Protocol of the Session on March 26, 2014

derungen unbeherrschbar sind und die, wie gesagt, bestehen bleiben, auch wenn nachfolgende Generationen längst begriffen haben werden, dass man auch ohne fossile Energie wirtschaften kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. I m h o f f [CDU]: Das will ich?)

Der Klimawandel hat schon heute ganz konkrete Auswirkungen. Wir investieren heute Millionen Euro in eine Hafeninfrastruktur, die so in 50 Jahren nicht mehr zu schützen sein wird, wenn wir mehr Überflutungsflächen brauchen, wenn die Deiche erhöht werden müssen, wenn Keller aufgrund von Starkregen volllaufen, wenn immer mehr Menschen in den Ländern des Südens zu Klimaflüchtlingen werden,

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Und dage- gen hilft dieses Gesetz?)

denn viel schlimmer als hierzulande sind die Folgen weltweit. Schon heute sterben Menschen an Hunger aufgrund der Klimaveränderungen.

Diese Klimaveränderungen haben wir maßgeblich mitverursacht. Deutschland steht an siebter Stelle der Länder, die bisher am meisten Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre ausgestoßen und damit den schon bestehenden Klimawandel verursacht haben und weiter mit verursachen. Deswegen, meine Damen und Herren, haben wir eine besondere Verantwortung, und deswegen müssen wir alles tun, um wirksame Maßnahmen zur Senkung der CO2-Emissionen zu ergreifen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Zuruf des Abg. R ö w e - k a m p [CDU])

Ja, auch hier, Herr Röwekamp, auch in unserem Land, in unserem kleinen Stadtstaat! Wenn wir in Bremen ein Klimaschutzgesetz verabschieden, dann werden unsere Klimaschutzziele gesetzlich verbindlich gemacht.

Wir werden das dritte Bundesland nach NordrheinWestfalen und Baden-Württemberg sein, das diesen wichtigen Schritt geht. Anders als in diesen beiden Ländern gibt es mit dem Klimaschutz- und Energieprogramm in Bremen schon einen Plan, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Wichtig ist uns dabei, dass festgelegt wird, wie das Klimaschutzmanagement erfolgt, dass regelmäßig ein Controlling der CO2Emissionen durchgeführt wird und vom Senat nachgesteuert werden muss, wenn die Klimaziele gefährdet sind. Welche Maßnahmen im Einzelnen sinnvoll sind, darüber möchte ich gern mit Ihnen streiten, aber ich meine, wir sollten uns angesichts der dramatischen Folgen der von Menschen verursachten Klimakatastrophe doch auch in diesem Hause darauf verstän

