Eines ist auch klar: Weder die Energieeinsparung noch die Energieverbrauchsreduzierung, noch alternative Energien sind ein technisches Problem. Die technischen Probleme in diesen Zusammenhängen sind gelöst oder werden in der Zukunft immer besser gelöst werden. Das einzige Problem, das dieses Land hat, ist, ob wir die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen für diese Energiewende schaffen. Das geht auch nicht über den Markt. Das wird sich nicht über die Strompreise lösen lassen. Da bedarf es gesellschaftlichen und politischen Handelns, das muss man wollen, und da darf man nicht am Gängelband der Atomindustrie oder der Großindustrie sitzen, da muss man einen freien politischen Willen haben und das Notwendige dafür tun, damit diese Energiewende stattfindet! – Vielen Dank!
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Strohmann, Sie haben die Frage gestellt: Was hat Bremen denn eigentlich getan? Das möchte ich gern beantworten.
Vor Rot-Grün war Bremen doch nichts weiter als ein Kohlestromerzeugungsstandort und hatte sogar noch vor, weitere Kohlekraftwerke zu bauen.
(Abg. I m h o f f [CDU]: Wer hat denn hier die Windkraftdebatte überhaupt eingebracht? Das war Jens Eckhoff! – Abg. Frau G a r - l i n g [SPD]: Wer hat es erfunden?)
Wir haben ein Klimaschutz- und Energieprogramm 2020 mit klaren Zielen zur CO2-Reduzierung beschlossen, wir haben Ausbauziele für Solarenergie und Windkraft formuliert, die wir heute übrigens schon zu zwei Dritteln erreicht haben. Bremen fördert Private und Industrie beim Energiesparen, wir sind Vorreiter beim Vollzug der Energieeinsparverordnung. Wir haben eine Solardachbörse, wir haben Dachnutzungsverträge im Internet, und ja, wir sind auch im Gespräch mit Immobilien Bremen, um da die Abläufe zu verbessern.
Wer verhindert die Infrastrukturmaßnahmen, vor allem für die Stromtrassen? Das sind nicht die vielzitierten Wutbürger, und das ist auch nicht Rot-Grün.
Das ist die mangelnde Investitionsbereitschaft der Netzbetreiber, wie zum Beispiel TenneT. TenneT ist einer der Konzerne, die jahrelang den Ausbau der erneuerbaren Energien torpediert haben, und sie versuchen nun, höhere Renditen zu erzielen. Das sind also die Verhinderer der Energiewende und nicht die Wutbürger!
Natürlich sind die KfW-Mittel gesunken, weil einfach die Mittel aus dem Emissionshandel fehlen, das sollten Sie noch einmal recherchieren. Was ist mit dem Tod der Solarindustrie? Es sind ja schon zwei deutsche Solarunternehmen insolvent, und natürlich hat es einen weiteren Zubau gegeben, aber das waren keine deutschen Module, die in den letzten zwei Jahren verbaut worden sind, sondern das waren im Prinzip Module, die hier zu einem Dumpingpreis verkauft wurden.
Ich möchte aber jetzt noch einmal auf das Thema Energieeffizienz eingehen, denn die Energieeinsparung und die Energieeffizienz haben nicht nur ökologische, sondern auch volks- und betriebswirtschaftliche Vorteile. Wir sind für regionale und nationale Wertschöpfung statt globaler Energieabhängigkeit und Kapitalabfluss. Die unbestrittenen Vorteile einer Energieeffizienzpolitik wären reduzierte Energieimporte, netto zusätzliche Arbeitsplätze und eine geringere Anfälligkeit gegenüber steigenden Energiepreisen.
Gerade Effizienztechniken könnten sich darüber hinaus zum Exportschlager entwickeln. Schon heute hat Deutschland einen Welthandelsanteil an Effizienzprodukten von 17 Prozent. Darüber hinaus wird die Energieeffizienz zu mehr sozialer Gerechtigkeit führen, zum Beispiel durch geringere Energiekosten der Haushalte, aber auch zu Komfortsteigerungen, mehr Lebensqualität und Gesundheit.
Das Potenzial ist vorhanden, und die Maßnahmen sind für die Energienutzer und auch für die Gesellschaft zumeist hoch wirtschaftlich. Alle wollen also die Energieproduktivität erhöhen und den Energiebedarf senken, aber wirkungsvolle Instrumente fehlen noch. Eine erfolgreiche Effizienzpolitik kann nicht allein auf den marktwirtschaftlichen Selbstlauf setzen, sondern muss als große Innovationsaufgabe verstanden werden und alle Wirkungsmechanismen einsetzen: Förderung, Motivation, Information und Fortbildung, aber auch ordnungsrechtliche Instrumente, Marktüberwachung und Zusammenarbeit mit der Wirtschaft.
Was brauchen wir jetzt konkret? Erstens, die von der EU-Kommission vorgelegte Energieeffizienzrichtlinie muss unterstützt werden – das wurde schon mehrfach gesagt –, insbesondere die Einsparverpflichtung der Energieversorger in der Höhe von 1,5 Prozent des Jahresabsatzes. Zweitens, wir brauchen einen Energiesparfonds zur Förderung der energetischen Sanierung von Stadtquartieren mit einem hohen Anteil niedriger Einkommen sowie zur Stromeinsparung in Privathaushalten und Unternehmen. Drittens, die Gebäudesanierungsprogramme der KfW sind angemessen und kontinuierlich auszustatten, damit Planungsund Investitionssicherheit für die Energiewende im Gebäudebereich herrscht.
