Wir werden auch unsere Arbeit vor Ort weiter intensivieren. Wir haben ja seit dem Jahr 2004, glaube ich, einen runden Tisch mit sehr vielen Akteuren, der regelmäßig zusammenkommt, und das ist eine große Hilfe. Es gilt hier, nicht nur mit Mitteln des Polizeirechts zu operieren, sondern man braucht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Die Diakonie, die Innere Mission machen das in vorbildlicher Weise. Viele andere, die Frauenhäuser, sind beteiligt, das Gesundheitsamt, die Polizei ist auch dabei, aber allein reicht das nicht. Deswegen müssen wir versuchen, hier so viele Beteiligte wie möglich zu organisieren, damit wir dieses Problem angehen. Ich hoffe, dass wir aber irgendwann auch Licht am Ende des Tunnels sehen, und das heißt dann natürlich, dass wir eine grundlegende Reform des derzeitigen Bundesrechts erreichen, denn ohne diese Veränderung sind viele Dinge auf Landesebene nicht möglich. – Danke sehr!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Senator, nehmen Sie mir es nicht übel, aber ich werde ein wenig ungeduldig. Ich werde deshalb ungeduldig, weil wir dieselbe Debatte im Jahr 2010 geführt haben. Wir haben die Debatte geführt, wer eigentlich für die Regelung der Prostitution zuständig ist. Sie haben damals gesagt: Ich versuche, etwas über die IMK zu erreichen. Ich habe zu denen gehört, die damals schon geglaubt haben, dass es nicht besonders erfolgversprechend sein wird.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, wir in der Koalition – ich glaube, das ist auch sehr deutlich geworden –, das Haus möchten dieses Problem gelöst haben. Das Haus möchte nicht damit vertröstet werden, wer zuständig ist und ob es Spielräume gibt. Wir erwarten, dass der Senat ein Gesetz vorlegt, das die Zwangsprostitution von der legalen Ausübung der Prostitution trennt, und wenn der Bund sich irgendwann entscheiden mag, etwas Ähnliches vorzulegen, dann tritt natürlich das Landesrecht außer Kraft. Aber wir wollen nicht mehr in die Mühle geraten, wer eigentlich zuständig ist, sondern wir wollen, dass dieses gesellschaftliche Problem endlich gelöst wird.
Wir haben großes Vertrauen, dass der Senat diesen Arbeitsauftrag verstanden hat, aber wir wollen ihn umfassend gelöst haben und darüber keinen Bericht haben, wer am Ende des Tages hierfür zuständig sein kann, sondern ein Landesgesetz soll in diesem Jahr dieses Haus erreichen. Ich hoffe, dass wir uns auf diese Sache verständigen können, und vielleicht könnte man im Senat ja auch erreichen, dass es kein innenpolitisches Thema ist. Vielleicht ist es ja auch ein frauenpolitisches Thema, oder vielleicht ist es auch ein wirtschaftspolitisches Thema. Ich rege an: Wir wollen es gemeinsam lösen.
Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 18/351 abstimmen.
Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 18/351 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Jetzt lasse ich über den Antrag der Fraktion der CDU abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 18/438 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab. Zum Schluss lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 18/517 abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 18/517 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.
Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Jürgens-Pieper. Die Beratung ist eröffnet. Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bensch.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben vorhin das Thema Zukunft der Pflege diskutiert und dabei alle festgestellt, ja, wir müssen etwas tun, wir müssen die Pflegeberufe in ihrer Attraktivität steigern. Meine Damen und Herren, jetzt und hier haben Sie die Möglichkeit, einmal einen zwar kleinen, aber dennoch sehr konkreten Schritt zu tun, und so lautet natürlich meine Forderung: Stimmen Sie unserem Antrag zu, der da lautet „Attraktivität der Pflegeberufe steigern – Einrichtung einer Pflegekammer prüfen“! interjection: (Beifall bei der CDU) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Es ist ein sehr niedrigschwelliger Antrag. Wir als CDU wollen nicht besserwisserisch sagen, die Pflegekammer muss kommen, und so wird sie aussehen. Wir sagen, es ist ein Prüfauftrag an den Senat – sehr niedrigschwellig –, und ich gehe davon aus, alle haben ihn noch nicht einmal gelesen. Deswegen lese ich Ihnen einmal diesen kurzen Prüfauftrag vor, ich zitiere:
„Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, der Bürgerschaft (Landtag) unter Einbeziehung von praxiserfahrenen Pflege- und Sozialexperten, Pflegeverbänden und dem Bremer Pflegerat bis zum 1. Februar 2013 einen Bericht über die Zweckmäßigkeit der Errichtung einer Bremischen Pflegekammer zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen, der die rechtlichen, finanziellen und sächlichen Voraussetzungen für die Einrichtung einer solchen Kammer prüft und insbesondere darauf eingeht, inwieweit eine doppelte Beitragsbelastung der Pflegenden durch Arbeitnehmer- und Pflegekammer vermieden werden kann.“
Meine Damen und Herren, wer solch einen niedrigschwelligen Prüfauftrag ablehnt, der zeigt und dokumentiert politisch eindeutig, dass er die berechtigten Anliegen der Pflegenden nicht ernst nimmt.
