Wenn wir sagen, in der Schweiz ist es schön, in der Schweiz ist der Rentenbetrag nur halb so hoch, dann liegt es daran, dass alle einzahlen. Das muss auch in Deutschland angegangen werden.
Der zweite Punkt ist eine Absicherung gegen Altersarmut. Wir müssen auch eine Absicherung gegen Altersarmut einziehen. Wir können nicht akzeptieren, dass Altersarmut wieder zu einem Massenphänomen in unserer Gesellschaft wird. Das hat Herr Gottschalk ja gut beschrieben. Es ist eine sehr große Leistung des solidarischen und umlagefinanzierten Rentensystems, die Altersarmut weitestgehend zurückgedrängt zu haben.
Die Reichtums- und Armutsberichte der Bundesregierung und auch der von meinem Haus vorgelegte Bericht für Bremen belegen, dass das Risiko der Altersarmut bislang zwar noch unterdurchschnittlich stark ausgeprägt ist, aber deutlich – und das ist auch in Bremen so – von Jahr zu Jahr wächst. Bremen hat, das zeigt auch unser jährlich vorgelegter Vergleich der sozialen Sicherung, von den 16 großen Großstädten Deutschlands das niedrigste Niveau der Altersrenten. Es ist daher richtig, in die gesetzliche Rentenversicherung eine Mindestsicherung einzubauen, wie sie mit der Rente nach Mindesteinkommen schon in der Struktur vorhanden war.
Ich finde, Leistungshöhe und Anspruchsvoraussetzungen müssen noch diskutiert werden, aber der Grundsatz ist eigentlich klar: Wer ein Leben lang er
werbstätig war, Kinder erzogen oder pflegebedürftige Angehörige betreut hat, muss eine ausreichende Rente deutlich oberhalb der Sozialhilfe bekommen. Das halte ich als Ziel für richtig.
Es müssen für diese Herausforderung aber Lösungen gefunden werden, die nachhaltig sind und dem sich verändernden Altersaufbau der Bevölkerung Rechnung tragen.
Ich hatte einen Professor im ersten Semester in Göttingen, das fiel mir soeben ein, als Herr Rohmeyer dies gesagt hat – ich habe vom ersten Semester bis zum Diplom Sozialleistungsrecht studiert –, der immer Geschichten erzählt hat. Er hat gesagt: Sie im Alter von 20 Jahren müssen jetzt eigentlich über Ihre Rente diskutieren. Damals hatten wir die Diskussion um die Verlängerung der Lebensarbeitszeit, wir waren alle strikt dagegen. Heute muss ich sagen, es war eine wichtige Debatte, die dort angestoßen wurde. Persönlich, sage ich einmal, hat ja kein Mensch Lust, länger zu arbeiten.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Es gibt viele! Es gibt viele Men- schen, die das wollen!)
Doch, manchmal hat man dazu auch Lust! Herr Dr. Güldner schaut mich an. Wer freiwillig länger arbeiten will, soll auch freiwillig länger arbeiten, es gibt auch viele!
Man muss sich aber mit der Frage auseinandersetzen, dass wir immer weniger Menschen haben, die die Beiträge leisten, und immer mehr Menschen, die auf die Rente zurückgreifen. Da müssen wir schon schauen, wie sich das System tragen kann.
Unter Rot-Grün wurde die gesetzliche Rentenversicherung als erste Säule stabilisiert, und die betriebliche und private Vorsorge wurden als zweite und dritte Säule ausgebaut. Ich finde, Herr Gottschalk hat die Risiken klar benannt, und auch ich erlebe es oft: Die private Altersvorsorge ist auch in Bremen für viele Menschen unerreichbar. Sie haben einfach nicht das Geld übrig, da einzuzahlen.
Sie stehen irgendwann vor den Türen der Sozialzentren und später dann auch bei der Rentenversicherung. Dann setzt die Angst ein, wie sie hier beschrieben wurde.
Aus diesem Grund haben wir auch die Einführung der Rente mit 67 Jahren mitgetragen unter der Prämisse, dass mehr als 50 Prozent der rentennahen Jahrgänge sozialversichert beschäftigt sind, und wir
setzen uns für mehr Teilhabe von Älteren auf dem Arbeitsmarkt ein. Das ist der Punkt, den ich soeben angesprochen habe. Wir benötigen aber flexiblere Übergangsmöglichkeiten in den Ruhestand und mehr Schutz für die Menschen, die nicht bis zur Regelarbeitsgrenze arbeiten können, und die haben wir nun auch einmal.
Die Herausforderung der Alterssicherungspolitik und insbesondere die Bekämpfung der wachsenden Gefahr der Altersarmut sind allerdings nicht durch Reformen der gesetzlichen oder privaten Rentenvorsorge allein zu bewältigen. Im Gegenteil, die weitgehende Konzentration der politischen Debatte darauf lenkt sogar davon ab, weil es für die Bekämpfung der Altersarmut genauso notwendig ist, über die Wirtschaftspolitik zu sprechen. Sind ältere Menschen im Arbeitsleben erwünscht? Welche Übergänge haben wir? Es geht aber auch um Sozial- und Bildungspolitik, und das muss auch mit diskutiert werden. Deshalb ist zur Bekämpfung des Risikos der Altersarmut nichts wichtiger als die Stärkung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung.
