Protocol of the Session on February 23, 2012

Herr Hinners, Sie haben ja die weiße Seite des legalen Schusswaffenbesitzes geschildert. Die weiße Seite sind die Bürgerinnen und Bürger.

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Alles andere ist Generalverdacht!)

Nein, die Bürgerinnen und Bürger, die hier sind und die mit der Position der SPD und der Koalition in dieser Frage nicht einverstanden sind!

Ich möchte Ihnen aber einmal eine, und es ist auch nur eine, der E-Mails vorlesen, die uns erreicht hat, als wir es uns angemaßt haben, die Prüfung einer Waffenbesitzsteuer vorzuschlagen.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Von uns aus können Sie alle vorlesen!)

Wenn ich das täte, dann würden wir hier ziemlich lange sitzen!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ich habe Zeit!)

Anonymous_nobody@remailer-paranoici.org: „Man wird dafür sorgen, dass Sie an den Pranger gestellt werden, Sie unterschätzen die Macht des Internets. Sollten Sie nicht einsichtig werden, wird Ihre Karriere den Bach hinuntergehen. Noch eines: Es gibt nur das Rechtsgutachten des Forums Waffenrecht. Das belegt eindeutig die Verfassungswidrigkeit. Die Waffensteuer dann trotzdem einzuführen, wäre Willkür. Sie sollten wissen, wie man staatlicher Willkür begegnet: notfalls mit Gewalt. Wollen Sie das?“ Ich glaube, auch das wirft ein Schlaglicht auf die Situation, die wir im legalen Waffenbesitz in Deutschland haben!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Herr Hinners, lassen Sie mich auch eine Sache noch einmal sagen, weil es ja auch immer darum geht, welchen persönlichen Zugang man dazu hat! Ich kann Ihnen sagen, warum ich gegen kurzläufige, großkalibrige Waffen bin.

(Zurufe der CDU)

Vielleicht trifft man dort auf Verständnis, gerade bei den Menschen, die in Ihrem Beruf unterwegs gewesen sind!

Ich habe als Rettungsassistent jemanden gesehen, der von sieben Schüssen durchlöchert worden ist. Ich habe auf dessen Brustkorb herumgedrückt. Ich habe gesehen, wie an der Seite das Blut herausgeschossen ist, und ganz ehrlich, glauben Sie mir, in dem Moment war für mich klar, dass solche Waffen in Deutschland nicht legal unter das Volk gehören.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Lassen Sie mich vielleicht zum Abschluss noch kurz etwas zur Auswertung des Home-Office-Berichts, der ja so gern zitiert wird, wie das englische Waffenrecht eigentlich aussieht, sagen! Wenn man den Originalbericht liest, dann stellt man fest, ja, es gibt viel mehr Verstöße gegen das Waffenrecht, als es sie vorher gegeben hat. Es gibt, genau genommen, dreimal so viele Verstöße. Man stellt fest, 85 Prozent dieser Verstöße sind Verstöße gegen den legalen Waffenbesitz, weil die Leute ihre Waffe nicht abgegeben haben. Das als Beleg gegen ein schärferes Waffenrecht zu nehmen, halte ich für abenteuerlich! – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

(Abg. Frau G r o t h e e r [SPD]: Soll ich meine Frage noch einmal formulieren, be- vor ich Sie wieder verwirre?)

Nein, alles in Ordnung, Frau Grotheer! Wenn Sie noch Redezeit haben, dann ist das in Ordnung, dann kommen Sie hierher!

(Beifall bei der CDU)

Herr Tschöpe, woher wissen Sie, dass derjenige, der Ihnen diese wirklich unterirdische E-Mail geschickt hat, ein legaler Waffenbesitzer war? Woher wissen Sie es? (Beifall bei der CDU)

Also ich habe schon eine ganze Reihe E-Mails bekommen, von denen ich nicht weiß, wer der Absender war, und weil ich das nicht weiß, kann ich auch nicht wissen, wes Geistes Kind dieser Absender war.

