Protocol of the Session on June 7, 2012

Als Erstes lasse ich über die Umwandlung der stillen Einlagen bei der Bremer Landesbank in Stammkapital abstimmen.

Wer der Umwandlung der stillen Einlagen bei der Bremer Landesbank in Stammkapital, Drucksache 18/428, Neufassung der Drucksache 18/409, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt der Umwandlung der stillen Einlagen bei der Bremer Landesbank in Stammkapital zu.

(Einstimmig)

Nun lasse ich über den Verkauf des 7,5-ProzentAnteils am Stammkapital der Bremer Landesbank abstimmen.

Wer dem Verkauf des 7,5-Prozent-Anteils am Stammkapital der Bremer Landesbank durch das Land Bremen an die Stadtgemeinde Bremen, Drucksache

18/440, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Verkauf des 7,5-Prozent-Anteils am Stammkapital der Bremer Landesbank durch das Land Bremen an die Stadtgemeinde Bremen zu.

(Einstimmig)

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von den Entwürfen des Staatsvertrags zwischen der Freien Hansestadt Bremen und dem Land Niedersachsen über die Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg – Girozentrale –, der Satzung der Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg – Girozentrale – und der Konsortialvereinbarung der Träger der Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg – Girozentrale – Kenntnis.

Erleichterte Einbürgerung für in Bremen gut integrierte Kinder und Jugendliche

Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 9. Mai 2012 (Drucksache 18/414)

D a z u

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 4. Juni 2012

(Drucksache 18/436)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier geboren, hier zu Hause! So lässt sich der grüne Grundsatz für ein modernes und sinnvolles Staatsangehörigkeitsrecht zusammenfassen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Aus grüner Sicht ist die jetzige rechtliche Grundlage veraltet und spiegelt in keiner Weise die Lebensrealität in unserem Land wider. Es ist für uns nicht erkennbar, warum wir Menschen, die in diesem Land geboren wurden, die vielleicht noch nie ein anderes Land als Deutschland kennengelernt haben, bei uns immer noch als Ausländer bezeichnen. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Mit unserem heutigen Antrag setzen die Koalitionsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD ihren Weg konsequent fort. Nach dem bundesweit gelobten Bremer Erlass des Innensenators zur Aufenthaltserteilung kommt nun der logische nächste Schritt. Wir bleiben daran und wollen nun die Hürden für Kinder und Jugendliche für ihre Einbürgerung deutlich senken. Leider kann Bremen das angestaubte Staatsangehörigkeitsrecht des Bundes nicht ändern, aber wir wollen die Spielräume künftig anders und auch deutlich besser nutzen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Mit Bezug auf die UN-Kinderrechtskonvention, das Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit wollen wir jungen Menschen eine weitere Perspektive in unserem Land anbieten. Gemäß dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes, dem Deutschland beigetreten ist, sind die Vertragsstaaten verpflichtet sicherzustellen, dass Kinder ein Recht auf Staatsangehörigkeit haben und noch viel wichtiger: „Die Vertragsstaaten haben die Rechte von Kindern unabhängig vom Status ihrer Eltern zu achten, und sie haben bei allen Maßnahmen, die von Verwaltungsbehörden getroffen werden, das Wohl des Kindes als einen vorrangigen Gesichtspunkt zu berücksichtigen.“

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Auch das Europäische Übereinkommen fordert von den Ländern, dass sie „Personen, die in ihrem Hoheitsgebiet geboren sind und sich dort rechtmäßig und gewöhnlich aufhalten, erleichtert einzubürgern“.

Wir Grüne erwarten, dass Deutschland nicht nur fleißig Verträge im Blitzlichtgewitter der Presse unterschreibt, sondern sich auch an die Vertragsinhalte erinnert und diese umsetzt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Bis dahin müssen wir wieder einmal einen bremischen Sonderweg gehen. Wir tun dies aus Überzeugung. Wir glauben fest daran, dass man jungen Menschen eine Perspektive in Deutschland, in ihrem Heimatland eröffnen muss, die über einen sicheren Aufenthaltsstatus hinausgeht. Es wird in diesem Zusammenhang immer von Erwartungen gesprochen, vom Integrationswillen. Ich glaube weiterhin fest daran, dass Integration keine Einbahnstraße ist, sondern alle Beteiligten daran mitwirken müssen, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir erwarten vom Innensenator, dass er die Aufforderung des Parlaments zeitnah in seinen Behörden umsetzt und insbesondere dafür Sorge trägt, dass die „positiv Betroffenen“ über diese Möglichkeit auch aktiv durch die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informiert werden. Herr Senator Mäurer, Sie bekommen heute vom Parlament einen klaren Auftrag, aber auch grünes Licht, Ihre bisher engagierte Arbeit in diesem Bereich weiter fortzusetzen. Ich sage das deswegen so deutlich, weil ich schon Stimmen dazu gehört habe, dass man schon überlege, beispielsweise die Erteilung an ein bestimmtes Alter zu knüpfen. Deswegen auch ganz deutlich der Hinweis: Dies ergibt sich weder aus dem Antragstext noch aus den zitierten rechtlichen Bestimmungen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Deswegen hoffen wir Grüne, dass wir dieses politische Ziel von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gemeinsam umsetzen: Hier geboren, hier zu Hause! Lassen Sie uns diesem Ziel heute gemeinsam einen Schritt näher kommen! – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tuncel.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Über den Antrag zur erleichterten Einbürgerung von Kindern mit humanitärem Aufenthaltstitel haben wir uns sehr gefreut. Dies steht ja auch in unserem Wahlprogramm. Wenn die Koalition dieses Ziel teilt, ist es umso besser. Im November 2011 haben die Grünen angekündigt, dass sie die Einbürgerung von hier geborenen Kindern erleichtern wollen. Damals hieß es in einer Pressemitteilung, dass die Kinderrechtskonvention konsequent angewendet werden soll. Das bedeutet, dass das Recht der Kinder auf Staatsbürgerschaft anerkannt werden soll. Kinder, die hier geboren sind und ihren Lebensmittelpunkt hier haben, sollen auch nach Artikel 6 des Europäischen Übereinkommens über die Staatsangehörigkeit leichter eingebürgert werden.

