Protocol of the Session on September 29, 2011

(Dafür CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag der CDU ab.

Nun lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer

18/66 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, DIE LINKE und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Beteiligung der Fachdeputationen bei der Verteilung der Einnahmen aus Wetten

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 27. September 2011 (Drucksache 18/65)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Lühr.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Manchmal wird man ja mit Dingen konfrontiert, die man sich so gar nicht vorstellen kann. Mir ist das vor ein paar Wochen so gegangen, als ich in einer Schulklasse gewesen bin und zum Thema Euro, Europaintegration, die These hatte, dass in Westeuropa überall parlamentarische Demokratien am Werk seien und dass dies dazu geführt habe, dass wir seit 60 Jahren eine Nachkriegsfriedensordnung haben. Da meldete sich ein Schüler und sagte: Herr Tschöpe, Friedensordnung kann ich noch verstehen, aber wie kommen Sie eigentlich darauf, dass wir in Westeuropa nur parlamentarische Demokratien hätten? Wir haben doch auch mindestens drei absolutistische Staaten in Westeuropa, und er nannte dann Andorra, das Fürstentum Liechtenstein und den Vatikan. Ich sagte, Mensch, richtig, man muss sich auch als Fraktionsvorsitzender der SPD gelegentlich korrigieren lassen. Wir haben in Westeuropa nicht nur parlamentarische Demokratien, sondern auch absolutistische Staaten.

Ein bisschen ähnlich war das Erleben, das ich hatte, als ich feststellte, dass das von mir eigentlich als völlig normal erachtete Verfahren der Verteilung der Wettmittel in Bremen doch anders zu sein scheint, als ich immer dachte. Ich bin immer davon ausgegangen, dass es Mittel gibt, die im Haushalt als Wettmittel tituliert sind, und da entscheidet wie in jedem anderen Verfahren eine Deputation öffentlich und transparent darüber, wie sie verteilt werden. Ich bin dann gewahr geworden, dass es in einem Teilbereich ei

nen gewissen Konflikt gibt, und zwar im Umweltbereich. Hier wollte die Verwaltung ohne die Beteiligung der Deputation Geld verteilen. Ich habe das, wenn ich ehrlich bin, zuerst gar nicht ernst genommen und gedacht, diese Argumentation ist so schräg und am Parlament vorbei. Ich habe mich dann aber eines Besseren belehren lassen müssen und mit den Kollegen von den Grünen gesprochen, ob dies eigentlich im Sinn des Parlaments sein kann. Wir waren uns sehr schnell einig, dass dies nicht im Sinn des Parlaments ist, sondern dass öffentliche Mittel transparent nach Sachkriterien, aber auch vor allen Dingen demokratisch verteilt werden müssen. Darüber besteht, glaube ich, im Haus eine große Übereinstimmung, deshalb fasst dieser Antrag eigentlich nur Selbstverständlichkeiten zusammen, und ich gehe davon aus, dass wir ihn hier mit großer Mehrheit beschließen werden. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass wir schlichtweg alle gemeinsam vielleicht etwas vergessen haben. Wir haben nämlich vergessen, dass wir in der Vergangenheit gemeinsam beschlossen haben, dass es gar keine Wettmittel mehr gibt. Insofern ist die Terminologie noch nicht ganz aus unseren Köpfen und den Unterlagen verschwunden. Die Wettmittel sind inzwischen nach der Gesetzeslage ganz normale Haushaltsmittel. Gleichwohl – und das ist ja auch zu begrüßen – werden in verschiedenen Deputationen noch Projektmittel vergeben, die aus diesen Töpfen gespeist werden. Ich glaube, so ist der Zusammenhang richtig. Was wir, glaube ich, vergessen haben, ist, dass wir uns bei dieser Veränderung, weg von den Wettmitteln, hin zu den allgemeinen Haushaltsmitteln, die dann unter anderem im Bereich Sport, Kultur und Umwelt für sinnvolle Projekte in dieser Stadt ausgegeben werden, nicht überlegt haben, dass wir dann natürlich auch vielleicht klarstellen müssen, nach welchen Verfahren denn diese Mittel heutzutage unter diesen veränderten Bedingungen vergeben werden. Es ist dennoch wichtig, dass wir das tun. Ich glaube, es ist auch wichtig, dass wir das in einem Antrag tun, um es für alle Deputationen klarzustellen, weil ich glaube – der Kollege Tschöpe hat jetzt den Umweltbereich angesprochen, und ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen –, dass es in den verschiedensten Ressortbereichen unterschiedliche Traditionen und eine unterschiedliche Art und Weise gibt, wie diese Mittel in der Vergangenheit und auch heute vergeben werden. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ich habe sehr lange in dem berühmten Unterausschuss Sport gesessen, auch zu Zeiten der Großen Koalition.

