Protocol of the Session on August 29, 2013

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist doch Augenwischerei!

Im Bürgerschaftswahlkampf vor zwei Jahren haben Sie doch noch die GEWOBA zur Disposition gestellt. Sie fanden es ganz toll, in Ihrem Wahlprogramm zu sagen, wir wollen die GEWOBA verkaufen. Ich erinnere hier noch einmal daran, was mit der Bremischen Wohnungsgesellschaft passiert ist: 18 000 Wohnungen der Bremischen Wohnungsgesellschaft wurden verkauft. Gehen Sie einmal in die Rostocker Straße, gehen Sie einmal in die Stuhmer Straße, wo die GAGFAH die Wohnungen hat verkommen lassen, wo

eine Heuschrecke nach der anderen die Wohnungen übernimmt, sich die Rendite herauszieht und die Wohnungen verschimmeln! Die Leute dort leben in Zuständen, die nicht mehr erträglich sind. Das passiert, wenn man das Tafelsilber verschleudert, Herr Röwekamp!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die GEWOBA hat 41 000 Wohnungen.

(Abg. P o h l m a n n [SPD]: 42 000!)

42 000 Wohnungen! Danke, Herr Kollege!

Ich bin sehr froh, dass wir dieses Gesetz hier heute vorliegen haben, denn ich glaube, das ist sicher, und wir sind auf die GEWOBA angewiesen, und Sie werden bei dieser Frage niemals Mehrheiten in der Bevölkerung dafür finden, weil es genau diese Negativbeispiele gibt.

Das andere, Herr Röwekamp, ist der Vorschlag der Schuldenbremse, den Sie gemacht haben. Ich habe gesagt, ich finde das charmant, aber ich sehe natürlich auch, dass das Grundgesetz trotzdem gilt. Sie haben hier eben die Sanierungsvereinbarungen zur Disposition gestellt, unter denen Bremen wirklich ganz massiv leidet. Sie haben es hier natürlich wieder verkürzt dargestellt, weil DIE LINKE angeblich immer nur Schulden machen will, während Sie hier den kommunalen Haushalt und den Landeshaushalt sanieren wollen. Da muss man fairerweise sagen, Herr Röwekamp, wir sagen ganz klar, das Problem an der Schuldenbremse war, dass die Länder keine eigenen Einnahmen generieren können und trotzdem die Ausgaben haben, die zum Teil bundesgesetzlich geregelt sind. Darauf haben die Länder überhaupt keinen Einfluss. Deswegen sagen wir beileibe nicht, wir wollen Schulden machen, sondern wir sagen, die Steuereinnahmen müssen erhöht werden, und es sind Sie und die FDP, die genau das nicht wollen.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Diesen Diskurs, was bedeuten die Sanierungsvereinbarungen, kann man gern in dieser Stadt führen. Die Bedingungen sind härter als für Berlin und für Schleswig-Holstein, solche Bedingungen hat das Saarland nicht. Stellen wir sie doch einmal zur Diskussion! Stellen wir doch auch einmal die Frage der Einnahmemöglichkeiten und der Steuergerechtigkeit zur Diskussion, und dann werden Sie zu ganz erstaunlichen Ergebnissen kommen, weil 70 Prozent der Bevölkerung Steuererhöhungen überhaupt nicht im Wege stehen würden, weil sie nämlich wissen, dass sie gut sind, weil wir Lehrerinnen und Lehrer brauchen, weil wir Erzieherinnen und Erzieher für die Kitas brauchen und weil wir Kliniken brauchen und so weiter.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Da müsste Ihnen doch einmal ein Licht aufgehen, anstatt dass Sie immer ideologisch auf dem Weg bleiben, wir sparen, wir kürzen, wir sanieren die Haushalte, Einnahmen dürfen die Länder aber nicht mehr erwarten. Das ist doch genau der springende Punkt! Darüber können wir hier gern einmal einen gesellschaftlichen Diskurs führen.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das machen wir doch in jeder Sitzung!)