Wer diesen niedrigschwelligen Prüfauftrag ablehnt, der dokumentiert auch ganz deutlich, dass er ihnen noch nicht einmal den Hauch einer Chance zur Errichtung einer Pflegekammer geben möchte. Wer so handelt, steht nicht an der Seite der Pflegenden im Lande Bremen.
Weil wir ja die Koalition von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen haben: Meine Damen und Herren, wissen Sie eigentlich, was derzeit in Schleswig-Holstein passiert? Rot-grüne Koalitionsverhandlungen: Eine Pflegekammer wird kommen. Wissen Sie eigentlich, was in Rheinland-Pfalz passiert, wo es schon seit Jahren die Vorbereitungen gibt? Dort geht man konkret unter Beteiligung genau dieser Experten voran.
Trotzdem, obwohl der politische Wille aller vorhanden ist, hat auch die Politik nicht das letzte Wort. Rheinland-Pfalz sagt – und das sind die Gespräche im Ministerium, SPD-geführt –, es wird ein Quorum kommen, und zwar bekommen alle Pflegenden sozusagen nach einer Informationsoffensive die Abfrage: Wollen Sie das überhaupt? Von den 38 000 Betroffenen in Rheinland-Pfalz, so ist das Einvernehmen, möchte man ungefähr ein Drittel Rückläufer haben, und von diesem einen Drittel der Meinungen der Rückläufer sollen sich zwei Drittel klar und deutlich für die Errichtung eine Pflegekammer aussprechen. Erst wenn diese Hürde von den Pflegenden selbst genommen ist, dann wird die Pflegekammer kommen.
Insofern, meine Damen und Herren, rufe ich auch Sie hier in Bremen dazu auf, diesen Prüfauftrag anzunehmen. Tun Sie wirklich etwas für die Stärkung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Pflegebereich, schaffen Sie eine Attraktivität der Pflegeberufe, und sagen Sie, ja, wir wollen die Einrichtung einer Pflegekammer prüfen! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Zunahme älterer und hochbetagter Menschen mit chronischen und multimorbiden Leiden, veränderte Versorgungsstrukturen, neue technische Möglichkeiten in der Diagnostik und auch in der Therapie, veränderte Bedarfe und Erwartungen der Patienten und Pflegebedürftigen sowie steigende Anforderungen an das Qualitätsmanagement, all diese Punkte stellen eine Herausforderung für Berufsgruppen im Gesundheitswesen dar. Man kann eigentlich sagen, die deutschen Gesundheitsberufe sind im Umbruch. Im Zentrum dieses Umbruchs stehen die Umorganisation von Arbeitsabläufen und die Neuorganisation der Arbeitsteilung zwischen den Berufen.
Die Zukunft wird die Auseinandersetzung über die Delegation ärztlicher Tätigkeiten auf Pflege und anderes Gesundheitspersonal, aber auch die Übertragung pflegerischer Aufgaben auf Assistenz- und Servicekräfte und die Schaffung neuer Berufe und Tätigkeiten sein. Alle diese Punkte werfen viele Fragen auf, nicht nur berufspolitische Fragen, sondern auch Aushandlungsprozesse über Aufgabenverteilung unter den verschiedenen Berufsgruppen. Doch wer hat die Legitimation zur Aushandlung? Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Forderung nach einer Pflegekammer jetzt noch einmal verstärkt kommt, denn die Diskussion ist ja schon über 15 Jahre alt.
