Hermann Kuhn hat darauf hingewiesen: Wir haben die Versicherungen, dass keine bestehenden Schutzstandards abgebaut werden. Ich glaube auch nicht, dass wir Chlorhühnchen oder hormonell verseuchte Rindfleischangebote sehen werden. Aber der Teufel steckt im Detail, und vor allem: Wie wirkt sich das eigentlich darauf aus, Vorschriften und Schutzstandards in der Zukunft zu verbessern? Das sind Fragen, die aufgeworfen worden sind.
Wir begrüßen, dass die Kommission jetzt eingesehen hat, dass es einer Verhandlungspause bedarf und dass eine Reflektionsphase eröffnet werden soll, allerdings zunächst nur für den Bereich des Investorenschutzes. Ich erhoffe mir, dass wir eine große Debatte haben werden und dass wir auch hier ein Forum finden, um das Thema zu besprechen. Ich sage aber auch schon jetzt: Es genügt uns nicht, wenn wir uns nur einen Teil dieser Verhandlungen angucken. – Danke!
Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Eine Debatte zum Transatlantischen Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten – das passt zum Beginn des neuen Jahres, das in erheblichem Maße durch die Europawahl im Mai bestimmt wird. Ich freue mich deshalb auch, hier über die Chancen dieses Freihandelsabkommens sprechen zu dürfen, das ein Meilenstein der transatlantischen Beziehungen sein kann. Gelingt ein erfolgreicher Abschluss, entsteht nicht weniger als der größte Wirtschaftsraum der Welt, dessen ökonomische und geografische Ausmaße und Wirkungen sehr beeindrucken und die man sich einmal verdeutlichen muss.
Es entsteht ein Binnenmarkt vom Schwarzen Meer im Osten bis an die Küste Kaliforniens am Pazifik im Westen, und wir können einen erheblichen Anteil daran haben. Europa und Amerika können dann weltweite Produktstandards setzen, die einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber China, Indien und Brasilien bedeuten.
Worum geht es nun bei diesem zu verhandelnden Abkommen, auch TTIP – Herr Kuhn sagte es schon – genannt, was für Transatlantic Trade and Investment Partnership steht? Ganz einfach: Es geht im Wesentlichen um drei Dinge, nämlich Wachstum, Arbeitsplätze und unseren Wohlstand.
Es gibt viele Untersuchungen über mögliche Effekte und Auswirkungen. Dabei geht es unter anderem um positive Effekte vor allem für unseren deutschen Mittelstand, dem Rückgrat unserer Wirtschaft. Gerade kleine und mittlere Betriebe haben häufig Probleme mit doppelten Zulassungs-, Zertifizierungsund Normierungsprozessen und stoßen deswegen immer wieder auf große Hindernisse. Doch – und das ist hier schon besonders angeklungen – bei aller Euphorie hinsichtlich der Chancen, die das Abkommen bietet, ist klar, dass die Verhandlungen nicht einfach sind. Das merken wir auch an dem Punkt Investorenschutz, zu dem es aus Transparenzherstellungsgründen in den nächsten Monaten eine öffentliche Befragung geben soll. Die Herausforderungen liegen vor allem darin, bei Fragen nach Standards, Regulierungen, Agrargütern, öffentlichem Beschaffungswesen und audiovisuellen Medien das für beide Seiten bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Aber wie betrachten wir das Thema hier in Bremen? Die Große Anfrage der Regierungsfraktionen dreht sich im Wesentlichen um die Transparenz und Öffentlichkeitsarbeit während der Verhandlungen. Die Sorge der Menschen vor Mauschelei und Verhandlungen in Hinterzimmern wird von den Grünen geradezu wieder geschürt.
Wir hatten das ja schon bei der Bundestagswahl. Ich wage die Prophezeiung, dass das Freihandelsabkommen auch im anstehenden Europawahlkampf eine nicht unerheblich wichtige Rolle spielen wird.
In Ihren Fragen sind ja schon die Vokabeln – auch das ist hier bereits mehrfach angeklungen – „Chlorhühnchen“ und „Hormon- und Klonfleisch“ enthalten. Wenn das nicht die Verbraucher, die seit der NSA
In der Beantwortung Ihrer Frage legt der Senat allerdings dar, wie das Land Bremen beteiligt wird und dass die Kommission versucht, der Öffentlichkeit – ich zitiere – „intensiver als bei früheren Verhandlungen einen möglichst hohen Grad an Transparenz zu gewährleisten“.
