Protocol of the Session on January 25, 2012

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD)

Natürlich ist dies eine Belastung für die Wirtschaft. Der Atomausstieg kostet die Energieunternehmen Milliarden von Euro Gewinn. Wir haben aber ganz bewusst gesagt, wir können keine Milliarden Euro Gewinn mit einer Technologie machen, die diese Erde und die Umwelt jahrtausendelang schädigt, das geht nicht. Daher stellt sich dieselbe Frage natürlich auch bei den Transporten, der Anreicherung und der Brennelementherstellung genauso wie bei den Atomkraftwerken. Ich sage an dieser Stelle auch, nur damit es keine Irrtümer gibt, wir werden heute diesem Gesetz zustimmen, wir versprechen aber auch, dass wir in dem Bemühen, es auch auf andere radioaktive Stoffe auszuweiten, nicht nachlassen werden. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden heute in der zweiten Lesung das Verbot des Umschlags von Kernbrennstoffen beschließen, und das wird trotz aller Wenn und Aber, die es hier von der rechten Seite gibt, so gut und richtig sein.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich bin überzeugt, dass wir hier in Bremen und Bremerhaven eine ganz große Mehrheit hinter uns haben, die überzeugt ist, dass dies der richtige Weg ist, und die das auch begrüßt. Ich gehe sogar so weit, dass selbst auf dieser Seite einige von Ihnen sitzen werden, die insgeheim sagen, gut so, wenn wir künftig keine Atomtransporte mehr in diesem Bereich haben.

(Beifall bei der SPD – Abg. R u p p [DIE LINKE]: Da wäre ich mir nicht so sicher!)

Ich bin mir sicher, dass es auch dort einige gibt, die genau wissen, wie perspektivlos diese Atomtransporte sind und welche Gefahren sie auch mit sich bringen, und dass wir ein ganz anderes Konzept für die Entwicklung der Wirtschaft in Bremen und Bremerhaven haben. Ich denke, dass genau dies der Handelskammer auch bekannt ist. Dass sie als Interessensverein hier auftreten muss, wundert mich nicht. Ich glaube aber, dass ein großer Teil sehr genau weiß, wie perspektivlos und zukunftslos dieser Bereich sein wird.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Deshalb denke ich, es spricht viel dafür und es gibt eigentlich wenig, was dagegen spricht. Der einzige Punkt, und das nehmen auch wir ernst, ist, dass es in der Wirtschaft in der Tat diese Sorgen gibt, dass praktisch die Kernbrennstoffe nur der Einstieg sind, und dann kommen die nächsten Produkte. Diese Sorgen nehme ich, nehmen wir ernst. Ich bin aber überzeugt, dass sie eigentlich unbegründet sind. Wir haben hier noch einmal sehr deutlich gemacht, dass es für uns eine ganz solitäre Entscheidung ist, die Kernbrennstoffe herauszunehmen. Das ist aber nur der eine Punkt. Da muss man noch einmal tiefer herangehen.

Herr Kastendiek und Herr Strohmann, Sie sind bei der Anhörung im Hafenausschuss dabei gewesen. Sie haben mitbekommen, wie darüber gesprochen wurde, wie es denn sein würde, wenn wir über die Kernbrennstoffe hinausgehen. Sie haben mitbekommen, wie die Anwälte gesagt haben, wir kommen dann in ziemlich unterschiedliche rechtliche Sachen, in denen wir sehr viel höhere rechtliche Probleme haben, und wenn wir uns Teakholz, Palmöl, Erdöl oder was weiß ich zum Ziel nehmen, dann sind wir rechtlich auf einem ganz anderen Feld. Das ist der Punkt, an dem man überhaupt nicht sagen kann, wenn wir aus den Kernbrennstoffen herausgehen, dann können wir einmal eben auch in die anderen Bereiche hineingehen.

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Wie ist es mit Chemikalien?)

Das ist mit den Chemikalien genauso, weil Sie ein ganz anderes Recht berühren! Das ist Ihnen auch schon von meinem Vorredner gesagt worden, Herr Hinners!

Der Chemikalienumschlag ist auch reguliert, es gibt Gesetze. Wir haben hier doch nicht die Situation, dass jeder irgendetwas unkontrolliert durch die Häfen bringen kann. Herr Hinners, wir haben Regulierungen, um es noch einmal zu sagen. Sie haben es mitbekommen, und gegen besseres Wissen blasen Sie diese Sache auf, obwohl auch Sie sagen müssten – und Sie können sich das von Herrn Röwekamp als

Anwalt einmal erklären lassen –, dass wir rechtlich in einem anderen Bereich sind. Deshalb sehe ich auch diese Sorgen nicht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben den Einwand von Ihnen, Herr Kastendiek, wir würden uns aus dem Konsens um den Atomausstieg herausstehlen. Herr Rupp hat es schon angedeutet, schauen Sie sich doch einmal an, wenn Sie das noch nicht gemacht haben, welche Transporte stattfinden! Wissen Sie, wo Narbonne in Frankreich liegt?

