Protocol of the Session on January 25, 2012

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich fühle mich da in einer guten Gesellschaft mit anderen Städten: Emden, Wilhelmshaven, Lübeck,

Cuxhaven, Rostock, Kiel. Der „Weser-Kurier“ hat das zum Jahreswechsel auch zu einem Thema eines Berichts gemacht. Dort gibt es Ratsbeschlüsse, die alle in die Richtung gehen, wir möchten prüfen oder möchten ganz konkret keine Transporte. Die Bremische Bürgerschaft als Rat hat beschlossen, wir wollen keine Transporte, und da wir ein Landesparlament sind, machen wir das richtige Gesetz dafür. Wir wollen keine Transporte!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Von daher komme ich wieder mit etwas Ruhe zurück und sage Ihnen, dass man in der politischen Abwägung auch als Fachpolitiker für die bremischen Häfen eine Verantwortung hat und auch eine Verantwortung für vielleicht höherwertig stehende Dinge, nämlich den Transport von Kernbrennstoffelementen. Ich bin froh darüber, dass sich viele in diese Debatte jetzt noch einmischen, die jetzt ein Jahr und vier Tage läuft – genau vor einem Jahr und vier Tagen gab es eine Anfrage der Regierungsfraktionen im Parlament , Transporte durch das Land Bremen –, auch wenn es vielleicht etwas spät von den Hafenvertretungen, der Hafenwirtschaft und der Handelskammer ist. Grundsätzlich bin ich als Parlamentarier offen, jede noch bessere Lösung in das parlamentarische Handeln einzubringen, die den Interessen meines politischen Ziels, meiner Fraktion klar nachkommt und die einer von anderen geäußerten Interessenlage auch nachkommt.

Deswegen sage ich klar an dieser Stelle: Die jetzt noch einmal eingebrachte Änderung, die eigentlich unüblich ist, wenn wir im Hafenausschuss schon eine Beschlusslage haben, zeigt ganz klar auch das Signal an die Handelskammer und an die bremischen Häfen, dass es der sozialdemokratischen Fraktion in der Verantwortung mit der grünen Fraktion um das Verbot von Transporten von Kernbrennstoffelementen über die bremischen Häfen geht. Darum geht es uns!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Deswegen war auch ich bereit, diese Diskussion, die außerhalb des Parlaments stattgefunden hat, wahrzunehmen und sie auf der Zielgeraden einer politischen Diskussion noch mit aufzunehmen. Wir sind uns doch alle sicher, dass wir politische Ziele vor Augen haben, die wir dann danach prüfen müssen, ob sie umsetzbar sind oder nicht. Ich stütze mich darauf, die SPD-Fraktion stützt sich darauf, die Fraktion der Grünen stützt sich darauf, dass uns das Gutachten des vom Senat beauftragten Gutachters die Grundlage dafür gibt, dass wir rechtlich handeln können. Ich bin mir sicher, mit allem politischen Handeln, das ich mache, das wir alle im politischen Umfeld machen, dass das überprüft wird. Das ist doch vollkommen logisch.

Ich muss aber doch einen Prozess zu Ende bringen! Deswegen fand ich heute Morgen die Bemerkung des Abgeordneten Rupp in der Geschäftsordnungsdebatte gar nicht verkehrt: Wir bringen einen Prozess zu Ende und schauen einmal, was kommt! Aber das ist doch Politik! Ich kann doch nicht in der Mitte des Weges aufhören! Ich muss etwas einbringen – was ich gemacht habe, wir bringen einen Änderungsantrag ein –, und ich muss am Ende dann sehen, ob die Argumente, die von Ihnen oder von anderen kundgetan werden, uns recht oder unrecht geben.

Ich bin mir sicher, dass wir hier auf einer rechtlichen Grundlage fundiert eine politische Entscheidung vornehmen können. Von daher sage ich Ihnen zusammengefasst: Das Bundesland Bremen ist nicht allein in der Debatte um den Transport von Kernbrennstoffelementen, das zeigen die Städte, die ich erwähnt habe. Ich glaube, dass es dann richtig ist, dass wir heute in zweiter Lesung den veränderten Antrag der Regierungsfraktionen beschließen, weil uns das die Chance gibt, den Sachverhalt politisch klar zum Punkt zu bringen, um dann zu sehen, was daraus entsteht.