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Das steht aber darin!)

Und das haben Sie überprüft? Gut! ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ich will wieder auf das zurückkommen, was ich vorhin schon angekündigt habe, nämlich das Schreiben der Senatorin der Finanzen, unterschrieben mit freundlichen Grüßen, Karoline Linnert, Datum: 18. Januar 2012. Ich zitiere aus dem Schreiben: „Eine eigene Überprüfung hierzu kommt zu dem vorläufigen Ergebnis, dass eine Waffensteuer mindestens deswegen rechtlich bedenklich ist, da Anknüpfungspunkt einer kommunalen Aufwandssteuer nur private (Konsum-) Aufwendungen sein können.“

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Völlig richtig!)

Es wird hier festgestellt, dass sie rechtlich mindestens bedenklich ist.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich hatte vorhin schon einmal kurz darauf hingewiesen, die Aufbewahrung von legalen Waffen ist im Gesetz klar geregelt und wird zu Recht vor Ort kontrolliert. Viele wissen gar nicht, wie sehr Menschen, die legale Waffen besitzen, unter der Aufsicht und Kontrolle des Stadtamtes stehen. Dort werden persönliche Besuche zu Hause durchgeführt, und zwar zu Recht, und es wird danach geschaut, ob die Waffe ordnungsgemäß, in Trennung von Munition, also in einem nicht geladenen Zustand, gelagert wird und ob der Schrank entsprechend sicher ist, wie es das Waffengesetz es vorsieht.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Sagen Sie jetzt auch die Ergebnisse der letzten Entwick- lung?)

Wir müssen zunächst einmal schauen, wie das Gesetz ist, und dann, darauf komme ich gleich noch zu sprechen, dass das Gesetz auch umgesetzt wird, Herr Tschöpe. Also nicht zu früh zu laut werden!

Ferner möchte ich kurz darauf eingehen, was Sie neben der Waffensteuer sonst noch fordern. Sie fordern beispielsweise, und das haben Sie vorhin auch in Ihrem Beitrag gesagt, dass die Mitglieder des Schützenvereins ihre Waffen abgeben und an den Verein übertragen können, und in dem Verein lagern dann vielleicht 100 bis 200 Waffen. Das ist geradezu das Objekt für diejenigen, die sich Waffen beschaffen wollen, dort einzubrechen.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Da lagern aber jetzt schon welche, Herr Hinners!)

Es ist selbst in Polizeireviere schon eingebrochen worden, in Kasernen ist mit dem einzigen Ziel eingebrochen worden, und zwar obwohl dort Alarmanlagen vorhanden waren, um dort Waffen zu entwenden. Wenn Sie jetzt wollen, dass dort 100 bis 200 Waffen in dem Schützenverein lagern, dann kann ich Ihnen nur sagen, dann haben Sie denjenigen, die Waffen stehlen wollen, richtig Vorschub geleistet.

(Beifall bei der CDU)

Offensichtlich ist Ihnen auch nicht klar – Sie haben soeben auf Ihr Erlebnis mit einer großkalibrigen Waffe hingewiesen, Sie können sich vorstellen, ich war mehrere Jahre lang Chef einer Tatortgruppe und habe in dieser Zeit relativ viele Leichen und Schwerverletzte nach Einsatz einer Schusswaffe gesehen, gar keine Frage; daher habe ich da auch eine hohe Sensibilität! –, dass an der Stelle entscheidend ist, wer die Waffe eingesetzt hat und ob es eine legale oder illegale Waffe war. Ihr Antrag, ich wiederhole mich, führt nicht dazu, dass die legalen Waffen in ein anderes Verhältnis kommen, sondern dazu, dass wir mehr illegale Waffen haben werden, und das ist viel gefährlicher.

(Beifall bei der CDU)

Jäger, beispielsweise, werden sehr häufig nach einem Verkehrsunfall mit Wild gerufen, um das noch lebende, aber schwerverletzte Tier zu töten. Womit machen sie das? Sie machen das mit einer großkalibrigen Kurzwaffe, weil das gar nicht anders geht. Das ist die sogenannte Fangschutzwaffe. Daher können Sie jetzt nicht einfach sagen, das muss alles vom Markt.