Ich möchte – da muss ich dem Kollegen Dr. Kuhn recht geben, es ist Heuchelei zu sagen, man könne das hier auf Bremer Ebene lösen –, dass wir diese Diskussion dann auch tatsächlich bundesweit führen, weil sie dort Wirkung entfaltet. Hier in Bremen macht sie dies aber nur begrenzt, denn nach dem Jahr 2020 sind wir an die Bedingungen der Schuldenbremse gebunden, wie sie im Grundgesetz steht, egal, was wir oder die Bürger hier entscheiden. Das wäre nämlich jetzt eine Täuschung, wenn Sie das behaupten würden. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist manchmal erstaunlich, wie sich eine durchaus sachliche Ausschussberatung – –. Ich hatte zu Beginn der Debatte meinen Dank wirklich kurz gefasst, ich werde ihn noch einmal ausführlicher fassen. Diese Ausschussberatung war ausgesprochen angenehm, sie war sachorieniert, sie hat Hindernisse aus dem Weg geräumt, was sich in den ersten Beiträgen auch noch sehr sachlich darstellt, und je länger die Debatte fortschreitet, desto emotionaler und gespaltener wird sie. Ich möchte versuchen, noch einmal darzustellen, worum es ging! Wir haben alle gemeinsam die Hürden für die verfassungsändernden Gesetze gesenkt. Es spricht hier auch niemand irgendwem ab, dass einer nicht daran beteiligt gewesen sei, da waren wir uns alle einig. Wir waren uns auch alle darüber einig, dass beim Bürgerantrag die Quoren gesenkt werden und eine elektronische Mitzeichnung ermöglicht werden soll. Dann gab es einen politischen Dissens, und den sollte man auch nicht verschweigen. Dieser eine Teil des Hauses möchte eine Privatisierungsbremse, weil er vom Nutzen öffentlicher Unternehmen überzeugt ist und sagt, die Entscheidung über die Privatisierung öffentlicher Unternehmen muss auf eine breite Ba––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

sis gestellt werden. Dann gibt es den rechten Teil des Hauses, der sagt, nein, wir wollen uns eigentlich vorbehalten, die öffentlichen Unternehmen auch zu veräußern, wenn wir das aus haushaltstechnischen oder wirtschaftlichen Gründen für nötig halten, und wir finden, die Entscheidung des Parlaments reicht aus. Das ist die kontroverse Diskussion, die immer geführt worden ist, die auch ehrlich entstanden ist, und das muss man auch, glaube ich, so sagen.

Man muss dann nicht, Herr Röwekamp – und das hat mich ein bisschen geärgert –, die Bremer Landesbank einbeziehen und fragen: Warum wollt ihr diese eigentlich nicht unter den Schutz der Privatisierungsbremse stellen, die GEWOBA aber doch? Ich meine, die Diskussion haben wir ausgiebig geführt, wir haben gesagt, wir stellen auf den beherrschenden Einfluss ab. Die Bremer Landesbank befindet sich nicht in unserem beherrschenden Einfluss, und dementsprechend ist sie nicht davon betroffen, weil – Herr Staatsrat, ich glaube, Bremen hält zurzeit 42 Prozent der Anteile an der Bremer Landesbank – der Anteil weit weg von einem beherrschenden Einfluss ist. Es fehlen immerhin noch acht Prozent, bis wir eine Mehrheitsbeteiligung haben, also kann sie nicht betroffen sein, es sei denn – und das wäre sozusagen die Debatte –, wir wollen gar nicht auf den beherrschenden Einfluss abstellen, sondern auf etwas ganz anderes. Wir haben uns aber darauf geeinigt, dass der Kernpunkt der Auseinandersetzung der beherrschende Einfluss ist, und insofern ist das Einbeziehen der Bremer Landesbank an dieser Stelle völlig unsachlich.

(Zuruf des Abg. R ö w e k a m p [CDU])

Herr Kollege Röwekamp – es ist so wie auch immer im Ausschuss, der Kollege Dr. Kuhn und der Kollege Röwekamp führen eine Debatte, aber der Ausschussvorsitzende bemüht sich zu vermitteln! –, ich würde gern noch einmal zu dem Vorwurf des Populismus zurückkommen! Es ist, glaube ich, kein Populismus, deutlich klarzumachen, dass es in diesem Hause Unterschiede in der Auffassung zu öffentlichen Unternehmen und der Entscheidung über öffentliche Unternehmen gibt. Diese haben Sie doch auch immer dargestellt, Sie haben eine andere Einschätzung von öffentlichen Unternehmen als wir. Das finde ich übrigens nicht schlimm, die Meinung kann man auch teilen, und das ist nicht populistisch.

