Protocol of the Session on March 14, 2013

Wir verbinden hiermit:

Auflage eines Programms zum Ankauf von Belegungsbindungen

Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 12. Februar 2013 (Drucksache 18/771)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Staatsrätin Friderich.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Ich gehe davon aus, Frau Staatsrätin Friderich, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE nicht mündlich wiederholen möchten.

Auf die Antwort des Senats auf Große Anfragen folgt eine Aussprache, wenn dies Mitglieder der Bürgerschaft in Fraktionsstärke verlangen.

Ich frage, ob in eine Aussprache eingetreten werden soll. – Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben hier ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

die Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage zum Wohnungsraumförderungsprogramm im Jahr 2012 vorliegen, die nicht ganz befriedigend ist, sie hat auch wenig Neuigkeitswert. Wir müssen feststellen, dass wir im Umfeld des sozialen Wohnungsbaus sehr große Probleme haben, das ist nach wie vor der Fall, und wir kommen auch – das steht auch in der Antwort des Senats – relativ langsam voran.

Es ist so, dass es bislang keine direkten Förderanträge gibt, wir haben nach wie vor auch keine Auskunft darüber, ob sich private Investoren tatsächlich hier in irgendeiner Weise engagieren. Die Baudauer beträgt mindestens 18 bis 24 Monate, das ist knapp gerechnet, das heißt, bis einmal ein Stein auf den anderen gesetzt wird, zieht es sich.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass dieses Wohnraumförderungsprogramm mit 700 Wohnungen sehr schmal ausfällt, das heißt, es reicht hinten und vorn nicht, und es geht zu langsam.

In dem Zusammenhang möchte ich auf unseren Antrag, der uns in Bezug auf dieses Thema natürlich am Herzen liegt, zu sprechen kommen. Wir haben festgestellt – und ich glaube, das ist nicht ganz unrealistisch –, dass wir diesen sozialen Wohnungsbau durch Neubau auf gar keinen Fall auffangen können, insbesondere vor dem Hintergrund des Defizits, das aktuell herrscht. Insofern finden wir es eine gute Idee, einen Ankauf von Belegungsbindungen vorzunehmen, denn dieses Fördergeld liegt nun einmal im Regal, sage ich ganz lax.

Wir sollten darüber nachdenken, wie wir es schaffen, dass wir diese Belegungsbindungen nicht herunterfahren, sondern zumindest absichern und, wenn möglich, auch ausbauen. Aktuell ist es so, dass über 800 Wohnungen pro Jahr aus den Belegungsbindungen herausfallen beziehungsweise Gesellschaften sich letztendlich aus diesen Belegungsbindungen herauskaufen. Wenn wir das zu Ende denken, haben wir vielleicht im Jahr 2020 noch eine Anzahl von 4 000 bis 4 500 Wohnungen in dieser Stadt, und das wäre wirklich ein klägliches Ergebnis. Deshalb möchten wir, dass diese Belegungsbindungen selbstverständlich wieder ausgebaut werden, denn nur dies schafft die Möglichkeit, diese Problematik auch nur annähernd zu bekämpfen.

Ich möchte noch einmal sagen: Bei den aktuellen Konditionen für Darlehen ist es für die private Wohnungsbauwirtschaft alles andere als attraktiv, das wissen wir. Die Zinsen sind relativ im Keller, das heißt, die Anreize halten sich sehr in Grenzen, und wir haben hier wirklich einen schweren Stand. Auf der einen Seite haben wir dieses Wohnraumdefizit, wir haben den Bedarf, und auf der anderen Seite schlagen wir uns mit einer privaten Wohnungsbauwirtschaft herum, die diesbezüglich wenig Einsehen hat und selbstverständlich in erster Linie an die Profite denkt, und genau dazwischen bewegen wir uns ein Stück weit. Wir haben mit dem Wohnraumförderungsprogramm,

nämlich dem Ziel, 700 Wohnungen zu errichten, von denen letztendlich auch noch 20 Prozent für Wohnungslose vorbehalten werden sollen – auch dieser Bedarf muss berücksichtigt werden –, ein großes Problem.

