Protocol of the Session on April 25, 2012

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber nicht zu oft!)

Insoweit hat sich unser Antrag damit erledigt und wird von uns heute zurückgezogen.

Nach dem neuen Gesetz dürfen Einsatzfahrzeuge des Rettungsdienstes zum Schutz der Einsatzkräfte und -mittel Bildaufzeichnungen von dem das Ret––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

tungsfahrzeug umgebenden Raum offen anfertigen. Die Reichweite der Videoüberwachung darf zwei Meter um das Fahrzeug herum nicht überschreiten. Darüber hinaus müssen die Daten unverzüglich gelöscht oder vernichtet werden, wenn die weitere Verarbeitung nicht zum Schutz der Einsatzkräfte oder zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist. Mit dieser Regelung ist nach Meinung der CDU-Fraktion sowohl dem Schutz der Einsatzkräfte als auch den berechtigten Wünschen des Datenschutzes in ausreichender Weise Rechnung getragen worden.

Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Frau Dr. Sommer, hat aus unserer Sicht zu Recht eine gesetzliche Grundlage gefordert, die nunmehr hier vorliegt. Die CDU-Fraktion stimmt deshalb dem vorliegenden Gesetz zur Änderung des Bremischen Hilfeleistungsgesetzes zu! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tsartilidis.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Retter, die durch Übergriffe selbst in Not geraten, oder der Raub von Ausrüstungsgegenständen sind eine traurige Entwicklung, die die SPD-Fraktion mit Entsetzen zur Kenntnis genommen hat. Zu dem damaligen Zeitpunkt, als das Bremische Hilfeleistungsgesetz entstanden ist, konnte diese Lücke, die die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit beschrieben hat, leider noch nicht erkannt werden, und sie ist auch unerwartet geblieben.

Die Reaktion – denn dadurch ist die Debatte ja ins Rollen gekommen – der Bremerhavener Feuerwehr, sich zu schützen, um ihre wichtige und lebensrettende Arbeit zu gewährleisten, und sich mit Deeskalationsprogrammen wie auch mit Videoüberwachung in ihrer Arbeit besser auszurüsten, ist aus unserer Sicht nur allzu verständlich. Ich spreche deshalb noch einmal die Deeskalationsprogramme an, weil in der vergangenen Diskussion ja gesagt worden ist, Überwachung allein helfe in solchen Notsituationen nicht, es müsse auch eine besondere Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben. Dies hat die Bremerhavener Feuerwehr an der Stelle gewährleistet.

(Beifall bei der SPD)

Das zweite Element des Selbstschutzes, die Videoüberwachung, war aber schlussendlich Gegenstand der Kritik der Landesdatenschutzbeauftragten. Diese Kritik ist in Bremerhaven wiederum auf große Kritik und auf Unverständnis getroffen. Trotzdem hat die Landesdatenschutzbeauftragte berechtigterweise auf eine Lücke im Bremischen Hilfeleistungsgesetz hingewiesen. Unsere Reaktion als SPD war, erst einmal zu sagen, vielleicht macht es an der Stelle ja Sinn,

auch den Amtsleiter der Feuerwehr Bremerhaven, Herrn Cordes, einzuladen, um dann mit ihm und der Landesbeauftragten im Datenschutzausschuss gemeinsam zu diskutieren, welche Bedenken es tatsächlich gibt und welche Möglichkeiten vorhanden sind, diese aus dem Weg zu räumen. Natürlich hat auch die Innendeputation dies beraten und dann eine Vorlage beschlossen, die heute Gegenstand der Beratung ist.

Das Ergebnis der SPD ist aber – ich freue mich darüber, dass die CDU einen Antrag gestellt hat und die Grünen und DIE LINKE unsere Meinung auch so weit teilen, wenn Frau Vogt ihre Meinung seit der letzten Ausschusssitzung nicht geändert hat, wovon ich nicht ausgehe –, dass wir ein klares politisches Signal und ein Bekenntnis zur Videoüberwachung geben wollen. Das heißt, wir sagen ganz klar, wir wollen die gesetzliche Lücke schließen. Wir werden das heute tun, um der traurigen Entwicklung ein Stück weit entgegenzutreten, die uns in der Realität gezeigt worden ist.

