Protocol of the Session on May 16, 2013

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie biedern sich in einer peinlichen Weise bei den Beschäftigten an!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das ist doch völliger Quatsch!)

Auf der einen Seite fordern Sie die Abschaffung des Berufsbeamtentums, und auf der anderen Seite loben Sie die Beamten hier. Das haben Sie doch schon mehrfach getan,

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Sie sind doch schlauer, als Sie sich geben!)

und das tun Sie auch. Sie haben keine Vorschläge dazu gemacht, wie das finanziert werden soll, was finanziert werden muss. Schauen Sie doch einmal bitte in die anderen Bundesländer, was sie tun, auch in CDU-regierten Ländern!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: So schlecht sind sie doch gar nicht!)

Es gab in der letzten Runde, die wir mitgemacht haben, zwei Länder, die Nullrunden vereinbart haben, das CDU-regierte Saarland und das CSU-regierte Bayern. Was passiert in dieser Runde? Meine Damen und Herren, ich hasse das Wort alternativlos, es ist zu Recht zu einem Unwort erklärt worden. Nur der Tod ist alternativlos, sonst gibt es im Leben und erst recht in der Politik immer Alternativen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich bin dafür, auch hier über die Alternativen zu sprechen. Diese Alternativen kann man sehen, wenn man sich in Deutschland umschaut. Wir haben im Kreis der Ministerpräsidenten diese Alternativen mehrfach und intensiv diskutiert, ausgehend von der überall gleichen Lage, dass es uns allen schwer bis unmöglich fällt – es gibt eine Spanne in Deutschland –, einen solchen Tarifabschluss für die Beamten zu übernehmen. Es gibt Alternativen, ja, die gibt es.

Baden-Württemberg übernimmt den Tarifabschluss mit zeitlicher Verzögerung und hat ein Abbauprogramm im öffentlichen Dienst von rund 15 000 Stellen, ich glaube, allein im Lehrerbereich. Das Saarland übernimmt ihn ebenfalls, verbindet es mit einem Personalabbauprogramm von über 5 000 Stellen. Schleswig-Holstein hat eine sehr komplizierte Regelung, die weit bis in die Jahre 2017 und 2018 reicht, mit einem mehrere Tausend Stellen umfassenden Abbauprogramm verbunden. Hamburg hatte die Übernahme versprochen, bevor bekannt war, in welcher Höhe der Tarifabschluss sein würde, und sah sich an dieses Versprechen gebunden, verbunden mit einem mehrere Tausend Stellen umfassenden Personalabbauprogramm. Das sind die Alternativen, und ich sage Ihnen, für diese Alternativen entscheide ich mich nicht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Mir hat einer der Kollegen in der Ministerpräsidentenkonferenz gesagt: Das ist ja durchaus mutig, was Sie da vorhaben, denn diejenigen, die nicht in den öffentlichen Dienst eingestellt werden – entlassen werden sie auch woanders nicht, dies geht über Fluktuation –, die demonstrieren nicht auf dem Marktplatz.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Können nicht demonstrieren!)

Ja, so ist das. Diejenigen, die da sind, die ich verstehe, demonstrieren, das ist ihr gutes Recht.

Die Alternative, die wir gewählt haben, lautet – und da schauen Sie sich in Deutschland um, ob Sie das an anderer Stelle noch einmal sehen! –, wir bauen in den Jahren 2014 und 2015 Personal auf. 300 Stellen, das sind ungefähr 400 Köpfe, das sind 200 Lehrerstellen für Bremen und Bremerhaven mehr, das sind mehr Stellen als Casemanager im Amt für Soziale Dienste. Das ist die Alternative, über die wir bitte schön, wenn wir uns ernsthaft damit beschäftigen, reden müssen. Ich trete vor die Beschäftigten, und ich entziehe mich keiner Debatte dazu, und sage, das ist die demokratische Auseinandersetzung in unserem Land Bremen, ob wir den einen Weg oder ob wir den anderen gehen. Ich gehe mit Überzeugung den Weg, mehr Personal zum Beispiel für die Umsetzung der Schulreform, der Inklusion einzusetzen, weil ich weiß, da fehlt es. Ich gehe auch vor die Lehrerinnen

und Lehrer und sage: Versteht, wir können nur das eine oder das andere tun!

Wer den Weg im Grundsätzlichen so bestreitet, wie es DIE LINKE tut, dem fällt das Diskutieren schwer, das gebe ich zu. Wer sagt, verabschiedet euch doch von dem Weg, den ihr vorhabt, der hat in Wahrheit überhaupt keine Zukunftsperspektive, der sagt, wir machen so lange weiter, bis die Schwierigkeiten so groß sind, dass wir gar nicht mehr handeln können. Unser Weg ist nicht leicht, er ist auch anstrengend. Unser Weg ist die politische Handlungsfähigkeit und damit auch die Fähigkeit, die Menschen in Bremen, die für Bremen und Bremerhaven arbeiten, so zu behandeln, wie sie es verdienen, nämlich angemessen, wertschätzend und würdigend.

