Bereits jetzt tragen die obersten zehn Prozent der Einkommensbezieher mehr als die Hälfte der Einkommensteuerlast.
Die unteren 50 Prozent der Einkommensbezieher zahlten im Jahr 2011 lediglich 5,4 Prozent der Einkommensteuer, noch im Jahr 2004 zahlten sie mehr, nämlich 8,3 Prozent.
Das zeigt, starke Schultern tragen bei uns bereits jetzt eine deutlich höhere Last als schwache Schultern und tragen damit einen Beitrag zum sozialen Ausgleich.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Reden gegen solche Anträge werden auch nicht besser! – Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: Die Zwischenrufe auch nicht!)
Überzogene Steuern, und das ist unsere Auffassung, sind leistungsfeindlich, hindern die Eigenkapitalbildung zur Absicherung schlechter Zeiten. Zwar klingen die Freibeträge, die Sie hier wieder genannt haben, von einer Million Euro erst einmal hoch, aber schauen wir genau hin, gerade Unternehmen des produzierenden Gewerbes haben oft teure und viele Maschinen im Betriebsvermögen –
(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Wissen Sie eigentlich, was eine Vermögensteuer ist? Da geht es gar nicht um Gewerbebetriebe!)
das weiß ich wohl! –, sodass der Freibetrag ganz schnell ausgeschöpft ist. Eine Begrenzung auf Privat
Gerade investierenden Unternehmen wird durch eine Vermögensteuer unverhältnismäßig viel Geld entzogen. Betriebe, die in der Krise stecken, sind gefährdet, weil sich die Erhebung der Vermögensteuer an den Vorjahren orientiert.
Dann müssen Sie Ihre Anträge genauer schreiben, dann kann ich auch genauer darauf eingehen, ganz einfach!
Verfassungsrechtlich ist die Besteuerung auf die Ertragsfähigkeit des Vermögens zu begrenzen, und das muss auch im Interesse des Fiskus sein, denn sonst würde er sich ja den Ast, auf dem er sitzt, selbst absägen. Das Geld, das für Steuern bezahlt werden muss, fehlt auf der anderen Seite für Investitionen in Betriebsstätten, Personal und Ausbildung, Arbeitsplätze würden vernichtet, und genau das ist mit der CDU nicht zu machen.
Eine Vermögensteuer würde darüber hinaus insbesondere die Mittelschicht treffen – ich würde es gern zu Ende ausführen, wir haben nur fünf Minuten Redezeit! –, denn die wirklich Reichen haben viel mehr Möglichkeiten, einer Besteuerung auszuweichen, denn Kapital ist flüchtig, Immobilien aber nicht. Gerade in Zeiten einer Finanzkrise haben viele Bürgerinnen und Bürger ihr Geld in Immobilien angelegt. Mehr als die Hälfte des Vermögens in Deutschland ist nämlich in Immobilien investiert worden. Für viele, auch für viele ältere Menschen, ist das eine Alterssicherung. Wenn jetzt gerade diese Immobilien hoch bewertet sind und jemand nur Immobilien hat und kein anderes Vermögen oder keine Einkünfte aus Arbeit oder Rente oder relativ wenig, dann muss er im Zweifel seine Immobilien beleihen, um die Vermögensteuer zu bezahlen. Genau da sind wir dann wieder im Bereich der Substanzbesteuerung.
(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Sie wis- sen nicht, was eine Vermögensteuer ist! Da geht es um Privatvermögen und nicht um Immobilien, nicht um Gewerbe!)
Gehört das nicht zum Privatvermögen? Sie haben aber eine seltsame Auffassung, das muss ich wirklich sagen!
Menschen, die sich mühsam ihre Altersvorsorgung zusammengespart haben, sollen, wenn das durchkommt, was Sie hier wollen, abgezockt werden.
(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Die Ein- zige, die hier eine Neiddebatte führt, sind Sie, und das mit falschen Fakten!)
Außerdem würde eine Vermögenssteuer dazu führen, dass diese Steuern auf die Mieten umgelegt werden, und gerade von diesen Mieten würden dann besonders einkommensschwache Menschen wie Rentner, Studenten oder ähnliche Menschen betroffen werden, wenn nämlich die Steuern umgelegt werden auf die Miete. Genau diese Menschen müssten dann die Zeche für Ihre finanzpolitischen Experimente zahlen.
Das nächste Problem bei der Vermögensteuer ist die Bewertung! Es ist schwierig, bei Immobilien den tatsächlichen Wert festzustellen. Aber was ist, wenn andere Vermögensgegenstände, private Vermögensgegenstände
wie zum Beispiel die Briefmarkensammlung, der antike Tisch oder ein Oldtimer mit einbezogen und bewertet werden müssen. All das ist nicht einfach. Die Verzerrungen bei der Bewertung von Vermögen haben in der Vergangenheit zu etlichen Rechtsstreitigkeiten geführt.
Ein weiteres Argument, das gegen eine Vermögenssteuer spricht, ist der damit verbundene erhebliche Verwaltungsaufwand hinsichtlich einer ständigen permanenten wiederholenden Bewertung des ruhenden Vermögens. Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer würde dazu führen, dass mindestens zwei Millionen Grundstücke regelmäßig bewertet werden müssten, denn das Bundesverfassungsgericht verlangt gegenwartsnahe Werte. Es müssten zunächst einmal auch sämtliche Steuerpflichtige veranlagt werden, auch das wird ein Problem sein.
International wird die Vermögensteuer aus diesen Gründen zu Recht als Auslaufmodell angesehen. Von 27 EU-Ländern gibt es sie nur noch in Frankreich. Ob Ihre Vermögensabgabe, die Sie auch noch fordern, überhaupt verfassungsgemäß ist, steht dann auf einem ganz anderen Blatt, und da haben wir ebenfalls erhebliche Zweifel.
