Ich gehe davon aus, dazu habe ich auch allen Grund, und das sage ich an dieser Stelle ganz bewusst, dass alle anderen Hochschulen im Land Bremen einen Weg eingeschlagen haben, und ich wünsche mir sehr – Sie haben es angesprochen, Herr Tsartilidis –, dass sie den in einem überschaubaren Zeitraum auch zu Ende gehen. Da ist meine Geduld einige Wochen oder vielleicht Monate größer als Ihre, aber das tut gar nicht so viel zur Sache. Ich gehe davon aus, dass auch alle anderen Hochschulen sich auf einen Weg machen werden, über ihre Gremien eine solche Zivilklausel, wie sie für die Universität besteht, zu verankern.
Alle sollten jetzt darüber nachdenken, wie das Problem der Kontrolle der Einhaltung der Zivilklausel und der an der Universität durchgerutschten Projekte, die trotz der Selbstverpflichtung dann doch stattgefunden haben, gelöst werden kann. Wenn jetzt überlegt wird, eine Zivilklausel für die Hochschule Bremen, für die Hochschule Bremerhaven und für die übrigen Hochschulen einzuführen, kann über die Lösung des Problems der Kontrolle und der Sicherheit, dass dann auch wirklich keine militärische Forschung stattfindet, gleichzeitig nachgedacht werden. In diesem Kontext ist es selbstverständlich richtig, auch die Alternative der Verankerung einer Zivilklausel im Hochschulgesetz zu überprüfen und darüber nachzudenken.
Es gibt noch einen Fall, Herr Tsartilidis, der meines Erachtens auch ein schlechter wäre. Die rechtliche Prüfung in Niedersachsen – es ist bisher das einzige Bundesland mit einer entsprechenden Klausel –
hat ergeben, dass wegen der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz nur eine sogenannte Friedensklausel im Hochschulgesetz verankert werden kann, aber keine Zivilklausel. Diese Friedensklausel klingt friedlicher als die Zivilklausel, sie ist aber viel weniger weitgehend. Deswegen führen wir teilweise eine etwas – entschuldigen Sie das Wort! – perverse Diskussion, weil suggeriert wird, dass man mit einer Friedensklausel im Hochschulgesetz mehr erreichen könnte als mit einer Zivilklausel in den Hochschulen des Landes Bremen. Das Gegenteil ist meines Erachtens der Fall, weil die Friedensklausel sozusagen in der Formel selbstverständlich auch militärische Forschung im Rahmen friedenserhaltender und friedensschaffender Maßnahmen ermöglichen würde, also viel weniger militärische Forschung ausschließt, als das die Zivilklausel, die sehr weitgehend ist – und das begrüßen wir –, heute kann.
Ich fasse zusammen! Erstens, wir sind in einem Prozess, in dem die Hochschulen sich auf den Weg gemacht haben, sich ebenfalls eine solche Zivilklausel zu geben. Zweitens, der Punkt der Kontrolle und der Verhinderung dessen, was wir gerade erleben, nämlich dass die Projekte durch eine Salamitaktik doch ans Tageslicht kommen, die in dieser Selbstkontrolle durchgerutscht sind, müssen geregelt werden. Drittens, wir prüfen, ob die Verankerung einer Zivilklausel im Hochschulgesetz rechtlich und verfassungsrechtlich möglich ist, und anschließend prüfen wir, ob wir sie einführen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Vogt hat es schon gesagt, wir debattieren in diesem Hause die Zivilklausel allein in diesem Jahr zum dritten Mal und in der letzten oder der jetzt laufenden Legislaturperiode bereits zum vierten Mal. Erneut hat die Fraktion DIE LINKE einen Antrag zur weiteren Kontrolle und insbesondere zur gesetzlichen Verankerung der Zivilklausel gestellt. Rot-Grün hat jetzt auch noch einen Antrag gestellt und einen Prüfauftrag an den Senat erteilt, die Zivilklausel gesetzlich zu verankern. Diese Anhäufung der Debatten stellt in unseren Augen eine völlige Disparität in der Bedeutung der wissenschaftlichen Forschung am Standort Bremen und der öffentlichen Wahrnehmung der Bedeutung der Zivilklausel dar.
Sicher gibt es derzeit einen aktuellen Anlass, nämlich die Diskussion um ein Telekommunikationsprojekt an der Universität, das sich mit dem Transport großer kompakter Datenmengen zwischen Weltraum und
Erde beschäftigt. Wir begrüßen natürlich auch, dass das Rektorat hier Aufklärung versprochen hat zu den Fällen, wie Herr Dr. Güldner es soeben schon gesagt hat, die bei der Kontrolle durchgerutscht sind. Ob aber diese ständigen öffentlichen Debatten der Bewerbung bei unserer Exzellenzinitiative, deren Entscheidung am 15. Juni 2012 zu erwarten ist, nützen, ist wirklich fraglich.
