Protocol of the Session on April 17, 2013

Wir halten insbesondere die primar-präventiven Maßnahmen in den Schulklassen für sinnvoll, da hier alle Jugendlichen erreicht werden können. Das Thema kann bei dieser Form der pädagogischen Arbeit sehr intensiv und doch anonym bearbeitet werden. Dies ist auch insbesondere für die Jugendlichen wichtig, die zwar ein Problem mit übermäßigem Drogenkonsum haben, jedoch nicht allein in eine Beratungsstelle gehen würden. Die präventiven Projekte für Schulklassen scheinen besonders geeignet zu sein, viele Schüler in einem offenen unverbindlichen Rahmen intensiv auf die Gefahren des übermäßigen Alkoholkonsums aufmerksam zu machen.

Zu bemängeln sind hingegen die verhältnismäßig hohen Zahlen bei den Testkäufen. Im Grunde sollte es hier möglich sein, null Prozent zu erreichen und nicht 60 Prozent! Hier müssen die Menschen, die diese Geschäfte auf Kosten der Gesundheit von Kindern machen, noch stärker zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie Alkohol an Kinder verkaufen. Das Ziel sollte sein, dass es nirgendwo vorkommt, dass einem Dreizehnjährigen eine Flasche mit hochprozentigem Alkohol verkauft wird.

(Beifall bei der LINKEN und beim Bünd- nis 90/Die Grünen)

Es gibt aber auch noch Aspekte, die aus unserer Perspektive in dieser Debatte berücksichtig werden müssen. In Ihrer Großen Anfrage und der dazugehörigen Antwort des Senats zur Prävention des Alkoholmissbrauchs bei Minderjährigen greifen sie aus unserer Sicht einen sehr wichtigen Aspekt nicht auf. Es sind nicht ausschließlich Programme und Beratungen, die einen Drogenmissbrauch bei einem Minderjährigen verhindern können. Wir finden es wichtig, hier auch stadtplanerische Aspekte einzubeziehen und ressortübergreifend zu arbeiten.

Wir finden es wichtig, dass den jungen Menschen Räume für ihre Freizeit gegeben werden, damit sie die Möglichkeit haben, ihre freie Zeit kreativ zu gestalten. Wir sollten uns fragen, wie wir das Umfeld

gestalten, in dem die Jugendlichen ihre Freizeit und ihre Wochenenden verbringen. Bremens sogenannte Partymeile dient hier aus unserer Sicht eher als Beispiel, wie wir es nicht machen sollten.

(Beifall bei der LINKEN und beim Bünd- nis 90/Die Grünen)

