Protocol of the Session on September 28, 2011

(Zuruf: Ja!)

Nein! Deswegen sage ich noch einmal ganz klar und deutlich: Das ist unser klares Ziel!

(Zurufe der Abg. Frau V o g t [DIE LINKE])

Sie haben und bekommen auch Ihre Zeit, Frau Vogt! Regen Sie sich nicht auf!

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Ich rege mich tierisch auf!)

Flüchtlinge und Asylsuchende unterliegen in Deutschland der sogenannten Residenzpflicht. Die Residenzpflicht bedeutet, dass Flüchtlinge und Asylbewerber den räumlichen Zuständigkeitsbereich der für sie zuständigen Ausländerbehörde nicht verlassen dürfen. Das kennt der SPD-Abgeordnete Bolayela aus eigener Erfahrung, da er acht Jahre lang in einem Ort zwischen Syke und Diepholz räumlich eingeschränkt war und diesen ohne Zustimmung der Ausländerbehörde nicht verlassen durfte. Das schreiben das Asylverfahrensgesetz und das Aufenthaltsgesetz vor, beides sind Bundesgesetze. Wir als SPD haben viele Initiativen unternommen.

Was bedeutet das konkret? Die Residenzpflicht bedeutet konkret, dass die Kinder von Flüchtlingen nicht an Sportveranstaltungen außerhalb Bremens teilnehmen können, obwohl sie an dem Sport interessiert sind, oder dass Flüchtlingsfamilien andere Familienangehörige nicht besuchen können.

(Abg. T u n c e l [DIE LINKE]: Das hat Frau Vogt gesagt!)

Die Residenzpflicht behindert die Betroffenen bei der Arbeits- und Ausbildungsplatzsuche, die für sie ohnehin schwerer als für andere ist. Alles das verhindert die Integration in unsere Gesellschaft.

In der letzten Legislaturperiode – und das wissen wir, das kennen wir, das leben und erleben

wir, und das ist nichts Neues – haben wir uns damit beschäftigt.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Das stimmt doch gar nicht!)

Natürlich, Sie sind neu hier, ich bin auch neu hier, aber trotzdem muss man recherchieren und schauen und das wissen.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU – Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Ich habe 15 Jahre in diesem Bereich gearbeitet!)

In der letzten Legislaturperiode haben wir, die SPD und die Grünen, uns gemeinsam für die Abschaffung der Residenzpflicht ausgesprochen und eingesetzt. Das Land Bremen hat sich auf Bundesebene dank Innensenator Mäurer für eine Abschaffung ausgesprochen und darum gekämpft.

Wir lehnen dennoch diesen Antrag ab. Es geht nicht um Inhalte, es geht nur darum, dass wir aus taktischen Gründen diesen Antrag ablehnen müssen. Wir müssen doch nicht unsere Beschlüsse noch einmal wiederholen! (Beifall bei der SPD)

Zwar ist es schmeichelhaft, dass DIE LINKE den Koalitionsvertrag so mühsam studiert und liest und weiß, was darin steht, aber wir brauchen nicht erst die Aufforderung durch DIE LINKE, um ihn umzusetzen.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Sie machen das auch mit Aufforderung nicht!)

Wir lehnen diesen Antrag ab. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Vogt, ich mache mir Sorgen um Ihre Gesundheit,

(Abg. S e n k a l [SPD]: Ich auch! – Heiter- keit)

deswegen versuche ich, mich ein wenig zurückzuhalten.

DIE LINKE fordert hier die Abschaffung oder Lockerung der Residenzpflicht. Ich glaube, die Vorrednerinnen und -redner haben deutlich gemacht – –. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Wir for- dern, mit Niedersachsen ins Gespräch zu ge- hen!)

Frau Vogt, denken Sie an Ihre Gesundheit!

Wir haben durch die Vorrednerinnen und -redner gehört, dass wir vor einem Jahr intensiv hier in der Bürgerschaft genau zu diesem Punkt eine umfangreiche Debatte geführt haben und die Mehrheit der Bürgerschaft einen entsprechenden Beschluss gefasst hat. Ich nehme vorweg: Wir haben als CDU diesem Beschluss zwar nicht zugestimmt, aber es gilt trotzdem, hier heute noch einmal einige Unrichtigkeiten, die auch von Ihnen, Frau Vogt, vorgetragen worden sind, richtigzustellen!

Erstens ist es nicht richtig, dass die Bremer Asylsuchenden oder Ausreisepflichtigen nicht nach Lilienthal fahren dürfen.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Das habe ich nicht gesagt!)

Sie haben Lilienthal gesagt, Sie können ins Protokoll schauen! (Unruhe – Glocke)

Liebe Frau Kollegin Vogt, Sie haben gleich noch einmal das Wort!

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Dann hat er nicht zugehört!)

Trotz allem Engagement, ich finde es gut, wenn es eine lebendige Diskussion gibt, aber Sie haben gleich das Wort.

Bitte Herr, Kollege Hinners!

Vielen Dank! Frau Vogt, ich bitte Sie, noch einmal zuzuhören! Lilienthal haben Sie deutlich angesprochen. Tatsächlich ist es so – und das wird der Senator für Inneres und Sport sicherlich gleich richtigstellen –: Die Bremer Asylsuchenden oder Ausreisepflichtigen dürfen durchaus nach Norddeutschland fahren, große Teile von Niedersachsen sind nämlich im Rahmen einer Ausnahmegenehmigung mit eingeschlossen.