Wenn ich mit Bürgern spreche, dann fragen sie häufig, was das eigentlich ist, und die Diskussion löst öffentlich häufig großes Unverständnis aus. Immerhin war Bremen bundesweit die erste Universität, die sich diese Selbstverpflichtung einer Zivilklausel gegeben hat, und immerhin hat es die Universität in den letzten 40 Jahren geschafft, das Image der total roten Kaderschmiede durch Forschung abzulegen.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Muss man eine rote Kaderschmie- de sein, um den Frieden zu lieben?)
Durch Ihre ultrarote Brille können Sie aber wahrscheinlich nicht anders, als die Diskussion wirklich ständig weiter in Gang zu halten. Mittlerweile führt die ständige Wiederholung dieses Themas in der Bürgerschaft fast schon zu einer Stigmatisierung der Forschung überhaupt.
Bei Ihrer Haltung zur Forschung wüsste ich nicht, wie weit wir in den letzten 100 Jahren gekommen wären! Von den ständigen standortschädigenden Wirkungen der hier ansässigen Betriebe habe ich bereits in den letzten Debatten gesprochen. Sie schaden dem guten wissenschaftlichen Ruf Bremens.
Militärische Forschung und Bundeswehr! Beide Worte werden bei Ihnen zu Schimpfwörtern. Wir als CDU-Fraktion empfinden das als eine unmögliche Haltung.
Bei einem Projekt, bei dem es um schnelle Datenübermittlung aus Flugzeugen auf die Erde geht, können Sie offensichtlich nur die militärischen Aspekte sehen.
Einen ebenso möglichen friedlichen Aspekt bei der Luftaufklärung sehen Sie nicht, und den wollen Sie auch nicht sehen. Wir sind froh – hier zeigt sich jetzt auch in der Tat der Unterschied –, dass die Universität für ihre Forschungsprojekte einen hohen Anteil Drittmittel einwirbt und dass es zu einer vielfältigen Anzahl von Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft kommt, wie auch in dem soeben beschriebenen Projekt.
Die Bremer Unternehmen hier am Standort stehen durch Ihre ständige Polemik aber schon fast unter dem Generalverdacht, Kriegstreiber zu sein. Das geht in unseren Augen nicht!
Wir sagen Ja zur Forschung, die Menschen und auch unseren Bundeswehrsoldaten hilft, die nicht nur in unserem Land, sondern auch in anderen Regionen der Erde Aufbauarbeit leisten und auch bei Erdbebenkatastrophen oder bei anderen Katastrophen zum Einsatz kommen. Wir wollen, dass die Bundeswehr dabei auch die bestmögliche Ausrüstung zur Verfügung hat, und das ist in keiner Weise unmoralisch.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst muss ich mich korrigieren, denn ich muss mich auch beim AStA für die fortlaufende Diskussion bedanken, die dazu geführt hat, dass nicht nur 60 Professoren die Diskussion im Akademischen Senat der Universität so geführt haben, dass die Zivilklausel nicht aufgeweicht wurde, sondern natürlich hat auch der AStA maßgeblich dazu beigetragen.
Frau Grobien, Sie haben es doch eben auf den Punkt gebracht, wir haben die Universität und die Hochschulen mit der höchsten Drittmittelfinanzierung. Selbst Herr Müller sagt im Wissenschaftsausschuss, und auch der Nachfolger Herr Scholz-Reiter hat es gesagt, es besteht natürlich die Schwierigkeit, dass ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
die Grundfinanzierung so schwach im Verhältnis zu den Drittmittelgebern ist – es ist natürlich auch die Deutsche Forschungsgesellschaft –, dass es zu einem Ungleichgewicht kommt, und die Drittmittelgeber natürlich nicht nur Einfluss auf die Forschung haben, sondern auch auf die Lehre. Das genau ist ein Problem.
Das Problem liegt doch darin, dass wir in Bremen das Bundesland mit den meisten Rüstungsstandorten sind, die in einem Bundesland angesiedelt sind. Wir haben OHB, EADS und RDE – ich könnte jetzt noch weitere aufführen –, und alle sind finanziell an der Universität beteiligt. Das betrifft auch nicht nur die Vergangenheit. Ich habe eine aktuelle E-Mail vom 5. Juni 2012, also von vor zwei Tagen, von einem Professor des Studiengangs an der Hochschule zur Pilotenausbildung, der die Direktorin Frau Luckey bittet, in einer Sache aktiv zu werden, denn die Bundeswehr strebt eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Hochschule und der Bundeswehr an.
Die Bundeswehr soll Studienplätze praktisch mit einem Quorum besetzen dürfen und dafür auch Studiengebühren bezahlen. Der Professor wendet sich ganz entschieden dagegen und bittet Frau Luckey, die Kooperationsvereinbarung nicht abzuschließen. Das heißt, wir haben tatsächlich an der Hochschule dauernd diese Verquickungen zwischen der Hochschule und Rüstungsunternehmen und jetzt auch mit der Bundeswehr. Wenn man sich das Erstsemesterheft der Hochschule einmal betrachtet, sieht man, dass auf der ersten Seite, noch vor dem Inhaltverzeichnis, RDE und OHB werben dürfen. Das ist doch genau das Problem, das wir haben. Die Hochschulen und die Universität sind doch aufgrund dieser Situation, dass sie auf diese Drittmittel so angewiesen sind, gar nicht mehr in der Lage zu entscheiden, ob sie sich dem irgendwie widersetzen können, weil die Zivilklausel besteht.
