Protocol of the Session on February 21, 2013

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits im Jahr 2008 hat der Senat festgestellt und mitgeteilt, dass viele Erzieher, die die Ausbildung beenden, tatsächlich gar nicht auf Dauer im Beruf ankommen, und diese Zahl beträgt etwa ein Drittel der Personen. Wenn also Herr Tuncel eben die Zahlen als gerade halbwegs annähernd vorgestellt hat, dann muss man ein Drittel davon abziehen und feststellen, es fehlt eine ganze Menge.

Dass der Bund nicht genug getan hat, wie Frau Krümpfer es gesagt hat, verweise ich in das Reich der Legenden. Der Bund hat für die Investitionskosten einen großen Anteil geschultert, obwohl sie zu einem Drittel kommunale Angelegenheit sind. Er hat sich auch an den Investitionskosten für den laufenden Betrieb beteiligt, indem die Finanzsenatorin einen höheren Umsatzsteueranteil erhalten hat. Wenn Sie das dann für andere Dinge verwenden, die Sie in irgendeiner Form für wichtiger halten, dann ist das nicht das Versäumnis Berlins, sondern Ihr Versäumnis hier in Bremen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau K r ü m p - f e r [SPD]: Nein, nein!)

Der Bund hat mit dem KfW-Förderprogramm jetzt gerade aktuell noch einmal nachgelegt, und wir werden sehen, ob Sie es in Anspruch nehmen oder ob Sie wieder mit dem Finger auf Berlin zeigen und sagen, wir konnten ja nicht, aber die in Berlin sind die Bösen per se.

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Genau! Das ändern wir aber bald!)

Dann möchte ich Ihnen auch noch einmal eines sagen, meine Damen und Herren: Lange Jahre haben wir überhaupt keine Erzieher eingestellt. Wer ist es gewesen? Die Sozialdemokraten! Wenn ich dann von Herrn Dr. Schlenker höre – seien Sie mir nicht böse, Herr Dr. Schlenker, aber das zeigt an der Stelle, dass Sie es noch nicht verstanden haben –, dass die durchschnittliche Arbeitszeit der Erzieherinnen und Erzieher 31 Wochenstunden beträgt und dass man ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

da noch eine Menge machen kann, dann war das die Idee des Senats aus dem Jahr 2008, wie man das regeln kann. Das Potenzial, das dort noch schlummerte, ist inzwischen komplett abgearbeitet.

In der Antwort auf unsere Frage 9 führt der Senat selbst aus: „Deshalb werden in erster Linie mehr zusätzliche Fachkräfte benötigt, da die Erhöhung des Stundenumfangs in einem bestehenden Vertrag in der Regel keinen Ersatz als Gruppenleitung für eine neue Gruppe ermöglicht.“ Das heißt, das geht nicht, es ist ausgeschöpft, das bekommen wir nicht hin. Wir brauchen mehr Leute, und das heißt: Ausbildung! Das müssen wir in Bremen machen.

Die Ausbildung dauert nun einmal so lange, wie sie dauert. Erzieher fallen nicht vom Himmel, das wissen wir alle. Deswegen muss hier mehr getan werden. Was haben Sie gemacht? Sie haben die Ausbildung verringert, Sie haben zwei Erzieherklassen eingestellt, und das ist falsch, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU und bei der LINKEN)

Sie haben selbstverständlich recht mit der Attraktivität der Ausbildung zum Erzieher und zur Erzieherin. Es ist aber doch Ihre Aufgabe, die Erzieherausbildung inhaltlich so zu verändern, dass sie attraktiver wird. Wenn die Qualifikation angehoben wird, die Ausbildung attraktiver wird, auch entsprechend akademisiert wird, wenn das Curriculum entsprechend angepasst und das, was wir hier in Bremen machen können, ausgeschöpft wird, dann kommt der zweite Schritt.

Sobald die Ausbildung hochwertiger geworden ist, ist der zweite Schritt automatisch, dass die Erzieherinnen und Erzieher mehr Geld fordern können. Was haben Sie gemacht, liebe Sozialdemokraten und liebe Grüne? Sie sind den ersten Schritt gar nicht erst gegangen, damit der zweite Schritt bloß nicht folgt, denn dann wird das Haushaltsloch noch größer.

