Protocol of the Session on August 29, 2013

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Alles, was darüber hinaus und darum herum ist, ich finde, dieses Addieren ist schon eines der Probleme, das dabei auftritt, und dem müssen wir uns in der weiteren Diskussion auch stellen.

Ich lenke den Blick noch einmal zurück auf das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz – ein ganz technokratisches Wort –, das im Jahr 2008 den Rechtsrahmen für den sogenannten Pflege-TÜV geschaffen hat. Das Gesetz bezieht die stationären und auch die ambulanten Einrichtungen mit ein, das wird in der öffentlichen Debatte nicht immer deutlich. Das Ziel, Transparenz und Vergleichbarkeit der Qualität von Pflegeanbietern zu ermöglichen und allgemein verständlich darzustellen, wurde, kurz gesagt, aus Sicht des Senats nicht erreicht. Von diesem Ziel sollte man sich daher aber nicht verabschieden, ich finde, das Ziel ist auch zu wichtig. Grundsätzlich kann man Pflegenoten wie Schulnoten begrüßen, aber sie müssen verständlich sein, sie sollen den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen helfen und nichts verschleiern.

Seit dem Jahr 2008 wurde über strengere Kriterien beraten, das ist hier eben auch noch einmal hervorgehoben worden, jahrelang – das muss man auch noch einmal deutlich sagen – ohne irgendein Ergebnis. Als im Jahr 2011 die Schiedsstelle eingerichtet wurde, um zu verbesserten Kriterien zu kommen, haben wir uns dagegen ausgesprochen. Es machte keinen Sinn, der sogenannten Selbstverwaltung diese Aufgabe zu überlassen. Dass die Pflegekassen angeblich nicht neutral seien, weil sie die Mittel verwalten, war manchmal in dieser Diskussion ein Vorwurf,

dem folge ich ausdrücklich nicht, aber dass die Vertreter der Pflegeeinrichtungen selbst über die Benotungskriterien mitentscheiden sollen, das kann aus meiner Sicht nicht sein.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Diese agieren eindeutig interessengeleitet.

Der Bundesgesundheitsminister hat hier einen entscheidenden Fehler begangen, als er die Schiedsstelle eingerichtet hat, anstatt das System der Pflegenoten von Einzelinteressen unabhängig zu machen. Da hätte man sich so etwas gewünscht, wie die Stiftung Warentest es macht. Der Verbraucher wünscht sich doch ein Bewertungssystem, auf das er sich verlassen kann und das nicht von Interessen geleitet ist. Das wäre ja so, als wenn das Unternehmen Steiff auf einmal seine eigenen Kuscheltiere bewertet, ob sie kuschelig und schön sind. Solch ein Bewertungssystem taugt nichts.

Wir brauchen eine größere Unabhängigkeit und Transparenz. Darin müssen auch Fachfragen enthalten sein. Daher ist es nicht überraschend, wenn nach langem Stillstand jetzt erst im Sommer die Schiedsstelle zu einem Ergebnis gekommen ist. Das Ergebnis bleibt hinter fast allen Erwartungen zurück.

Die Benotung soll ab dem Jahr 2014 etwas strenger werden, aber in dem zentralen Punkt der besonderen Gewichtung von Kernkriterien konnten sich die Pflegekassen nicht durchsetzen. Es bleibt beim Ausgleich der Kriterien und bei der Bildung von Durchschnittsnoten, was ich eben schon kritisiert habe. Die Seite der Einrichtungsbetreiber hat ein vernünftigeres Ergebnis verhindert. So würde ich Herrn Erlanson und meinen Vorrednerinnen und Vorrednern an dieser Stelle auch recht geben, es gibt nicht nur weiße Schafe, sondern auch schwarze Schafe in der Branche. Ich finde, es ist fast so, als wenn man den Bock zum Gärtner macht. Die Hecke wird gefressen, und jeder schlüpft durch. Das kann nicht sein!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Im Interesse der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen muss daher gefordert werden, die Benotung in ihrer jetzigen und auch in der frisch beschlossenen Form, die ab dem Jahr 2014 gelten soll, abzuschaffen. Statt einer Entscheidung der Schiedsstelle muss eine politische Entscheidung fallen, an der Wissenschaftler und Vertreter der Betroffenen, das heißt, der Pflegebedürftigen, mitwirken.