(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Ma- chen Sie das denn?)

Ich habe in meinem Leben – die Straßenbahnunruhen vor langer Zeit sind angesprochen worden, da war ich auch dabei – schon so viel demonstriert, protestiert und mich immer hier und da auf der kritischen Seite befunden. Für mich ist es ein selbstverständlicher demokratischer Prozess, dass die einen diese und die anderen jene Auffassung haben, und dann setzen wir uns damit auseinander und streiten uns auch. Ich sage aber an dieser Stelle genauso deutlich, wer mir vorwirft, dass das, was wir hier tun, ein Beitrag zur sozialen Spaltung sei, dem antworte ich, Sie verstehen nichts von der Gesellschaft, den Begriff bewahre ich mir für etwas anderes auf. Soziale Spaltung ist etwas anderes.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Frau Piontkowski mit sozialer Spaltung!)

Das sind Begrifflichkeiten, die in diesem Zusammenhang nichts zu suchen haben, und wer uns das vorhält, dem wird genauso deutlich geantwortet.

Ich will aber eines an dieser Stelle wirklich noch einmal ganz deutlich zurückweisen. Sie, Herr Röwekamp, haben Frau Bürgermeisterin Linnert, wie ich finde, schon in unanständiger Weise attackiert.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Was hat sie denn mit den Beamten zu tun!)

Sie haben am Anfang Ihres ersten Redebeitrags zu Recht darauf hingewiesen, dass wir beide, Sie und ich, in der damaligen Koalition vor einer schwierigen Entscheidung gestanden haben. Das ist uns nicht leichtgefallen. Dazu gab es unterschiedliche Auffassungen, auch im Senat. Wir beide haben uns auch damit beschäftigt, und weder Sie noch ich haben ge

glaubt, dass dies etwas ist, das man im Leben gern tut. Wir sind weder Sadisten noch Masochisten, sondern wir haben versucht, eine ordentliche Lösung zu finden. Dies ist auch die Aufgabe von Frau Bürgermeisterin Linnert.

Wenn sie, die bremische Finanzsenatorin, in Tarifkommissionen sitzt, die von allen Ländern gebildet werden, dann ist das eine etwas andere Rolle, als wenn wir mit ihr hier über den bremischen Haushalt diskutieren. Ich habe Respekt davor! Sie hätte sich dem auch entziehen können. Sie hätte sagen können, ich will nicht dabei sein, ich will mir das Leben nicht schwer machen. Ich weiß aber, wofür sie gekämpft hat. Sie hat für den Sockelbetrag gekämpft, und sie hat im Übrigen dafür gekämpft, das darf man bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und auch bei der LINKEN einmal wahrnehmen, endlich einen Einstieg dafür zu bekommen, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die als Angestellte beschäftigt sind, in Deutschland eine ähnlich hohe Bezahlung bekommen, jedenfalls muss die Perspektive dazu vorhanden sein, auch das war ihr Einsatz.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich zweifele an keiner Stelle an der Loyalität unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich weiß auch, welchen Einsatz sie leisten. Einige Beispiele sind an dieser Stelle zu Recht genannt worden. Ich habe aber einen Wunsch, nämlich unsere Bitte, erstens, man möge uns nicht absprechen, dass wir die Gesamtsituation in Bremen im Auge haben, und zweitens, wir befinden uns in dieser Angelegenheit in einem Boot und wollen Bremen gemeinsam voranbringen. Wir im Senat, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung, wo immer sie tätig sind, und die Bürgerinnen und Bürger werden es nur gemeinsam schaffen. Es gibt auch eine Alternative, aber die ist nicht erstrebenswert.

Lassen Sie uns nicht mit einer destruktiven Haltung aus dieser Debatte herausgehen, es muss der konstruktive Ansatz auch für die Zukunft dabei sein! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte ein paar Punkte zurechtrücken. Ich muss ehrlich sagen, über die Ausführungen von Frau Bürgermeisterin Linnert, was die demonstrierenden Beamtinnen und Beamten vor der Tür der Bürgerschaft angeht, war ich ein bisschen ent––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

