Protocol of the Session on May 16, 2013

Wir haben – ich glaube, man kommt nicht daran vorbei – gleich zu Beginn eine Frage eindeutig entschieden, nämlich ob man vor Zuwanderung abschrecken oder die Zugewanderten integrieren will.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Diese Entscheidung muss getroffen werden, und ich war etwas erstaunt über die Position von Frau Grönert, die eher auf Abschreckung und Vermeidung von Zuwanderung gerichtet ist.

Ich glaube, Frau Grönert, wenn Sie einen Blick in die Geschichte geworfen hätten, hätten Sie es nicht so formulieren können. Wir haben hier in Europa die Freizügigkeit eingeführt, und die Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgaren und Rumänen wird am 1. Januar 2014 vollständig umgesetzt sein. Wir haben im Jahr 1861 in Deutschland ebenfalls ein Freizügigkeitsgesetz erlassen, und im Jahr 1871 kam das Unterstützungsgesetz, beides im Norddeutschen Bund. Danach hat sich dann ein Sozialrechtssystem herausgebildet, das die Benachteiligungen und Diskriminierungen, die bei unterschiedlichen Staaten und bei dem Wechsel von unterschiedlichen Staaten entstehen, abgemildert hat.

Wir stehen im Augenblick in Europa vor einem Einigungsprozess, im Zuge dessen wir ein Sozialrechtssystem entwickeln müssen, wodurch zum Beispiel die Probleme in der Krankenversicherung überwunden werden, die gegenwärtig durch die Vorversicherungszeiten auftauchen. Bei uns sind die Systeme wesentlich an Arbeit gekoppelt. Ich glaube, wir werden allein durch die Zulassung der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit einen Teil der Probleme, die gegenwärtig existieren, lösen können, weil die meisten Zuwanderer hier arbeiten wollen und wir die meisten problemlos in unsere Arbeitsprozesse eingliedern können. Ich glaube, dass wir die Integrationsbemü

hungen verstärken müssen, dann haben wir wertvolle Neubürger in unserem Land gewonnen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich möchte noch zu einigen Punkten etwas sagen: Sicherlich ist ein großer Schwerpunkt auch die Sprachförderung und die Integration der Kinder in unsere Bildungsprozesse. Das ist uns ein großes Anliegen, und das Bildungsressort hat die Aufgabe übernommen zu überlegen, welche Maßnahmen wir durchführen können, damit die Kinder möglichst schnell integriert werden. Selbstverständlich sind wir als Jugendhilfebehörde dazu verpflichtet, darauf zu achten, dass die Kinder in den Familien angemessen versorgt werden. Deswegen werden wir in dem Bereich tätig und überlegen, wie wir die Kinder in die Kindergärten integrieren und ihnen durch Sprachförderung hier in Deutschland eine Chance geben können.

Ich glaube nicht, dass es sich um Personen handelt, die sich nur kurzfristig in Deutschland aufhalten werden, sondern dass viele eine längerfristige Arbeits- und Lebensperspektive haben, und darauf sollten wir uns einstellen. Wenn dann zum Beispiel dadurch Kriminalität entsteht, dass es hierzulande Arbeitgeber gibt, die Mitglieder dieses Personenkreises in Schwarzarbeit beschäftigen, oder dass es Vermieter gibt, die ihnen in ausbeuterischer Weise Wohnraum anbieten, dann ist das, denke ich, ein Problem, das wir hier mit unseren Leuten haben, das wir hier angehen müssen und nicht anderen zuschieben dürfen. Es ist mir auch wichtig, dass wir diese Differenzierung machen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Letztlich, denke ich, ist es in der Tat wichtig – der Aspekt ist auch richtigerweise von Frau Grönert angesprochen worden –, auch in die Länder selbst zu schauen, wie wir verhindern können, dass ganze Bevölkerungsgruppen in diesen Ländern diskriminiert werden. Wir haben auf EU-Ebene ein vielfältiges Antidiskriminierungsrecht, das auch das deutsche Recht wesentlich befruchtet hat. Ich denke, dass wir nicht nur im Bereich des Antidiskriminierungsrechts, sondern auch im Bereich des Sozialrechts wichtige Impulse von Europa erwarten können und dann schauen müssen, wie wir unsere Rechtssetzung in den Ländern anpassen und für solche Zuwanderung auch bessere Voraussetzungen schaffen.

Ich glaube, das ist der richtige Weg. Damit können wir bestehende Probleme beseitigen und im Grunde genommen die Menschen, die sich für Deutschland entschieden haben, die hier ihren Lebensmittelpunkt und eine Perspektive suchen, besser in das gesellschaftliche System eingliedern. Ich glaube, das ist eine vernünftige Perspektive, allein schon wegen der

Überalterung unserer Gesellschaft. Wir haben dort eine gute Möglichkeit, neue Personen zu gewinnen, die hier arbeiten und sich hier einbringen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 18/905 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, Abg. D r. K o r o l [fraktionslos] und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Änderungsantrag ab.

Jetzt lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 18/871 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, Abg. D r. K o r o l [frak- tionslos] und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Bundespolitische Entscheidungen zugunsten von Mieterinnen und Mietern umsetzen!