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich glau- be, Ihre Fraktion rät uns immer wieder zu sparen! War das nicht so, Rot-Grün spart nicht genug?)

Deswegen ist die Wahrheit an der Stelle doch ein wenig anders als das, was Sie hier die ganze Zeit versuchen zu suggerieren. Wir haben einen Erziehermangel. Gehen Sie in die Kindergärten, fragen Sie diejenigen, die derzeit gerade neue Erzieherinnen suchen. Sie suchen nämlich händeringend! Es kann doch nicht angehen, dass in immer mehr Kindergärten über Leiharbeitsfirmen entsprechend qualifiziertes Personal kurzfristig an den Kindern arbeitet, dann möglichst schnell wieder ersetzt wird, um irgendjemanden zu finden, sodass bei den kleinen Kindern – wir reden hier nicht von den großen Kin

dern – die Bezugsperson ständig wechselt. Das ist auch vor dem sozialpädagogischen Hintergrund ausgesprochen bedenklich, denn es gibt Bindungsprobleme und Ähnliches, wenn das zu häufig gemacht wird.

Das ist auch ein Problem. Das negieren Sie hier genauso wie den Rest, und das ist falsch, meine Damen und Herren. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU – Abg. S c h i l d t [SPD]: Das musste einmal gesagt werden!)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Stahmann.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ahrens, ich habe mir eigentlich vorgenommen, mich bei der Opposition für diese auch aus meiner Sicht wichtige Anfrage zu bedanken, weil das Thema des Ausbaus der Kindertagesbetreuung dieses Haus intensiv beschäftigt, und das hat natürlich auch etwas mit dem Fachkräftebedarf zu tun, aber zurückweisen, Frau Ahrens, möchte ich Folgendes, und das muss ich jetzt einfach einmal machen: Wir haben viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in dem Bereich arbeiten. Allein bei KiTa Bremen sind 1 700 Männer und Frauen beschäftigt, bei der Evangelischen Kirche ist es noch einmal eine ebenso große Anzahl und auch bei den viele Elternvereinen. Da leisten Menschen einen engagierten Job und arbeiten nicht „an den Kindern“.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Das habe ich nicht negativ gemeint!)

Das sind überwiegend Fachkräfte – so antworten wir auch auf Ihre Anfrage –, die ausgebildet sind, die mit den Kindern arbeiten, sie bilden, erziehen und betreuen, und zwar so, wie es im Gesetz steht, und sie arbeiten auch mit den Eltern zusammen. Die vorschulischen Einrichtungen sind eine Entwicklung in Deutschland, die erst in den letzten 15 Jahren so richtig Fahrt aufgenommen hat. Die Kindertagesstätten sind mehr als Betreuungseinrichtungen, sie sind Fundamente in unserem Bildungssystem.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Deswegen ist es auch richtig, dass Sie fragen, wie die Fachkräfte ausgebildet werden und ob wir genug ausbilden. Das ist ein Thema – das hat Frau Krümpfer angesprochen –, das nicht allein Bremen beschäftigt, sondern es muss die gesamte Republik beschäftigen, damit wir hier auch vorankommen und Menschen mit einer guten Qualität ausbilden. Wir müssen dann aber natürlich auch bundesweit – und das können wir nicht allein machen, Frau Ahrens – über ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

die Anhebung der Qualifikationen diskutieren, und auch über andere Tarifverträge müssen wir bundesweit reden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dort, wo Männer arbeiten, haben wir oft sehr gute Tarifabschlüsse, und dort, wo Frauen arbeiten, in den Pflege- und Erzieherberufen, haben wir keine so gute Bezahlung, und das muss sich endlich auch in diesem Land ändern!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich glaube, dass wir dort mehr Gerechtigkeit brauchen, ist auch ein Punkt, den alle teilen, die die Haushaltslage kennen.

Wie geht der Senat aber weiter damit um? Sie haben ja zu Recht gesagt, dass angesichts der Zeit nicht alle Fragen beantwortet werden konnten. Es ist eine ernsthafte Diskussion, wie wir den Gesamtanstieg bewältigen. Wir brauchen rund 17 Prozent zusätzliches pädagogisches Personal, das ist absehbar, und das ist eine Frage, die uns als Ressort und die auch die Träger beschäftigt.

