Protocol of the Session on November 13, 2013

(Zuruf: Noch!)

Ich bin relativ sicher, es kommt dort kein Wissenschaftspark.

Alles in allem haben wir insgesamt 41 Millionen Euro in ein Geschäftsmodell investiert, das meines Erachtens von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Denn man hatte zwar den Plan, das Geld der Jacobs Universität auf die Bank zu legen und die Ausgaben von den Zinsen zu bestreiten; was aber hat man gemacht? Man hat diesen Kapitalstock eben nicht angelegt, sondern man hat das, was man hatte, regelmäßig verfrühstückt. Man kommt auch nicht in die Nähe eines Kapitalstocks, der so viel Zinsen abwirft, dass er beispielsweise 10 Millionen Euro jährlich erwirtschaftet. Davon ist man weit entfernt.

Unverständlich ist deswegen auch, dass die Bürgschaft über 50 Millionen Euro, die Bremen für die Jacobs Universität leistet, ohne Wirtschaftsplan verlängert worden ist. Vielleicht war das notwendig, vielleicht steht man in irgendeiner Weise unter Druck. Aber wenn ich zu meiner Bank gehe und für irgendetwas einen Kredit haben will, dann muss ich einen halbwegs plausiblen Wirtschaftsplan vorlegen, sonst bekomme ich kein Geld. Ich weiß nicht, warum das bei der Jacobs Universität anders ist.

Zu fragen ist: Was machen wir jetzt? Unabhängig davon, ob es die Jacobs Universität schafft, 2017 einen ausgeglichenen Haushalt mit den dann reduzierten Zuschüssen vorzulegen, sind wir meines Erachtens verpflichtet, die Frage zu prüfen: Gibt es eigentlich irgendeine Form von Ausstiegsszenario, oder warten wir einfach ab bis 2017, bis das Problem auftritt? Schließen wir solange die Augen, oder richten wir uns unter Umständen auch darauf ein, die öffentlichen Zuschüsse zurückzuziehen beziehungsweise einen Plan zu entwickeln, was wir ab 2017 mit diesem Gelände machen? Es ist klar, dass dort irgendeine Form von Hochschulbetrieb stattfinden muss, weil man sonst, wenn ich richtig informiert bin, dem Bund Nachzahlungen in Höhe von 10 Millionen Euro leisten muss, weil man nur mit der Zusage, dort eine Bildungseinrichtung zu etablieren, dieses Gelände vergleichsweise billig kaufen konnte. Dies ist ein weiterer Punkt, über den es sich zu reden lohnt.

Meine Kollegin, Frau Vogt, wird Ihnen nachher erläutern, wie weit wir mit unseren Forschungen gekommen sind. Was ist eigentlich möglich? Gibt es eigentlich ein Grohn ohne Jacobs Universität? Ich sage: Ja, es gibt eine Grohn-Uni ohne Jacobs Universität, und dazu werden wir, wie gesagt, Vorschläge machen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner, Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wollen wir in dieser Debatte, die sehr viele sachliche Hintergründe hat, aber natürlich auch hoch emotional geführt wird, einmal schauen, wie wir das auseinanderbekommen.

Der Rücktritt des Präsidenten Peitgen wird öffentlich interpretiert, und ich denke, sehr verehrter Herr Kollege Rupp, es gibt zumindestens zwei mögliche Interpretationen dieses Rücktritts. Eine haben Sie geliefert, eine liefere ich jetzt.

Die Jacobs Universität hat nach vielen Jahren, in denen die Ansiedlungspolitik der ehemaligen Rice University hin zur Jacobs Universität in Bremen-Nord eher im Vagen gehalten worden ist, auch die Unterstützung des Senats ja nicht an Bedingungen geknüpft war – jedenfalls nicht in dem Sinne vertraglich festgelegt, wie das jetzt ist –, zusammen mit der Jacobs Stiftung und der Freien Hansestadt Bremen einen trilateralen Vertrag, also einen Vertrag von drei Parteien, unterschrieben. Der Rücktritt des Präsidenten Peitken lässt sich natürlich auch so interpretieren, dass die Jacobs Universität alles unternimmt, um ihre Verpflichtungen aus diesem Vertrag gegenüber der Freien Hansestadt Bremen zu erfüllen. Das ist eine Interpretation, die nicht vollständig abwegig ist, sondern im Gegenteil sogar naheliegt.

Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Das ist in einem insgesamt sehr schwierigen Umfeld, in einer sehr schwierigen Diskussion meines Erachtens ein gutes Zeichen, weil diese vertragliche Vereinbarung ja Schritte enthält, die ganz genau festlegen, wohin sich die Jacobs Universität bewegen muss, wenn sie in dem inkriminierten Zeitraum weiterhin diese staatliche Unterstützung bekommen will. Insofern ist diese Zäsur, die Sie jetzt nennen, nicht notwendigerweise ein Beweis dafür, dass das nun alles vorzeitig gescheitert ist. Meines Erachtens sind wir vielmehr in einer Situation, in der die Jacobs Uni alles unternimmt – auch einen so schnellen Wechsel an der Spitze, der doch sehr ungewöhnlich ist, vollzieht –, um ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Freien Hansestadt Bremen zu erfüllen.

Ansonsten muss man an dieser Stelle noch einmal sagen, dass – –,

(Unruhe)

Ich hätte mich gerne mit Ihnen unterhalten. Das ist vielleicht auch möglich.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Ich wollte nur den Schreihals ausmachen! Ich bitte um Ver- zeihung, dass ich nicht vorher daran gedacht habe!)

Alles klar!

Ansonsten muss man doch einmal festhalten, dass es viele hier in diesem Hause für einen großen Fortschritt halten, dass wir diese verbindliche und vertragliche Situation mit der Jacobs Universität in die

ser Förderperiode erst einmal überhaupt hergestellt haben. Warum? Dieser Vertrag kann, wenn er denn erfüllt wird, von allen Seiten genutzt werden, um die fraglichen 3 Millionen Euro Fördermittel pro Jahr abzurufen. Er kann aber auch – das muss man an dieser Stelle klipp und klar sagen – Grundlage dafür sein, dass, wenn er nicht erfüllt wird, die Freie Hansestadt Bremen diese Nichterfüllung des Vertrags feststellt und ab diesem Zeitpunkt die Förderung einstellt. Auch das ist ganz klar in einem solchen Vertrag angelegt. Das ist ganz klar Politik, das ist ganz klar auch heute noch so, und das hält die Fraktion der Grünen in den nächsten Jahren für eine Option.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die Frage, die sich mir gestellt hat, ist keine rhetorische. Ich bin nach langem Nachdenken nicht auf den Unterschied gekommen, und ich frage Sie jetzt wirklich ernsthaft, wie die LINKE sich das Ganze zurechtgelegt hat. Ich kenne es von der LINKEN, dass sie – nicht sie nur alleine, oft auch im Konzert mit der SPD und den Grünen –, wenn Unternehmen, vor allen Dingen, wenn es große Konzerne, internationale Konzerne, General Motors, große Bauunternehmen, andere sind, die eine größere Anzahl von Arbeitsplätzen haben – hier sind es 500 –, in eine finanzielle Schieflage geraten, wenn es eine Arbeitsplatzgefährdung, eine Standortgefährdung gibt, die allerersten sind, die nach staatlicher Unterstützung rufen. Da sind Sie die allerersten, und zwar auch bei Unternehmen, die weltweit operieren und die nun wirklich nicht diejenigen sind, bei denen man die LINKE, Seite an Seite schreitend, vermuten würde.

Was bewegt Sie eigentlich, dies bei einem Unternehmen der Bildungs- und Wissenschaftsbranche aus dem Dienstleistungsbereich in Bremen, das 500 Arbeitsplätze vorhält, so grundsätzlich anders zu fordern und genau das Gegenteil dessen zu machen, was Sie eigentlich als grundsätzliche Politik immer und immer wieder fast als Markenzeichen linker Politik vor sich hertragen? Das habe ich, ehrlich gesagt, nicht verstanden, und Sie haben das auch bis heute nicht begründet, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. Frau V o g t [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfra- ge. – Glocke)

Herr Kollege Dr. Güldner, gestatten Sie eine Frage der Abgeordneten Vogt?

Selbstverständlich gerne!

Bitte, Frau Vogt!

Es geht ja nicht um die Frage der Standortsicherung, sondern es geht um eine dauerhafte Subventionierung durch den Staat und hier das Land Bremen. Wenn ich Sie, also Ihre Fraktion, daran erinnern darf: Sie haben im März 1999 selber gesagt – –,

Frau Kollegin, eine Frage bitte!