Das ist doch genau die Stelle, an der es auch für das Parlament interessant wird, denn viele Forschungsprojekte laufen auch mit öffentlichen Geldern, sprich mit Steuergeldern. Deswegen ist das eine hochpolitische Angelegenheit, die wir auch hier entscheiden müssen. Herr Dr. Güldner, vielleicht kann es sein, dass man sagt, in Ordnung, die Zivilklausel ist nicht verfassungsgemäß, ähnlich wie die Diskussion, die in Niedersachsen gelaufen ist, aber dass die selbstverpflichtende Zivilklausel tatsächlich zu umfänglicher Kontrolle führt, ist nicht der Fall, das hat sich jetzt herausgestellt.
Ich erinnere daran, dass es immer wieder, vor allen Dingen vonseiten der Studierenden, aber auch vonseiten einiger Professoren, bereits in den letzten zehn Jahren Hinweise darauf gab, dass Forschungsaufträge sogar unter dem „Anspruch“, Konversions
aufträge zu sein, tatsächlich verkappte Rüstungsforschungen waren. Daher habe ich meine Zweifel, dass eine selbstverpflichtende Zivilklausel an der Hochschule greift. Herr Tsartilidis, ich kann Ihren Antrag nicht unterstützen, weil ich glaube, er wird nicht ausreichen, weil ein ganz entscheidender Punkt fehlt. Der Aussage, wir prüfen jetzt erst einmal, könnte ich sogar noch zustimmen, allerdings ist nicht geprüft, wie man eigentlich eine wirksame Kontrolle verankert, weil dazu eben mehr als die Selbstkontrolle notwendig ist. Das haben wir ja jetzt erlebt, das greift dann nicht. Genau das steht in Ihrem Antrag leider nicht, deswegen werden wir auch an unserem Antrag festhalten und Ihrem Antrag nicht zustimmen. Wenn es irgendeine Möglichkeit gegeben hätte, die Sie aufgezeigt hätten, nicht nur zu überprüfen, ob eine Zivilklausel verfassungsgemäß ist, sondern wie wir uns als Parlament eigentlich auch versichern, dass sie dann auch wirklich kontrolliert wird, dann hätte ich gesagt, in Ordnung, wir stimmen dem zu, aber genau dieser entscheidende Punkt fehlt. Ich muss noch darauf hinweisen, dass an anderer Stelle die Wissenschaftsfreiheit nicht so sehr bemüht wird, wenn es nämlich um die Affenversuche geht. Frau Schön hat in der Bürgerschaftsdebatte am 22. März 2007 gesagt: „Schließlich wird Wissenschaft mit öffentlichem Geld finanziert und nicht mit privatem Geld, das sind Steuergelder. Von daher muss auch die Wissenschaft anerkennen, dass es bestimmte Forschungsbereiche gibt, die sehr kritisch gesehen werden.“
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Selbstverpflichtung! Aber es gibt auch keine Selbstverpflichtung, auf Tierver- suche zu verzichten!)
Sie führt dazu auch aus, dass der Senator jetzt Zielvereinbarungen abschließen und auch im Rahmen der Haushaltssteuerung sagen will, dass diese Versuche nicht mehr finanziert werden – Zitat –: „Will der Senat sich darauf festlegen, dass er der Universität deutlich sagt, wir wollen diese Versuche nicht mehr genehmigen?“ Ich weiß nicht, warum es in dem Fall der zivilen Ausrichtung der Forschung nicht auch möglich sein soll, dass wir uns als Parlament hier ganz deutlich äußern und das Ganze auch gesetzlich verankern. (Glocke)
wie ich auch, dass wir im Bereich der Affenversuche auch eine andere Lage hätten, wenn wir statt der seit Jahren fortgesetzten Affenversuche des Herrn Professor Dr. Kreiter eine Selbstverpflichtung der Universität gegen Tierversuche, gegen Affenversuche, hätten und diese daher im Grundsatz unterblieben wären? Dann hätten wir doch dort auch eine andere Situation, aber die Universität hat gerade das Gegenteil gemacht.
Ich gebe Ihnen durchaus recht, aber die Frage ist auch dann, ob das richtig umgesetzt wird oder nicht, wie die Kontrolle ausgeübt wird, und wie die Aufträge ausgelegt sind. Das Grundproblem, das ich auch da sehe, ist, natürlich bringt es auch wieder Geld für die Universität, das die Universität benötigt.
Um es kurz zu machen: Wir stimmen Ihrem Antrag nicht zu. Ich bin einmal auf die weitere Diskussion am nächsten Mittwoch im Ausschuss gespannt. Ich bin gespannt, was Herr Professor Dr. Müller zu sagen hat, und ob die Diskussion an der Hochschule in die Richtung geht, dass es dann zumindest zu einer selbstverpflichtenden Zivilklausel kommt.