Protocol of the Session on December 12, 2012

ein Vertrag, der der Förderung der Atomtechnologie dient, und noch aus dem Jahr 1957 stammt.

Die EU-Strategie des Senats hat an einigen allgemeinen Stellen richtige Ansätze, wenn es aber konkret wird, ist sie wirtschaftsliberal und unsolidarisch. Wir unterstützen diese Strategie daher nicht. – Danke! (Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. vom Bruch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat legt zum zweiten Mal eine Strategie zu seinen europapolitischen Handlungsschwerpunkten vor. Das ist im Prinzip gut und richtig und findet grundsätzlich unsere Unterstützung. Es ist auch deshalb richtig, weil Europa viel zu sehr, fast ausschließlich, unter dem Aspekt der Krise diskutiert wird. Vieles davon hat etwas Fatalistisches, Destruktives und Rückwärtsgewandtes, wir aber brauchen viel mehr eine konstruktive und nach vorn gerichtete Diskussion. Wenn das das Signal einer Strategie für Europa ist, haben Sie uns an Ihrer Seite, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Deshalb lassen Sie mich einflechten, meine Damen und Herren von der LINKEN, eine solche Strategie, wie sie hier vorgelegt worden ist, in diesem Sinne umzudeuten, wie Sie es eben getan haben, findet gerade nicht unsere Zustimmung.

Wenn Europa nicht unter dem Label der Krise erörtert wird, geht es meistens um fast genauso Profanes. Im Vordergrund steht die Frage: Wie können wir am Besten europäische Töpfe anzapfen, um regionale Probleme zu lösen? Es ist sicher auch wichtig und gewollt, dass zum Beispiel EFRE, ESF oder ERASMUS genutzt werden. Dafür wurden sie zumindest auch geschaffen. Mindestens genau so wichtig ist es aber, in Abwandlung eines Zitates in anderem Zusammenhang, dass wir nicht nur fragen, was Europa für uns tun kann, sondern dass wir auch zu fragen beginnen, was wir für Europa tun können.

Europa bestimmt schon jetzt mehr unser tägliches Leben, als vielen bewusst ist. Eine Strategie für Europa bringt deshalb richtigerweise zum Ausdruck, dass man als Bundesland Bremen nicht nur Objekt europäischer Politik sein will, sondern dass man Subjekt und Akteur im Spiel der europäischen Kräfte sein will. Das ist eine wichtige Botschaft, kann aber nur der Beginn sein, denn Papier ist geduldig, entscheidend ist am Ende des Tages das Handeln.

Da steht es, wenn wir einmal genauer hinschauen, nicht zum Besten. Ihre Strategie ist ja auch das Einfordern der Solidarität, zum Beispiel auf den Feldern der Forschungs- und Sozialpolitik. Sie wollen Unterstützung zum Beispiel in der Wirtschaftspolitik in verschiedenen Handlungsfeldern und Kernkompetenzen, neudeutsch Cluster genannt. Sie wissen, dass vor diesem Hintergrund gerade für Bremen der europäische Freihandel und Binnenmarkt höchste Bedeutung hat. Unterstützung ist aber keine Einbahnstraße, Europa ist nicht lediglich eine Schönwetterveranstaltung.

Transporte von Kernmaterial über unsere Häfen sind auch für uns eher Pflicht als Kür, das ist ganz klar, aber sie im Rahmen des Notwendigen zuzulassen, ist unserer Auffassung nach nicht nur ein Gebot europäischer Rechtstreue, sondern auch ein Signal nationaler und internationaler Solidarität, ein Zeichen, wie wir es tätig mit europäischen Standards in der Realität halten, inwieweit wir auch bereit sind, Lasten zu tragen. Ihre Europapolitik setzt sich dem Verdacht aus, eine Politik der Rosinenpickerei zu sein, die aus populistischen Gründen Bremens Glaubwürdigkeit auch in Europa aufs Spiel setzt. Das wird wahrgenommen, und deshalb werden wir, vor allem aber andere, Ihre strategischen Gedanken an den Taten und nicht an der Theorie messen!

(Beifall bei der CDU)

Trotzdem bleibt es richtig, sich offensiv für Europa einzusetzen. Die Krise zeigt, dass wir nicht weniger, sondern mehr Europa brauchen. Hintergründig ist nämlich die Wahrheit, dass die europäischen Strukturen nicht die Ursache der Schwierigkeiten sind, im Gegenteil, hätten wir sie nicht, müssten wir sie spätestens jetzt erfinden. Genau das ist auch das Signal aus Oslo, der Friedensnobelpreis für die Europäische Union ist nicht nur eine wichtige Anerkennung historischer Leistungen, sondern insbesondere eine Ermunterung, in einer schwierigen Phase der Bewährung den eingeschlagenen Weg fortzusetzen und ihn weiterzuentwickeln.

