Protocol of the Session on December 11, 2013

Mit der ergänzenden Mitteilung des Senats ist im Haushalt auch festgeschrieben, dass wir gemeinsam mit sehr vielen Menschen in der Stadt unsere Verpflichtung wahrnehmen, Menschen in Not und auf der Flucht bei uns aufzunehmen, und zwar ordentlich aufzunehmen, und das finde richtig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Der Senatsentwurf hat vorgesehen, in Bremen 90 und in Bremerhaven 40 weitere Stellen für Lehrer zu schaffen und dazu noch 100 Stellen zu verstetigen; hinzu kommt eine Million Euro für Vertretungsreserven. Die Koalitionsfraktionen beantragen heute, zusätzlich knapp 5 Millionen Euro für die Eröffnung weiterer Ganztagsschulen unterschiedlicher Form ab dem Schuljahr 2015/2016 auszugeben.

Der Senatsentwurf sieht für die Hochschulen des Landes bereits deutlich höhere Ausgaben vor. Der Erfolg der Universität bei der Exzellenzinitiative, die bessere Ausstattung der großen Forschungsinstitute und die bremische Mitfinanzierung des Hochschulpakts werden dadurch gesichert. Es stimmt aber auch, dass die Schere zwischen den gegenwärtigen Aufgaben der Hochschulen, die wir und sie selbst sich geben, und der Finanzierung, nicht geschlossen ist. Die Lage ist daher in vielen Bereichen der Lehre schwierig; darüber haben wir mehrfach diskutiert.

Der Wissenschaftsrat hat uns aufgefordert, auf diese Situation mit strategischen politischen Entscheidungen zu antworten, und das werden wir tun. Hier und heute stellen wir zur Verbesserung der Situation in der Lehre jährlich 2,4 Millionen Euro zusätzlich, insgesamt also 4,8 Millionen Euro für die beiden kommenden Jahre, zur Verfügung. Sie werden bei der Gegenfinanzierung sehen, wie schwer es ist, das zu überbrücken, aber wir glauben, dass das als Maßnahme notwendig und richtig ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Der Senat hat beschlossen, 2 Millionen Euro für kleine, aber effektive Maßnahmen der Energieeinsparung in öffentlichen Einrichtungen einzuplanen. Mit unserem heutigen Antrag werden wir auch die sehr gute und wichtige Energieberatung der Bremer Energie-Konsens GmbH fortführen können, wenn die jetzige Finanzierung ab dem Jahr 2015 ausläuft.

Schließlich – das möchte ich erwähnen – werden wir die sehr wichtige Arbeit der Organisationen besser ausstatten, die vor allem bei Gewalterfahrungen von Frauen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Wir verstehen, dass in den Ressorts der Spardruck im konsumtiven Bereich besonders groß ist, aber für diese wichtige Arbeit wollen wir doch zu stabilen Verhältnissen kommen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Zuruf der Abg. Frau A h - r e n s [CDU])

Meine Damen und Herren, wie finanzieren wir diese zusätzlichen Ausgaben, da wir ja im Haushaltsrahmen bleiben? Wir verzichten für zwei Jahre auf die Impulsmittel. Das ist uns nicht leichtgefallen. Wir fordern von den Ressorts, dass sie 5 Prozent weniger für Dienstreisen und Geschäftsbedarf ausgeben, und wir nehmen zweimal 1,5 Millionen Euro aus dem Sondervermögen Hafen, da sich die Hafengebühren besser als geplant entwickelt haben und die notwendigen Investitionen auch gesichert sind. Auch gehen wir davon aus, dass wir nach der letzten Zinssenkung der EZB noch etwas länger mit niedrigen Zinsen kalkulieren können.

An dieser Stelle möchte ich sagen: DIE LINKE rät uns, statt maximal rund 30 Prozent, was unsere Regel ist, 100 Prozent unserer Kredite mit einer kurzen Laufzeit aufzunehmen.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Nein, 60!)

