Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute einen Wirtschaftsbereich, der immer ein wenig unterbewertet wird, der so als Spielewirtschaft abgetan wird und noch nicht das Stadium des Erwachsenseins erreicht hat, aber ein Bereich ist, der aus meiner Sicht zu Unrecht in einer derartigen Form deklariert wird und zunehmend an Bedeutung gewinnt. Zur Kultur- und Kreativwirtschaft gehören heute in Bremen bereits 10 000 Menschen, die in diesem Bereich ihren Arbeitsplatz haben. Dabei handelt es sich zumeist um Freiberufler in Klein- und Kleinstbetrieben. Interessant ist, dass das Unternehmenswachstum in diesem Bereich in den letzten Jahren mehr als das Achtfache der Gesamtwirtschaft erreicht hat und noch weiteres Potenzial zu erreichen ist.
Die Menschen in diesen Bereichen arbeiten teils unter schwierigen sozialen Bedingungen und haben ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
keine institutionalisierte Lobby. Ein Wachstum dieser Bereiche bedeutet mithin, dass immer mehr freiberufliche Beschäftigungsverhältnisse außerhalb sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze und auch außerhalb gewerkschaftlich und tariflich organisierter und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung entstehen. Auch deshalb bedarf dieser Bereich der Kulturund Kreativwirtschaft unserer besonderen Aufmerksamkeit.
Die Branchen der Kultur- und Kreativwirtschaft sind durch extrem vernetztes Arbeiten, eine hohe Experimentierfreudigkeit sowie eine überdurchschnittliche Bereitschaft zum Risiko und zum Beschreiten unkonventioneller und neuer Wege gekennzeichnet. Sie sind damit wichtige Impulsgeber für den immer wieder zu gestaltenden Strukturwandel in der Wirtschaft und auch in unserer Stadtgesellschaft.
Wir möchten mit unserem heutigen Antrag erreichen, dass das Engagement der Kultur- und Kreativwirtschaft künftig gesellschaftlich noch stärker beachtet wird und die Voraussetzungen für dieses Engagement weiter verbessert werden. Das heißt nicht – das sage ich hier ganz deutlich an dieser Stelle –, dass wir diese Branchen durchsubventionieren wollen. Die Vertreterinnen und Vertreter der kreativen Berufe wollen das auch gar nicht, sie möchten nicht dauerhaft alimentiert werden, sie möchten, dass ihre Arbeit wertgeschätzt wird.
Wir fordern stattdessen eine Wachstumsstrategie, durch die die wirtschaftlichen Aktivitäten und Erfolge der Kreativen in Bremen und Bremerhaven stärker sichtbar gemacht werden. Erst durch die breit wahrnehmbare Darstellung der Leuchttürme aus diesen Branchen werden die Wertschöpfungspotenziale dieser kreativen Branchen verdeutlicht. Deshalb fordern wir den Senat auf, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft noch stärker als bisher in das Standortmarketing einfließt. Wir möchten darüber hinaus zum Beispiel kreative Quartiersentwicklungen als Vorbilder für die Stadtentwicklung sichtbarer machen. Wir möchten, dass die Curricula der unterschiedlichen Bildungseinrichtungen auch stärker hierauf ausgerichtet werden oder zumindest die Prüfung erfolgt, inwieweit diese Ausrichtung möglich ist.
Wir möchten, dass das Thema Kreativwirtschaft zum Beispiel auf der Basis von Stipendienprogrammen, Fortbildungen und Wettbewerben noch stärker in der Metropolregion im Nordwesten weiterentwickelt wird. Wir möchten, dass die in den vergangenen Jahren in Bremen entwickelten Strukturen und Förderprogramme insbesondere im Bereich der Kreativwirt
schaft erhalten und inhaltlich weiterentwickelt werden, da befinden wir uns auch in einem ganz guten Umfeld. Heute war dem „Weser-Kurier“ zu entnehmen, dass auch die EU die Förderung für Kreative aufstocken möchte, es sollen 1,8 Milliarden Euro zusätzlich für den Zeitraum von 2014 bis 2020 zur Verfügung gestellt werden. Ich finde, das ist eine satte Summe und auch ein deutliches Zeichen, und wer sich darüber informieren möchte, kann morgen um 19.15 Uhr im Bremer Presse-Club mehr erfahren. Neben den Ideenlotsen, dem Klub Dialog und der ZwischenZeitZentrale will ich hier auch beispielhaft belladonna erwähnen. Belladonna führt zum Beispiel am 25. April im Wilhelm-Wagenfeld-Haus eine Podiumsdiskussion zum Thema Verkaufsstrategien von Unternehmerinnen in der Kreativwirtschaft durch. Ich meine, gerade der Vertrieb ist ein ganz wichtiger Bereich, der in diesen Branchen auch gelernt werden muss, und auch ein ganz wichtiger Bereich, wenn es darum geht, Wertschöpfung am Markt in bare Münze umzuwandeln. Insofern freue ich mich sehr über diese Veranstaltung und beglückwünsche belladonna zu dieser Entscheidung.