Streetworker als Schadensbegrenzung sind, ohne hier die Arbeit dieser Menschen in Frage zu stellen, keine nachhaltige Einrichtung. Wir wollen, dass sich die ganze Stadt für die Freizeitgestaltungsmöglichkeiten junger Menschen interessiert. Wir sollten das Komatrinken als Signal der Jugendlichen aufgreifen und die Steigerung der Zahlen wirklich ernst nehmen. Wir möchten hier in diesem Zusammenhang demnach auch fragen: Welche Wohngebiete können wir in die Stadtplanung einbeziehen, und wie werden die Menschen, die die sozialen Probleme kennen, einbezogen? Wie können junge Menschen das Risiko anders erleben, wo können sie klettern, skaten oder biken? – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN und beim Bünd- nis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Staatsrat Frehe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dr. Kappert-Gonther hat meines Erachtens einen wichtigen Punkt gleich zu Anfang ihres Beitrags genannt. Es geht nicht nur darum, gegen Alkoholmissbrauch in seinen Exzessen vorzugehen, sondern es geht darum, überhaupt eine Kultur des Umgangs mit Alkohol zu entwickeln, und zu dieser Kultur – es fängt bei den Erwachsenen an – gehört auch, dass man seine minderjährigen Kinder davor bewahrt, Alkohol zu konsumieren, und eine Kultur in der Familie entwickelt, die das fröhliche Zusammensein möglich macht, ohne Alkohol zu konsumieren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich denke – auch Herr Tuncel hat es angesprochen –, es ist wichtig, dass wir deutlich machen, dass unser Freizeitverhalten nicht nur mit Alkohol entspannt, fröhlich und kommunikativ sein kann. Ich glaube, dass das bloße Setzen auf Verbote eher den Reflex auslöst, wenn ich an meine Zeit als Jugendlicher denke, dass etwas Verbotenes gerade ausprobiert werden muss. Wenn die Eltern etwas besonders streng verboten haben, dann hat uns das gerade zu einer Übertretung veranlasst. Das bedeutet aber nicht, dass Verbote für diejenigen, die Alkohol im Umlauf bringen, nicht verschärft werden können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Das heißt, ich halte das, was versucht wurde, mit Testkäufen deutlich zu machen, nämlich diejenigen, die an Kinder und Jugendliche Alkohol verkaufen, stärker zur Verantwortung zu ziehen, für einen wichtigen Beitrag, um Alkoholmissbrauch zu verhindern. Ich finde, und das ist ja auch in der Antwort auf die Große Anfrage der Koalitionsfraktionen deutlich geworden, dass wir überall dort, wo auf Jugendliche eingewirkt werden kann, wie an Schulen, in Sportvereinen und Ähnlichem, auch ein klares Bekenntnis zu einer Kritik am Alkoholkonsum – auf jeden Fall am übermäßigen Alkoholkonsum – ermöglichen sollten. Es gibt in dem Bereich sehr viele Projekte, die auf ganz pfiffige Art und Weise versuchen, das Problem des Alkoholmissbrauchs aufzugreifen. Ich denke – Herr Bensch hat auf die letzte Seite der Antwort des Senats auch noch einmal hingewiesen –, dass man mit Berlin zusammen überlegt, wie die Verletzung von Schutzbestimmungen stärker geahndet werden kann; das muss sich insbesondere auf diejenigen beziehen, die in unverantwortlicher Weise Alkohol an Kinder und Jugendliche in Umlauf bringen. Ich weiß nicht, ob es etwas nützt – Frau Dr. KappertGonther hat es angesprochen –, Eltern zu bestrafen, deren Kinder nach einem Komatrinken in die Klinik eingeliefert worden sind. Ich halte das nicht für den richtigen Weg. Ich glaube, wir brauchen in der Tat eine Kultur, die Alkohol nicht als Voraussetzung für Gemeinsinn und Gemeinschaft benötigt, sondern eine Kultur, die uns andere Wege aufzeigt, wie wir die Zeit angenehm miteinander verbringen können. Wenn wir Werbeverbote weiter forcieren wollen, dann halte ich das für einen richtigen Weg. (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es muss so sein, dass in der Gesellschaft der Alkohol nicht mit einem angenehmen und einem guten Leben verbunden wird, und das ist in der Werbung ja so. Ich kann mich an viele amerikanische Filme erinnern, in denen ein Schauspieler grundsätzlich immer mit einem Glas Whisky in der Hand – auch während des Tages, also keineswegs nur abends – abgelichtet worden ist, und wir haben einen ehemaligen Bundeskanzler, der auch im Fernsehen mit Zigaretten auftritt. Wir sollten doch sehr deutlich machen, dass das in unserem öffentlichen Leben nichts mehr zu suchen hat.

Ich bin nicht dafür, dass man Menschen verfolgt, die in ihrer Freizeit einmal ein Gläschen trinken – ich trinke gern ein Gläschen Wein, ich halte das auch für ein Genussmittel –, aber man muss schon deutlich unterscheiden, ob es sich um Kinder handelt, in welchen Mengen und mit welcher Regelmäßigkeit man Alkohol konsumiert.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Deshalb, glaube ich, wäre das der richtige Weg, eine Kultur zu fördern, die ein gutes Zusammensein auch ohne Alkohol in den Vordergrund stellt und öffentlich propagiert.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: So wie hier!)