Deutschland wäre in einer globalisierten Welt in vielen politischen Handlungsfeldern allein überfordert. Das gilt für die Umweltschutzziele, aber auch für die Sicherheit in der Welt, die – im Nebensatz sei angefügt – ein Aspekt ist, der erst auf unsere Initiative hin Eingang in die Strategie fand. Von Ihnen wur

de das schlicht ignoriert, und das ist ja auch eine Botschaft.

Entscheidend ist aber, dass Europa umgekehrt massiv von einem starken Deutschland profitiert, einem Deutschland, in dem von der viel zitierten Krise kaum etwas zu spüren ist. Deutschlands Stabilität nützt nicht nur den Menschen hier, sondern ist auch für die Europäer insgesamt wichtig. Die Politik der Bundesregierung ist nicht nur ein nationaler Erfolg, sie hat auch eine starke Stimme in der Europäischen Union, und die ist unverzichtbar für eine Gesundung Europas.

(Beifall bei der CDU)

Die vorgelegte Strategie enthält viele Ansätze, direkt falsch ist vieles nicht.

(Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das ist bremisches Lob, vielen Dank!)

Hören Sie zu! Eine visionäre Sensation, Herr Dr. Kuhn, ist sie nicht. Ein bisschen ist sie ein Allesfänger ohne pointierten Schwerpunkt, ein bisschen von jedem und für jeden. Einiges ist auch nicht direkt neu, sondern eine Fortschreibung von Bekanntem. Das muss nicht falsch sein, wichtig ist, es mit Konsequenz zu verfolgen. Bremen war schon immer international orientiert, und das wollen wir leben und weiterentwickeln. Wir wollen ein föderales und handlungsfähiges Europa, wir wollen kein vorwiegend bürokratisch wahrgenommenes Europa –

(Glocke)

ich komme zum Schluss! –, sondern eine demokratisch subsidiär aufgebaute Union. Deshalb brauchen wir ein starkes Europa, und Europa braucht ein starkes Bremen!

Wir wollen ein für Bürger erlebbares Europa im positiven Sinn, und deshalb wäre ganz konkret in diesem Zusammenhang auch eine intensivere Pflege von Städtepartnerschaften gerade im europäischen Rahmen anzumahnen. Europa bleibt eine Herausforderung und ein Prozess, deshalb sind aus unserer Sicht Umsetzung und kritische Fortschreibung der Strategie zu gegebener Zeit die Botschaften dieser Debatte an den Senat. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Bürgermeister Böhrnsen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mir geht es wie verschiedenen Vorrednerinnen und Vorrednern auch, ich empfinde die Verleihung des Friedensnobelpreises an die Europäischen Union nicht nur als eine großartige Geste, son

dern auch als Ermunterung dafür, dass Europa eben nicht nur rückblickend historisch betrachtet, sondern auch auf die Zukunft gerichtet etwas anderes ist als eine bürokratische, uns einengende, uns reglementierende, mit dem Wort Krise behaftete Institution, sondern sie ist für uns im Alltag und für unsere Zukunft wichtig.

Insofern ist die Europa-Strategie auch nicht allein darauf gerichtet, und da nehme ich gern die Worte von Herrn Dr. vom Bruch auf, weil wir schon in einer früheren Debatte so gegeneinander argumentiert haben: Die Frage ist nicht nur, welche Leistungen wir von Europa erfahren und welche Fördertöpfe wir anzapfen können, sondern an welcher Stelle wir als Bremen im Sinne unserer Landesverfassung auch unseren Beitrag dazu leisten können, damit wir eine europäische Politik haben, die den Menschen dient.

Die EU-Strategie macht deutlich, wie stark Bremen und Europa miteinander verbunden sind. Die EUStrategie zeigt in vielen Feldern konkret auf, welchen Nutzen die Bürgerinnen und Bürger unserer beiden Städte, aber auch Wirtschaft, Wissenschaft und viele andere Bereiche Europas haben, und sie bildet das Fundament unser europapolitischen Anstrengungen der nächsten Jahre in dieser Legislaturperiode.

Das verbinde ich zugleich mit dem Dank an die Europapolitikerinnen und -politiker hier in der Bremischen Bürgerschaft, die das über die Jahre sehr engagiert begleiten, und natürlich brauchen wir das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb des bremischen öffentlichen Dienstes. Ich spreche hier die Europaabteilung unserer Bevollmächtigten beim Bund und für Europa an, die diese EUStrategie federführend erarbeitet hat.