Vielleicht waren einige von Ihnen am vergangenen Freitag in der Schwankhalle, dort haben die Auszubildenden der Schwankhalle die „in:put“, die erste kreative Jobmesse in Bremen, durchgeführt. Ich hoffe, sie war ein Erfolg, ich habe schon von mehreren Seiten gehört, es sei ziemlich gut gelaufen. Ich finde es gut, dass sich insbesondere der Nachwuchs hier schon in der Form engagiert. Man sieht, die Kreativität ist da in die Wiege gelegt, und das ist auch richtig und gut so und führt sicherlich auch dazu, dass unsere Stadtgesellschaft partizipiert. Ich könnte weitere Beispiele nennen, möchte stattdessen aber lieber darauf hinweisen, dass es bei uns bei allen Maßnahmen auch immer um eine bessere Verknüpfung der kreativen Bereiche mit den klassischen Branchen geht. Nur so entstehen die bereits erwähnten positiven Effekte für Wirtschaft und Stadtgesellschaft, nur so profitieren ebenfalls auch die beteiligten Unternehmen aus den sogenannten klassischen Branchen, und nur so entstehen auch verbesserte und nachhaltige Einnahmesituationen für die Unternehmerinnen und Unternehmer der Kultur- und Kreativwirtschaft. Wir können das als Querschnittsaufgabe bezeichnen oder als Cross-Innovation zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft, es ist eigentlich ziemlich egal. Fakt ist, dass wir, indem wir die Kultur- und Kreativwirtschaft auf diese Weise stärken, den Vertreterinnen und Vertretern der Kultur- und Kreativwirtschaft die Chance eröffnen, dass der Mehrwert ihrer Arbeit in den klassischen Branchen der Industrie, des Handels, des Handwerks sowie
im Dienstleistungsbereich und auch im öffentlichen Sektor geschätzt, positiv bewertet und, was für mich ganz wichtig ist, auch vergütet wird.
Die Entwicklung neuer marktfähiger Produkte muss mit einer auskömmlichen Auftragsvergabe an die kreativen Unternehmerinnen und Unternehmer verknüpft sein. Das ist gut für die Innovationsstandorte Bremen und Bremerhaven. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kreativwirtschaft ist bunt und heterogen. Bei uns in Bremen und Bremerhaven fokussiert sich unsere wirtschaftliche Identität gern darauf, dass wir einen Raum- und Luftfahrt-, Logistik- und Industriestandort sind. Neuerdings wird als innovatives Element die boomende Offshore-Branche hinzugefügt. Ich wünsche mir, dass wir als dynamischen und innovativen Leuchtturm und Impulsgeber ebenso unsere Kultur- und Kreativwirtschaft kommunizieren und weiterentwickeln.
Dies könnte ein ausgesprochen wirksames Element in unserem Stadtmarketing werden. Selbst wenn man einfach nur Wertschöpfungsaspekte beachtet, ist jede Investition hier besonders gut angelegtes Geld. Eine überregional bewunderte Firma wie Urbanscreen gibt vielleicht einmal 8 000 Euro für einen Beamer heraus, heute macht sie Millionenumsätze. Das heißt, Fördergeld dort ist sehr gut angelegtes Geld und ist effektiver als in anderen Branchen. Vor Kurzem gab es hier eine Frage in der Fragestunde in der Bremischen Bürgerschaft, das fand ich schön und lustig. Als es hier um ZwischenZeitZentrale, Klub Dialog und Ideenlotsen und deren Zukunft ging, konnte man hier eine Polonaise der Abgeordneten sehen, die fanden, dass es ein tolles Thema ist und Frage um Frage stellten, das hat mir sehr gut gefallen! Kreativwirtschaft ist nicht nur wichtig, sie ist anscheinend auch sexy.
Die Frage ist nun: Hat der Senat diese Potenziale eigentlich adäquat genutzt und weiterentwickelt? Vom ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Feigenblatt ist in der Kreativszene die Rede, die amüsante Begrifflichkeit eines Deputierten, den ich hier auch gerade sehe, er sprach von Pfauenfedern an Hühnerhintern.