Ich bin froh, dass wir für die Veröffentlichung der Ergebnisse der heimrechtlichen Prüfung in Bremen ein anderes Verfahren gewählt haben. Auch hier ist eine Vereinbarung vorgesehen, aber falls sie nicht zustande kommen sollte, entscheidet am Ende der

Senat, nicht eine Schiedsstelle. Dazu wird es aus unserer Sicht aber gar nicht kommen, weil hier in Bremen bisher sehr konstruktiv diskutiert wird. Daran kann man merken, dass in Bremen die Wege kurz sind und oft auch gemeinsam gegangen werden. Hier findet also vielleicht eine etwas andere Debatte statt. Wenn wir aber wirklich etwas bewegen wollen für die Menschen, die sich Transparenz wünschen, wenn wir den Verbraucherschutz in Sachen Heimunterbringung und auch ambulante Angebote stärken wollen, dann müssen wir zu einem besseren, transparenteren Bewertungssystem kommen. So bleibt es einfach nur nett, den Verbrauchern werden wie auf Lebensmitteln auf einmal Punkte auf einer Skala angeboten, aber man ist nicht schlauer.

Man kann den Menschen nur empfehlen: Fragen sie sich schlau, wie die Einrichtung Menschen gefällt, die dort bereits wohnen, fragen sie Bekannte und Angehörige, wenn sie ein klares Bild haben wollen, gehen sie selbst in die Einrichtung, schauen sie sich alles ganz genau an! Das ist aus meiner Sicht der beste Weg, um ein passendes Angebot zu finden. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/970, auf die Große Anfrage der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD Kenntnis.

Situation von Studentinnen und Studenten aus Nicht-EU-Staaten im Land Bremen

Große Anfrage der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 6. Mai 2013 (Drucksache 18/894)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 25. Juni 2013

(Drucksache 18/981)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Professor Dr. Quante-Brandt.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 18/981, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Ich gehe davon aus, Frau Senatorin Professor Dr. Quante-Brandt, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen nicht mündlich wiederholen möchten.

Auf die Antwort des Senats auf Große Anfragen folgt eine Aussprache, wenn dies Mitglieder der Bürgerschaft in Fraktionsstärke verlangen.

Ich frage, ob in eine Aussprache eingetreten werden soll. – Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bolayela.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Hochschulen in Bremen und Bremerhaven waren und sind ein beliebtes Ziel für Studierende aus aller Welt.

(Beifall bei der SPD)

Damit schreiben wir die Tradition als weltoffene Stadt mit zahlreichen internationalen Kontakten fort. Die Studierenden kommen dabei neben der EU insbesondere aus Ländern wie Kamerun, der Türkei, China oder Indien, also solchen Regionen der Welt, die in den letzten Jahren eine beeindruckende Entwicklung gemacht haben und in der Zukunft eine bedeutende wirtschaftliche Rolle spielen werden. Die vom Senat vorgelegten Zahlen zeigen auch, dass diese Studenten gern Fächer aus dem Bereich der Naturwissenschaft und Technik wählen. Es handelt sich also genau um jene Fachkräfte, von deren Mangel immer die Rede ist. Ich dagegen sage, wir haben keinen Fachkräftemangel, sondern viele ungenutzte Reserven.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Vor circa 50 Jahren hat man internationale Studierende anders gebraucht und auch anders gesehen. Es ging damals um Freundschaften zwischen den Ländern, Entwicklungszusammenarbeit und Völkerverständigung. Heute hat sich der Kontext erweitert, nicht geändert. Unsere Welt ist globaler geworden, und darum brauchen wir auch viel Fantasie und neue Ideen. Wir haben in Deutschland ein demografisches Problem und dazu die Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden. Viele europäische Länder haben dieses Problem bereits verstanden, und sie arbeiten schon lange an der Lösung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich geht es nicht nur rein um Wissenstransfer. Die Studierenden lernen unser Land kennen, unsere Sprache, unsere Mentalität, und sie haben hier in Bremen auch Kontakte. Diese Kontakte bleiben, auch wenn sie wieder zurück in ihren Heimatländern sind.