(Abg. P o h l m a n n [SPD]: War doch gut, oder?)

Das war eine wunderbare Erfahrung, lieber Kollege Pohlmann, ganz genau!

Diese Erfahrungen aus den unterschiedlichen Deputationen und Unterausschüssen und aus den unterschiedlichen Verteilungsgremien für Projektmittel haben mich dazu gebracht, dass ich diesen Antrag, den wir heute gemeinsam einbringen, für sehr sinnvoll halte. Dadurch stellen wir erstens klar, dass wir Förderkriterien brauchen, die allgemein verbindlich sind, nach denen jeder nachvollziehen kann, wie diese Mittel vergeben werden, und zweitens, dass wir dort selbstverständlich – das versteckt sich in dem Antrag ein bisschen in einer kryptischen juristischen Formulierung mit dem Verweis auf die dazugehörigen Paragrafen – den Datenschutz, das Urheberrecht und auch den Schutz der Belange Dritter, nämlich derer, die diese Anträge formulieren, sicherstellen müssen, dass selbstverständlich die Deputationen beteiligt werden und am Ende darüber entscheiden und dass dies auch mit den entsprechenden Haushaltsvermerken versehen wird.

Ich glaube, wenn wir heute gemeinsam einen solchen Antrag verabschieden, dann haben wir das zumindest für die nächste Zeit einmal klargestellt, egal für welche Bereiche, egal um welche Fördertöpfe es hier geht, und dass wir hier ein gemeinsames und auch klar nachvollziehbares Verfahren haben.

Wenn wir uns, das ist mein letzter Gedanke, als rotgrüne Regierung, und da hatten wir gestern einen weiteren Antrag zu der Frage, soll man die Vorlagen in das Netz stellen, dazu bekennen – und ich finde, es ist ein sehr großer Verdienst dieser rot-grünen Regierung, dass wir uns dazu bekennen –, im Lande Bremen erstmals eine vollständige Transparenz und Nachvollziehbarkeit der in den Gremien vonstattengehenden Verfahren zu haben, dann ist das heute eine weiterer Baustein, der diese Transparenz, diese Nachvollziehbarkeit, diese demokratische Legitimierung durch legitimierte Verfahren festschreibt. Das ist, finde ich, ein großer Schritt heraus aus dem Dunkel möglicher Vergaben von Mitteln, die draußen im Lande keiner nachvollziehen kann, hin zu einer transparenten und demokratisch legitimierten Vergabe. Deswegen ist unsere Fraktion ganz klar für diesen Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrte Damen und Herren! Selbstverständlich sind wir auch dafür, dass Haushaltsmittel transparent und demokratisch legitimiert vergeben werden. Mir ist bisher nicht aufgefallen, dass dieses Prinzip in den letzten vier Jahren in grober Weise verletzt worden ist. Möglicherweise habe ich da etwas übersehen. Deswegen muss ich noch einmal genau hinsehen, denn offensichtlich gibt es eine dringende Notwendigkeit, die Tatsache, dass im Land Bremen Haushaltsmittel legitim und transparent vergeben werden, noch einmal deutlich zu betonen und dies mit einem wichtigen Beschluss heute hier nach innen und nach außen zu dokumentieren. Wir wollen uns diesem historischen Ereignis natürlich keinesfalls verwehren, deswegen werden wir diesem Antrag zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Güldner, Sie haben jetzt also doch die Maske heruntergerissen: Sie wollen die Wettmittel abschaffen, das haben Sie gerade gesagt.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Schon längst passiert, Herr Stroh- mann! Da sind Sie von vorgestern!)

Das weiß ich, das war jetzt auch eher ein Scherz! Noch in der Großen Koalition wurden die Wettmittel Haushaltsmittel. Sie haben dies nur alles bei Finanzen zentralisiert, das war damals der Streit mit der Aufteilung: Was passiert mit den Wettmitteln?

Trotzdem werden wir aber natürlich auch als Fraktion diesen Antrag mit unterstützen. Wir begrüßen ihn außerordentlich und freuen uns auch, dass diese wochenlange Hängepartie jetzt endlich beendet und der Versuch, die Deputation zu entmachten, gescheitert ist, das muss ich ehrlich sagen.

Nun muss ich auch etwas zur bisherigen Vergabepraxis sagen. Sie haben soeben gesagt, dass das jetzt nach vorn gerichtet ist und man immer nach vorn schauen muss, damit alles besser wird. Das hat mich dann doch überrascht, weil ich auch, wie Sie, ein paar Jahre Mitglied in dem legendären Unterausschuss Sport war, in dem die Mittel vergeben wurden. Da muss ich ehrlicherweise sagen, da gibt es seit Jahren feste, klare Kriterien zur Förderung, und ich muss auch sagen, für die Sportdeputierten war es weder ein zeitliches noch intellektuelles Problem, auch über kleinere und mittlere Projekte zu entscheiden. Deswegen hat mich das ein bisschen verwundert. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Von den größeren ganz zu schweigen, nicht?)