Aus diesem Europäischen Übereinkommen leiten sich individuelle Rechte ab. Es geht also um ein Recht der Kinder auf Einbürgerung, nicht um Gnade oder Wohlwollen. Im deutschen Recht wird das aber nicht umgesetzt, das hat zur Folge, dass hier geborene Kinder bisher nur eingebürgert wurden, wenn ihre El––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

tern keine Sozialleistungen bezogen. Das Staatsangehörigkeitsrecht unterscheidet zwischen Ermessenseinbürgerung und Anspruchseinbürgerung. Ein Anspruch auf Einbürgerung besteht nach acht Jahren Aufenthalt, wenn der Lebensunterhalt selbst bestritten wird. Eine Ausnahme ist, wenn der Bezug von Sozialleistungen nicht selbst verschuldet ist, zum Beispiel bei Menschen mit Behinderung, Rentnern oder Kindern.

Von der Anspruchseinbürgerung sind aber alle ausgenommen, die einen humanitären Aufenthalt haben. Für sie ist der einzige Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft die Ermessenseinbürgerung. Auch hier gibt es aber die Voraussetzung, dass keine Sozialleistungen bezogen werden. Es gibt noch nicht einmal eine Altersgrenze, sodass auch Kinder ausgeschlossen sind. Davon kann nur wegen besonderer Härte oder aus öffentlichem Interesse abgewichen werden. An dieser Stelle gibt es Ermessensspielräume. Wann ein öffentliches Interesse besteht, schreibt der Innensenator in seinen Anwendungshinweisen zum Staatsangehörigkeitsgesetz fest. Das ist der Fall, wenn die Person, die eingebürgert werden soll, Sportler, Wissenschaftler oder Künstler ist. Sie können schon nach drei Jahren eingebürgert werden.

Anders ist es bei Kindern, deren Eltern Sozialleistungen beziehen, auch wenn sie das nicht zu verantworten haben. Sie sind in den Anwendungshinweisen ausdrücklich von der Einbürgerung ausgeschlossen. Arme Kinder waren also bisher von der Einbürgerung ausgeschlossen. Ihnen wird signalisiert: Ihr seid arm, ihr dürft nicht dazugehören! Auch die Ausländerbehörde hat bisher ein öffentliches Interesse abgelehnt und Einbürgerungen verweigert. Das öffentliche Interesse ist aber schon dadurch gegeben, dass immer das Wohl des Kindes im Vordergrund stehen muss, und die Einbürgerung verbessert das Kindeswohl, da sie ein sicherer Aufenthaltsstatus ist. Studien haben ergeben, dass die Einbürgerung positive Auswirkungen auf die Integration hat. Das ist auch im öffentlichen Interesse. Es ist ein gutes Zeichen, dass der Ausschluss von armen Kindern, der auch gegen das internationale Recht verstößt, aufhört.

Weniger gut finden wir aber, dass die Koalition jetzt eine neue Unterscheidung einführt. Laut dem Antrag wollen Sie nur gut integrierte Kinder mit humanitärem Aufenthalt einbürgern. Das verletzt das international verbriefte Recht hier geborener Kinder auf Einbürgerung. Die Kinder sind doch hier geboren, natürlich sind sie integriert. Wie wollen Sie das überhaupt prüfen? Laut den Anwendungshinweisen des Innensenators kann schon nach drei Jahren erleichtert eingebürgert werden. Wenn die Ausländerbehörde einen Antrag auf Einbürgerung für ein dreijähriges Kind bekommt, wie wird dann seine Integration geprüft? Wie wird die Integration eines sechsjährigen Kindes bewertet? Auf dem Kind lastet dann eine riesige Verantwortung für den Aufenthalt der gesamten Familie. Es wird Gerichtsprozesse darüber geben,

ob ein Kind gut integriert ist oder nicht. Dient das dem Kindeswohl, oder schadet es nicht eher?

Wir denken, dass Sie diese gute Initiative unnötig verschlechtern. Kinderrechte und Teilhaberechte dürfen nicht abhängig sein von Wohlverhalten. Wenn Sie wirklich Kinderrechte umsetzen wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu! Hören Sie auf, noch weitere Integrationsprüfungen und Gesinnungstests einzuführen! Das schreibt auch Paragraf 8 des Staatsangehörigkeitsrechts nicht vor.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie könnten auch ohne diese zwei Wörter „gut integriert“ einbürgern.

Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu, wenn Sie wirklich zur Einbürgerung ermuntern wollen, wie die SPD in ihrem Regierungsprogramm schreibt! Stimmen Sie zu, wenn Sie wirklich für mehr Teilhabe aller Menschen in Bremen am gesellschaftlichen Leben sind, wie die Grünen in ihrem Wahlprogramm schreiben! – Danke sehr!