Protocol of the Session on July 6, 2011

Meine Damen und Herren von der Koalition, wir brauchen leistungsstarke Schüler, und wir müssen Hochbegabte viel mehr fördern als bisher!

(Beifall bei der CDU)

Wissen Sie auch, dass wir Leistung noch aus einem ganz anderen Grund einfordern müssen, und zwar an allen Schulformen und von allen Schülern? Ich sage, was passiert, wenn schulische Leistung nicht mehr zählt, wenn Chancengerechtigkeit und Aufstiegschancen sich nicht mehr an Leistung orientieren, dann zählen wieder Papas Portemonnaie, Mamas gute Kontakte und Großvaters Reputation. Das ist undemokratisch und gefährlich. Das wollen wir nicht. Deshalb stehen wir dazu: Die Leistung muss zählen!

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das sagt jetzt gerade die CDU!)

Deshalb ist es auch fatal, dass Sie zu unseren großen bildungspolitischen Problemen nichts Konkretes sagen wollen oder auch können. Beseitigen Sie bitte endlich dieses unerträglich hohe Ausmaß an fachfremd erteiltem Unterricht! Das muss oberste Priorität haben.

Wir brauchen möglichst schnell die Privatschulgesetznovelle. Die angekündigte ressortübergreifende Arbeitsgruppe erscheint uns wieder wie ein Verschiebebahnhof. Sie können nicht zuerst die Schulen in freier Trägerschaft bei der Kostenerstattung aushungern lassen, sich dann darüber beklagen, dass sie Schulgeld nehmen, und ihnen dann noch vorwerfen, dass sie die soziale Spaltung vorantreiben. Das ist unredlich!

(Beifall bei der CDU)

Der SPD-Fraktion kann ich nur sagen: Akzeptieren Sie endlich den im Grundgesetz festgesetzten freien und garantierten Gestaltungsspielraum der Schulen in freier Trägerschaft, und beenden Sie die Gängelei und diese Schikanen!

(Abg. G ü n g ö r [SPD]: Was für eine Schi- kane?)

Sie wollen den ökologischen Umbau vorantreiben, das ist richtig und wichtig, aber Sie dürfen die Menschen und ihre Bedürfnisse dabei doch nicht gegeneinander ausspielen! Das ist genau das, was Sie tun, wenn Sie Hauptverkehrsachsen zu Parkstreifen machen, wenn Sie mit wirkungslosen Umweltzonen die Wirtschaft gängeln, wenn Sie mit Tempolimits den Verkehr ausbremsen und wenn Sie die Gewerbeentwicklung durch die Ausweisung von Naturschutzgebieten behindern.

Leben und Arbeiten, Mobil sein, Wirtschaften, Lernen und Wohlfühlen, Jung und Alt, all dies muss gemeinsam in einer Großstadt möglich sein. Verbote und Gebote helfen da nicht weiter. Ich hoffe sehr, dass der neue Senator für Bau, Umwelt und Verkehr seine Zuständigkeit für Stadtentwicklung als Klammer sieht.

Wer Gebühren für Straßen plant, denen keine kommunalen Leistungen gegenüberstehen, der kassiert einfach nur ab. Das gilt auch für Ihre sogenannte Kulturförderabgabe, von der ich immer höre, dass man sie schon sehr salopp Matratzenmaut nennt. Dabei ist noch nicht einmal klar, was Sie wirklich wollen. Im Koalitionsvertrag ist von einer Straßenreinigungsgebühr die Rede und von einer Straßensanierungsgebühr. Worauf muss sich denn der Anlieger jetzt eigentlich einstellen?

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Beides! – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das sind nur zwei unterschiedliche Dinge! – Abg. T s c h ö p e [SPD]: Das steht auf unterschiedlichen Seiten!)