digen können, dass wir unser Möglichstes tun, um diese Katastrophe abzumildern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es gibt nur einen Weg, dies zu tun, nämlich die Emissionen von Treibhausgasen zu senken. Die CDU meint, Klimaschutz geht anders. In der Tat wird in der Klimaschutzpolitik viel falsch gemacht. Dies gilt vor allem für die Bundesebene, aber auch für die mittelfristigen Ziele bis zum Jahr 2030, die gerade auf EU-Ebene diskutiert werden. Wenn wir hier in Bremen bis zum Jahr 2020 die CO2-Emissionen – wie auch bundesweit – um 40 Prozent reduzieren müssen, so ist es zunächst erforderlich, die entscheidenden Quellen für CO2 in unserem Bundesland zu identifizieren. Fast die Hälfte unserer Emissionen entfallen auf die Stahlindustrie. Diese können wir kaum beeinflussen, denn sie sind prozessbedingt. Für die Herstellung von Stahl wird nun einmal Kohlenstoff benötigt, die Quelle dafür ist Kohle, die im Hochofen eingesetzt wird. So lange Deutschland Industrieland bleibt, wird es einen unvermeidlichen Sockel an Emissionen geben. Umso wichtiger ist es, dass die anderen Bereiche, nämlich die Energieerzeugung, die Mobilität und die Landwirtschaft, so schnell wie möglich klimaneutral werden. Gerade im Bereich der Energieerzeugung steht Bremen jedoch schlecht da. Die Stromerzeugung beruht nach wie vor auf der Verstromung von Steinkohle mit einem extrem schlechten Wirkungsgrad. Der von den bremischen Haushalten und der bremischen Industrie benötigte Strom hat somit einen besonders schweren CO2-Rucksack. Daran muss sich etwas ändern!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Erstens, der Stromverbrauch muss reduziert werden, und zweitens, der Strom muss überwiegend aus erneuerbaren Quellen kommen und nicht aus Kohle.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Im Moment stellt sich die Situation auf dem nationalen Energiemarkt und im europäischen Emissionshandel dafür jedoch ungünstig dar. Kohlestrom ist billig, Schuld sind die niedrigen Preise für CO2-Zertifikate, die unter 5 Euro pro Tonne liegen. Für eine effiziente Klimaschutzpolitik müsste der Preis mindestens drei- bis viermal so hoch sein. Die Verantwortlichen dafür sitzen aber nicht in Bremen, sondern in Berlin und Brüssel. Genauer gesagt, die CDU, die seit dem Jahr 2005 Regierungsverantwortung trägt, müsste beim Klimaschutz in der Tat vieles anders machen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir sehen die Folgen: Im Jahr 2013 ist der CO2Ausstoß Deutschlands im zweiten Jahr infolge gestiegen, und die Kohlekraftwerke hatten einen entscheidenden Anteil an dieser Entwicklung. Das ist eine katastrophale Bilanz der letzten, der schwarz-gelben Bundesregierung.

Wir können es nicht hier in Bremen regeln, aber es muss passieren. Wir müssen weg von dem Klimakiller Kohle, um unsere Klimaziele auch hier auf Landesebene zu erreichen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Deswegen müssen wir uns auf Bundesebene für eine nationale CO2-Steuer einsetzen und auf europäischer Ebene für eine Stärkung des Emissionshandels.

Wenn Bremen aus der Kohleverstromung aussteigt, dann müssen wir noch stärker in die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien einsteigen, denn noch liegt der Anteil der erneuerbaren Energien in Bremen nur etwa halb so hoch wie im deutschen Durchschnitt. Erste richtige Schritte sind gemacht worden, der Windkraftausbau geht voran, auch im Bereich Fotovoltaik sind die Ausbauziele des Klimaschutz- und Energieprogramms 2020 schon erfüllt. Nach meiner Meinung können wir hier aber noch mehr schaffen. Wir sollten jetzt eine gemeinsame Versorgungsplanung mit dem niedersächsischen Umland erstellen, damit klar wird, wie unsere Industrie und unsere privaten Haushalte mit Strom, aber auch mit Wärme aus regenerativen Quellen versorgt werden können. Bremen kann hier einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten und davon auch wirtschaftlich profitieren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Aus meiner Sicht gehört das Thema der kommunalen Wärmeplanung mit in ein Landesklimaschutzgesetz. Wir befinden uns heute erst in der Vorbereitung des Gesetzentwurfes, es kommen ja noch die erste Lesung und die zweite Lesung des Gesetzgebungsverfahrens, und dann können solche wichtigen Ergänzungen vielleicht aus der Bürgerschaft heraus eingebracht werden.

Enttäuschend ist in den letzten Jahren die Entwicklung des Energieverbrauchs in der Industrie. Hier hatten wir im Rahmen des Klima- und Energieprogramms mit deutlich höheren Einsparungen gerechnet. Das gefährdet nicht nur das Klimaziel, sondern mittelfristig auch die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Mit dem Schwerpunkt CO2-Einsparung im neuen EFRE-Programm können wir in den nächsten Jahren hier wichtige Impulse setzen. Ich erwarte vom Umwelt- und vom Wirtschaftssenator, dass sie hier zielführend zusammenarbeiten, damit möglichst hohe CO2-Einsparungen in Gewerbe und Industrie realisiert werden. Zu hoffen ist, dass die europäische Energieeffizienz

richtlinie endlich in nationales Recht umgesetzt wird. Wenn es in Deutschland so wie in Dänemark einen wirksamen Effizienzmarkt gibt, wird es auch für die bremische Industrie attraktiv, hier mehr zu tun.