Einige Bundesländer, das wurde hier schon gesagt, zum Beispiel Rheinland-Pfalz und SchleswigHolstein, prüfen die Einrichtung einer Pflegekammer. Die CDU beantragt zwar ausdrücklich, der Senat solle prüfen, aber in dem Antrag steht es ein bisschen anders, nämlich dass sie sich schon für eine Pflegekammer ausspricht. Das ist uns so zu wenig, und es ist auch nicht richtig, weil es zu einseitig ist, denn nicht nur die gesellschaftliche Wertschätzung der Pflege muss erhöht werden, sondern der ganze Umgestaltungsprozess muss aktiv mitgestaltet werden. Ist die Kammer da eine richtige Antwort? Da sind für uns noch viele Fragen offen, und wir Grüne haben unsere Meinungsfindung dort auch noch nicht abgeschlossen.
Wenn schon Zwangsmitgliedschaft, dann eine hohe Anforderung an Transparenz und an demokratische Verfahren!
Ganz wichtig: Die Angehörigen des Berufsstands selbst, also die Pflegenden, müssen wollen. Was kann und soll die Kammer leisten? Wo ist die Abgrenzung zwischen Tarifpolitik und Fachpolitik? Diese Fragen müssen beantwortet werden, aber es ist auch zu fragen, ob es sinnvoll ist, die weitere Vereinzelung von Gesundheitsprofessionen zu fördern. Darüber hinaus sind noch Fragen der Verfassungsmäßigkeit zur Zwangsmitgliedschaft im Angestelltenverhältnis zu klären, und es muss die Frage beantwortet werden, wie das zukünftige Verhältnis zu Gewerkschaften beziehungsweise auch der Arbeitnehmerkammer sein soll. Alle diese Argumente wollten wir Grüne eigentlich gern untersuchen und abwägen. Wir hätten uns auch gern einen Bericht vorgestellt, aber den wird es nicht geben. Wir werden deshalb ganz intensiv auf die anderen Berichte schauen, und die Diskussion haben wir auch mit Beteiligten geführt und werden sie auch weiterführen. Ich wünsche mir – das war ja in der letzten Debatte über Pflege hier auch zu hören –, dass diese Pflegeoffensive, die es hier seit dem Jahr 2011 im Land gibt, die sich gegen den Fachkräftemangel wendet und dagegen auch Strategien erarbeiten will, nicht weiter ruht. Die Fraktion der Grünen wünscht sich, dass die Mitglieder der Bremer Pflegeoffensive weiter an ihrem Ziel arbeiten, dem Fachkräftemangel in der Pflege im Land Bremen aktiv entgegenzutreten. Dieser Umwandlungsprozess birgt unserer Ansicht nach auch eine Chance, die man nicht verpassen darf, denn die eigentliche Diskussion über den Neuzuschnitt von Aufgaben im Gesundheitswesen wird manchmal mit Vorbehalten und manchmal auch mit Abwehr geführt. Dieser Wandel ist sehr schwierig, weil die heutige Berufsstruktur, die Aufgabenzuordnung und die Verordnungshoheit von Leistungen eine lange und historisch gewachsene Tradition besitzt. Es ist unausweichlich, dass hier Veränderungen stattfinden müssen, die zukunftsorientiert sind. Ohne eine stärkere Einbeziehung aller Gesundheitsberufe ist die Gestaltung der neuen Versorgungsformen nicht machbar. Es wird hier keine Innovationen und Qualitätsverbesserungen geben, wenn die Gesundheitsberufe hier nicht stark mitgestalten. Ein solcher Wandel lässt sich aber nicht verordnen, und deshalb wollen wir auch ein Umdenken mit den Gesundheitsberufen auf sachlicher Ebene. Wir denken, dieses Umdenken ist nicht nur für die Gesundheits
berufe wichtig, sondern auch für die Nutzerinnen und Nutzer im Gesundheitswesen. Am Ende dieses ganzen Prozesses muss es für uns jedenfalls eine interdisziplinäre und kooperative Zusammenarbeit der Beteiligten im Gesundheitswesen geben, und deshalb hoffe ich auch, dass die Pflegeoffensive hier in diesem Sinne weiterarbeitet. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte an dieser Stelle auch gern die Vertreterinnen und Vertreter des Bremer Pflegerates begrüßt, sie hatten sich aber leider auf eine morgige Debatte eingestellt.