Ich möchte an dieser Stelle dem Senat noch einmal besonders danken, dass es so schnell ging, diese Gesetzesinitiative vorzubereiten und heute den fertigen Text hier in erster und zweiter Lesung beschließen zu können. – Ich bedanke mich!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Timke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im vergangenen Jahr gab es zahlreiche körperliche Übergriffe auf Rettungskräfte der Feuerwehr Bremerhaven. Auch wurden Rettungswagen beschädigt und Medikamente gestohlen. Deshalb hat der zuständige Dezernent verfügt, drei Einsatzfahrzeuge mit einer 360-Grad-Überwachungskamera auszustatten, um Gewalttäter abzuschrecken und gegebenenfalls eine Strafverfolgung sicherzustellen. Diese Maßnahme hat dann die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit auf den Plan gerufen, die das Fehlen einer Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung bemängelte. Auch der Senat sieht hier Handlungsbedarf.

Um einerseits den Schutz der Sanitäter

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Rettungsassis- tenten!)

vor weiteren Übergriffen zu gewährleisten, andererseits aber auch die datenschutzrechtlichen Belange zu erfüllen, wird nun die Novellierung des Bremischen Hilfeleistungsgesetzes vorgeschlagen. Damit wäre zukünftig auch die Installation von Videoanlagen auf Rettungswagen in Bremen möglich. Wir Bürger in

Wut begrüßen diese Änderung und werden sie daher auch mittragen. Für uns stehen die körperliche Unversehrtheit der Rettungskräfte und der Schutz der zu versorgenden Patienten – darauf ist heute noch gar nicht eingegangen worden – im Vordergrund, und deshalb unterstützen wir jede Initiative, die in diese Richtung geht.

Die Videoüberwachung auf Rettungsfahrzeugen ist sicherlich kein Allheilmittel und sollte auch nur ein Baustein in einer ganzen Reihe von Maßnahmen zum Schutz von Ärzten und Sanitätern vor gewalttätigen Übergriffen sein. Ich bezweifele allerdings, dass sich die Mehrzahl der Straftäter durch Überwachungskameras auf Rettungsfahrzeugen zukünftig davon abhalten lässt, Gewalt gegen Sanitäter oder Ärzte auszuüben. Allein die Tatsache, dass bei diesen Übergriffen oftmals Alkohol im Spiel ist und die vorhandene Videoüberwachung aufgrund der verschobenen Wahrnehmung der Randalierer schlichtweg nicht zur Kenntnis genommen wird, zeigt doch, dass diese Videoüberwachung zukünftig seine abschreckende Wirkung nicht entfaltet. Wir Bürger in Wut sehen daher die Videoüberwachung auch vielmehr als geeignetes repressives Mittel an, um Straftaten von Gewalttätern und Dieben zukünftig besser ahnden zu können.

Wir alle erinnern uns sicherlich noch an den brutalen Überfall auf einen 76-jährigen Rentner, der kurz vor Weihnachten 2007 in einem Münchener U-Bahnhof von zwei Jugendlichen zusammengeschlagen wurde, oder an den Malergesellen, der im Februar des letzten Jahres in einer U-Bahn in Berlin brutal zusammengeschlagen wurde, sodass er später ins Koma fiel. Im Mai 2011 wurde wieder ein junger Mann in einem U-Bahnhof in Berlin von zwei Heranwachsenden brutal überfallen und zusammengeschlagen. In allen diesen drei Fällen wurden die Täter und ihre Handlung mittels Überwachungskamera gefilmt. Diese Kameraüberwachung hat sicherlich nicht dazu geführt, dass die Taten unterlassen wurden, denn sie sind ja geschehen. Dennoch konnten durch die Bilder der Überwachungskameras anschließend Öffentlichkeitsfahndungen eingeleitet werden, die in allen drei Fällen dazu führten, dass sich die brutalen Schläger entweder aufgrund des Fahndungsdrucks selbst gestellt hatten oder von Dritten erkannt wurden. Ohne diese Kamerabilder wären diese Erfolge sicherlich nicht möglich gewesen.