Das Problem der Fachkräftegewinnung wird in den nächsten Jahren an Gewicht zunehmen, aber ich glaube nicht, dass wir das Problem so, wie es die Kultusminister versucht haben, lösen können. Sie haben sich ja untereinander gestritten, weil Bayern auf einmal in Hessen Plakate aufgestellt hat, Baden-Württemberg dann wiederum in Bayern mit „Wir können alles, außer Hochdeutsch“ geworben hat. Ich meine, wir könnten Plakate mit dem Slogan aufstellen: „Wir können sogar Hochdeutsch“. Plakate lösen aber das Problem nicht, ich glaube, es muss ein Mix sein. Wir müssen ausbilden.

(Unruhe bei der CDU)

Jetzt müssen Sie zuhören, Frau Ahrens, weil das einer Ihrer Hauptkritikpunkte war! Sie haben ja gesagt, der Senat habe da womöglich eine falsche Weichenstellung vorgenommen. Darüber reden wir jetzt auch. Angesichts der Zahlen, die wir jetzt haben, müs-sen wir da noch etwas verändern. Herr Staatsrat Kück nickt. Wir sind im Gespräch, ob wir nicht doch noch zwei Klassen brauchen, um den Fachkräftebedarf zu decken.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich schlage die Tür in dieser Debatte jetzt nicht zu, sondern sage, dass Bildung und Soziales miteinander

im Gespräch sind. Es sind ja zwei Dinge: Wir wollen auf der einen Seite jungen Menschen eine Chance bieten, eine gute Ausbildung zu absolvieren – und viele möchten eine solche Ausbildung machen –, und auf der anderen Seite haben wir eben auch Arbeitsplätze, die wir anbieten können.

Man muss ehrlicherweise in dieser Debatte auch sagen, dass wir im Schuljahr 2012/2013 – das ist die Antwort auf Frage 10 – im Land Bremen allein 855 Schülerinnen und Schüler an den Fachschulen und an den Berufsfachschulen in der Ausbildung für erzieherische Berufe haben. Das ist eine große Anzahl. Darunter sind 558 Schülerinnen und Schüler in der Ausbildung zur Erzieherin und zum Erzieher, 46 Schülerinnen und Schüler in der Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin und zum Heilerziehungspfleger, und 251 Schülerinnen und Schüler sind in der Ausbildung zur Sozialpädagogischen Assistentin und zum Sozialpädagogischen Assistenten. Bis zum Jahr 2015 werden 840 Schülerinnen und Schüler die Ausbildung erfolgreich abschließen. Sie haben vorhin die Lücke genannt: Die können wir damit schließen.

(Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Die werden ja nicht alle miteinander fertig!)

Bremen ist immer noch ein attraktiver Arbeitsort, aber die Träger sagen, es werde schwieriger und dass sie auch auswählen können wollen. Man nimmt längst nicht alle Bewerber, sondern man achtet eben auch berufliche Erfahrung, legt Wert auf bestimmte Kompetenzen, und dazu ist natürlich auch eine gewisse Fluktuation notwendig. Ich sage aber nicht, dass Sie Unrecht haben, wenn Sie sagen, der Bremer Senat soll sich darum kümmern.

Die Zeit des Ruhestands wurde angesprochen, der in den nächsten Jahren für eine Anzahl der Arbeitskräfte kommt, die Ende der Siebziger- und Anfang der Achtzigerjahre ihre Berufsausübung begonnen haben. Wir haben glücklicherweise auch eine beständige Ausweitung der Angebote zu verzeichnen. Ich glaube aber, das trifft alle Bereiche im öffentlichen Dienst. Auch in den Schulen kommt es zu hohen Abgängen, weil natürlich in den Siebziger- und Achtzigerjahren auch in Bremen besonders viel eingestellt wurde. Diesen Übergang wollen wir gestalten. Es gelingt uns auch in den Kindertageseinrichtungen, junge qualifizierte Führungskräfte zu gewinnen.

Da wir keine geringe Anzahl neuer junger Kolleginnen einstellen, kommt der Bedarf an temporären Vertretungen hinzu, also Schwangerschafts- und Elternzeitvertretungen et cetera. Ich bin jetzt mit Frau Fein, der Chefin von KiTa Bremen, und Herrn Bahlmann im Gespräch. Wir loben in Bremen ja oft die Handwerkskammer oder auch die Polizei, die mit den „Streifenhörnchen“ ihrer Belegschaft ein Angebot für die Kindertagesbetreuung macht.