So wie hier, ja! – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/815, auf die Große Anfrage der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD Kenntnis.

Aufgaben und Zukunft der Sondervermögen Bremens

Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 9. Januar 2013 (Drucksache 18/722)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 26. März 2013

(Drucksache 18/839)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Bürgermeisterin Linnert, ihr beigeordnet Herr Staatsrat Strehl.

Ich gehe davon aus, Frau Bürgermeisterin Linnert, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht mündlich wiederholen möchten.

Ich frage, ob in eine Aussprache eingetreten werden soll. – Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor ungefähr 15 Jahren hat die damalige Mehrheit dieses Hauses eine Reihe von sogenannten Sondervermögen ins Leben gerufen. Das waren damals neue Organisationseinheiten, in denen jeweils ein Teil der Flächen, der Grundstücke, der Gebäude in bremischem Besitz zusammengefasst worden sind und seitdem in diesen Sondervermögen verwaltet werden. Um einige Sondervermögen zu nennen, die vielleicht auch immer einmal öffentlich eine Rolle spielen: das Sondervermögen Überseestadt zur Entwicklung dieses neuen Geländes, insgesamt die Gewerbeflächen, die Hä

fen, Immobilien und Technik und andere. Sie werden in der Regel von Eigenbetrieben oder Gesellschaften oder auch von senatorischen Dienststellen verwaltet, haben also kein eigenes Personal, sondern werden von anderen verwaltet.

Die Fraktion der Grünen hat den Senat gefragt, ob diese Sondervermögen die Erwartungen erfüllt haben, die damals in sie gesetzt wurden, und wie der Senat auf der Grundlage dieser Erfahrungen die Zukunft der Sondervermögen sieht. Der Senat sagt – er ist ja höflich –, er wolle einzelne Sondervermögen überprüfen, aber eine grundlegende Evaluation und Überprüfung dieses haushaltspolitischen Instruments habe er nicht vor, so die zusammenfassende Antwort auf Frage 7 der Großen Anfrage. Ich gestehe, Frau Bürgermeisterin, ich bin nicht überzeugt!

Ganz ohne Zweifel haben damals die Vorbereitungen zur Gründung dieser Sondervermögen erheblichen Anteil daran gehabt, dass der Senat und die Bürgerschaft sich überhaupt einen umfassenden Überblick über die Immobilien im öffentlichen Besitz haben verschaffen können, den hatten wir nämlich damals nicht. Wir wissen jetzt besser, wo wir was und zu welchem Wert ungefähr besitzen, das waren dann auch wichtige Vorarbeiten für die Eröffnungsbilanz des Senats von vor jetzt zwei Jahren.

Ohne Zweifel haben die Sondervermögen viele Jahre dazu gedient, außerhalb der Haushalte Kredite aufzunehmen und so weitere Schulden zu machen. Das war mit Sicherheit jeweils angenehm für die Ressorts, objektiv in meinen Augen kein Vorteil, sondern ein Nachteil dieser Form. Mit dem Abschluss der Verwaltungsvereinbarung mit Bund und Ländern ist es mit dieser Annehmlichkeit nun endgültig vorbei.

Der Senat sagt in seiner Antwort auch, dass mit den Sondervermögen die Einführung der Echtmieten möglich geworden wäre, also die tatsächliche Abrechnung der Verwaltungsstellen, der Dienststellen, welche Miete sie zahlen müssen. Das ist eine gute Idee, aber ich glaube, das ist keineswegs nur mit Sondervermögen machbar, wie man ja zum Beispiel bei den Hochschulen sieht, für die kein Sondervermögen gebildet wurde. Sie sind überhaupt ein gutes Beispiel dafür, dass ein Flächenmanagement auch ohne Sondervermögen möglich ist, und zwar nicht nur möglich ist, sondern sogar sehr gut möglich ist.