Neben der Einführung eines allgemeinen Mindestlohns, wie ich soeben ausgeführt habe, ist dafür vor allem die gesetzliche Durchsetzung des Prinzips „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ bei Frauen und Männern, bei Leih- und Zeitarbeit, bei festangestellten Arbeitskräften und ein insgesamt höheres Einkommensniveau wichtig.
Es gibt immer noch diese eklatanten Unterschiede – ich will es manchmal nicht glauben, wenn ich die Statistiken sehe –, dass Frauen in bestimmten Positionen manchmal Hunderte von Euro weniger verdienen als Männer, die die gleiche Tätigkeit ausführen. Das muss sich doch ändern. Das ist eine Sache, an die wir heranmüssen.
Ja, eg-check wird immer gerufen! Es gibt verschiedene Verfahren, aber ich sage einmal, das ist eine Sache, an die wir politisch heranwollen, und wir werden uns damit auseinandersetzen müssen.
Ich finde, der Antrag der LINKEN macht es sich ein wenig zu einfach und blendet die Probleme und Handlungsbedarfe ein bisschen aus. Ich empfehle daher, ihm nicht zuzustimmen. Ich finde es aber richtig, dass wir, so wie Herr Gottschalk gesagt hat, die Debatte hier im Haus weiterführen und auch eine gemeinsame, vielleicht Bremer Position der Bremischen Bürgerschaft und des Senats entwickeln. Aus meiner Sicht soll die Rente aber sicher sein. Wir müssen
uns dafür einsetzen, dass mehr Menschen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, damit die Rente wirklich sicher bleibt und bleiben wird, so wie es sich Herr Blüm einst erträumt hat. – Danke schön!
Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 18/562 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Auswirkungen der finanziellen Defizite der Gesundheit Nord auf die Bürgschaften des Landes und der Stadtgemeinde Bremen
Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 18/557, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die zugegeben sehr sparsame Antwort des Senats auf die Große Anfrage rechtfertigt eigentlich keine Aussprache zum heutigen Tagesordnungspunkt, zumal wir
über die Ausgangssituation an sich schon gestern im Rahmen der Aktuellen Stunde miteinander debattiert haben. Der Umstand, dass der Senat aber bis heute nicht in der Lage ist, auf die aus unserer Sicht – und ich weiß, auch aus Sicht der Koalition – vielfach richtig gestellten Fragen eine Antwort zu geben, ist für die CDU-Bürgerschaftsfraktion sehr wohl Anlass, in die Debatte einzutreten.
Noch einmal die Eckdaten! Wir wissen, übrigens auch nicht erst seit Mitte Juli, sondern schon seit dem letzten Jahr, dass unsere städtischen Kliniken einen schweren Kurs fahren. Wir wissen, dass das umfangreiche Investitionsvorhaben des Klinikums BremenMitte mit dem Teilersatzneubau eine neue Lücke von rund 35 Millionen Euro nach heutigem Stand im Haushalt des GeNo-Verbunds gerissen hat. Wir wissen, dass wir spätestens seit Beginn dieses Jahres ein dauerhaftes Finanzierungsproblem der laufenden Kosten des Klinikverbunds haben. Nach vorläufigen Hochrechnungen liegt dieses in diesem Jahr saldiert für alle vier Kliniken bei vielleicht „nur“ 20 Millionen Euro. Die nächsten Jahre werden ohne Gegensteuerungsmaßnahmen keine Änderung bringen. Wir stehen also vor gewaltigen Herausforderungen.
Umso enttäuschender ist, dass der Senat bis heute nicht in der Lage gewesen ist, auf diese wichtige Zukunftsfrage den Patientinnen und Patienten, den Bremerinnen und Bremern, aber insbesondere auch den Beschäftigten im Klinikverbund eine schlüssige und nachvollziehbare Antwort zu geben. Nicht Ausweichen, sondern Handeln zum Wohle der Menschen wäre auf die Fragen der CDU-Fraktion das richtige Verhalten gewesen!
Ich sage dies auch deswegen, weil diese Krise ja nicht über Nacht über die städtischen Kliniken hereingebrochen ist, sondern weil wir spätestens aus den Controllingberichten des gesamten letzten Jahres, sicherlich auch aus der Anpassung der Wirtschaftspläne für dieses Jahr, auf jeden Fall fortlaufend unter Beteiligung der Gesundheitssenatorin Kenntnis von dieser existenzbedrohenden Krise der Kliniken haben. Insofern kann man nicht verstehen, weshalb die zuständigen Senatorinnen oder der gesamte Senat über ein Jahr brauchen, um das System ansatzweise zu analysieren, aber noch nicht eine einzige Lösung für dieses entscheidende Problem in Bremen gefunden und angeboten haben.