Von den größeren ganz zu schweigen! Da wurde es dann meistens ein bisschen problematischer, aber da hatten wir dann, Gott sei Dank, auch immer die objektive und fachkompetente Unterstützung der Verwaltung, so wie es wahrscheinlich auch im Umweltressort sein wird. Nun bin ich noch nicht so lang dabei, aber ich bin willens, auch da mein Know-how aus der Sportdeputation mit einzubringen. Ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg. Dieser Antrag ist eine gute Grundlage, dass wir jetzt sachgerecht und objektiv entscheiden, aber ich sage Ihnen auch ganz persönlich, manchmal ist so ein Bauchgefühl gar nicht verkehrt.

Wenn mir – ich habe auch schon ein paar Vorlagen gelesen – dann jemand einen Stundenlohn von 18 Euro als Aushilfsaufwandsentschädigung verkaufen will, hilft manchmal nicht nur der Bauch, sondern ganz normaler beruflicher Sachverstand und Erfahrung. Ich glaube schon, es ist für uns alle – auch für die Projektträger und die Projekte – für die Akzeptanz in der Bevölkerung ungemein wichtig, dass wir uns öffnen, dass wir die Projekte transparent darstellen und auch die Finanzierung, denn was für eine Kultureinrichtung, für jedes Bürgerhaus, für jeden Sportverein normal ist, nachzuweisen, was sie mit dem Geld machen, das, glaube ich, sollte auch für solche Umweltprojekte normalerweise notwendig und auch gut sein.

Eines sage ich noch einmal abschließend: Weil dies Projektmittel sind und sie nicht dafür vorgesehen sind, dauerhaft Stellen abzusichern, werden wir dies nicht mitmachen. Wenn wir als Parlament sagen, bestimmte Dinge sind uns wichtig, dann müssen wir sie absichern, keine Frage, aber nicht über diese Projektmittel. Ich freue mich auf die Richtlinien und die Diskussion, und dann bekommen wir das gemeinsam hin. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Einem Eindruck, der charmant, aber immerhin doch jetzt gerade eben in der Rede des Kollegen Strohmann erweckt worden ist, möchte ich hier ganz ausdrücklich und explizit entgegentreten, weil er andernfalls vielleicht von dem einen oder anderen missverstanden werden kann: Wenn Sie hier suggerieren, dass es bei den Umweltprojekten Probleme mit der Transparenz, mit der Nachvollziehbarkeit und ande––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

ren Dingen gibt, dann ist das völlig falsch. Das ist auch nicht der Anlass für diesen Antrag und hat auch gar nichts damit zu tun. Ich weise das erst einmal für die vielen engagierten Initiativen, die sich zurzeit, aber auch in der Vergangenheit im Umweltbereich um Projekte bemüht haben, die uns im Umweltbereich weiterbringen, ausdrücklich an dieser Stelle zurück, damit das so nicht stehen bleibt!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn man wie Sie und ich die Summen kennt, die wir in diesem, wie Sie sagen, legendären Unterausschuss Sport an Sportvereine vergeben haben, wenn man die Summen kennt, die an ökologische Initiativen und Umweltprojekte vergeben werden, dann verbietet es sich schon aus diesem Grund, von der einen Seite auf die andere mit dem Finger zu zeigen. Es sind in aller Regel sehr kleine Summen, die durch einen hohen Anteil an ehrenamtlicher Arbeit für extrem sinnvolle Projekte erbracht werden, und keinesfalls die sechs- und siebenstelligen Summen, die an anderer Stelle aus vergleichbaren Töpfen vergeben werden. Wenn der Eindruck, vielleicht auch unbeabsichtigt, entstanden sein sollte, dass es hier im Bereich der Umweltprojekte Probleme gäbe: Ganz im Gegenteil, sie leisten hervorragende Arbeit! Das werden sie auch weiterhin machen, und sie sind selbstverständlich auch bereit – das ist doch vollkommen klar! –, ihre Grundvoraussetzungen für die Erfüllung der Projektziele offenzulegen, sich dieser Debatte auch in der Deputation zu stellen. Deswegen möchte ich nicht, dass in dieser Debatte ein solcher Eindruck stehen bleibt, sondern ich glaube, dass wir mit dem jetzigen Verfahren auch allen Antragstellern, im Umweltbereich wie im Kultur- und Sportbereich und im sozialen Bereich, einen Gefallen getan haben, dass sie nämlich ganz klare Ansagen vonseiten der Politik erhalten, auf welche Verfahren sie sich einzustellen haben. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)