Mitteilung des Senats vom 30. April 2013 (Drucksache 18/886)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Lohse.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Wendland.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrten Damen und Herren! Viele Menschen in Deutschland und auch in Bremen wissen nicht mehr, wie sie ihre Miete bezahlen sollen, und viele kennen auch Nachbarn, die deshalb schon weggezogen sind, oder Freunde oder Bekannte, die von steigenden Mieten betroffen sind. In vielen Orten ziehen aber nicht nur die Mieten stark an, sondern der Wohnraum wird immer knapper, und viele finden deshalb keine bezahlbare Wohnung mehr.

Die schwarz-gelbe Regierungskoalition im Bund hat im Dezember ein neues Mietrecht verabschiedet, allerdings blendet dieses Gesetz die sozialen Realitäten aus. Es leistet keinen Beitrag gegen steigende Mieten und zum Schutz der Mieter, das Gegenteil ist der Fall: Dieses Gesetz bietet keinen Mieterschutz, sondern es dient vor allem den Eigentümern, und dadurch wird kein soziales Mietrecht begründet.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

In Bremen muss dieses schlechte Gesetz nun umgesetzt werden, und der rot-grüne Senat versucht, das Beste aus dem neuen Mietrecht für die Mieterinnen und Mieter zu machen. Das neue Mietrechtsänderungsgesetz enthält keine generelle Regelung, die den Schutz vor Mieterhöhungen gegenüber dem vorherigen Rechtszustand verbessert, wie es die Bremische Bürgerschaft gefordert hatte. Das Gesetz eröffnet jedoch die Möglichkeit – allerdings unter strengen Voraussetzungen –, per Verordnung Mietpreissteigerungen weiter zu begrenzen. Nach einer solchen Verordnung wird es möglich, statt wie bisher eine 20-prozentige Mieterhöhung alle drei Jahre nur noch eine Erhöhung von 15 Prozent zuzulassen. Voraussetzung für eine solche Verordnung ist aber, nachweisen zu können, dass die Menschen in Bremen nicht ausreichend mit bezahlbaren Mietwohnungen versorgt sind.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

In Bremen wollen wir die Verordnung nutzen, um die Mietpreissteigerungen im gesamten bremischen Stadtgebiet zu begrenzen, denn die Knappheit bezahlbarer Mietwohnungen lässt sich nicht auf einzelne Stadtteile eingrenzen. Der angespannte Wohnungsmarkt, die anziehenden Mieten und die aus der sozialen Bindung laufenden Wohnungen sind längst ein gesamtstädtisches Problem.

Bremische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen vermehrt bis zu 40 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Das ist besonders hart für die ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Personen, die unter 2 000 Euro im Monat verdienen, und wir reden hier über 125 000 Haushalte in Bremen. Für Bremerhaven muss eine solche Verordnung nicht erlassen werden, weil die Menschen in Bremerhaven mit ausreichend bezahlbarem und auch gutem Wohnraum versorgt sind.

Eine solche Verordnung zur Begrenzung der Bestandsmieten ist nur ein Baustein, um die Begrenzung von Mietpreissteigerungen im Bestand zu regeln. Wir brauchen aber weitere Bausteine, zum Beispiel im Bereich der Wiedervermietung. Hier gibt es immer noch keine gesetzlich vorgesehene Kappungsgrenze, die Bremen im Bundesrat mit den anderen rot-grün geführten Bundesländern gefordert hat. Bei Wiedervermietungen verlangen viele Vermieter einen kräftigen Aufschlag auf die Miete und drehen so an der Mietpreisspirale. Eine weitere Novelle des Mietrechts muss diese Unterlassung der schwarz-gelben Regierungskoalition auf Bundesebene schleunigst korrigieren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich finde, es reicht aber nicht aus, allein auf den Bundesgesetzgeber zu schauen. Als Eigentümer der GEWOBA sollten wir darüber nachdenken, eine Selbstverpflichtung einzugehen, die Miete beim Auslaufen der Sozialbindung, bei Neuvermietungen oder Modernisierungen nur maßvoll zu steigern. Dadurch würde die GEWOBA eine Verantwortung für das Mietniveau in Bremen übernehmen. Auch bei denjenigen, die hier in Bremen neu bauen und modernisieren, sollten wir über eine Selbstverpflichtung nachdenken, nicht mehr als zehn Prozent der ortsüblichen Miete zu verlangen.

Nicht zuletzt werden wir das Problem der steigenden Mieten und der Wohnraumverknappung nur dann in den Griff bekommen, wenn wir ausreichend neue Wohnungen im unteren und mittleren Marktsegment bauen. Hier kommt es darauf an, das beschlossene Programm zum sozialen Wohnungsbau konsequent umzusetzen und zu verstetigen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grönert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde mich kurz fassen, weil wir die Debatte ja eigentlich schon in der Plenarsitzung am 21. Februar 2013 geführt haben. Wir haben eben gehört, dass es in Bremen zu wenig günstigen Mietwohnraum gibt. Ein Satz aus der Mitteilung des Senats lautet allerdings, „dass die durchschnittlichen Nettokaltmieten in Bremen im Vergleich zu anderen Großstädten eher niedrig sind“. Sicher ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.