Ich denke aber eben auch, und das ist hier schon lobend erwähnt worden, an unsere Vertretung in Brüssel. Ich war dabei, als wir vor Kurzem 25 Jahre Bremen in Brüssel gefeiert haben. Dabei habe ich wieder einmal feststellen können, auf welche bedeutende Weise wir durch diese Vertretung in Brüssel verankert sind, das ist für ein kleines Land keine Selbstverständlichkeit und hat ganz viel, ich sage sogar wesentlich, damit zu tun, wer für uns in Brüssel tätig ist. Ich denke insbesondere an den langjährigen Leiter der Landesvertretung in Brüssel, Herrn Bruns, und seine Kolleginnen und Kollegen, aber auch an alle, die uns über diese 25 Jahre in Brüssel so verankert haben, und sage ganz herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

In gleicher Weise, und auch das kann man in unserer Vertretung erleben, muss man denen danken – und das tue ich gern –, die aus unserer bremischen Verwaltung für einige Zeit nach Brüssel gehen, um einfach die Verlinkung zwischen unserer europapo

litischen Strategie und unseren bremischen Anliegen in einer besonderen Weise auch leben zu können. Das ist auch keine Selbstverständlichkeit, und das ist sehr gut. Dass ich Staatsrätin Professor Dr. Quante-Brandt natürlich erwähne, das wird Sie nicht verwundern.

Die Zeit reicht nicht aus, die Europa-Strategie hier in allen Einzelheiten anzusprechen, ich will deswegen nur noch einmal auf ein paar ganz wenige Schwerpunkte stichwortartig hinweisen, nämlich das Thema maritime Sicherheit, ein ganz wichtiger Aspekt, in dem Bremen mit seinen Häfen und mit seinem Logistikbereich sehr viel in den verschiedensten Bereichen einbringen kann, auch etwa zum Schutz vor Umweltverschmutzung und so weiter, ein Bereich, für den wir in Europa wirklich etwas mitbringen.

Die Förderung der erneuerbaren Energien ist das nächste Stichwort und steht für die Erreichung der europäischen Klimaziele. Dabei kommt der Erschließung der Windenergiepotenziale in der Nordsee eine große Bedeutung zu. Auf welche Weise könnte die Erschließung besser ergänzt werden als durch unsere bremischen Anstrengungen, unsere bremische Kompetenz und unsere Erfahrung? Oder denken Sie an die soziale Dimension in der Beschäftigungspolitik! Es ist immer unser Anliegen gewesen, die Bedeutung des sozialen Zusammenhalts im Rahmen der europäischen Integration stärker zu verankern, und nicht zuletzt im Zusammenhang und vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise ist dies noch einmal deutlich geworden.

Stichwort: Europa erlebbar machen! Hier denke ich insbesondere an junge Menschen, an Jugendliche. Wir wollen einen neuen Rahmen für die jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa, und wir werden deswegen voraussichtlich im Frühjahr kommenden Jahres erstmalig ein europapolitisches Jugendkonzept für das Land Bremen vorlegen. Dieses Jugendkonzept soll Zielvorgaben für Angebote enthalten, die sich an junge Menschen zwischen 12 und 26 Jahren richten, also Europa auch mit erlebbarem Inhalt erfüllen.

Meine Damen und Herren, ich denke, unsere Europa-Strategie ist ein Kompass für das europapolitische Handeln und eine gute Grundlage für die Politik in Bremen für Europa und mit Europa. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Die Bürgerschaft Landtag nimmt von der Mitteilung des Senats, Drucksache 18/509, Kenntnis.

Kindeswohlsicherung stärken und Kinder wirksam vor Drogenumfeld schützen

Antrag der Fraktion der CDU vom 8. November 2011 (Drucksache 18/106)

Wir verbinden hiermit:

Bericht der staatlichen Deputation für Soziales, Kinder und Jugend zum Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 17/1742) sowie zum Antrag der Fraktion der CDU „Kindeswohlsicherung stärken und Kinder wirksam vor Drogenumfeld schützen“ (Drucksache 18/106) vom 1. Oktober 2012

(Drucksache 18/583)

Meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion der CDU „Kindeswohlsicherung stärken und Kinder wirksam vor Drogenumfeld schützen“ vom 8. November 2011, Drucksache 18/106, ist von der Bürgerschaft (Landtag) in ihrer 8. Sitzung am 10. November 2011 zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für Soziales, Kinder und Jugend überwiesen worden. Diese Deputation legt mit der Drucksachen-Nummer 18/583 nun ihren Bericht dazu vor.

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Frehe.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Ahrens.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gleich am Anfang möchte ich sagen, dass wir unseren Antrag heute zurückziehen werden, da sich zwischenzeitlich die Hälfte der Punkte durch das Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes erledigt hat. Trotzdem möchten wir diese Debatte nutzen, um noch einmal auf ein paar Probleme, die aus unserer Sicht nach wie vor bestehen, aufmerksam zu machen.