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Na?)

Das liegt am Mittelmeer gegenüber von Marseille. Wir haben die Transporte, sie kommen von Australien, fahren die französische Küste hoch, an den Häfen Bordeaux, Saint-Nazaire, Le Havre vorbei, sie fahren an Belgien vorbei, an Lüttich, Antwerpen, Brügge, Rotterdam, Amsterdam, um dann hier oben in Bremerhaven umgeschlagen und durch ganz Deutschland und Frankreich wieder nach unten ans Mittelmeer zurückgebracht zu werden. Erklären Sie mir, was das mit unserem Entsorgungskonzept zu tun hat!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Genauso sinnfrei sind Ihre Einwände hier, wir würden uns aus der Verantwortung stehlen, was die Bewältigung unserer atomaren Restlasten angehe. Herr Kastendiek, es ist Herrn Rupp gedankt worden, dass er sich sehr engagiert hat. Vielleicht haben Sie die Zeit zumindest genutzt, um einmal nachzuschauen, was denn hier in Bremen an Transporten stattfindet. Wenn Sie es gemacht hätten, wäre Ihnen als Erstes aufgefallen, dass wir nämlich nicht nur Transporte über den Hafen haben, sondern auch über unsere Bundesautobahn. Wenn Sie sich dann die Mühe gemacht hätten, dies einmal durchzuschauen, wären Sie darauf gekommen, dass die Zahl der Transporte über die Bundesstraßen mit atomaren Stoffen sechsmal so hoch ist wie das, was über die Häfen umgeschlagen wird.

In den Häfen können wir etwas machen, auf den Autobahnen können wir nichts machen. Sie sehen aber doch daran, wir sind nach wie vor Gefangene dieses Risikosystems. Wenn Sie sagen, wir tragen unsere Lasten und Risiken nicht, dann ist das sinnfrei, informationsfrei und letztlich nur eine Phrasendrescherei.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Letzter Punkt! In der Tat, das ist angesprochen worden, wenn man ein Gesetz erlässt, gibt es Gutachten. Wenn gesagt wird, wir müssten dies hier an

halten, weil das Gutachten von der Handelskammer zu einem anderen Ergebnis gekommen ist, dann muss ich Ihnen sagen, auch da könnte Herr Röwekamp Ihnen sagen, wie das ist, wenn es zwei unterschiedliche Meinungen gibt, dann bemüht sich jeder, dass seine Position untermauert wird. Herrn Kröning hat die Handelskammer auch nicht beauftragt, mit der Vorgabe zu schauen, was vielleicht am Ende dabei herauskommt. Wir wussten doch, dass genau diese Sache angegriffen wird.

Wir wissen jetzt, wenn dieses Gesetz durchkommt und wenn eine Klärung letztendlich auf rechtlichem Weg stattfinden soll, dann muss geklagt werden. Dann muss man allerdings auch sehen, dass derjenige, der klagt, eben nicht für einen abstrakten Universalhafen in Bremen klagt, sondern er klagt pro Atomtransporte über die bremischen Häfen.

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Sind Sie für den Rechtsstaat oder nicht?)

Er klagt für das Recht der Bundesregierung, in der Atomindustrie nach eigenem Belieben atomare Transporte umschlagen zu dürfen. Er klagt dafür, dass der Bremer Souverän ohnmächtig danebenstehen muss. Das heißt, sie klagen für fremde Interesses und nicht für unsere eigenen.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Zum Abschluss will ich Ihnen dazu nur Folgendes sagen! Ich habe Zweifel, ob die Handelskammer das machen wird, ich habe auch Zweifel, ob die Bundesregierung das machen wird. Die Bundesregierung wird vielleicht einen Minenhund suchen, vielleicht ist das dann Ihre Aufgabe. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kastendiek.

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Haben Sie sich gemeldet?)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es für die Ablehnung dieses Gesetzes aus den Gründen, die wir genannt haben, einen besseren Beleg hätte geben können, dann war es die Rede von Ihnen, Herr Gott––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

schalk. Sie haben uns gerade das beste Argument geliefert, warum unsere Ablehnung gerechtfertig ist.