Das werden wir nicht tun; das wäre für uns unverantwortlich; das wäre wie im Kasino! Wir bleiben bei unserer Politik, ein niedriges Zinsniveau für die nächsten fünf Jahre insgesamt abzusichern. Das ist verlässliche Haushaltspolitik!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Schließlich sorgen die Beschlüsse zu den von uns selbst beeinflussbaren Steuern dafür, dass die Finanzierung unserer politischen Schwerpunkte auch über das Jahr 2016 hinaus möglich ist. Ich erinnere hier an die Erhöhung der Gewerbesteuer und der Grunderwerbsteuer, an die Citytax, die jetzt inzwischen das erhoffte Ergebnis bringt, und an die Anpassung der Gebühren für staatliche Leistungen.

In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, steht unser Antrag zur Mitfinanzierung von Polizeieinsätzen. Dieser Antrag wirft die Frage auf – als Prüfauftrag! –, ob es auf Dauer richtig sein kann, dass bei Großveranstaltungen die Gewinne der private Veranstalter erzielt, die oft sehr hohen Kosten der Konfliktregulierung aber allein vom Staat aufgebracht werden müssen. Diese Frage möchten wir stellen. Ich denke, dass dies eine Frage ist, die in Deutschland insgesamt beantwortet werden muss. Wir dürfen insoweit durchaus einmal vorangehen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der öffentliche Dienst stand im Zentrum harter Kontroversen. Letztes Mal gab es Bonbons bei der Debatte,

heute nur noch die ausgepresste Zitrone. Ich werde sie mitnehmen; es soll mich daran erinnern. Natürlich ging es auch um die gestaffelte Tarifübernahme für die Beamten. Es bleibt eine Tatsache, dass die Länder, die den Tarifabschluss voll übertragen, dafür den Personalabbau forcieren. Wir tun das weder beim Lehrpersonal noch bei der Polizei. Wir halten – das müssen wir! – an der Personalreduzierung grundsätzlich fest, aber wir machen zeitweise Ausnahmen, etwa beim Stadtamt, bei den Fallmanagern im Sozialbereich und bei verschiedenen kleinen Einrichtungen. Auch beim Nachwuchs werden die Beschäftigungszielzahlen angepasst. Das alles muss man behutsam machen. Ich glaube nicht, dass die Handelskammer recht hat, wenn sie im Personalbereich ein riesiges Sparpotenzial sieht, und denke, das geht an der Realität nun wirklich vorbei.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich fürchte – das sage ich ausdrücklich für uns, für mich –, in der Hitze der Auseinandersetzung in diesem Jahr haben wohl auch wir Fehler in der Kommunikation gemacht. Deswegen will ich ausdrücklich sagen, dass uns sehr an einer offenen und frühzeitiger Diskussion mit den Beschäftigten und ihren Vertretungen liegt. Ein demokratisches Gemeinwesen ist nur mit einem selbstbewussten öffentlichen Dienst möglich. Ich finde, es gibt auch in der Stadt gute Beispiele. Für mich gehört die Reform der Finanzämter dazu, und auch die Planung des Senators für Bau, Umwelt und Verkehr, Personalentwicklung und Aufgabenwahrnehmung mittelfristig gemeinsam zu planen. Das alles hat sich der Senat zu Recht erneut vorgenommen.

Schließlich noch zu den Investitionen! Wir werden auch in diesem Jahr die Investitionshaushalte auf einem sinnvollen Niveau halten. Wir erhöhen die Investitionen in die Krankenhäuser. Wir wissen sehr wohl, dass in den kommenden Jahren noch mehr zu machen ist, dass ein hoher Investitionsbedarf besteht, der aber auf gar keinen Fall auf einen Schlag, wie die CDU das fordert, sondern nur Schritt für Schritt mit der Sanierung der kommunalen Kliniken umzusetzen sein wird. Das werden wir auch tun.

Wir stehen zu unserem zentralen Projekt in Bremerhaven, Offshore-Anlagen über den OTB auf die Nordsee zu verschiffen, und erwarten und hoffen, dass die existenzgefährdende Verunsicherung aus Berlin nun endlich ein Ende hat.

(Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: So ein Quatsch!)

Na, der Zwischenruf ist interessant! War vielleicht das, was in dem letzten Dreivierteljahr aus Berlin gekommen ist, nicht existenzgefährdend für die OffshoreIndustrie? Das war es wohl!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Absolut, und Herr Alt- maier war dabei!)

Wir brauchen ganz bestimmt nicht den Antrag der CDU, um in unseren beiden Städten Wirtschaftspolitik einschließlich der Erschließung von Gewerbeflächen finanziell abzusichern. So haben wir zum Beispiel gerade letzten Freitag den Beschluss zum Gewerbepark Hansalinie gefasst.

Ich will an dieser Stelle einige Sätze zur CDU sagen. Sie haben leider keine Haushaltsanträge gestellt, wie Sie angekündigt haben, aber Sie haben Vorschläge gemacht.

(Abg. K a u [CDU]: Na, da hätten Sie Ih- ren Spaß gehabt!)

Jawohl, Sie haben Vorschläge gemacht, aber im Saldo bedeuten diese Vorschläge jedenfalls keine Einsparung, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Aber das hatten Sie ja eigentlich angekündigt!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es gehört zur Klarheit unserer Haushaltspolitik, dass wir deutlich sagen: Ja, sie ist für viele mit Zumutungen und Belastungen verbunden. Wir können Ansprüche und Wünsche oft nur in engen Grenzen berücksichtigen. Tatsächlich gilt der alte Spruch „Arm sein ist teuer“. Wir schaffen es gegenwärtig nicht, allen öffentlichen Besitz so instand zu halten, wie es notwendig wäre. Das gilt im Übrigen nicht nur für Bremen, sondern wenn man sich die Diskussion bundesweit anschaut, für alle Kommunen und auch für die Länder. Ja, und auch das ist mit Risiken verbunden. Wir Grünen sind aber der festen Überzeugung, dass wir den Weg der Eigenanstrengung weitergehen müssen, damit wir überhaupt auf die Bereitschaft anderer hoffen können. Herr Bürgermeister Böhrnsen hat dargelegt, dass sich der Zeithorizont für die Regelungen bis 2020 jetzt öffnet. Ihn müssen wir nutzen. Aber glauben Sie wirklich, dass wir bei den anstehenden Debatten über die Reform der föderalen Finanzbeziehungen und über eine Altschuldenregelung ankommen und sagen können: Macht ihr das einmal alles für uns? Das wird nicht gehen, das funktioniert nicht!

Herr Kollege Rupp hat uns kürzlich in der Versammlung der Steuerbeamten mit großer Geste aufgefordert, wir sollten endlich die Konsolidierungsvereinbarung zerreißen und die Schuldenbremse vergessen. Dann geht es – das war seine Aufforderung –, nach Berlin, und dann klingeln wir am Kanzleramt. Und was dann, Herr Kollege Rupp, was dann?

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Dann macht keiner auf!)

Dann klingeln wir Sturm, und nichts passiert. Das wird nicht der Weg sein, den wir für unser Land Bremen gehen müssen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir werden deshalb dem Rat der LINKEN nicht folgen; denn wir wollen aus der Schuldenklemme heraus. Wir Grünen wollen einen handlungsfähigen Staat, einen Staat, der nicht von den Finanzmärkten und Kreditgebern abhängig ist, einen Staat, dessen Einnahmen nicht als Zinsen an die Banken gehen, sondern dessen Einnahmen wir für Kita, Schulen, wirtschaftliche Infrastruktur, für die Sicherheit der Bürger, für solidarische Hilfe und für ökologische Erneuerung ausgeben können. Das halten wir für besser. Wir sind überzeugt, dass diese Haushaltsentwürfe ein guter, wenn auch anstrengender Schritt auf diesem Weg sind, und bitten Sie deshalb um Zustimmung zu unseren Anträgen. – Herzlichen Dank für Ihre Geduld!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne eine Ausbildungsklasse zur/zum Verwaltungsangestellten der Verwaltungsschule Bremen.

Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)

Als nächster Redner hat der Abgeordnete Kau, Fraktion der CDU, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Abgeordnete, rein persönlich geschätzte Frau Bürgermeisterin Linnert! Schaut man wie ich altmodisch immer noch in den guten alten Duden – zeitgemäß allerdings online –, findet man unter dem Begriff „haushalten“ die Bedeutungen: sparsam wirtschaften, mit etwas sparsam, haushälterisch vernünftig umgehen. Synonyme für „haushalten“ lauten: „sich einschränken, einteilen, rationieren, rechnen, sein Geld zusammenhalten, sparsam sein mit, umgehen mit, wirtschaften“.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Deutsch oder schwäbisch?)

Das, Herr Kuhn, kommt aus dem Mittelhochdeutschen, von „hushalten“, das Haus bewahren, also letztlich seinem Haus oder hier besser seinem Land durch sparsames Wirtschaften die Existenz bewah

ren. Man muss also mit etwas sparsam – haushälterisch – umgehen wollen und können, Frau Bürgermeisterin Linnert. Noch, meine Damen und Herren, darf man hoffentlich unstrittig und eigentlich allgemeingültig, ich hoffe, sogar parteiübergreifend festhalten: Der Mensch muss ein Auskommen mit dem Einkommen haben. Das, was Sie, liebe SPD-Fraktion, demnächst Neukoalitionäre in Berlin, auf der Einnahmenseite mit dem gesetzlichen Mindestlohn immer einfordern und postulieren, dass man nämlich vom Einkommen auch leben können muss, ist nur eine Seite der Medaille. Die zweite Seite ist – durchaus auch bei sprudelnden Steuereinnahmen –, dass man mit den Einnahmen, die die Menschen und die Wirtschaft als Steuerzahler abliefern, auf Dauer sein hinlängliches Auskommen haben muss.

(Beifall bei der CDU)

Die Grünen hier, Herr Dr. Güldner, nennen das, als wäre es eine neuzeitliche Erfindung von Ihnen, Nachhaltigkeit. Das gilt aber für jedes Kind beim Taschengeld, das gilt für jeden Studenten bezüglich des elterlichen Dauerauftrags oder des BAföGs, nicht nur für die schwäbische Hausfrau und für jeden privaten Haushalt, wenn er denn nicht über kurz oder lang in der Schuldenfalle landen will.

Wie sieht es mit der finanziellen Lebenswirklichkeit aus? Jean-Jacques Rousseau, immerhin 18. Jahrhundert, hat gesagt: „Geld, das man besitzt, ist das Mittel zur Freiheit, dasjenige, dem man nachjagt, das Mittel zur Knechtschaft.“ Die in Deutschland und Bremen überwiegend mittelständische Wirtschaft, der ich mich seit drei Jahrzehnten beruflich verbunden fühle, weiß genau: Man kann nur kurzfristig Verluste gegen das Eigenkapital buchen. Sobald bilanzielle Überschuldung oder, wie heute immer häufiger, Illiquidität eintritt, ist Schluss mit der finanziellen Selbstbestimmung und der unternehmerischen Freiheit; dann tritt der Insolvenzverwalter auf die Bühne. Das weiß es jeder Privatmann, und so lebt es jede Firma, ganz egal, in welcher Rechtsform und wo auch immer auf dieser Welt.

Nur beim Staat, speziell beim Fiskus, sind alle diese Regeln außer Kraft. Hier gilt der selbstbetrügerische Allgemeinplatz: Der Staat kann nicht pleitegehen. Pustekuchen, meine Damen und Herren! Der Staat ist längst pleite, der Kaiser trägt auch mit dem neuen Haushalt immer noch keine Kleider. So sehr man ihn auch bestaunen mag, er ist nackt, splitternackt!

(Beifall bei der CDU)