Ich unterstelle Ihnen auch nicht, dass das, was die Bundesregierung im Wege des Umgangs mit ihren öffentlichen Unternehmen macht, besonders populistisch ist, sondern es ist eine sachliche Entscheidung, die von Werten oder ökonomischen Sachverhalten geprägt ist. Ich habe da eine andere Einschätzung, aber ich glaube, wir müssen nicht verkleistern, um was es geht, sondern wir haben unterschiedliche Meinungen. Ich finde, das ist in einem Parlament zulässig, und das muss auch jeder sagen dürfen, das hat nichts mit Populismus zu tun.

Der Bericht war übrigens immer genau so geplant, dass wir einen Bericht über den Abschnitt der Volksgesetzgebung machen, diesen Abschnitt beenden, ihn in das Parlament geben und dann einen weiteren Bericht zur Schuldenbremse machen. Ich hoffe, dass die Debatte zur Schuldenbremse im Ausschuss genauso sachlich geführt wird wie im Ausschuss zur Privatisierungsbremse, und ich bin gespannt, wie danach die Debatte im Parlament verlaufen wird. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir ist es noch einmal ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass wir hier vieles von dem, über das gleich abgestimmt wird, gemeinsam beschließen, weil es auch einen gemeinsamen Ursprung hat. Wenn Frau Vogt hier den Eindruck vermittelt hat, die CDU sei gegen Bürgeranträge, dann ist das schlichtweg falsch, das muss ich ausdrücklich sagen!

(Beifall bei der CDU)

Im Gegenteil, wir haben im Ausschuss dafür gestimmt, und wir werden auch heute dafür stimmen.

Das Einzige, das wir nicht mitbeschließen werden, ist die Verfassungsänderung zum Thema Privatisierungsbremse. Ich habe versucht, deutlich zu machen, warum wir das nicht mitmachen. Das hat mit Schimmel in Wohnungen nichts zu tun, ich bedauere sehr, dass Sie jetzt in Ihrer Rhetorik in diese allgemeine Privatisierungsdebatte und -hetze verfallen sind. Ich finde, das wird der Debatte über Verfassungsänderungen nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU)

Die Frage, ob es der GEWOBA geschadet hat, dass wir 25 Prozent der Anteile verkauft haben oder nicht, ist unbeantwortet geblieben. Ich glaube, wir sind alle der Auffassung, dass sie trotz der Verringerung der Beteiligung ein hervorragend aufgestelltes Unternehmen ist.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Darum geht es im Antrag ja gar nicht!)

Da ist eben die Frage, ob man an solche Beteiligungen in Zukunft hohe Hürden stellen muss oder nicht.

Herr Tschöpe, Sie haben das Thema Bremer Landesbank nur umschifft, denn die Wahrheit sieht in dem Antrag anders aus. Wir stellen nicht ab auf den beherrschenden Einfluss –

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Doch!)

nein! –, sondern wir nehmen mit dem von Ihnen jetzt vorgeschlagenen Gesetz die Bremer Landesbank ausdrücklich von dieser Regelung aus, selbst wenn wir einen beherrschenden Einfluss hätten. Man kann im Übrigen nicht ausschließen, dass sich durch Veränderungen der Eigentümerstruktur – wie bei der Umwandlung der stillen Einlage, wo aus 7,5 Prozent plötzlich circa 40 Prozent geworden sind – zukünftig Rahmenbedingungen ergeben könnten, die dazu führen, dass unser Anteil vielleicht beherrschend wird, also über 50 Prozent liegt.

Selbst wenn wir einen beherrschenden Einfluss auf dieses Unternehmen hätten, wollen Sie die Bremer Landesbank davon ausnehmen. Warum eigentlich? Sie begründen es in dem Antrag damit, dass Sie sagen, die finanzwirtschaftlichen Verhältnisse können sich ändern, da sei so viel in Bewegung, und deswegen wollen wir sie davon ausnehmen. Ich finde, das trägt nicht, das ist Rosinenpickerei!