Wird das nur eine Gebühr, die die Schlaglöcher endlich beseitigt, oder wird der Bürger abgezockt, um die Löcher im Haushalt zu stopfen? Eines weiß ich aber ganz genau: Frau Bürgermeisterin Linnert war zu der Zeit, als Sie in der Opposition war, in jedem Fall einmal gegen diese Gebühr.

(Beifall bei der CDU)

Auch bei dem Thema Abfallentsorgung beschwören Sie staatliche Allmachtsfantasien. Der Staat kann aber nicht alles besser, und öffentliche Daseinsvorsorge bedeutet eben nicht alles zurück zum Staat, wie Sie es mit der Rekommunalisierung vorhaben. Ein wirklich wunderschöner Begriff, Rekommunalisierung! Das klingt so gemütlich und vertrauensvoll, ohne dass der Bürger wirklich nachvollziehen kann, was hier genau gemeint ist und was es für ihn bedeutet. Der Staat muss die Aufgabenwahrnehmung sicherstellen, er muss sie aber nicht selbst erbringen, deshalb gilt auch hier: Private sind nicht nur erwünscht, sondern können vieles einfach besser!

(Beifall bei der CDU)

Eine kurze Bemerkung zur Energiepolitik! Ausgelöst durch die apokalyptischen Ereignisse in Fukushima hat die Bundesregierung nun eine historische Kehrtwende in der Energiepolitik vollzogen, die letzte Woche überparteilich im Bundestag mit den Stimmen der SPD und der Grünen beschlossen worden ist. Unsere Sorge ist aber, dass Sie in der Koalition die Chancen der Energiewende für Bremen verschlafen. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Wir haben das Knowhow in Forschung und Entwicklung, und wir haben die Institute und die Firmen vor Ort. Bremerhaven hat sich zu einem echten Kompetenzzentrum für Offshore-Windenergie entwickelt.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Durch Schlafen scheinbar!)

Über tausend neue Arbeitsplätze sind schon entstanden, und wir wollen, dass sich da noch mehr Unternehmen ansiedeln und mehr Arbeitsplätze entstehen. Das geht aber nur mit einer offensiven Infrastrukturpolitik.

(Beifall bei der CDU)

Kümmern Sie sich doch darum, dass die Windkraftbranche einen eigenen Ansprechpartner bekommt, und sorgen Sie dafür, dass der Offshore-Terminal in Bremerhaven zügig fertig wird!

Interessant ist aber auch noch der letzte Punkt, zu dem ich kommen will. Das haben Sie, Herr Böhrnsen, anders ausgeführt, als man das in den Koalitionsvereinbarungen konkret lesen kann. Die Innenpolitik ist in der Koalitionsvereinbarung irgendwie gar nicht betroffen. In der Innenpolitik erleben wir eine völlig verkehrte Welt: Die Koalition hat vor allem dort eine Vollkaskomentalität, wo eigentlich Eigenverantwortung gestärkt werden müsste, aber ausgerechnet da, wo der Staat das Gewaltmonopol hat, zeigt der Senat wenig Willen zu handeln.

Der neue Verfassungsschutzbericht spricht hier eine klare Sprache. Bremen liegt bei der Zahl linksextremistischer Gewalttaten auf Platz eins. Bei den rechtsextremistischen Gewalttaten liegt Bremen im unteren Mittelfeld mit nur geringem Abstand zu dem letzten Platz mit den wenigsten Straftaten. Das ist übrigens kein einmaliges Phänomen wegen der Einheitsfeier. Es handelt sich hier um einen bundesweiten Trend, bei dem Bremen die Spitze übernommen hat, und warum? Weil Sie im Senat leider nicht mit gleichem Maßstab bei der Bekämpfung von Links- und Rechtsextremismus vorgehen!

(Beifall bei der CDU)

Trotzdem war der Linksextremismus der SPD und den Grünen nicht eine einzige Zeile im Koalitionsvertrag wert. Ändern Sie das! Die Bremerhavener und Bremer wollen gleichermaßen von Links- und Rechts

extremismus verschont bleiben, sie wollen keine Krawalle und von vermummten Autonomen im schwarzen Block verschont werden.

