Protocol of the Session on November 22, 2012

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Wenn das Parlament erwartete, dass ich Gesetze begründe, dann habe ich sie begründet, lieber Herr Kollege!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie sind nicht das Parlament!)

Sie können sich wieder abregen!

(Unruhe – Glocke)

Bremsen Sie von 120 auf 50 herunter, wir sind in einer geschlossenen Ortschaft, meine Damen und Herren! ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ich verstehe ehrlicherweise Ihre Aufregung nicht, aber es scheint offensichtlich der Fall zu sein, dass Sie da sehr empfindlich sind. Den Grund dafür konnte man gerade den Ausführungen von Herrn Liess entnehmen. Wir haben leider zum wiederholten Mal den Fall, dass ein Gesetzentwurf vorgelegt wurde, der mehr Fragen aufwirft, als er beantwortet. Sie hatten fast ein halbes Jahr Zeit, um sich über die Änderungen dieses Gesetzes Gedanken zu machen. Ich konstatiere, dass es offensichtlich zwischen den Koalitionären immer noch offene Fragen gibt. Ich weiß gar nicht, was Sie die ganze Zeit gemacht haben.

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Nichts Re- levantes!)

Wir werden diesen Gesetzesantrag ablehnen. Wir haben das in unserem Antrag im September begründet. Wir sind der Auffassung, dass dieses Gesetz abgeschafft werden muss. Es ist ein Bürokratiemonster und schadet nachhaltig dem Tourismusstandort Bremen/Bremerhaven.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann gern die Diskussion aus dem September hier wiederholen. Ich glaube aber, die Argumente sind ausgetauscht, sodass ich darauf verzichte. Ich bin gespannt, welche Diskussionen am Check-in- oder Check-out-Counter der jeweiligen Hotels stattfinden, wenn der arme Gast nachweisen muss, dass er beruflich anwesend ist.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Fahren Sie etwa nach Dortmund?)

Der arme Hotelier weiß gar nicht, welche Erklärung er abgeben soll. Hier werden Sachverhalte aufgeworfen, wo sich viele sagen werden, dann werde ich lieber einmal 20 Kilometer weiter in Niedersachsen meine Unterkunft wählen. Das sind doch alles ungeklärte Probleme.

(Beifall bei der CDU)

Das einzige Motiv – und da sind Sie konsequent geblieben, Herr Dr. Kuhn –: Es geht nicht darum, den Tourismusstandort und die Kulturszene zu stärken,

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Es geht darum, Geld dafür zu bekom- men!)

sondern es geht Ihnen allein darum, sich das zurückzuholen, was den Hoteliers durch die Mehrwertsteuerreduzierung über den Bund zur Verfügung gestellt worden ist. Das ist der Kern Ihrer Argumentation, leider auf Kosten und auf dem Rücken des Tourismus

standorts Bremen/Bremerhaven, und deswegen lehnen wir das Gesetz ab.

(Beifall bei der CDU)

Wenn der Senat zur zweiten Lesung Fragen beantwortet, dann haben wir auch noch eine: Wie kommt man auf Einnahmen von 1,4 Millionen Euro, Herr Liess? Die ursprüngliche Einnahmeprognose waren 3,6 Millionen Euro, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Es gibt unterschiedliche Einschätzungen, wie hoch der Anteil der privaten und der geschäftlichen Übernachtungen ist.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Die einen sagen so, die anderen sagen so!)

Sie werden sich im Verhältnis von 30 zu 70 Prozent oder 60 zu 40 Prozent bewegen. Wir schätzen eher 30 als 40 Prozent. Wir schätzen den Bürokratieaufwand erheblich höher ein als 100 000 Euro, weil Sie natürlich für die Nachweispflicht und die Verifizierung der gemachten Angaben nicht mit einem oder eineinhalb Sachbearbeitern auskommen werden. Sie werden auf einen erheblich höheren Personalaufwand an der Stelle kommen. Vor dem Hintergrund, dass das Hotelgewerbe einen freiwilligen Betrag angeboten hat, stellt sich die Frage, ob dieses Delta am Ende des Tages überhaupt noch Sinn als Begründung für dieses Gesetz macht. Daher also auch noch einmal die Bitte, zur zweiten Lesung zu begründen, wie Sie die Einnahmen von 1,4 Millionen Euro errechnen und wie hoch Sie den Bürokratieaufwand letztendlich einstufen!