Ich möchte gern als Senatorin mit den Leitungen von KiTa Bremen und anderen Trägern ins Gespräch

kommen, was wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bieten, die eben im Bereich der Kinderbetreuung tätig sind. Bieten wir vielleicht in einem Modellversuch eine vorrangige Betreuung an, wenn wir die Kinder der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufnehmen und betreuen? Die Eltern stehen uns dann als gewünschte und auch geliebte Arbeitskräfte, als wertvolle Kolleginnen und Kollegen früher zur Verfügung. Dazu führen wir gerade Gespräche und entwickeln Modelle. Das ist auch eine Idee, die vom Personalrat und der Frauenbeauftragten gefördert wird.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Aus meiner Sicht bedarf es zum Erhalt unserer Ausbildungskapazitäten vielfältiger Strategien. Wir wollen auch die Ausbildungsangebote für sogenannte Quereinsteiger nutzen. Zwei Angebote werden zurzeit geplant, eines wird von der Agentur für Arbeit finanziert. Möglicherweise gibt es auch einen Schulversuch der Senatorin für Bildung, auch da führen wir Gespräche. Wir haben ein bestehendes Projekt, das vom Paritätischen Bildungswerk durchgeführt wird.

Nicht zuletzt haben wir auch Tageseltern weiterqualifiziert. Es gibt Tagesmütter und -väter, die aufgrund ihrer Tätigkeit gesagt haben, es sei ein Beruf, den sie sich vorstellen könnten, auch wenn die Anzahl nicht riesig ist. Sie haben vielleicht vorher einen anderen Beruf gelernt, und wir qualifizieren sie dann weiter. Bremen beteiligt sich auf Bundesebene an einer Expertengruppe, die sich diese Aufgabenstellung vorgenommen hat. Ich finde es auch wichtig, dass wir dort mitwirken. Wir sind zwar klein, aber wir haben auch viel in die Diskussion einzubringen und viele Erfahrungen.

Aus meiner Sicht ist es aber nicht nur wichtig, dass wir uns darüber Gedanken machen, neue Fachkräfte zu gewinnen und sie gut auszubilden, sondern es geht auch darum, die Belegschaft gesund zu erhalten. Das muss eines unserer wichtigen Ziele sein.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich schaue natürlich auch mit Sorge auf den Krankenstand bei KiTa Bremen, und bei den anderen Trägern ist es nicht anders. Das mag auch an einer höheren Infektionsgefahr liegen. Dort, wo Kinder sind, ist auch der Schnupfen, und gerade im Augenblick ist er ja auch hier im Hause weit verbreitet. Es sind aber eben auch oft belastende Arbeitsplätze. Wir wollen herausfinden, welche Belastungen die Belegschaft krank machen, wir wollen Situationen verändern. KiTa Bremen, unser Eigenbetrieb, hat jetzt ein Gesundheitsmanagement – das finde ich vorbildlich – mit dem Ziel entwickelt, den Krankenstand dauerhaft zu senken.

Erzieherin und Erzieher ist ein Beruf mit Zukunft. Man kann jungen Leuten Mut machen, diesen Beruf zu ergreifen. Ich glaube auch, Frau Ahrens und sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass sich da noch eine Menge in diesem Land tun wird. Wenn man sich in den anderen europäischen Ländern umschaut, werden dort eben nicht mehr nur Erzieher und Lehrer ausgebildet, sondern man bildet den Beruf des Pädagogen/der Pädagogin mit einer entsprechenden Qualifikation für die jeweilige Altersgruppe aus. Ich glaube, dass die Reise, wenn auch etwas langsamer, ganz bestimmt auch in unserem Land in diese Richtung geht. Es ist einfach ein wahnsinnig guter Beruf, der neben all den Anstrengungen, die man dort erlebt, es ist laut, es ist nie gleich, auch viel Spaß macht, weil es einfach etwas Tolles ist, Kinder beim Wachsen zu unterstützen. – Danke schön!

(Beifall)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/738, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.