In diesem Zusammenhang möchte ich sagen: Wenn wir schrittweise da herauskommen wollen – und es wird ein mühsamer Weg, da müssen wir uns hier keine Illusionen machen –, dann möchte ich daran erinnern, dass hier alle möglichen Zielgruppen in irgendeiner Weise berücksichtigt werden müssen: Es geht um Wohnungslose, ALG-II-Empfängerinnen und -Empfänger, es geht aber auch um Niedrigverdiener und um Familien, die nicht genug Einkommen haben, um diese Mieten, die wir aktuell auf diesem Wohnungsmarkt haben, bezahlen zu können. Das heißt, das Feld, das wir abdecken müssen, ist groß.

Ich glaube, dass wir mit dem grundsätzlichen Programm zu wenig vorankommen. Insofern müssen wir darüber nachdenken, wie wir den Wohnungsbestand entsprechend sanieren, zur Verfügung stellen und letztendlich die Belegungsbindungen aufkaufen. Wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir Rückkäufe und kommunalen Wohnungsbau wieder so hinbekommen, dass sich dieser Bestand und das Angebot entsprechend ausweiten.

Insofern möchte ich, dass Sie noch einmal darüber nachdenken, diesem Antrag zuzustimmen beziehungsweise überhaupt diese Überlegungen mit aufzunehmen, und ich plädiere dafür, dass Sie das positiv unterstützen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Wendland.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist noch viel zu früh, um über das Wohnraumförderungsprogramm Bilanz zu ziehen. Erst recht ist es zu früh, ein Scheitern der Konzeption für den sozialen Wohnungsbau zu diagnostizieren. Das Programm ist erst im Herbst letzten Jahres beschlossen worden, und die Umsetzung befindet sich gerade am Anfang. Es gibt keine objektiven Gründe, pessimistisch zu sein, im Gegenteil, nach heutigem Informationsstand gibt es viel mehr Gründe für Optimismus.

Unser Ziel ist, dass jede vierte neue Wohnung in größeren Komplexen eine Sozialwohnung wird. Im Rahmen des Bündnisses für Wohnen finden darüber zurzeit intensive Gespräche statt, und an diesen Gesprächen beteiligen sich die Vertreter der bremischen Wohnungswirtschaft. Wir haben mittlerweile feste Anmeldungen für das Wohnraumförderungsprogramm, und zwar zehn Stück mit insgesamt 177 Wohnein––––––– *) Von der Rednerin nicht überptüft.

heiten. Die aktuell laufenden Gespräche mit Bauherren und weiteren Investoren geben Anlass zur berechtigten Hoffnung, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir wollen die Wohnungswirtschaft bei dem Thema „Sozialer Wohnungsbau“ nicht aus der Verantwortung entlassen. Die Handelskammer und die private Wohnungswirtschaft versuchen, das 25-Prozent-Ziel zu lockern, wir sollten hierfür keine Schützenhilfe leisten. Hier und heute sollten wir als Bürgerschaft das Ziel nicht selbst infrage stellen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist richtig und notwendig, größere Neubauvorhaben an Auflagen für den sozialen Wohnungsbau zu knüpfen, schließlich geht es neben der reinen Anzahl der Sozialwohnungen auch um die Frage, wo diese entstehen. Wir als Koalition haben jedenfalls das Ziel, einer sozialen Entmischung in den Quartieren entgegenzutreten, noch nicht aufgegeben, und wer in attraktiven Wohnlagen bauen will, soll zukünftig auch dort Sozialwohnungen erstellen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Natürlich ist das nicht im innersten Interesse der Investoren und führt zu Widerständen bei großen Teilen der privaten Wohnungswirtschaft, aber Eigentum verpflichtet.

Deshalb ist der Senat im Bündnis für Wohnen mit der Wohnungswirtschaft in einen Dialog getreten. Ein solcher Prozess braucht Zeit und wird sicher auch Kompromisse erfordern, aber ich bin zuversichtlich, dass wir am Ende zusammen mit vielen Bauherren und Investoren einen Weg finden, um die angestrebte Anzahl von Sozialwohnungen zu erreichen.