Uns würde natürlich auch im Rückblick auf die Beratung, die wir beim vorigen Tagesordnungspunkt hatten, interessieren – Sie haben wieder einmal eine Mindereinnahme in Ihrem Haushalt in Höhe von zwei Millionen Euro plus x eingestellt –, wie Sie ein Vierteljahr, nachdem Sie hier den Doppelhaushalt beschlossen haben, damit umgehen wollen – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin davon überzeugt, dass die Einführung einer Citytax weder als Citytax-Knick in die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts Bremens eingehen wird noch in irgendeiner Form den Untergang des Abendlandes oder den Zusammenbruch des Tourismus erzeugen wird.

(Beifall bei der LINKEN) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Im Gegenteil, ich teile nach wie vor die Einschätzung, dass eine Abgabe von einem, zwei oder drei Euro je nach Preisklasse – wie war das, bei 50 Euro ungefähr 1 Euro und ab 120 Euro 3 Euro? – weder Touristinnen und Touristen abschreckt, in Bremen zu übernachten, noch in irgendeiner Weise dazu beiträgt, dass die Hotels weniger Gäste haben. Diese Argumentation und diese Vehemenz passen einfach nicht. Es ist richtig, dass die Erhebung der Tourismusabgabe angesichts der Steuerpolitik auf Bundesebene ein Stück weit Notwehr ist. Ich sage einmal so, wenn die Mehrwertsteuer für Übernachtungen von 19 auf 7 Prozent gesenkt wird, dann haben die Hotels einen sehr deutlichen und weit höheren finanziellen Vorteil, als sie jetzt durch die Citytax zurückgeben müssen. Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Ich bin relativ sicher, dass die vergleichsweise begrenzten Mehreinnahmen, die wir haben, dringend notwendig sind. Es gibt wahrscheinlich 10 oder 20 Fälle, für die man diese Mehreinnahmen ausgeben könnte. Deswegen finde ich es ausgesprochen richtig, dass sich Bremen um die Erhebung einer Citytax bemüht. Jemand hat gesagt, man dürfe sie nicht von Leuten erheben, die beruflich unterwegs sind, sondern nur von Leuten, die privat unterwegs sind. Es kommt jetzt also darauf an, eine Regelung zu finden, die keine größere Anzahl von Polizistinnen und Polizisten und Privatermittlern erfordert, um sozusagen die Richtigkeit der Angaben zu überprüfen, oder dass Steuerprüferinnen und Steuerprüfer eingeschaltet werden müssen, die Tausende von Belegen prüften. Man muss eine Lösung finden, die das Verfahren vergleichsweise einfach gestaltet, und das werden wir bis zur zweiten Lesung diskutieren. Ich bin relativ sicher, wenn ein Hotel glaubhaft macht, dass ungefähr 70 oder 80 Prozent Privatübernachtungen stattfinden, dass im Gesetz geregelt werden könnte, dass dann eine pauschale Abgeltung möglich ist. Das ist meines Erachtens mehr als vernünftig und reduziert den Verwaltungsaufwand tendenziell auf ein Minimum. Über praktische Lösungen, finde ich, kann man zwischen der ersten und der zweiten Lesung noch einmal nachdenken. Ich bin relativ sicher, dass wir dann ein Gesetz verabschieden, das im Rahmen der Möglichkeiten Mehreinnahmen generiert, ohne ein bürokratisches Monster erforderlich zu machen. Der Senat wird sich dieser Aufgabe stellen, und wir werden, so gut es geht, daran mitwirken und dieses Gesetz dann in zweiter Lesung verabschieden. – Vielen Dank! (Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Strehl.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kastendiek, wenn jetzt etwas falsch

gelaufen ist und es an mir liegt, dann nehme ich das gern auf meine Kappe. Mir war jedenfalls nicht bewusst, dass der Gesetzesantrag vom Senat eingebracht wird, aber man kann ja vielleicht auch noch einmal in der Geschäftsordnung nachschauen.