Auch zur Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden ist in den letzten Jahren wenig von der Bundesregierung veranlasst worden. Immerhin konnten die CO2-Emissionen bei Gebäuden in Bremen um circa 35 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 gesenkt werden. Das ist auf energetische Sanierungen, aber auch den Umstieg von Öl auf Gas zurückzuführen.

Der letzte Bereich, den ich ansprechen möchte, ist der Bereich Verkehr. Dort ist gerade der Verkehrsentwicklungsplan in Arbeit. Zum Glück, Herr Imhoff! Mit einer Umsteuerung in der Verkehrspolitik muss es uns gelingen, noch viel mehr Bremerinnen und Bremer zu einer umweltfreundlichen Mobilität einzuladen. Das wird uns helfen beim Klimaschutz, aber auch im Sinne einer menschenfreundlichen Stadtentwicklung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen! Erstens: Wir stehen vor großen Herausforderungen, die CO2-Emissionen massiv und schnellstmöglich zu reduzieren. Dazu brauchen wir die Anstrengung aller, der bremischen Industrie, der privaten Haushalte, des öffentlichen Bereichs, aber auch der Verkehrsteilnehmer. Nur so wird es möglich sein, dass wir unseren Kindern und Enkeln eine Welt hinterlassen, die nicht von einem katastrophalen Klimawandel bedroht ist.

Zweitens: Auf Landesebene müssen wir unsere Anstrengungen verstärken. Dazu gibt das Klimaschutzgesetz mit dem vorliegenden Entwurf einen geeigneten Rahmen. Es legt die Ziele fest, die wir schaffen wollen bis zum Jahr 2020. Es legt fest, wie beim Klimaschutz geplant, kontrolliert und gegebenenfalls nachgesteuert wird. Auch im Bereich der öffentlichen Gebäude und bei der Stadtplanung wird geregelt, wie diese Bereiche klimafreundlicher werden können.

Drittens: Ohne dass sich auf Bundesebene und auf europäischer Ebene etwas ändert, sind jedoch die bremischen Einsparziele in Gefahr, denn es wird bisher zu wenig im Bereich Energieeffizienz getan, und das Festhalten an der Kohleverstromung führt gerade in unserem Bundesland zu zu hohen Emissionen. Ich freue mich, wenn Sie an unserer Seite sind, hier für Fortschritte zu sorgen! – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Gottschalk, Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Klimaschutzpolitik geht anders, formuliert die CDU, und man hätte jetzt ja auch gern gehört, wie sie denn nach Meinung der CDU anders geht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. I m h o f f [CDU]: Da haben Sie nicht zugehört!)

Tatsächlich ist Herrn Imhoff lediglich der Verweis auf die Politik, auf ein Bundesprogramm eingefallen. Herr Imhoff, das ist leider bei diesem wichtigen Thema enttäuschend wenig, viel zu wenig!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, die Herausforderungen des Klimaschutzes verlangen einen mindestens dreifachen Wandel in der Wirtschaft und in der Gesellschaft. Es bedarf einer Veränderung von Strukturen, es bedarf einer Veränderung von Prozessen, und es bedarf einer Veränderung von Verhaltensweisen. Die Politik kann diese Veränderungen in unterschiedlicher Weise befördern: Sie kann Einsichten in die Notwendigkeit der Veränderungen vermitteln, sie kann bei den notwendigen Veränderungen selbst vorangehen und eine Vorbildfunktion erfüllen, sie kann Anreize und Belohnungen für die Veränderungen schaffen, sie kann Gebote aufstellen, die zu befolgen sind, und sie kann auch Verbote erlassen und mit Strafen verbinden. In der Praxis findet sich ein Mix dieser Instrumente. Es stellt sich aber die Frage: Was sind die effektivsten Instrumente, welche versprechen den größten Erfolg?