Wir halten eine Wachstumsstrategie und eine Stärkung der Kreativwirtschaft für dringend geboten, das sollte dieses Wirtschaftsfeld zu einem zentralen Innovationscluster für Bremen und Bremerhaven aufwerten. Die Umsatzzuwächse in der Kreativwirtschaft sind enorm, die Arbeitsplatzpotenziale sind von der Arbeitnehmerkammer auf 1 700 geschätzt worden. Die Förderung dieses Bereichs ist also sehr gut angelegtes Geld.
Wachstumsstrategie heißt aber auch, die Förderinstrumente auszuweiten, Butter bei die Fische! Die Kreativwirtschaft begrüßt unsere Diskussion hier heute und hat am 19. März ein Positionspapier verfasst. Da heißt es, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis:
„Mit 23 kreativwirtschaftlichen Studiengängen, europaweit agierenden Forschungsinstituten und einer hohen Anzahl von Unternehmen, die in ihren Märkten als Innovationstreiber gelten, stellt die Bremer Kreativwirtschaft ein Innovationscluster für alle Bremer Branchen und die Bürgerschaft dar.“
Das ist das Spannende: Die Kreativwirtschaft gibt uns mehr, als sie nimmt! Im Bereich Stadtplanung entwickelt sie brachliegende Quartiere und macht diese für die Immobilienwirtschaft interessant. Sie braucht im Gegensatz Freiräume zur Entwicklung und Subkultur. Sie ist ein Impulsgeber für die ganze Wirtschaft, die Innovationen erst ermöglicht. Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. Wirtschaftsförderung sollte neben Großunternehmen und dem klassischen Mittelstand auch für die Bedürfnislagen der kleinen und kleinsten Unternehmen der Kreativwirtschaft niedrigschwellige und passende Angebote finden.
Die Verzahnung mit dem Bereich Bildung und Wissenschaft ist dabei ein wichtiger Bausstein. Der neue Rektor der Hochschule für Künste – das haben Sie auch mitbekommen –, Dr. Herbert Grüner, könnte dabei ein Verbündeter sein, nicht weil er so heißt, wie er heißt, sondern weil er auch Ökonom ist. Die positive Dynamik in der Kulturwirtschaft kann ganze Stadtviertel nachhaltig verändern und auch aufwerten, ich habe es im Schanzenviertel in Hamburg, wo ich
ein Geschäft betreibe, mit großem Staunen erlebt. Nicht alles, was ich dort erlebe, gefällt mir zwar im Augenblick, aber die Dynamik war enorm. Für die Entwicklung der Überseestadt war und ist die Kreativwirtschaft ein ganz entscheidendes Element. Weitere Modelle sind denkbar, warum nicht der Bremer Westen oder Woltmershausen?
Kultur und Wirtschaft gelungen zu verbinden ist lebendig, ungewöhnlich, nachhaltig und lohnend. Dann gibt es noch eine alte Schnapsfabrik gegenüber der Teerhofinsel, ein neues tolles Projekt der Kreativwirtschaft in unserer Stadt, im Juli soll es beginnen.
Die Kreativwirtschaft ist also schon ganz tief in Bremen, sie soll es bleiben, und Bremen soll ein Standort sein, zu dem die Kreativen strömen. Unterstützen wir sie mit Wertschätzung, Sympathie, Offenheit und auch mit etwas Butter, es lohnt!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wachstumsstrategie zur Stärkung der Kreativwirtschaft, so ist unser gemeinsamer Antrag überschrieben. Ich freue mich besonders, dass es gelungen ist, ihn gemeinsam mit den Grünen und der SPD-Fraktion einzubringen.
Kreativität und Wirtschaft sind ja zwei Begriffe, die sich bei vielen Menschen auf den ersten Blick ausschließen. Wenn man sprachlich herangeht, dann bedeutet Kreativität etwas schöpfen, kreieren und etwas Neues gestalten. Kreativität hat also viel mit dem Morgen und weniger mit dem Gestern zu tun. Assoziation und Fantasie sind untrennbare Bestandteile von Kreativität, ebenso das spielerische Element. Kreativität ist die Leistung, die erbracht wird, damit Zukunft gestaltet wird. Wirtschaft steht für Handel und Wandel. Die ökonomische Theorie beschäftigt sich mit den Gesetzmäßigkeiten des Wirtschaftens. Hinter beiden Begriffen stehen immer handelnde Menschen. Vielleicht sind sie unterschiedlich motiviert und angetrieben: die einen stringent, vielleicht etwas kühl an Zahlen und Bilanzen ausgerichtet, die anderen eher an gestalterischem Arbeiten mit viel Fantasie, wo nicht der finanzielle Ertrag, sondern die persönliche Verwirklichung im Vordergrund steht.