Nicht nur bei der Identifizierung von Schlägern, sondern auch zur Beweissicherung und bei der Frage der Schwere der Tat eigenen sich Kamerabilder nach dem Angriff. Die Opfer der soeben geschilderten brutalen Übergriffe, die zum Teil bewusstlos waren, konnten sicherlich vor Gericht im Nachhinein nicht mit Sicherheit sagen, wie häufig ihnen beispielsweise gegen den Kopf getreten wurde oder welcher der Täter häufiger zugeschlagen hat. Durch die Videoüberwachung konnten die Staatsanwaltschaften allerdings sehr schnell klären, ob hier nun zum Bei

spiel die gefährliche oder die schwere Körperverletzung vorlag oder vielleicht schon der versuchte Totschlag.

Nun will ich es gar dramatisieren, meine Damen und Herren,

(Lachen beim Bündnis 90/Die Grünen)

denn wir sind hier in Bremen und Bremerhaven – es sind aber Dinge, die hier passieren können, und dem müssen Sie sich auch bewusst werden – und nicht in München oder Berlin, aber dennoch haben wir ein Problem mit steigenden Übergriffen auf Sanitäter und Ärzte, und das müssen wir ernst nehmen. Mit der Änderung des Bremischen Hilfeleistungsgesetzes tragen wir diesem heute auch Rechnung.

Die Kameras auf den Einsatzfahrzeugen der Bremerhavener Feuerwehr haben eine Reichweite von zwei Metern, und die Videoüberwachung wird nur dann aktiv, wenn die Rettungsfahrzeuge stehen. Ich denke, das beschränkt den Radius und die Aufnahmezeit auf das Notwendigste und trägt dem Datenschutz genügend Rechnung. Wenn diese Anforderungen zukünftig auch für Rettungsfahrzeuge in Bremen umgesetzt werden, sehe ich keinen Grund, warum man diese sinnvolle Maßnahme nicht durchführen sollte, um Ärzte und Sanitäter zukünftig besser zu schützen. – Vielen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Öztürk.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie von meinen Vorrednern schon erwähnt, handelt es sich hier natürlich um ein ernsthaftes Problem, das am Anfang auch sehr emotional diskutiert wurde. Wir Grünen haben diese Übergriffe in jeglicher Form immer scharf verurteilt. Es darf nicht sein, dass Rettungskräfte bei einem Einsatz vor Ort in irgendeiner Form zu Schaden kommen. Die körperliche Unversehrtheit muss im Vordergrund stehen.

Wir haben von Anfang an einen Handlungsbedarf gesehen, haben aber das Problem auch mit einer Skepsis begleitet, weil von Anfang an bis heute keine Rechtssicherheit für die Installation von Videokameras und entsprechender Aufzeichnung vorhanden war.

Nach Erläuterung des Problems und nach Berichterstattung in der Innendeputation, aber auch im Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit ist man schnell zu der Lösung gekommen, dass der einzige Weg, um dieses Problem beheben zu können, die Änderung des Bremischen Hilfeleistungsgesetzes ist. Entsprechend liegt jetzt der Gesetzentwurf des Senats vor. Ich freue mich an der Stelle, dass die CDU ihren Antrag zurückgezogen hat und auch durchgehalten hat, bis dieser Entwurf vorgelegt worden ist.

Für uns geht es nicht nur um die Rechtssicherheit auf der einen Seite, sondern auch um das subjektive Sicherheitsgefühl auf der anderen Seite, das natürlich für die Menschen, die als Rettungskräfte vor Ort sind, wichtig ist. Diese Videoaufzeichnungen haben auf der einen Seite einen präventiven Charakter, auf der anderen Seite, sollte es zu Übergriffen oder Sachbeschädigungen kommen, hat man den Vorteil, dass man bei der Strafverfolgung entsprechend aktiv werden kann. Die technischen Merkmale wurden hier schon genannt.