Genau, es wird eine Frage! Hermann Kuhn hat im März 1999 selber gesagt, die Grünen hätten ihre Zustimmung zum GrohnHochschulprojekt immer davon abhängig gemacht, dass es nur eine staatliche Anschubfinanzierung gebe. Bewerten Sie das heute grundsätzlich anders?

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Die Dinge verändern sich!)

Eine Anschubfinanzierung sieht ein bisschen anders aus.

Selbstverständlich gibt es die Anschubfinanzierung, auch heute noch.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Die Zustim- mung war davon abhängig! Das ist auch heute noch so!)

Aufgrund der finanziellen Schieflage gibt es eine weitere jährliche Förderung, die im Übrigen – man kann es gar nicht oft genug sagen – nicht aus dem Wissenschaftshaushalt, nicht aus Mitteln, die ansonsten Hochschulen und Universitäten zur Verfügung stehen, sondern aus Mitteln der Wirtschaftsförderung stammt. Das haben wir schon ganz oft gesagt. Insofern haben Sie recht.

Aber Sie haben jetzt meine Frage mit einer Gegenfrage beantwortet. Da Sie gleich nachher noch einmal nach vorn kommen, meine dringende Bitte: Erklären Sie uns, warum Sie, die immer nach dem Staat rufen, und zwar im Unterschied zu diesem Fall sogar nach staatlichen Beteiligungen an Unternehmen, wenn diese in finanzielle Schieflage geraten, hier in diesem Fall, in dem ein Betrieb mit 500 Arbeitsplätzen in eine derartige Schieflage geraten ist, sagen, dass sich Bremen komplett heraushalten soll. Bei dieser Frage möchte ich gern bleiben.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Ja, aber es ist ja seit 1999 in dieser Schieflage!)

Ich möchte jetzt eigentlich nicht in einen Dialog eintreten. Sie kommen ja gleich noch einmal nach vorne, und dann würde ich ganz dringend darum bitten, dass Sie das noch einmal erläutern.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das ist auch Redezeiträuberei, was Sie da machen!)

Ich möchte zum Abschluss sagen, dass das in meiner Fraktion – ich glaube, das geht sehr vielen so – eine äußerst schwierige und heikle Frage ist. Aus Wirtschaftsförderungsgründen, die ich gerade eben beschrieben habe und die ich bei bei der LINKEN hinterfragt habe, ist es nach wie vor so, dass es sich um einen relativ geringen Beitrag für ein solches Unternehmen handelt, das sich ansonsten aus sehr sehr großen anderen Summen speist, die nicht vom Staat und nicht von der Freien Hansestadt Bremen kommen. Gleichwohl ist es natürlich auch uns nicht entgangen, dass wir es an den staatlichen Hochschulen im Lande Bremen auch mit einer hoch symbolischen Debatte zu tun haben. Man müsste wirklich mit Blindheit geschlagen sein, wenn man das nicht sähe. Insofern ist das sehr heikel. Ich glaube, dass die Krux darin liegt. Aber wir können heute auf eine feste, verbindliche vertragliche Grundlage verweisen, die ganz klar den Weg in eine stabile, unsubventionierte Existenz der Jacobs Uni in Bremen-Nord oder in einen Ausstieg aus diesem Konzept und auch in ein Scheitern dieses wirtschaftlichen Konzepts weisen wird. Diese Möglichkeiten sind dort angelegt. Die nächsten zwei bis drei Jahre und ganz stark auch das Verhalten der neuen Leitung der Jacobs Universität werden zeigen, welchen Weg diese Universität in Bremen-Nord nehmen wird. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kottisch, Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich hörte, dass wir erneut – es ist ja nicht das erste Mal in einer Aktuellen Stunde – über die Jacobs University debattieren werden, habe ich gedacht: Um Gottes willen, nicht schon wieder! Allerdings war dann mein zweiter Gedanke, dass es nicht so schlecht ist, das noch einmal hier zu debattieren; denn ich hatte in den letzten Wochen und Monaten einige Einzelgespräche mit diversen Bürgerinnen und Bürgern und auch Wirtschaftsvertretern. Diese Einzelgespräche waren im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass ich gerade auch bei Kritikern am Ende des Gespräches festgestellt habe, dass ich doch einigermaßen gut aufklären konnte und dass diese Menschen mit einer ganz anderen Haltung aus dem Gespräch herausgegangen sind, als sie hineingegangen waren.