Das Verhandlungsmandat ist, um die Verhandlungsposition nicht zu schwächen, nur Obersten Landesbehörden, also auch dem hiesigen Senat, zugänglich. Auch der Senat sieht die Rechte und Normen, die bisher in der EU bestehen und die sich auf Daten- und Medienschutz, Verbraucherschutz und Lebensmittelstandards beziehen, nicht verletzt.
Ich zitiere erneut aus der Antwort des Senats: „Auch wenn die Verhandlungsposition der USA gegenüber den Ländern, mit denen bisher Abkommen unterzeichnet wurden, als gewichtiger einzuschätzen ist, steht auch in den Verhandlungen mit den USA das erreichte hohe Schutzniveau in Europa nicht zur Debatte.“
Gerade wir in Bremen profitieren von einem zu erwartenden steigenden Handelsvolumen und erhoffen uns positive Effekte auf die bremische Hafen- und Logistikwirtschaft. Gerade wir in Bremen versprechen uns von dem Abkommen positive Arbeitsplatzeffekte, Arbeitsplätze und Jobs, die wir in Bremen so dringend brauchen.
Wir, die Bremer CDU-Fraktion, befürworten das Freihandelsabkommen und warnen davor, wieder mit den Ängsten der Bürger und der Bürgerinnen zu spielen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt meines Erachtens jeden Grund, hinsichtlich dieses sogenannten Freihandelsabkommen skeptisch zu sein. Ich werde versuchen, das zu begründen.
Erstens steht allein die Übersetzung ins Deutsche schon ein bisschen dafür, dass man bestimmte Dinge vielleicht nicht so gerne in den Fokus nehmen will. Es ist nicht nur ein Freihandelsabkommen, sondern
So weit ist es gut. Aber, wie gesagt, ist das der erste Ansatz, warum ich finde, dass der Name „Freihandelsabkommen“ schon etwas in die Irre führt. Es ist eben nur ein Handels- und Investitionsabkommen. In diesem Hause führen wir seit Jahren Debatten darüber, dass Handel und Investitionen in der heutigen Zeit überhaupt nicht mehr losgelöst betrachtet werden können, unter anderem durch soziale Standards, durch Standards des Verbraucherschutzes, durch Arbeitnehmerinnenrechte und auch durch ökologische Entwicklungen. Das heißt, normalerweise, wenn wir über ein umfassendes Abkommen zwischen den USA und der Europäischen Union diskutieren, bei dem es im Wesentlichen um Handel und um Investitionen geht, kann man das meines Erachtens überhaupt nicht, ohne gleichzeitig – und das muss man auch so thematisieren – soziale und ökologische Standards und Verbraucherschutzstandards zu diskutieren.
Sie geben vor, dass ein wesentlicher Punkt ist, Zölle abzuschaffen. Wenn ich dazu nachlese, welche Rolle eigentlich Zölle in diesem Zusammenhang spielen, sehe ich, dass es um irgendwas zwischen acht und zehn Prozent geht, was noch irgendwie mit Zöllen belegt ist. Das heißt, das alleine kann nicht das – –.
Wenn es noch weniger ist, wird noch prägnanter, dass das eben nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit steht!
Ferner – das haben schon die Vorredner gesagt – wird immer von Handelsbeschränkungen und Bürokratie gesprochen. Wir wissen einerseits: Es gibt so etwas wie Handelsbeschränkungen und Bürokratie. Darüber kann man reden, man kann Verfahren vereinfachen, und man kann auch möglicherweise unsinnige Beschränkungen aufheben.
Das andere ist: Wir wissen auch aus der Vergangenheit, dass es in dem Zusammenhang oft um die Senkung von sozialen Standards, von tariflichen Standards, von Verbraucherschutzstandards, von ökologischen Standards geht. Auch das wird in aller Regel als Handelshemmnis, Handelsbeschränkung oder Bürokratie verstanden. Was jetzt was ist, das wird unglücklicherweise im Moment überhaupt nicht klar. Es wurde schon gesagt: Es wird deswegen nicht klar, weil einfach die Verhandlungen hinter geschlossenen Türen geführt werden und nur wenige Leute Zugriff auf das haben, was gerade verhandelt wird, also auf die Verhandlungspositionen. Mir persönlich ist völlig unklar – wie meinen Vorrednerinnen auch –,
warum genau, wenn ein Freihandelsabkommen doch offensichtlich so eine gute Idee ist, es einen enormen Aufschwung bedeutet und Hunderttausende von Arbeitsplätzen geschaffen werden, das Abkommen dann geheim verhandelt werden muss.