Meine Damen und Herren, es ist hier kein Platz für steuerpolitische Experimente. Heben Sie erst einmal das Geld auf, das auf der Straße liegt, das Sie einnehmen können! Ich sage nur, ein Blick in den Jahresbericht der Steuerverwaltung hilft da schon weiter, dann erkennen Sie die noch vorhandenen Lücken.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte gern an dieser Stelle ein paar weitere Vertreterinnen und Vertreter und Mitstreiterinnen und Mitstreiter des Bündnisses „Umfairteilen“ begrüßt, aber sie haben sich, glaube ich, auf eine spätere Zeit eingestellt.
Ich will jetzt nicht all das Richtige wiederholen, das die Kollegen Herr Rupp und Herr Dr. Kuhn gesagt haben. Ich kann der Analyse, warum wir eine Vermögensteuer brauchen, vollumfänglich zustimmen. Ich möchte das Ganze aber trotzdem noch einmal mit ein paar Zahlen unterlegen, um die Aussagen von Frau Piontkowski in ein etwas anderes Licht zu rücken.
Wenn man sich den noch nicht erschienenen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung einmal anschaut, dann muss man sagen – Herr Rupp hatte vorhin hier gesagt, das sei mitnichten Propaganda, nach den Einlassungen von Herrn Dr. Kuhn muss man sagen, es ist zumindest versteckte Propaganda –, einige Zahlen sind da doch sehr interessant. Die eine Zahl, auf die man da besonders stößt, ist die Entwicklung der Nettovermögen privater Haushalte in den letzten 20 Jahren. Sie haben sich nämlich von ihrem Umfang her in den letzten 20 Jahren von 4,7 Billionen Euro auf heute 10 Billionen Euro mehr als verdoppelt.
Gleichzeitig muss man feststellen, dass die Hälfte dieses Geldes den reichsten zehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland gehört, während 27 Prozent der Menschen in Deutschland über überhaupt kein Vermögen oder gar über Schulden verfügen. Wer bei diesen Zahlen noch die Behauptung aufstellt, dass wir hier kein Problem bei der Verteilung von Reichtum und Armut in Deutschland haben, der ist meiner Meinung nach zynisch.
Frau Piontkowski, es geht hier um eine Steuer, es geht hier nicht um Enteignung. Wer sich einmal die Konzepte, die aktuell debattiert werden, wenn es um die Vermögensteuer geht, anschaut, der kann auch den Vorwurf, denen wird hier alles weggenommen, nicht aufrechterhalten.
Meine Partei, die SPD, hat auf ihrem letzten Parteitag im vergangenen Jahr ein Steuerkonzept beschlossen, in dem eine Vermögensteuer vorgeschlagen wird, die einen Freibetrag von 500 000 Euro und 0,5 Prozent Vermögensteuer vorsieht. Man muss einfach
einmal sagen, ich weiß nicht, welche Vorstellung Sie davon haben: Ich habe mir meine Altersvorsorge mühsam vom Mund abgespart, und hinterher habe ich irgendwo 500 000 Euro auf dem Konto. Das ist etwas, zu dem man sagen muss, das ist ein Umfang, den die meisten Leute nicht erreichen, auch nicht diejenigen, die hier im Raum sitzen.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Herr Steinbrück schon! Herr Steinbrück könnte ja einmal anfangen umzufairteilen!)
Ja, wissen Sie, ich glaube, dass Herr Steinbrück, wenn wir im September auch hoffentlich zu einem Regierungswechsel und dann auch zu einer Steuerreform kommen, sicherlich auch gern höhere Steuern zahlt. Ich habe bisher auch noch nicht gehört, dass er nicht steuerehrlich ist, das sollte man dann vielleicht bei allem Populismus auch sagen.
Ich denke, aus den genannten Gründen muss man einfach aufrechterhalten, dass wir eine Vermögensteuer brauchen, gerade auch wenn man sich einmal anschaut, wie stark das Vermögen der öffentlichen Haushalte im gleichen Zeitraum gesunken ist, nämlich um 800 Milliarden Euro. Das ist Geld! Wir können jetzt einmal darüber reden, wo das fehlt. Das ist Geld, das insbesondere den Menschen in diesem Land fehlt, die schwächer sind und die kein eigenes Vermögen haben, weil sie am meisten darunter leiden, wenn die Infrastruktur nicht erneuert wird, wenn nötige Investitionen nicht getätigt werden können.
Wir alle können ja einmal die letzten zwei Tage Revue passieren lassen, an denen wir alle darüber geredet haben, was eigentlich in dieser Stadt notwendig wäre und was wir aufgrund des fehlenden Geldes vielleicht nicht realisieren können. Wer dann noch sagt, das hier ist Enteignung, der verkennt, dass von einer guten und funktionierenden Infrastruktur in Deutschland nicht nur die Schwachen etwas haben, sondern auch die Starken!
Ich denke, da sich drei Viertel der Abgeordneten der Fraktionen in diesem Raum bei den inhaltlichen Fragestellungen einig sind, muss ich jetzt nicht noch viel länger sprechen. Ich möchte nur noch einmal kurz sagen, warum wir genau wie die Grünen die Bündnisse „Umfairteilen“ und „Vermögensteuer jetzt“ unterstützen. Ich engagiere mich sehr in beiden Bündnissen. Ich finde es auch sehr gut, dass wir mit ganz verschiedenen Gruppierung zusammen versuchen, einen gesellschaftlichen Druck zu entwickeln, der
dann auch für eine politische Mehrheit sorgt, sodass wir dann endlich einmal zu dem Punkt kommen, dass sich einen schwachen Staat nur die Starken leisten können.