(Beifall bei der CDU)

Ein bezeichnender Satz von Ihnen, ich weiß, das ist Ihr Denken, und ich will das jetzt gar nicht abwerten und mich auf das Niveau herabbegeben, das Sie eben gerade gewählt haben,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Zu spät! – Abg. Frau D r. S c h a e - f e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Schon pas- siert!)

wenn ich ihn hier herausnehmen darf, macht deutlich, welche Vorstellung Sie haben. Sie haben gesagt, wir haben ein anderes Konzept für die Entwicklung der Wirtschaft. Genau das ist das Problem. Sie wollen durch staatliche Lenkung von Gütern, die bundesstaatlich, europarechtlich organisiert und geregelt sind, Einfluss auf eine Entwicklung nehmen, bei der Sie keine Regelungskompetenz haben. Ob es Ihnen passt oder nicht, Sie müssen akzeptieren, dass Ihnen diese Regelungskompetenz aufgrund des Landesrechts nicht zusteht. Dieser inhaltliche Ansatz, dass Sie eine andere Entwicklung der Wirtschaft haben wollen, ist doch völlig klar. Sie wollen sich von dem Grundkonsens nicht nur der Frage, welchen Status die Häfen haben, sondern unterm Strich auch aus der sozialen Marktwirtschaft lösen

(Widerspruch beim Bündnis 90/Die Grünen)

und aus dem Verhältnis, wie Staat und Wirtschaft miteinander umgehen. Sie wollen den Unternehmen vorschreiben, was sie zu transportieren haben, was sie zu produzieren haben. Genau das ist das Problem, deswegen glauben wir Ihnen kein Wort an der Stelle.

Wir glauben Ihnen nicht, dass mit dieser Gesetzesänderung Schluss ist, sondern Sie werden weiter einsteigen, Sie werden sich unter der Überschrift Nachhaltigkeit weitere Warengüter vornehmen, die Ihnen nicht in das politische Konzept hineinpassen. Um den Beleg dafür zu haben, deutlich zu machen, worum es Ihnen eigentlich geht, brauchten wir Ihre Rede, dafür danken wir Ihnen! – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Günthner.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Abg. P o h l m a n n [SPD]: Unser Geburts- tagskind!)

Man wünscht sich manchmal andere Debatten zu seinem Geburtstag, aber das kann man sich als Senator nicht immer aussuchen! Ich will eingangs sagen, dass man ein bisschen sowohl die Fahrt als auch die Emotionalität aus der Debatte herausnehmen sollte, da doch völlig klar ist, dass die Frage, ob wir ein Universalhafen sind oder nicht, nicht an der Frage nach einer Hand oder zwei Händen voll Castoren hängt. Insofern ist das ein ziemlicher Popanz, der hier insbesondere von der Opposition öffentlich aufgebaut wird. Ich sage ganz deutlich für den Senat, dass wir die Hafeninteressen, die Stärkung unseres Hafens, dieses Universalhafens, weiter im Blick haben und es absurd ist, dem Senat vorzuwerfen, er würde die Hafeninteressen und den Hafenstandort in Bremen nicht deutlich vertreten.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dazu gehört auch, und das ist hier in der Debatte von den Rednerinnen und Rednern der Koalition auch deutlich gemacht worden, dass es nicht um eine Ausweitung geht, sondern darum, dass nur Kernbrennstoffe zukünftig nicht mehr über die bremischen Häfen umgeschlagen werden sollen. Der Vergleich mit Palmöl oder Tropenhölzern ist völlig abseitig. Es mag vielleicht immer einmal den einen oder anderen, die eine oder andere geben, die etwas anderes sagt oder meint, aber in dieser Frage gilt eindeutig, dass wir über das jetzt Geplante nichts Hinausgehendes machen werden und dass das auch der breite politische Konsens in dieser Koalition ist. Man muss weiterhin feststellen, dass es einen breiten gesellschaftspolitischen Konsens über alle politische Lager hinweg gibt, der deutlich macht, dass wir nicht nur aus der Kernenergie aussteigen wollen, sondern der sich auch kritisch mit den daraus resultierenden Lasten auseinandersetzt. Ich will jetzt nicht die Debatte dadurch verlängern, dass ich in das Jahr 2008 zurückgreife. Seinerzeit haben einige von denen, die im Moment so großspurig auf Bremen zeigen, gesagt, wenn in Cuxhaven der Stadtrat sagt, wir wollen nicht, dass über Cuxhaven Kernbrennstoffe umgeschlagen werden, dann sagen wir als schwarzgelbe Landesregierung in Hannover, das akzeptieren wir, und dann ist es so, oder dass man in Hamburg so tut, als wäre es nicht möglich, fünf Standardcontainer über die Hamburger Häfen umzuschlagen, weil man am Ende keine Kernbrennstoffe will. Zu dem Spiel gehört am Ende doch auch immer zu sagen, dass niemand Interesse daran hat, Kernbrennstoffe umzuschlagen, und dass es dann auch politisch konsequent ist, und das macht die rot-grüne Koalition hier heute deutlich. Sie sagt nicht nur, dass man es nicht will, sondern dass man es auch in den entsprechenden Regeln und Gesetzen mit den Hebeln, die man hat, verankern kann.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)