt nicht täusche, Baden-Württemberg beziehungsweise die frühere schwarz-gelbe Landesregierung von Baden-Württemberg. An dieser Konstellation können Sie schon leicht erkennen, dass diese Fragen tatsächlich vorrangig in unterschiedlichen Wertungen ethischer Grundsatzfragen diskutiert wurden und nicht so sehr entlang parteipolitischer Grundüberzeugungen. Ich selbst mache aus meiner eigenen Position gar keinen Hehl. Ich halte die Widerspruchslösung für die angemessene Lösung. Ich halte sie für ethisch vertretbar, aber für die nächste Zeit, glaube ich, ist dieses Thema erst einmal beendet.
Zur Bremer Situation! Wir liegen, das ist von Herrn Brumma ja schon erwähnt worden, im Ländervergleich auf Rang drei, vor uns liegen Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern, alle anderen Länder liegen, was die Bereitschaft zur Organspende angeht, auf den nachfolgenden Rängen. Wenn man sich die Entwicklung vom Jahr 2012 bis zum Jahr 2013 anschaut, kann allerdings die Entwicklung in Bremen Mut machen, denn zwischen dem Jahr 2012 und dem Jahr 2013 kam es hier zu einem Anstieg der Spenderzahlen um 40 Prozent, während in Hamburg und auch in Schleswig-Holstein, sowie in Niedersachsen jeweils ein Minus von 20 Prozent zu konstatieren war. Dort also ein weiterer Abfall, in Bremen ein Anstieg in Höhe von 40 Prozent, und das zeigt ja, dass wir hier in Bremen eigentlich durchaus auf einem ganz guten Weg sind und fast Modell stehen für den Rest der Republik, wenn es um die Intention geht, die Spendebereitschaft zu steigern.
Einen Punkt möchte ich allerdings noch einmal ansprechen: Wir haben schon seit langer Zeit in Bremen an allen Bremer Kliniken, auch in Bremerhaven, ein System der freiwilligen Transplantationsbeauftragten, und das ist ein gutes Ergebnis.
Wir haben in Bremen sogar ein Alleinstellungsmerkmal, denn wir haben seit circa zehn Jahren eine Organspendebeauftragte des Landes Bremen. Dafür wurden vor etwa zehn Jahren Gespräche mit den gesetzlichen Krankenkassen geführt, und die gesetzlichen Krankenversicherungen haben eine solche Institution begrüßt. Seit etwa zehn Jahren führt Frau Schäfer als erfahrene Pflegekraft diese Tätigkeit aus, und ich glaube, dafür hat sie auch ein besonderes Lob verdient. (Beifall)
Was die Umsetzung der neuen gesetzlichen Regelungen angeht, nicht mehr auf freiwillige Transplantationsbeauftragte zu setzen, sondern sie zu berufen, weil sie jetzt gesetzlich vorgeschrieben sind, gibt es allerdings noch intensive Diskussionen mit der Bundesregierung. Die letztjährige Gesundheitsministerkonferenz hat sich mit diesem Thema bereits kritisch befasst, und die diesjährige Vorsitzende der GMK, meine Kollegin Frau Prüfer-Storcks aus Hamburg, hat kürzlich Herrn Bundesminister Gröhe angeschrieben und die bisherige Finanzierungsgrundlage noch einmal ausdrücklich problematisiert. Es sind nämlich im Jahr 2015 und 2016 nur jeweils 18 Millionen Euro für die Unterstützung der Arbeit der gesetzlich vorgeschrieben Transplantationsbeauftragten vorgesehen, während der Bedarf bei 35 bis 55 Millionen Euro liegt.
Solange die auskömmliche Finanzierung dieser Position nicht sichergestellt ist, haben wir Schwierigkeiten, die Aufgaben der Transplantationsbeauftragten in der Weise zu konkretisieren, wie wir das für erforderlich erachten, und deshalb haben weder Bremen noch alle übrigen Nordländer im Moment eine aktualisierte gesetzliche Regelung. Wir warten auf die Diskussion Ende Juni in der diesjährigen Gesundheitsministerkonferenz und sind gespannt, wie sich der Bundesgesundheitsminister dann zu dieser Frage positionieren wird.
Zur schulischen Frage ist schon erwähnt worden, dass wir nicht im September, sondern im Oktober dieses Jahres in Absprache mit dem Bildungsressort und der Organspendebeauftragten unseres Landes einen Aktionstag zur Organspende in Bremen planen. Wir wollen im Übrigen das umfangreiche Material, das von der Techniker Krankenkasse in diesem Feld bereits erarbeitet worden ist, breit streuen, und wir haben perspektivisch das Ziel, dass in der Sekundarstufe II das Thema curricular verankert wird, damit also auch systematisch in den Schulen eine Auseinandersetzung mit diesem Thema erfolgt.
Am Ende ist nur zu sagen, jedes Land sollte das Ziel verfolgen, seinen Bedarf an Organen durch Spenden aus dem eigenen Land sicherzustellen. Immer dann, wenn das nicht gelingt, kommt es zu solchen katastrophalen Auswüchsen wie dem Transplantationstourismus. Sie alle kennen die Berichte darüber, dass diejenigen, die das Geld haben, gegebenenfalls nach Indien fliegen, sich dort eine Niere transplan
tieren lassen, die aber vorher billig von den ärmsten Bewohnern Indiens, die sie aus purer wirtschaftlicher Not heraus verkaufen, erst gewonnen worden ist. Das ist ein Skandal
und dieser Skandal kann nur beendet werden, wenn der Eigenbedarf auch im eigenen Land selbst gedeckt wird, deshalb ist es ein Muss, die Spenderzahlen zu steigern. – Danke schön!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/1344, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, darf ich auf der Besuchertribüne den Studiengang Sozialpolitik der Universität Bremen begrüßen. Herzlich willkommen!
Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 18/1366, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.
Ich gehe davon aus, Herr Senator Mäurer, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU nicht mündlich wiederholen möchten.
Auf die Antwort des Senats auf Große Anfragen folgt eine Aussprache, wenn dies Mitglieder der Bürgerschaft in Fraktionsstärke verlangen.