setzt, denn es ist ein Zeichen von gelebter Demokratie, wenn sich Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, egal ob sie verbeamtet oder angestellt sind, für ihre Rechte, für ihre Arbeitsbedingungen und für ihr Gehalt einsetzen. Wir sind in keinem Obrigkeitsstaat, in dem der Dienstherr mit den Beamten so umgehen kann, dass sie sich nicht in demokratische Prozesse einmischen dürfen. Daher finde ich dies völlig in Ordnung, und ich finde, es ist eher ein Zeichen dafür, dass die Demokratie lebt, wenn Lehrer, Polizeibeamte und Feuerwehrleute für ihre Interessen auf die Straße gehen und dafür werben, dass politische Entscheidungen anders fallen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte aber hier noch einmal etwas dazu sagen, weil ja viel über die Angestellten und Beamten im öffentlichen Dienst gesprochen wurde. Ich möchte einen Punkt noch einmal erwähnen, weil ich auf das eingehen möchte, was Herr Bürgermeister Böhrnsen gesagt hat. Ich habe hier in meinem zweiten und dritten Redebeitrag deutlich gemacht, dass im Bereich des öffentlichen Dienstes zwischen den Jahren 1993 und 2007 extrem viel Personal und Stellen abgebaut worden sind mit Folgen, die wir durchaus gemerkt haben. Es hat sich ja hier niemand ernsthaft über die PISA-Platzierungen gewundert, wenn man Lehrerstellen gestrichen hat. Ich habe auch nie behauptet, dass die Koalition, die seit dem Jahr 2007 regiert, dies in dem Bereich nicht erkannt hat, allerdings ist sie von falschen Voraussetzungen ausgegangen.

Die Koalition hat gesagt, wenn man das Bildungssystem verbessern und die Klassenfrequenzen verringern will, dann kommen wir aufgrund der demografischen Entwicklung ohne zusätzliches Personal hin. Mittlerweile weiß man auch im Senat – ich habe es den Worten des Bürgermeisters, der den Saal mittlerweile verlassen hat, entnehmen können –, dass das nicht funktioniert. Ein Umdenken bei der Polizei und der Feuerwehr hat es allerdings noch nicht gegeben.

Ehrlich gesagt ist es nicht in Ordnung, wenn man sagt, wir treffen jetzt eine Entscheidung, wir wollen mehr Personal, und deswegen müssen die Beschäftigten im Grunde dafür selbst zahlen, weil sie die Tarifsteigerung nicht bekommen. Das geht nicht, meine Damen und Herren, und zwar aus folgendem Grund:

Die Situation, wie sie hier in Bremen war, mit den Kürzungen im öffentlichen Dienst hat zu einigen Verwerfungen geführt, die tatsächlich bewirken, dass das Bundesland vor riesigen Schwierigkeiten steht, ich brauche dabei nicht noch einmal auf die vielen Debatten im Bildungsbereich zu verweisen. Wenn man hier gegensteuern will, muss man Personal einstellen, und wenn man Personal einstellt, muss man es auch bezahlen, alles andere geht nicht. Ich finde es wirklich unredlich, dass man durch das Vorenthalten der Tarifsteigerungen ab einer gewissen Besol

dungsgruppe, und wir haben es auch schon einmal ausgerechnet für die Lehrerinnen und Lehrer, im Grunde dafür Sorge trägt, dass man neue Kolleginnen und Kollegen einstellen kann. Das ist nicht in Ordnung.

Ich finde auch das Vorgehen nicht in Ordnung, denn wenn, dann wäre es Sache des Senats gewesen, das vorher mit den zuständigen Gewerkschaften – es sind ja genau genommen zwei – auch so auszuhandeln, wie das in jeder Tarifauseinandersetzung der Fall ist, wenn es um Arbeitsplatzsicherung geht oder um Sozialpläne oder sonst etwas. Genau das hat der Senat aber nicht gemacht, er hat diese Problematik nicht mit den zuständigen Gewerkschaften erörtert, er hat es nicht verhandelt, er hat es einfach verkündigt. Damit sind wir aber auch wieder beim Obrigkeitsstaat. Dann kann man natürlich auch als Finanzsenatorin zu dem Schluss kommen, dass die Beamten in Bremen nicht streiken dürfen, das ist die eine Sache, aber dass die Beamten in Bremen noch nicht einmal für ihre Interessen eintreten dürfen, ist ein Rückfall in undemokratische Zeiten, und das geht so nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktion DIE LINKE abstimmen. Hier ist namentliche Abstimmung beantragt worden.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 18/875, Neufassung der Drucksache 18/870, seine Zustimmung, seine Stimmenthaltung oder sein Nein signalisieren möchte, möge sich dann deutlich mit Ja, Nein oder Enthaltung zu Wort melden.

Ich rufe nun die Namen auf.

(Es folgt der Namensaufruf.)

Ich gebe Ihnen das Ergebnis bekannt: Mit Ja haben gestimmt 26 Abgeordnete, mit Nein haben gestimmt 56 Abgeordnete, Stimmenthaltungen keine.

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.