Im Gegenteil – auch das zeigen alle Entwicklungen der letzten 10, 20 Jahre –: Alle Prozesse, alle gesellschaftlichen Prozesse, die offen und transparent geführt worden sind, waren Prozesse, die letztendlich erfolgreich waren. Prozesse, die im Geheimen verhandelt worden sind, bei denen man versuchte, viele Leute herauszulassen, sind entweder gescheitert oder haben zum Nachteil gereicht. Deswegen unterstütze ich ausdrücklich den Ansatz, dass es solche Verhandlungen eigentlich nicht geben darf, ohne dass alle, die es interessiert, auch Nichtregierungsorganisationen, auch Parlamente, also all diejenigen Leute darüber informiert werden, worum es dabei eigentlich geht. Meines Erachtens spricht überhaupt nichts dagegen, wenn man nichts zu verbergen hat.
Meine Vorrednerinnen haben auch gesagt, dass ein wesentliches Element dieses Abkommens die Einrichtung von meines Erachtens absurden Schiedsgerichten ist. Es gibt solche Beispiele: Darin sind Handelsexperten und Juristen. Es wurde schon gesagt, es wird irgendwie eine Institution geschaffen, die nach meinem Verständnis in erster Linie sicherstellen muss, dass möglichst viele große Konzerne möglichst hohe Profite erzielen können, und alle Regeln, die diese Form von Profitsucht begrenzen, werden als Handelshemmnis und als Bürokratie begriffen und müssen abgeschafft werden.
Ich sage hier an dieser Stelle ganz deutlich: Es gibt kein Recht auf Profit auf Kosten von Menschen und Umwelt. Wer das über so ein Abkommen wieder einführen will und wer die hier mittlerweile vorhandenen ökologischen und Verbraucherschutzstandards und den Rest von tarifären Rechten zugunsten von noch höheren Profiten weiter aushöhlen will, der hat einen richtigen Gegner.
Wir in Bremen sind in unseren Reihen stolz darauf, dass wir so etwas wie ein Mindestlohngesetz verabschiedet haben. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob nicht das ein Grund für einen Konzern wäre, um gegen Bremen zu klagen, wenn solche Schiedsgerichte eingerichtet werden. Denn selbstverständlich ist das für jemanden aus Lettland oder für eine Firma, die keinen Mindestlohn bezahlt, ein Hemmnis, weil man dann hier keine Aufträge erledigen kann. Solche Debatten hatten wir schon an anderen Orten. Das heißt, wir laufen Gefahr – und deswegen ist nicht einfach nur ausgedacht, was ich sage –, dass das, was wir uns
hier mühsam erkämpfen – teilweise gegen gesellschaftliche Trends, teilweise gegen mächtige Einrichtungen ist –, weil wir eben wissen, dass so etwas wie Mindestlohn unverzichtbar ist, zum Gegenstand von solchen Klagen werden kann. Ich bin mir relativ sicher, dass das denkbar ist. Deswegen ist das ein weiterer Grund, dass wir gegen die Geheimhaltung angehen und dass das offen gemacht werden muss, wenn überhaupt.
Die Anfrage gibt übrigens einen ganz deutlichen Hinweis darauf, dass man ausgesprochen hohe Skepsis gegenüber diesem Freihandelsabkommen walten lassen muss. Es weist aus –
ich komme zum Schluss! –, dass Film- und Fernsehprodukte nicht einer Liberalisierungslogik unterworfen werden sollen, und deswegen sind sie ein Stück weit aus den Verhandlungen ausgenommen. Ich frage mich: Warum eigentlich nur Film- und Fernsehproduktion? Ist es nicht Grund genug, skeptisch zu sein, wenn man so etwas ausnehmen muss?
Ich fasse zusammen: Ich finde die skeptischen Einwände berechtigt, und ich finde es gut, wenn wir als Bremische Bürgerschaft dafür sorgen, dass diese Verhandlungen öffentlich gemacht werden und dass die Skepsis und die Kritik, die es gibt , auch hier breit diskutiert werden, weil es sonst ein Thema ist, das an relativ vielen Leuten zunächst vorbeigeht. Wenn wir helfen, auch in diese Richtung Transparenz zu schaffen, dann, so glaube ich, tun wir den Bürgerinnen und Bürgern Bremens einen guten Dienst. – Vielen Dank! (Beifall bei der LINKEN)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, man muss das eine oder andere Thema um das Freihandelsabkommen herum ein bisschen sortieren, damit wir nicht so ganz im Allgemeinen bleiben. Es gab zwar den einen oder anderen durchaus hübschen Satz auch von meinem Vorredner. Den direkten Zusammenhang zum Freihandelsabkommen, über das geredet wird, müsste man allerdings schon ganz weit konstruieren, um das wiederzufinden, was Sie hier gesagt haben.