Der Senat hat in den letzten Wochen sehr häufig mit Vertretern der DEHOGA über die Frage diskutiert, wie es mit der Citytax weitergeht. Wir haben – ich will es hier laut sagen – auch mit den Vertretern der DEHOGA darüber gesprochen, ob es andere Möglichkeiten gibt, um das zu erreichen, was wir mit der Citytax erreichen wollen, nämlich eine Stärkung des Kulturstandorts Bremen und eine Stärkung des Tourismus in Bremen. Die Hoteliers haben uns angeboten, einen sechsstelligen Betrag freiwillig zur Verfügung zu stellen. Ich will damit nur ausdrücken, dass die Hoteliers tatsächlich auch ein großes Interesse am Zweck dieser Citytax haben, nämlich der Verbesserung und der größeren Ausbreitung kultureller Möglichkeiten in Bremen.

Wir haben uns im Senat entschieden, diesen Weg so nicht zu gehen, weil wir glauben, dass die Einschätzung realistisch ist, dass 1,4 Millionen Euro über die Citytax von privaten Hotelnutzern generiert werden können. Ich will es auch gleich kurz begründen. Das ist eine Zahl auf der Grundlage der aktuellen Ergebnisse der Schätzung des zweiten Quartals, in dem ja die Citytax von den Hoteliers eingenommen worden war. Nicht von uns! Wir haben das Geld nicht angenommen, weil das Urteil im Juni gesprochen worden ist. Das sind die Zahlen, die tatsächlich von den Hoteliers gemeldet worden sind.

Ich sage bewusst jetzt Hoteliers. Es ist ein kleiner Nebeneffekt der Citytax gewesen, dass wir herausgefunden haben – davon war auch die DEHOGA überrascht –, dass es in Bremen und Bremerhaven 361 Gästebetriebe gibt. Das hätte die DEHOGA so vorher auch nicht sagen können. Auch daran kann man sehen, dass die Einschätzung, die wir in der Haushaltsplanung für das Jahr 2012 zu dem Gesetz hatten, eigentlich viel niedriger ist, als wir erwartet haben. Wir haben die 1,4 Millionen Euro tatsächlich aufgrund der aktuellen Zahlen im zweiten Quartal – 30 Prozent privat, 70 Prozent beruflich – berechnet. Insofern gehen wir davon aus, weil das zweite Quartal kein besonderes Quartal in Bremen war, dass dieser Betrag eine realistische Größenordnung ist.

Ich würde mich freuen, wenn man bis zur zweiten Lesung – und dafür ist das Instrument der ersten und zweiten Lesung im parlamentarischen Verfahren wichtig – Möglichkeiten findet, eine rückwirkende Regelung im Gesetz vorzugehen, sodass wir tatsächlich Rechtsfrieden erreichen. Ich will nur die Information geben: Sollten wir ein anderes Verfahren wählen, und das Finanzgericht wird angerufen, und es kommt zur Befassung des Bundesverfassungsgerichts, dann dauert es vielleicht drei Jahre! In der Zeit werden wir auf das Geld nicht zugreifen können, und das ist vielleicht auch noch einmal ein wichtiges Argu

ment. Wir können das Geld nicht jetzt schon vereinnahmen, sondern wenn die Klageverfahren laufen, ist die Vereinnahmung ausgesetzt. Insofern wäre auch das noch einmal ein Argument zu überlegen, ob man eine gemeinsame Lösung findet.

Wir wollen gern daran mitarbeiten und würden uns freuen, wenn wir bis zur zweiten Lesung zu einem gemeinsamen Verfahren kommen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Als Erstes lasse ich über den Gesetzesantrag der Fraktion der CDU in erster Lesung abstimmen.

Wer das Gesetz zur Aufhebung der Tourismusabgabe, Drucksache 18/530, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt das Gesetz in erster Lesung ab.

Damit unterbleibt gemäß Paragraf 35 Satz 2 der Geschäftsordnung jede weitere Lesung.

Jetzt lasse ich über den Gesetzesantrag des Senats abstimmen.

Wer das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Erhebung einer Tourismusabgabe, Drucksache 18/595, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)