Protocol of the Session on February 20, 2013

ich auf der Besuchertribüne recht herzlich die Klasse 10 d der Integrierten Stadtteilschule Obervieland und Mitarbeiterinnen des Mütterzentrums Tenever begrüßen. Seien Sie alle ganz herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe das erste Thema auf.

Hat Bremen zu viel Geld? Jobcenter in Bremen

und Bremerhaven geben 9,4 Millionen Euro

zurück

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete

Rupp.

Herr Präsident, meine

sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man Zeitung liest, gibt es oft Momente, in denen sich einem Fragen stellen, die man nicht einfach so beantworten kann. Eine dieser Fragen tragen wir heute in dieses Parlament in der Hoffnung, dass wir sie beantworten.

Es war der Presse zu entnehmen, dass Bremen

und Bremerhaven neun Millionen Euro für Einglie derungsmaßnahmen an den Bund zurückgeben. In dem Zusammenhang stellen sich wahrscheinlich viele Menschen, vor allem diejenigen, die bisher von solchen Dingen noch nicht betroffen waren, die Frage, was das eigentlich für Geld ist und was eigentlich Eingliederungsmaßnahmen sind.

Bremen bekommt für die Unterstützung von Men

schen ohne Arbeit, sage ich einmal sehr verkürzt, vom Bund jährlich circa 60 Millionen Euro, davon 45 Millionen Euro für die Stadt Bremen und 15 Millionen Euro für Bremerhaven. In den letzten fünf Jahren sind in diesem Bereich nicht nur die neun Millionen Euro in diesem Jahr, sondern insgesamt circa 18 Millionen Euro wieder an den Bund zurückgeflossen.

Es stellt sich die Frage: Warum ist das so? Haben

wir zu wenig denkbare Empfängerinnen und Emp fänger solcher Maßnahmen zur Wiedereingliederung? Mit diesem Geld werden beispielsweise Unternehmen subventioniert, die beschäftigungslose Arbeitneh merinnen und Arbeitnehmer einstellen, die über 50 Jahre alt sind. Davon haben wir ungefähr 10 000 in Bremen. Es gibt auch die Möglichkeit, Weiterbildung zu bezahlen. Man kann eine berufliche Ausbildung anstreben, man kann Leute auf eine berufliche Aus bildung vorbereiten. Nach unserer Schätzung gibt es 22 000 Menschen in Bremen, die dafür infrage kämen.

Man kann Menschen, die zu wenig Geld verdienen

und auf Aufstockung, auf zusätzliche Hilfen aus dem SGB-II-Paket angewiesen sind, eine Ausbildung finanzieren. Davon gibt es circa 18 000. Man kann Alleinerziehenden, die Kinderbetreuung brauchen, um eine Arbeit aufzunehmen, eine Kinderbetreuung finanzieren. Davon gibt es 9 000. Man stellt also fest, wenn man sich die Zahlen anschaut, dass es genug denkbare Empfängerinnen und Empfänger gibt, um auch die restlichen neun Millionen Euro, die wir jetzt

an den Bund zurückgegeben haben, in irgendeiner Weise sinnvoll anzulegen.

Sind die Empfängerinnen und Empfänger mög

licherweise gar nicht in der Lage, diese Hilfen an zunehmen, weil sie mittlerweile einer Form von Hilfe bedürfen, die dort gar nicht hineinpasst? Es gibt eine Untersuchung, die besagt, dass circa die Hälfte derjenigen, die auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen und arbeitslos sind, Menschen mit vergleichsweise niedrigen Hemmnissen sind – also Hemmnissen, die man durch einfache Maßnahmen aus dem Weg räumen kann –, die sich noch nicht in irgendeiner Weise so weit psychisch verändert ha ben, dass sie deutlich mehr Hilfe brauchen. Von den fast 38 000 Arbeitslosen in Bremen ist ungefähr die Hälfte ohne Weiteres vermittelbar. Das heißt, unserer Meinung nach gibt es deutlich genug Menschen, die dieses Geld bitter nötig hätten, und schon deswegen ist es schwierig und eigentlich nicht hinnehmbar, dass wir dieses Geld zurückgeben.

(Beifall bei der LINKEN)

Ist das alles so kompliziert, dass man die Pläne gar

nicht einhalten kann? Wenn man 60 Millionen Euro einplant, und es kommt eine Differenz von einer oder eineinhalb Millionen Euro dabei heraus, dann würde ich sagen, dass man es so genau nicht planen kann. Wenn aber ungefähr 15 Prozent der Mittel nicht ausgegeben werden, dann ist es meines Erachtens ein Problem, dem man sich langfristig stellen muss. Es ist ja auch nicht erst seit gestern vorhanden. Wir haben in den letzten Jahren, wie gesagt, mehrfach Mittel in Höhe von dreieinhalb Millionen Euro zu rückgegeben. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte man darauf aufmerksam werden können, dass es ein Problem ist und man gegensteuern muss.