Entweder sage ich, ich will keine Privatisierungen oder ich möchte generell Privatisierungen, oder ich sage, ich will Hürden für Privatisierungen; aber zu sagen, bei dem einen Unternehmen mache ich es und bei dem anderen nicht, und dann gilt einmal der beherrschende Einfluss, und ein anderes Mal gilt er nicht, einmal gilt die Größe, ein anderes Mal nicht, einmal ist es wichtig, ein anderes Mal nicht, das ist genau das, was ich Beliebigkeit nenne. Das finde ich nicht stringent, mehr habe ich nicht gesagt. Deswegen, finde ich, kann man auf diesen Punkt an dieser Stelle auch noch einmal hinweisen: Sie machen es nur für ausgewählte Unternehmen, und warum die BREPARK für uns als Region wichtiger ist als die Bremer Landesbank, erschließt sich mir zumindest ehrlicherweise nicht, um es so deutlich zu sagen!

(Beifall bei der CDU)

Frau Vogt habe ich so verstanden, dass sie sagt, sie möchte generell keine Privatisierungen. Da sage ich: Dann bringen Sie doch einen Antrag ein, der in die Landesverfassung schreibt, Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung dürfen nicht veräußert werden, dann können Sie sich den ganzen Aufwand mit der Zweidrittelmehrheit, der Abstimmung, obligatorisch oder fakultativ, oder dem Minderheitenrecht beim Einspruch sparen! Reichen Sie doch einen Antrag ein, nachdem in die Landesverfassung hineingeschrieben werden soll, wir wollen nicht privatisieren, das wäre dann konsequent. Das wäre ja auch Ihre Auffassung, dass Sie sagen, dass Sie das generell nicht wollen.

Dann können Sie auch gleich noch sagen, was Sie alles verstaatlichen wollen, dazu haben Sie ja eine Menge Vorschläge. Schreiben Sie das in die Landesverfassung hinein! Die Frage ist nur, Frau Vogt, ob das wirklich in die Landesverfassung gehört. Gehört es in die Landesverfassung hinein, in der wir neben

den Menschenrechten den Staatsaufbau, die Gleichberechtigung von Frau und Mann, das Recht auf Arbeit, die Kinderrechte und den Tierschutz regeln? Hat das wirklich den gleichen Wert wie das, was wir in der Verfassung ändern?

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist ja auch nicht der Antrag, der vorliegt!)

Da sagen wir als CDU-Fraktion auch aus verfassungspolitischen Gründen, nein, der Verkauf von öffentlichem Eigentum an private Dritte hat für uns eben keinen Verfassungsrang, und deswegen muss er nicht unter den besonderen Schutz der Verfassung gestellt werden. (Beifall bei der CDU)

Ich sage einmal, in Zukunft kann das Parlament durch ein einfaches Gesetz von 73 Abgeordneten auf 12 Abgeordnete verkleinert werden, aber eine Privatisierung von weiteren 20 Prozent an der BREPARK geht nur mit Beteiligung von zwei Dritteln des Parlaments oder mit einem zustimmenden Volksentscheid. Wo sind da eigentlich die Stringenz und die Logik? Auf mehr wollte ich nicht hinweisen, und ich kann es mir nur so erklären, wenn Sie sagen, Populismus sei Unsinn, dass es darum geht, dem Volk vorzutäuschen, es gebe jetzt eine Staatsgarantie für öffentliche Infrastruktur. Wenn das Ihr Ziel war, dann haben Sie es vielleicht mit der Debatte erreicht.

Ich glaube, das, was heute in dieser Frage entschieden wird, wird ein stumpfes Schwert bleiben, weil die Schließung von öffentlichen Einrichtungen damit eben nicht ausgenommen ist, sondern es ist nur die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen beschränkt. Ob das nun wirklich der Quantensprung ist, von dem Sie reden, daran habe ich meine erheblichen Zweifel. Ich freue mich aber, dass wir in den anderen Fragen der direkten Demokratie heute mit einem breiten Konsens des Parlaments Hürden nehmen, Verfahren erleichtern, auch mit der elektronischen Registrierung und Unterschrift, und dass wir eine Debatte fortführen – das ist ja meine Hoffnung –, in der wir uns als Parlament selbst auch immer wieder einmal die Fragen stellen: Was ist eigentlich obligatorisch? Was ist fakultativ? Was wollen wir dem Volk selbst einmal als Entscheidung vorlegen? Dafür werbe ich! Bei allem Konsens in den Verfassungsfragen und bei allem Dissens bei der Privatisierungsbremse halte ich das für den richtigen Weg. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Zu einer Kurzintervention hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte nur sachlich drei Dinge klarstellen! Erstens, wir schrei