(Beifall bei der CDU)

Bei der Jugendkriminalität haben wir es mit einer Verlagerung hin zu schwereren Delikten zu tun. Bremen belegt hier bei den Straftaten je Einwohner Platz 15 und bei der Aufklärungsquote Platz 14. Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung wird dadurch nicht verbessert, und die Alltagserfahrung ist eher von Beschaffungskriminalität geprägt. Wenn es dem Justizsenator auch schwerfallen wird, es würde der Rechtspflege guttun, wenn er sich mehr um die Belange der Staatsanwaltschaft kümmern würde.

(Beifall bei der CDU)

Egal ob bei Rocker- und Jugendkriminalität oder kriminellen ethnischen Clans, ohne entsprechendes Personal kommt es eben hier nicht zur schnellen Anklage, das ist aber wichtig, und wir fordern, dass die Zeit zwischen Begehung der Tat und dem Gang zum Gericht bei allen Straftaten verringert werden muss!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren von der Koalition, haben Sie endlich den Mut zur Entscheidung! Sie haben die Zweidrittelmehrheit, damit haben Sie viel Kraft. Nehmen Sie die Ihnen übertragene Verantwortung auch wahr, und reichen Sie diese nicht einfach weiter! Die Zeit der blumigen Ankündigungen und Prüfaufträge – heute haben wir es wieder gehört: wir wollen, wir prüfen, wir überprüfen – ist nun wirklich vorbei. Verstecken Sie sich nicht hinter den runden Tischen, sondern sagen Sie auch dort, was Sache ist!

Unser Eindruck ist, Sie haben sich sehr bequem eingerichtet, und ich habe noch die Worte des Alterspräsidenten im Ohr, der sagte nämlich, wer zu bequem sitzt, strengt sich nicht mehr an. Wer entscheiden soll, und das ist Ihre Aufgabe als Senat, der muss sich aber anstrengen! Das ist kein Kursbuch, das Sie vereinbart haben, sondern ein Sonderfahrplan auf ein Abstellgleis, voller Verspätungen, Ausfälle und technischer Störungen! – Vielen Dank!

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dr. Mohr-Lüllmann, gestatten Sie mir, dass ich etwas fassungslos über Ihre Rede ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

bin! Ich habe das hinreichend als bizarr empfunden, was Sie uns hier geboten haben.

(Zurufe von der CDU)

Sie sagen, wir sparen nicht genug, das ist Ihr Entree in diese Rede. Sie kommen aus der Rede damit heraus, dass wir im Bereich Justiz nicht genug Personal haben. Das ist unlogisch.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Nein!)

Lassen Sie mich aber doch einmal ganz ehrlich sagen: Es ist dasselbe Stück, das Sie in den letzten vier Jahren hier aufgeführt haben,

(Beifall bei der SPD)

und täglich grüßt das schwarze Murmeltier! Das geht irgendwann auch nicht mehr weiter, dass man sich darauf beschränkt.

Sagen Sie, was stimmt denn nun? Die SPD hat 66 Jahre lang dieses Bundesland mitregiert, und in diesem Bundesland wird das zweithöchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf erzielt. Ist das nun ein Erfolg,

(Zuruf des Abg. S t r o h m a n n [CDU])

oder ist es so, dass es ohne die SPD ein doppelt so hohes Bruttoinlandsprodukt gegeben hätte?

(Abg. S e n k a l [SPD]: Genau!)

Das ist – entschuldigen Sie – intellektuell erbärmlich, was Sie hier abgeliefert haben!

(Beifall bei der SPD)

Ich habe versucht mitzuschreiben, und habe überlegt, was ich jetzt sagen kann. Ich habe irgendwann an dem Punkt aufgehört, als Sie – –.