Die Erfahrungen, aber auch die Wissenschaft, etwa die moderne Hirnforschung, zeigen: Mit Geboten und Verboten lassen sich unter Umständen sehr schnell Veränderungen erzwingen.

(Zuruf des Abg. I m h o f f [CDU])

Herr Imhoff, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit!

(Heiterkeit bei der SPD und beim Bünd- nis 90/Die Grünen – Unruhe bei der CDU)

Auf Dauer ist es aber gerade bei komplexen Prozessen effektiver, wenn die innere Zustimmung der beteiligten Menschen gewonnen werden kann, denn erst aus dieser Zustimmung heraus entsteht dann auch die Bereitschaft und die Motivation, selbst aktiv zu werden und bestimmte, als richtig erkannte Veränderungen mit eigenen Ideen, mit eigener Kreativität und mit eigenen finanziellen Mitteln zu unterstützen. (Beifall bei der SPD)

Die Frage ist daher: Ignorieren wir hier in Bremen diese Erkenntnisse, und setzen wir hier bei der Kli

maschutzpolitik zu einseitig auf Zwang und Verbote, so wie es das Thema dieser Aktuellen Stunde als Vorwurf formuliert? Ich kann nicht erkennen, dass wir diesen Fehler machen würden. Es gibt zwar schon seit Längerem das Verbot des Neuanschlusses von Elektroheizungen, aber dabei geht es eigentlich nur darum, groben Unsinn zu verbieten. Tatsächlich setzen wir doch weitaus mehr darauf, die Bürgerinnen und Bürger durch Informationen, durch Beratung und durch Förderung für eine Unterstützung des Klimaschutzes zu gewinnen. Wir haben in Bremen ein breit aufgestelltes Bündnis für die Energieberatung. Wir finden hier ein vorbildliches Netzwerk von Energieexperten im Land, die Qualitätsarbeit bei der energetischen Sanierung garantieren.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben erfolgreiche Förderprogramme wie „Bremer Modernisieren“, um Anreize zu geben, und wir finden in Bremen auch sonst ein vielfältiges Angebot an Informations- und Beratungsleistungen. Wenn wir uns die Zahlen zur CO2-Einsparung anschauen, dann müssen wir trotzdem einräumen, dass dies alles noch nicht reicht und noch deutlich effektiver werden muss. Es stellt sich die Frage, wie das erreicht werden kann und was wir insbesondere in Bremen selbst noch tun können.

Ein Teil der Ansätze ist in dem Entwurf des Klimaschutzgesetzes enthalten. Es spricht bestimmte Fragen schärfer an, insbesondere auch die Umsetzung von Maßnahmen. Aus meiner Sicht bedarf es noch in drei Richtungen vermehrter Anstrengungen.

Erstens, es gibt, wenn man das feststellen kann, eine breite Verunsicherung bei Bürgerinnen und Bürgern, inwieweit sich energetische Effizienzmaßnahmen finanziell lohnen, ob sie technisch etwas bringen und was die Bürger im konkreten Einzelfall am Sinnvollsten tun können. Diese Verunsicherung lässt sich nur durch eine qualifizierte Beratung überwinden, der die Bürgerinnen und Bürger auch wirklich vertrauen können. Diese Beratung darf zudem nicht nur abstrakt sein, sondern sie muss konkret und vor allem praktisch sein, denn Verbraucherinnen und Verbraucher brauchen gerade bei komplexen Entscheidungen nicht nur Informationen – das gilt auch für andere Fälle –, sie brauchen insbesondere auch Unterstützung bei der Einleitung und Umsetzung von Maßnahmen. Auf diesen Aspekt muss bei der Entwicklung von Beratungsangeboten deshalb künftig noch mehr geachtet werden.