Mich hat an der Debatte ein bisschen Ihr Beitrag, Herr Timke, gestört! Dieses Thema der Videoüberwachung jetzt mit den Geschehnissen in München und woanders auch so zu verquicken – es ist in jeglicher Form bedauerlich, wenn solch eine Gewalt ausgeübt wird – und hier ein Plädoyer dafür zu halten, dass man nur durch Videoüberwachung am Ende Straftäter ermitteln kann, halte ich für grundsätzlich falsch. Das sagen Ihnen auch alle Fachleute.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das fand ich an der Stelle misslich, aber ich denke, das ist aus Ihrem Redebeitrag hervorgegangen.

Ich bedanke mich auch noch einmal bei der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und beim Senat, erstens, für den Gesetzentwurf, zweitens, für den konstruktiven Beitrag, und drittens, für die Zusammenarbeit, die die Novellierung des Bremischen Hilfeleistungsgesetzes zur Folge hatte. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich im Grunde kurzfassen, weil eigentlich schon alles gesagt wurde. Herr Cordes war am 1. Februar auf Einladung der SPD-Fraktion im Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit und hat dort ziemlich ausführlich die Problematik für die Feuerwehr und die Rettungskräfte in Bremerhaven dargestellt. Wir haben ausführlich erörtert, warum es wichtig ist, auch rechtssystematisch eine Gesetzesänderung herbeizuführen. Frau Dr. Sommer war dort ebenfalls anwesend.

Es ist natürlich für alle inakzeptabel, dass Rettungssanitäterinnen und -sanitäter sowie Feuerwehrkräfte angegriffen werden. Sie erbringen eine zentrale Dienstleistung für die Allgemeinheit und für alle von uns, die im Notfall darauf angewiesen sind. Sie machen einen sehr harten und verantwortungsvollen Job, und

so, wie sich die Bevölkerung auf die Rettungsdienste verlassen muss, müssen sich die Rettungsdienste auch auf die Bevölkerung und den Staat verlassen können. Deswegen gab es auch in dem Ausschuss einstimmige Beschlüsse und in der Deputation für Inneres und Sport hinterher einen einstimmigen Beschluss, dass die Gesetzeslücke geschlossen werden soll.

Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit war beteiligt, und die Fraktionen sind sich in der Frage durchweg einig. Soweit ich gehört habe, hat sogar die Piratenpartei in Bremen kein Problem mit dem Vorhaben, zumindest im Moment nicht.

(Abg. T i m k e [BIW]: Was?)

In Bremerhaven war das etwas anderes, das weiß ich!

Ich will noch ganz kurz auf einen Punkt eingehen! Wir hatten in der Innendeputation angeregt, die Rettungswagen mit Kameras entsprechend zu kennzeichnen, ähnlich, wie es bei videoüberwachten Taxis momentan der Fall ist. Dem wurde mit dem Gesetzentwurf Rechnung getragen. An der Stelle auch einmal von unserer Seite einen Dank an den Senat!

Wir haben die ähnlichen Zweifel, die Herr Öztürk soeben geäußert hat: Wir sind uns nicht ganz sicher, ob die Videoüberwachung tatsächlich für mehr Sicherheit sorgt, aber – auch das ist in der Sitzung durch Herrn Cordes sehr deutlich geworden – es geht eben auch um das subjektive Sicherheitsgefühl der Einsatzkräfte. Wenn die Videoüberwachung dieses subjektive Sicherheitsgefühl tatsächlich bestärkt, dann steht dem überhaupt nichts entgegen. Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Mäurer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Übergriffe auf Rettungskräfte beschäftigt uns heute nicht zum ersten Mal. Ich erinnere daran, dass wir in dieser Bürgerschaft über die Verschärfung der strafrechtlichen Normen diskutiert haben, um Rettungskräfte bei ihren Einsätzen zu schützen. Auch hier gilt natürlich unsere Einsicht, dass es allein mit einer Verschärfung des Strafrechts und sehr wahrscheinlich auch mit dem Einsatz der Videosysteme nicht getan ist. Das sind Beiträge dazu, aber es ist keine Lösung.