Im vergangenen Jahr hat es mit der Einführung der Blue Card zwar Verbesserungen gegeben, aber immer noch sind viele Arbeitgeber skeptisch, diesen jungen Menschen eine Chance zu geben. Dabei geht es nicht nur um die Stellensuche nach dem Studium, sondern

auch um Praktikumsplätze. Es kann nicht sein, dass viele Studenten Bremen verlassen müssen, um in England, Frankreich oder Belgien ein Praktikum zu finden. Als ob wir hier nicht genug Betriebe hätten! An dieser Stelle appelliere ich an die Arbeitgeber in unserem Land und unseren Städten, in Bremen und Bremerhaven, ihre gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, nicht umsonst steht über dem Eingang der Bremer Handelskammer „buten un binnen – wagen un winnen“. Das war schon immer das Motto der Bremer Kaufleute. Nach meinen Informationen sind heute weit mehr als die Hälfte der bremischen Unternehmen international tätig. Das bedeutet also, wir in Bremen leben auch von Internationalität. Was die Betreuung der internationalen Studierenden angeht, sind unsere Hochschulen gut aufgestellt. Die internationalen Offices, Kuriercenter, Absolventenberatungen und Sprachkurse bieten einen guten Rahmen, um sich an den Hochschulen und im Berufseinstieg zurechtzufinden. Ich denke hier an das neue Angebot des Bremer Senats mit dem Titel „Bremen braucht alle Köpfe“. Danke an dieser Stelle an Frau Senatorin Dr. Quante-Brandt und Herrn Senator Mäurer für die gelungene Arbeit!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist schön, und ich freue mich auch über jede Absolventin und jeden Absolventen, die sich entschlossen haben, nach ihrem Studium in Bremen zu bleiben, vorausgesetzt, der Arbeitgeber spielt mit. Für die Studierenden, die nach ihrem Studium zurück in ihre Heimatländer ziehen wollen, lohnt es sich trotzdem, die Kontakte zu behalten. Mit dem Ort seiner Ausbildung oder seines Studiums ist man das ganze Leben auf besondere Weise verbunden. Ehemalige Studierende sind damit quasi Botschafter Bremens in aller Welt. Das kann sich nur positiv auf geschäftliche Kontakte auswirken. Dabei habe ich besonders aufstrebende Länder wie Südafrika, Brasilien, China oder Indien im Blick. Hilfreich bei der Kontaktpflege sind die Alumni-Netzwerke, die von Bremer Hochschulen gepflegt werden. Auch der Bund betreibt ein eigenes Portal. Hier könnte man zum Beispiel darüber nachdenken, ob die deutschen Botschafter in entsprechenden Ländern nicht einmal im Jahr einen kleinen Empfang für ehemalige Studenten aus Deutschland organisieren können.

Andere Länder, wie zum Beispiel Frankreich und Belgien, tun es sehr oft. Zum Beispiel gibt es im Kongo, woher ich komme, Gruppen ehemaliger Studenten, Amicale des Anciens de Louvain oder Amicale des Anciens de Paris, die mit der Botschaft eng zusam

menarbeiten, um solche Kontakte zu pflegen. Ich finde, dies ist eine wichtige Geste, über die wir dringend nachdenken müssen. Es geht nicht darum, etwas Gutes zu tun, sondern um reine wirtschaftliche Interessen für Bremen.

Meine Damen und Herren, Bremen ist offener, Bremen ist bunter und vielfältiger, deshalb sage ich zum Schluss: Liebe Arbeitgeber, geben Sie diesen jungen Menschen eine Chance, machen Sie ihren Betrieb so bunt, wie Bremen ist!

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass auch diese klugen Köpfe bei uns Anschluss finden und Perspektiven erhalten! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mohammadzadeh.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor wenigen Tagen lachte die Republik über Herrn Seehofer und die CSU, die eine Maut für Ausländer forderte, um die deutschen Autobahnen benutzen zu dürfen.