Insofern denke ich, dass es an dieser Stelle noch einmal guttut, ein wenig Aufklärung – insbesondere in Ihre Richtung – zu betreiben und auch noch einmal aufzuzeigen, was eigentlich die Motivation und die Hintergründe waren, die Jacobs University hier zu etablieren.

Diese soll, auch in Kombination mit dem SciencePark – Herr Rupp, der ist noch lange nicht gescheitert; das kann ich Ihnen an dieser Stelle versprechen –, Impulse für einen wirtschaftsstrukturellen Wandel in Bremen-Nord und weit darüber hinaus schaffen. Wir alle haben hier bereits verkündet, dass diese Anforderung bislang nicht in ausreichendem Maße erfüllt wurde. Da erwarten wir mehr,

(Beifall bei der SPD)

aber, wie gesagt, da bin ich auch ganz optimistisch. Fakt ist allerdings, dass die Jacobs University im Wissenschaftsapparat eine sehr hohe Anerkennung erfährt und auch im Zuge der Exzellenzinitiative der Universität Bremen eine gewisse Rolle gespielt hat. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Gelder, die hier investiert werden und der Aus- und Weiterbildung junger Menschen dienen, grundsätzlich gute Investitionen in Bildung und Wissenschaft sind. Das haben wir in Bremen in den letzten Jahrzehnten eindrucksvoll erfahren können. Schauen Sie sich nur an, was an der Universität Bremen entstanden ist. Die Institutsdichte und auch die Verknüpfungen, die sich mittlerweile dort zwischen Wissenschaft und Wirtschaft einstellen, sind vorbildlich. Diese Investitionen stellen einen wesentlichen Beitrag für eine positive Stadtentwicklung dar. Sie sind sowohl in wirtschaftspolitischer Hinsicht – und da sowohl arbeitsmarktpolitisch als auch wirtschaftsstrukturpolitisch – wie auch in demografischer Hinsicht nicht zu unterschätzen, und sie sind ein Impuls für eine wachsende, lebendige und spannende Stadt beziehungsweise für einen wachsenden, spannenden Zwei-Städte-Staat, der wir auch in Zukunft sein müssen, wenn wir unsere Existenz, ohne dass wir von außen, insbesondere aus dem Süden, bekrittelt werden, langfristig sichern wollen. Auch die Internationalität steht uns, glaube ich, gut zu Gesicht. Das war von Anfang an so angelegt. Einer Hansestadt wie Bremen steht Internationalität immer gut zu Gesicht. An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt – das klingt ein bisschen platt, aber es ist nun einmal so -, dass jeder Bremer Einwohner im Zuge des Länderfinanzausgleichs mehr als 3 000 Euro jährlich einbringt. Wenn ich jetzt nur einmal 1 200 Studenten unterstelle, dann ergibt sich ein Betrag von 3,6 Millionen Euro im Jahr, der uns im Länderfinanzausgleich gutgeschrieben wird.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man das einmal, ohne die Vergangenheit zu reflektieren, aus heutiger Sicht betrachtet, dann muss man sagen, dass die Investitionen, die dort getätigt werden, zunächst einmal keine Pannen- oder Pleite- oder Fehlinvestitionen sind. Dennoch stellt sich natürlich die Frage: Wie gehen wir in Zukunft mit einer solchen Einrichtung um, die

von vornherein als private Einrichtung geplant war? Darauf komme ich gleich noch zurück.

Wenn wir also unterstellen und hier einhellig feststellen können, dass die Investitionen in Bildung und Wissenschaft per se gute Investitionen sind, im Gegensatz zu Investitionen in Waffensysteme – das sind ja auch Themen, die seitens der LINKEN immer wieder gestresst werden – oder im Gegensatz zu Investitionen in irgendwelche Baudenkmäler, die man so oder so bewerten kann, dann muss als Nächstes die Frage kommen: Sind das Investitionen, die in eine private oder in eine öffentliche Einrichtung fließen sollen? Diese Frage können wir hier gerne stellen, und ich glaube, die Frage müssen wir auch künftig stellen, wenn es darum geht, Zukunftskonzepte für den Standort in Bremen-Nord zu entwickeln.