(Abg. Frau G r o t h e e r [SPD]: Die sind ausgenommen!)

Sie haben dann in Ihrem Antrag gefordert, endlich das elektronische Waffenregister einzuführen. Herr Tschöpe, das haben wir schon. Sie fordern etwas, das wir schon haben.

Ich wiederhole mich hier: Aus genannten Gründen lehnen wir Ihren Antrag ab! Er ist nicht nur unseriös begründet, sondern diskriminiert Menschen, die sich gemeinnützig in Sportvereinen betätigen und zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Sportwaffen ausbilden. Vielmehr sollten Sie sich dafür einsetzen – jetzt komme ich darauf zurück, was ich soeben schon angekündigt habe –, dass die vorhandenen Waffenbesitzkarteninhaber hinsichtlich ihrer persönlichen Eignung, Herr Tschöpe, überprüft werden, wenn sie Straftaten begangen haben. Sie kennen die Richtlinien, die es extra dafür gibt, wonach die Staatsanwaltschaft und das Gericht aufgefordert sind, bei verurteilten Straftätern entsprechende Hinweise zu geben. Was machen Sie dort als zuständige senatorische Dienststelle und als zuständige Regierungskoalition? Wir haben dazu eine Kleine Anfrage gestartet, warten Sie einmal auf die Antwort! – Vielen herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich nur wenige Anmerkungen hinzufügen! Der aktuelle Innensenator sitzt hier auf der Regierungsbank, mindestens ein früherer Innensenator sitzt hier als Fraktionsvorsitzender der CDU; ich schaue mich gerade einmal um, ob noch mehr da sind, die dieses Amt schon einmal inne hatten. Alle, und auch Sie, Herr Hinners, wissen doch sehr genau, dass die Kontrollen, von denen Sie sprechen, mit den Ressourcen, die wir haben, erstens so selten stattfinden, dass der aktuelle Innensenator ehemalige, inzwischen im Ruhestand befindliche Polizeibeamte reaktiviert hat, um überhaupt Kontrollen durchführen zu können.

Zweitens, Herr Hinners, wissen Sie auch ganz genau, wenn diese Kontrollen durchgeführt werden und die im Ruhestand befindlichen Polizeibeamten noch einmal losgehen und die Waffen kontrollieren, dass das Ergebnis so ist, wie wir es den Berichten des Innensenators – Sie sitzen ja in der Innendeputation – entnehmen können, dass das Gesetz keineswegs in allen Fällen pünktlich und zuverlässig eingehalten wird. Das ist jedenfalls das Resultat, das diese nur sehr sporadischen Kontrollen hatten.

Lassen Sie mich noch einmal zum Kern dieser Debatte kommen! Insofern bin ich dem Kollegen Tschöpe dankbar, dass er diese eine E-Mail – ich weiß, dass er noch sehr viel mehr E-Mails hätte vorlesen können – vorgelesen hat. Eine Frage, die wir uns stellen müssen – wir hier unten, die Damen und Herren auf der Tribüne, aber auch die vielen draußen, die dieses Thema interessiert –, ist: Führen wir hier in Bremen eigentlich im Kleinen eine Debatte darüber, das in den USA sehr massiv präsent ist, ob Waffen ein identitätsstiftendes Kulturgut sind? Den Eindruck habe ich nämlich, und dazu habe ich eine ganz bestimmte Meinung: Für mich sind Waffen kein identitätsstiftendes Kulturgut,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

und wir können in den USA sehen, wohin es führt, wenn Waffen als identitätsstiftendes Kulturgut betrachtet werden.

Ich finde, die Situation bei uns ist ein Paradies im Vergleich zu den USA, das gebe ich vollkommen zu, das kann man überhaupt nicht vergleichen.

(Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: Das kann man überhaupt nicht vergleichen!)