Der Senat sagt in seiner Antwort, er will an der Zusammenfassung des öffentlichen Grundbesitzes in Sondervermögen festhalten, weil das geeignet sei, eine, ich zitiere, „ökonomisch orientierte Bewirtschaftung zu gewährleisten“. Da stellen sich für mich zwei Fragen. Erstens: Ist nicht auch die Steuerung der Sondervermögen nicht nur ökonomisch orientiert, sondern – Gott sei Dank ist das so! – auch durch politische Gesichtspunkte, wie zum Beispiel die soziale und ökologische Stadtentwicklung?

Zweitens schließt sich die Frage an: Wird im Umkehrschluss das öffentliche Eigentum, das nicht in Son

dervermögen zusammengefasst ist, etwa nicht ökonomisch bewirtschaftet? Geht das nicht, wird das nicht gemacht? Worin besteht tatsächlich der Unterschied zwischen den Sondervermögen und der Bewirtschaftung des anderen Vermögens, wenn dies das herausragende Merkmal sein soll? Ist das bei denen nicht so, wird da nicht nach Kosten und Leistung gerechnet? Spielen da Fragen der Bewirtschaftung des Lebenszyklus und so weiter etwa keine Rolle? Das überzeugt mich also als Sonderstellung des Sondervermögens keineswegs.

Eine Besonderheit der Sondervermögen erwähnt der Senat in seiner Antwort nicht: Mit ihnen wird faktisch der Grundsatz der Jährlichkeit der Haushalte in erheblichem Umfang ausgehebelt. Ein Beispiel will ich nennen: Gerade in der letzten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses im Jahr 2012 wurden dem Sondervermögen Häfen aus dem Haushalt 113 Millionen Euro überwiesen, aber das wurde nicht alles für Investitionen ausgegeben – die Gründe sind auch nachvollziehbar, das ist durchaus verständlich –, dann wurden 32 Millionen Euro der Rücklage des Sondervermögens zugeführt. Ich frage mich, warum haben sie das Geld überhaupt aus dem Haushalt bekommen!

So richtig einleuchtend ist es ja für den haushaltspolitischen Laien nicht, dass man Geld bekommt, das man gar nicht braucht, dann legt man es in die Rücklage, aber in der Rücklage und Restebewirtschaftung des Senats findet sich dieses Geld dann nicht. Manchmal findet sich ja ganz überraschend Geld in den Sondervermögen, aber leider ist es umgekehrt auch so. (Zuruf des Abg. S c h i l d t [SPD])

Nein, das ist nicht schlecht, aber weil es überraschenderweise ist, ist auch das Gegenteil manchmal der Fall! Es fehlt nach meiner Erfahrung hier einfach ein bisschen an der Transparenz. Es mag sein, dass es Sinn macht, die Jährlichkeit der Haushalte faktisch ein bisschen zu durchlöchern, aber dann müssen für alle Ressorts und Verwaltungen die gleichen und öffentlich nachvollziehbaren Bedingungen gelten.

Das Motiv für unsere Große Anfrage war die Wahrnehmung, dass in der gegenwärtigen Form die Einheitlichkeit und Kohärenz des staatlichen Haushaltswesens und damit am Ende auch die Transparenz leidet, und deswegen nehme ich natürlich die heutige Antwort des Senats zur Kenntnis, bin aber überzeugt, dass es weder die letzte Große Anfrage noch die letzte Antwort sein wird. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Piontkowski.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion ist

größtmögliche Transparenz des Haushalts ein zentrales Anliegen. Gerade in Zeiten knapper Kassen – und davon kann Bremen ja ein Lied singen, wir haben das heute Morgen gehört – sind wir auf exakte Informationen darüber angewiesen, wie die reale Finanzlage Bremens ist. Wie weit es mit der Transparenz des Haushalts her ist, haben wir heute Morgen auch im Rahmen der Diskussion der Eckwerte des Haushalts erörtert.