Also doch alles ein Widerspruch? Nein, eben nicht! Eine solche Trennung ist unzulässig und falsch, ganz im Gegenteil, die Schnittmengen überwiegen, und anders wird sogar ein Schuh daraus. Für eine hohe Wirtschaftskraft ist Kreativität unabdingbar erforder
lich. Oder glauben Sie, dass große Erfinder wie Karl Benz oder Werner Siemens keine kreativen Köpfe waren? Ohne Erfindungen gibt es keinen Fortschritt, und ohne Fortschritt gibt es auch keine wirtschaftliche Entwicklung!
Genau weil es diese Verbindungen und Schnittmengen zwischen Kreativität und Wirtschaft gibt, freut es uns als CDU, dass es hier in Bremen seit circa fünf Jahren eine bunte und wachsende Szene gibt, die diese beiden Begriffe verbindet.
Unterschiedlichste Menschen bringen sich ein und bilden eine interessante Kultur- und Kreativwirtschaft, von der unser gesamtes Bundesland profitiert. Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist eine echte Querschnittsbranche. Während eines Besuchs unserer Wirtschaftsdeputierten beim Verein der Kreativkapitäne konnten wir uns persönlich über diesen wachsenden Sektor unserer Volkswirtschaft informieren. Wünsche, Ideen, Ziele, Bedürfnisse und Anforderungen an Standortbedingungen standen dabei im Zentrum unserer Gespräche.
Die Kreativwirtschaft als solche ist aber auch ein wichtiger Standortfaktor für Bremen geworden mit einem bislang nicht ausgeschöpften Potenzial. Das alles steht auch in dem Ihnen vorliegenden Antrag und ist hier schon durchgeklungen. Kurz und konkret: 23 Studiengänge, circa 10 000 Beschäftigte und um die 1 800 Betriebe, da muss man nicht mehr in Hungerkünstlerfantasien denken.
Trotzdem oder gerade deshalb gilt es, den Rahmen und die Bedingungen, die diese Branche benötigt, um wachsen zu können, am Standort Bremen zu verbessern und auszubauen. Notwendig hierfür ist eine experimentelle und flexible Wirtschaftsförderung, die nicht aus einem Förderprogramm nach Schema F besteht. Die Konzentration der Akteure wie in einem Kreativzentrum wie seinerzeit im Technologiepark mit den Bits, was damals sehr erfolgreich war, ist nicht unbedingt das Rezept, das hier greift, nein, es bedarf einer Förderung an bezahlbaren Mieträumen mit Sinn und Verstand. Umso wichtiger ist eine gute und intensive Kommunikation mit den handelnden Akteuren, die Förderung muss dafür zielgenau ausgerichtet sein.
Alle Anwesenden konnten es bei unserem Besuch bestätigen, es besteht die Notwendigkeit in Netzwerken, in Cross-Over-Projekten – das hat Herr Kottisch auch schon gesagt – zu denken, zu arbeiten und zu agieren: Förderung von Möglichkeiten und Freiheiten in einem ökonomischen Rahmen. Mit Sicherheit sind längst noch nicht alle Potenziale der Luft- und Raumfahrtindustrie oder der maritimen Wirtschaft und Logistik gemeinsam mit der Kreativwirtschaft ausgeschöpft. Hier muss man den Akteuren Plattformen für mögliche Interaktionen bieten, Vernetzung ist das
Stichwort. Die bereits bestehende Kreativallianz gilt es auch nach außen mutig und positiv im Stadtmarketing zu positionieren.
Wir sind insofern froh, dass auch die Hauptverantwortlichen ein Augenmerk auf diese Branche legen. Wir brauchen kluge und kreative Köpfe, Querdenker, Vernetzer und Diversifizierer. Gerade vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung bekommt der Wettbewerb um kreative und kluge Köpfe in der Standortbindung eine immer größere Bedeutung. Wir freuen uns deshalb über die drei Ü in dem Antrag: Übersetzen, Überzeugen, Überraschen. Wir freuen uns, dass wir auch noch das vierte Ü hinzufügen konnten, mit dem Überprüfen gemeint ist oder auch eine kontinuierliche weitere Begutachtung der Kreativität durch den Senat. Die Evaluation von Resultaten und Zwischenergebnissen ist unverzichtbar, um politisches Handeln zu ermöglichen.