Unserer Meinung nach sind die Mittel gegenseitig

deckungsfähig. Man finanziert mit den Mitteln Wei terbildung, Integration, freie Förderung, Beschäfti gungsmaßnahmen, eine ganze Reihe verschiedener Programme, aber man kann das Geld umsteuern. Wir wussten schon früh im letzten Jahr, dass das Geld wahrscheinlich nicht ausgegeben werden kann. Unserer Meinung nach sind die Umsteuerungsmaß nahmen viel zu spät eingeleitet worden. Man hätte es dringend machen müssen, weil wir, wie gesagt, die neun Millionen Euro dringend brauchen.

Ist vielleicht das Jobcenter gar nicht in der Lage,

so viel Geld zu verwalten, oder sind die Prozesse so schwierig? Es gibt darüber keine Untersuchun gen, aber wir als Landesverband und ich selbst als Unternehmer haben konkrete Erfahrungen mit solchen Programmen gemacht. Oft ist es so, dass es zu lange dauert, oft will man etwas, und dann wird einem gesagt, nehmen Sie lieber jemand anderen. Innerhalb des Arbeitsamtes gibt es Prozesse, die meines Erachtens deutlich verbessert müssen, um

) Vom Redner nicht überprüft.

diese Mittel in Zukunft auszuschöpfen und nicht mehr zurückgeben zu müssen.

Die Verantwortung dafür liegt meines Erachtens

nicht allein beim Jobcenter. Der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen ist dafür zumindest genauso ver antwortlich, weil die Aufsicht und die Steuerung des Jobcenter Bremen federführend bei ihm liegen. Ich bitte ihn also, da er ja heute auch zu diesem Punkt Stellung nehmen wird, um eine Erklärung, warum wir in Bremen eine große Zahl Menschen haben, die dringend auf staatliche Hilfe angewiesen sind, denen aber im letzten Jahr neun Millionen Euro Unterstützung, meines Erachtens durch Steuerungs fehler, vorenthalten worden sind.

Das muss man hier an dieser Stelle erklären, und

vor allem muss man erklären, wie man das in Zukunft verhindert. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das

Wort der Abgeordnete Willmann.

Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es gleich deutlich an den Anfang zu stellen, aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist es nicht bedauerlich und auch kein Ärgernis, sondern ein Unding – und aus unserer Sicht auch nicht zu akzeptieren –, dass Mittel, die dem Jobcenter zur Aktivierung von beinahe 22 400 Arbeitslosen nach dem SGB II zur Verfügung stehen, nicht ausgeschöpft, sondern zurückgegeben werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Man muss aber ein bisschen schauen, was damit

gemacht wird. Damit werden – Herr Kollege Rupp hat es schon erwähnt – eine ganze Reihe von Maßnahmen finanziert. Das Spektrum reicht von dem einfachen Training, sich am Morgen pünktlich bei einer Stelle zu melden, bis hin zum Bewerbungstraining und kleineren Qualifizierungsmaßnahmen, aber auch langfristigeren Maßnahmen.

Wir haben vor nicht allzu langer Zeit in der Depu

tation die Einrichtung zweier Förderzentren beschlos sen, die zum Teil Maßnahmen anbieten, die ein Jahr und länger laufen. Wenn man sich die Struktur der ganzen Maßnahmen anschaut, muss man sehen, dass das im letzten Jahr beschlossene Gesetz zur Verbes serung der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen ein Gesetz zur Verschlimmbesserung gewesen ist. Kurz gesagt, die Instrumentenreform hat hier fatale Auswirkungen gehabt. Das ist unserer Analyse nach einer der Gründe.

Langfristige Maßnahmen sind für Langzeitarbeits

lose kaum noch kurzfristig zu beantragen und durch zusetzen. Der Bund hat hier über die Bundesagen tur dermaßen kleinteilige Genehmigungsverfahren vorgeschrieben, die es den Jobcentern schlichtweg unmöglich machen, kurzfristig zu reagieren. Das ist keine Erklärung dafür, dass man Geld zurückgibt, sondern lediglich der Hinweis darauf, dass hier Maßnahmen und Vorgaben gemacht worden sind, die augenscheinlich vom Jobcenter nicht umgesetzt werden können.

Gleichzeitig gibt es das Problem, dass Gelder für

längerfristige Maßnahmen, die das Jobcenter drin gend nötig hat, nicht in das folgende Haushaltsjahr übertragen werden können. Maßnahmen dürfen nicht länger als ein halbes Jahr in das folgende Kalenderjahr übertragen werden. Das ist schlichtweg unmöglich. Was machen wir denn mit jemandem, der sich am Ende des Jahres als Marktferner, wie es so schön heißt, entschließt, in eine Maßnahme zu gehen, die aber leider bis zum September des nächsten Jahres terminiert ist? Sie kann schlichtweg nicht genehmigt werden. Das ist ein Zustand, den wir definitiv nicht akzeptieren und auch nicht weiter fördern wollen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz hat sehr