Viertens, die Energieeinsparverordnung ist zu verschärfen, denn heute gebaute oder sanierte Gebäude werden sonst bereits in 20 oder 30 Jahren wieder zum Sanierungsfall. Hierzu muss es eine verstärkte Förderung geben, aber auch eine Kontrolle der Umsetzung, so wie wir es in Bremen machen, wo Bremen Vorreiter ist. Fünftens, wir brauchen einen europäischen Top-Runner-Ansatz mit strengen Energieverbrauchsgrenzen für Elektrogeräte, Autos und Gebäude. Sechstens, die hocheffiziente Kraft-Wärme
Kopplung muss deutlich schneller ausgebaut werden. Dazu ist die Novelle des Kraft-Wärme-KopplungsGesetzes nachzubessern.
Wie kann das finanziert werden? Das ist die Frage, die dann immer wieder gestellt wird. Als wichtigstes Instrument sind die Einnahmen aus dem Emissionshandel durch die Anhebung der EU-Klimaziele, die Einbehaltung von Zertifikaten und die Einführung eines CO2-Mindestpreises zu stabilisieren. Es ist einer der großen Geburtsfehler des Emissionshandels, dass viel zu viele Zertifikate ausgegeben und verschenkt wurden. Die großen Energiekonzerne haben am Emissionshandel kräftig verdient, und heute fehlen uns die Mittel für die Energiewende.
Schließlich, das haben meine Vorredner auch schon gesagt, der Ausstieg aus der Atomforschung, die mit deutschen Steuergeldern sowohl im deutschen Energieforschungsprogramm als auch über EURATOM nach wie vor subventioniert wird!
(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Ich dachte, Herr Strohmann hat sich gemeldet! – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Ich habe keine Re- dezeit mehr!)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorhin, als das Stichwort Atomausstieg fiel, haben die Abgeordneten von der CDU sehr laut Beifall geklatscht. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum ich in dem Moment eigentlich so überrascht war, als die CDU beim Stichwort Atomausstieg sofort so laut Beifall geklatscht hat.
Ich muss sagen, man hat schon gar nicht mehr in Erinnerung, dass sich die CDU auch irgendwann einmal zum Atomsausstieg durchgerungen hat. Sie haben zu Beginn der Legislaturperiode etwas anderes gemacht.
(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Wir waren schon für Atomausstieg, da haben Sie noch in Kassel gesessen!)
Wir alle hatten gehofft, die Bundesregierung hätte es verstanden. Vor einem Jahr hatten wir Fukushima, Tschernobyl ist 25 Jahre her. Damals hatte die CDU noch nicht gelernt, jetzt kam sie mit dem Atomausstieg. Peak Oil, das Maximum der Erdölförderung, liegt hinter uns, das Erdöl wird knapper, das Klima erwärmt sich ständig. Wir hatten gehofft, die Bundesregierung hätte verstanden, aber die Bundesregierung hat nicht verstanden, das ist das Problem. Die Bundesregierung hat nichts verstanden.
Mit den aktuellen Vorschlägen zur Änderung der Vergütungsregelung für die Solarenergie im Erneuerbare-Energien-Gesetz ist die Bundesregierung deutlich über das Ziel hinausgeschossen. Es ist ja richtig, dass man die Förderung, wenn die Industrie eine Lernkurve durchläuft und die Produktion billiger wird, behutsam, schrittweise und mit Vorankündigung absenkt, aber es geht nicht, dass man es im Handstreich macht, und das ist hier erfolgt.
Verlässlichkeit und Berechenbarkeit sind die Grundvoraussetzungen für den schwerwiegenden, den gravierenden Schwenk in der Energieversorgung, den wir vor uns haben. Dieses Gebot der Verlässlichkeit wird verletzt, wenn man die Sätze im Handstreich kürzt. Zum 1. Juli sollte eine Kürzung der Vergütung um 15 Prozent kommen, dann hieß es plötzlich im Februar, dass schon im März die Kürzung um 20 bis 30 Prozent kommen soll, jetzt ist es zum 1. April angekündigt. Alle Aufträge sind doch vergeben! Die Betriebe und die Auftraggeber haben ihre Kalkulationen gemacht, denen hageln Sie jetzt in die Kalkulation, und so kann man nicht arbeiten!
Der Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, Achim Steiner, ein Deutscher, reist durch die Welt und wirbt für das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Einspeisevergütung als das Erfolgsmodell, um die Energiewende voranzubringen, und die Bundesregierung macht sich zum Totengräber der Zukunftsbranche. Das ist nicht akzeptabel!
integration, sondern eine zusätzliche Vergütungskürzung. Die Mengenbegrenzung ist vor allen Dingen für kleine und mittlere Fotovoltaikanlagen nicht praktikabel, und der Eigenverbrauch dieser letzten 10 bis 15 Prozent ist nicht realistisch.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Aber nicht mit hoh- len Phrasen!)
In einer Zeit, in der die Fotovoltaik kurz davor ist, die Netzparität zu erreichen, wollen Sie das Ausbauziel von 2 500 bis 3 500 Megawatt auf 900 bis 1 700 Megawatt pro Jahr senken. Wir haben gehört, dass wir schon bei 7 500 Megawatt waren, das heißt, die Branche kann viel mehr. Warum in Gottes Namen wollen Sie das jetzt wieder drastisch kürzen?