Die zweite unrichtige Bemerkung ist – Sie haben deutlich darauf hingewiesen –, dass es auch diverse Verstöße gegen die Residenzpflicht gibt. Wenn Sie die Antwort des Senats vom 20. April 2010 gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass der Senat mitgeteilt hat, dass es in Bremen überhaupt keine Verstöße gegen die Residenzpflicht gegeben hat. Wir haben dort an der Stelle ganz offensichtlich von Ihnen einen blinden Aktionismus, und der ist hier völlig fehl am Platz!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Damit das hier aber doch noch ein bisschen sachlich verhandelt wird, möchte ich einmal ganz kurz auf den Sinn dieser in den Achtzigerjahren – das haben Sie zu Recht dargestellt, Frau Vogt – festgestellten Residenzpflicht hinweisen! Seinerzeit hat es in Deutschland – das ist, glaube ich, vielen hier bekannt – eine umfangreiche Anzahl von Asylanträgen gegeben. Der größte Teil davon ist abgelehnt worden, und das waren dann im Prinzip ausreisepflichtige Personen, die dem Duldungsstatus unterlagen. Um eine schnelle Erreichbarkeit dieser Menschen zu gewährleisten und jeweils zu wissen, wo sich die Antragsteller oder Personen aufhalten, war diese Residenzpflicht damals erforderlich. Ob sie auch heute noch erforderlich ist, das ist sicherlich die Frage, mit der wir uns vor einem Jahr schon auseinandergesetzt haben und mit der wir uns auch im Weiteren nicht nur in Bremen, sondern auch im Bundesgebiet auseinandersetzen müssen. Das ist aber in Arbeit, und daher, glaube ich, ist dieser Handlungsbedarf, den Sie hier wieder einmal vermuten oder sehen, aus unserer Sicht nicht gegeben. Ich nehme es vorweg: Wir werden deswegen – und das wird Sie nicht überraschen – Ihren Antrag ablehnen. Allerdings möchte ich auf eines noch hinweisen: Im letzen Jahr haben wir in der Bürgerschaft festgestellt, und die Mehrheit hat das auch so beschlossen, dass der Senator für Inneres und Sport in der Innendeputation über seine Bemühungen berichten soll. Das – der Herr Innensenator hört hoffentlich zu! – ist bisher nicht geschehen. Insofern möchten wir, dass der Bericht über Ihre Bemühungen, was Sie in der Innenministerkonferenz oder auch an anderer Stelle erreicht haben, nachgeholt wird. Das hätten wir in der Innendeputation gern als Bericht bekommen, und an der Stelle würden wir uns dann über das Für und Wider der Residenzpflicht auch weiter auseinandersetzen wollen. Ich wiederhole: Ihren Antrag, Frau Vogt, lehnen wir ab! – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Also, Herr Hinners, ich habe nicht gesagt, dass Asylsuchende oder Geduldete nicht nach Lilienthal fahren dürfen, sondern ich habe gesagt, wenn Geduldete ohne Verlassenserlaubnis nach Niedersachsen fahren, dann begehen sie im ersten Fall eine Ordnungswidrigkeit, im zweiten Fall eine Straftat. Das ist ein großer Unterschied! Ich weiß, dass Asylsuchende im Asylverfahren mit einer Aufenthaltsgestattung umgrenzende Landkreise durchaus besuchen dürfen, das ist mir alles klar. Ich habe auch die Unterscheidung gemacht, zwischen Menschen mit Aufenthaltsgestattung und Menschen mit Duldung. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Das Problem ist – und da haben Sie nicht hingesehen –, dass die Menschen immer noch die Verlassenserlaubnisse beantragen müssen. Mittlerweile vergibt die Ausländerbehörde dafür Termine – das war früher ein bisschen einfacher –, und oft liegen die Termine nach den zu beantragenden Ereignissen. Das heißt, damit ist das hinfällig geworden. Wenn eine Betroffene eine Tante in Niedersachsen hat, die ein Kind bekommen hat, und sie möchte dort gern hin und hat erst drei Wochen später einen Termin bei der Ausländerbehörde, dann kann sie da nicht hinfahren, um nur ein weiteres Beispiel zu bringen.

Es gibt einen ganz klaren Grund, warum wir gesagt haben, wir wollen jetzt das Thema hier noch einmal anbringen, das ist die Ankündigung des niedersächsischen Innenministers Schünemann, die Residenzpflicht in Niedersachsen landesweit auszuweiten. Er hat gesagt, er würde es auch begrüßen, wenn man mit den Anrainerländern zu einer Einigung kommt. Genau das haben wir gesagt. Sie haben das offensichtlich nicht gelesen: Der Senat wird aufgefordert, umgehend mit der niedersächsischen Landesregierung in Gespräche zur Ausweitung der erlaubnisfreien Bewegung für alle Asylsuchenden in Bremen und Niedersachsen einzutreten, nicht nur für die umliegenden Landkreise; nicht nur Cuxhaven für Bremerhaven und Diepholz für Bremen et cetera.

(Abg. P o h l m a n n [SPD]: Und Celle!)

Wir haben gesagt, dabei sollen keine Ausnahmen, zum Beispiel aufgrund der Verletzung von Mitwirkungspflichten und Straffälligkeiten, gemacht werden.

(Abg. I m h o f f [CDU]: Wenn Sie das schon vorschlagen!)

Das ist genau das, was in dem anderen Antrag, den Herr Senator Mäurer damals einbringen sollte, noch als Ausnahme enthalten war, und genau das wollten wir ändern. Daher haben wir hier keinen Antrag wiederholt, sondern wir haben einen anderen Antrag gestellt.

Das andere ist nach wie vor, dass das Problem der Geduldeten, die diese Residenzpflichtauflagen nach dem Aufenthaltsgesetz haben, immer noch nicht gelöst worden ist. Deswegen haben wir gesagt, wir hätten dazu gern eine Bundesratsinitiative.

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Mäurer.