Die Quote von 25 Prozent und die daran anknüpfenden Förderkontingente stehen für uns als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht zur Debatte. Der Ankauf von Belegungsrechten wird sicher ein Instrument sein können, um in einigen Fällen die Erfüllung der 25-Prozent-Quote auch mittelbar zu ermöglichen. Das Ziel, vor allem neue Wohnungen im unteren und im mittleren Preissegment zu schaffen und so das Angebot auszuweiten, bleibt aber unser zentrales Anliegen. Wer sich voreilig von diesem Ziel entfernt und die Mittel in dem Programm umwidmen will, entlässt die Wohnungswirtschaft aus ihrer Verantwortung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Im Bündnis für Wohnen sind wir hingegen schon längst weiter, hier werden wir auch weiter intensiv Gespräche über den Wohnungsbestand führen. Wir werden auch darauf achten, dass mehr Wohnungen für die sogenannten Wohnungsnotstandsfälle, also für wohnungslose Menschen, bereitgestellt werden, und anders als die Fraktion DIE LINKE spielen wir beide Instrumente nicht gegeneinander aus.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Eine Verengung der Debatte nur auf Sozialwohnungen ist jedoch engstirnig, denn es geht doch um mehr, und zwar darum, mehr Wohnungen, insbesondere Neubauten, im unteren und im mittleren Preissegment zu schaffen. Nur wenn uns das gelingt, wird es uns auch gelingen, den Druck auf dem Wohnungsmarkt herauszunehmen. Dafür müssen wir das Angebot ausweiten.

Neben dem wichtigen Kriterium, wo in der Stadt preisgünstig gebaut werden sollte, um das Ziel der Durchmischung zu erreichen, sollte auch das Kriterium beachtet werden, was gebaut wird. Es geht um die Fragen: Wer baut barrierefrei, wer baut familien- und kinderfreundlich, wer denkt, plant und setzt Konzepte des generationsübergreifenden und nachbarschaftlichen Zusammenwohnens um, und wer schafft Ein- und Zweiraumwohnungen auch für wohnungslose Menschen? Hierfür sollte darüber nachgedacht werden, ob Flächen, die nicht so teuer zu vermarkten sind, nicht weiterhin in staatlicher Hand bleiben sollten, um sie beispielsweise über Erbpachtrecht an Bauherren zu vergeben, die im preisgünstigen Segment bauen wollen.

Der Neubau von Sozialwohnungen bleibt das A und O, um den Druck vom Wohnungsmarkt zu nehmen. Im Rahmen der Verhandlungen über die Entflechtungsgesetze, also der Föderalismusreform II, wurde vereinbart, dass unter anderem der soziale Wohnungsbau nun Ländersache ist, und für den Übergang erhalten die Länder, so auch in Bremen, bis zum Jahr 2019 Finanzmittel vom Bund. Allerdings läuft die Zweckbindung der Finanzmittel unter anderen für den sozialen Wohnungsbau im Jahr 2014 aus. Daher ist es unerlässlich, dass wir als Landesparlamentarier darauf achten, dass die Bundesmittel ab dem Jahr 2014 auch weiterhin für den sozialen Wohnungsbau in Bremerhaven und Bremen verwendet werden, damit das Geld auch in unseren Städten ankommt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die erste Nachricht gleich vorweg: Ihr Wohnraumförderungsprogramm ist ehrlicherweise Murks!

(Beifall bei der CDU – Abg. K a s t e n - d i e k [CDU]: Großer Murks!)

Das zeigt sich in der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der LINKEN, das kann man zurzeit aber auch täglich in der Zeitung lesen, und vor allem hört man

das auch von den Bauunternehmen. Ihre Pläne sind Murks, und, lieber Senat, Sie verschrecken damit die Investoren, und Sie vertreiben Familien mit mittlerem Einkommen!

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Was für ein demagogischer Blödsinn, ehrlich gesagt!)

Ich habe den Begriff „mittleres Einkommen“ von Ihnen nicht gehört!

Wir dürfen es einfach nicht zulassen, dass immer mehr Menschen, insbesondere auch kaufkräftige Menschen, in das niedersächsische Umland abwandern, weil sie hier in Bremen kein geeignetes Angebot vorfinden.

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Als ob es da- von nicht genug gäbe! – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Auch die CDU müsste doch eigentlich bei der Wahr- heit bleiben!)

Das liegt an der mangelnden Ausweisung attraktiver Flächen, das liegt an zu langen Genehmigungsverfahren, das liegt an zu viel Bürokratie. Auch die Baunebenkosten sind viel höher als im Umland, und vor allem stimmt die Förderung nicht. Mit dem Wohnraumförderungsprogramm des Senats kann leider keiner etwas anfangen.

Das eigentliche Ziel der Wohnungsbaupolitik in Bremen sollte es sein, in den Stadtteilen stabile und langlebige Bevölkerungsstrukturen zu schaffen.

(Beifall bei der CDU)