In Richtung der Wirtschaft sage ich, weil der Abgeordnete Kastendiek das auch vorhin beim Hereinkommen sagte: Als Hafenpolitiker habe ich eine Abwägung vorgenommen, ob ich die Interessen des Hafens sehe. Ich sage Ihnen, ich sehe die Interessen der Hafenwirtschaft, und ich nehme jede einzelne Äußerung in diesem und jedem anderen Sachverhalt wahr und bemühe mich, es im Rahmen meiner politischen Überzeugung und der politischen Ziele so deckungsgleich zu bekommen, dass es ein möglichst kleines Spannungsfeld gibt. Wenn es dann da ist, dann müssen alle, die uns verstehen, die heute sagen, wir hätten uns das anders gewünscht – –. Aber daran kann man Politik messen, daran kann man Politik auch wählen.

Ich glaube, es ist gut, dass Sie heute, wir auf jeden Fall als Regierungsfraktionen, diesem Antrag zustimmen, um auch hinsichtlich der Sicherheit für viele Menschen in der Bundesrepublik zeigen zu können: Wir diskutieren nicht nur über Atomkraft, wir machen auch das, was im Rahmen unserer Zuständigkeit für das Land Bremen möglich ist. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schierenbeck.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befassen uns heute in der zweiten Lesung mit der Änderung des Hafenbetriebsgesetzes, und ich meine, das ist auch gut so. Auch wenn sich ein paar Juristen noch streiten, wollen wir heute unseren politischen Wil

len durchsetzen, und wir wollen die Anzahl der Atomtransporte über die bremischen Häfen reduzieren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Wir wollen konkret den Transport von Kernbrennstoffen verbieten, und zwar so lange, wie der Bund kein Konzept für Zwischen- und Endlager hat. Der Betrieb von Atomkraftwerken benötigt eine Vielzahl von Transporten mit verschiedenen radioaktiven Gütern. Durch das Verbot des Transports von Kernbrennstoffen reduzieren wir die Zahl der gefährlichen Transporte. Wir beschränken uns dabei auf die im Atomgesetz definierten Kernbrennstoffe, weil diese eindeutig definiert sind, und deswegen lehnen wir den Änderungsantrag der LINKEN ab!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wird durch unser Verbot der freie Handel über unsere Häfen eingeschränkt? Wird die Logistikbranche geschädigt, wie uns die Handelskammer und die CDU weismachen wollen? Nein! Im Gegenteil, diese Gesetzesänderung hat zum Ziel, nicht nur die Sicherheit der Bevölkerung zu verbessern, sondern auch die Transportwirtschaft und die Branche der Hersteller von Offshore-Windanlagen zu stärken.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Auf der einen Seite erleben wir in Bremerhaven einen starken Ausbau der Logistikkapazitäten für die Offshore-Windenergie in Bremerhaven. Wir Grünen setzen auf den Ausbau dieser Zukunftsenergie, auf zukunftsfähige Arbeitsplätze für Bremerhaven und auf einen Strukturwandel in unserer Schwesterstadt. Jeder Einsatztag eines Spezialschiffs für den Bau einer Offshore-Windanlage kostet etwa 150 000 Euro. Verzögerungen sind deswegen unbedingt zu vermeiden. Auch ein Großteil aller anderen Güter, die über die bremischen Häfen transportiert werden, ist verzögerungssensibel. Viele Unternehmen arbeiten mit Justin-time-Konzepten – das haben wir heute schon gehört –, und das heißt, sie bekommen ihre Güter genau an dem Tag, an dem sie sie für ihre Produktion benötigen.

Auf der anderen Seite wächst der Widerstand gegen unnötige Atomtransporte, solange die Fragen der Zwischen- und Endlager nicht geklärt sind. Demonstrationen und Blockaden, wie wir sie in den vergangenen Jahren in Gorleben erlebt haben, führen zu kurzfristigen Unterbrechungen von zwei bis drei Tagen in unseren Häfen und hätten somit weitreichende Folgen. Exportcontainer würden ihre Schiffe verpassen, Halbfertigwaren könnten nicht rechtzeitig ins Binnenland transportiert werden. Ein Verbot des Trans

ports von Kernbrennstoffen kann somit dazu führen, dass die Zuverlässigkeit und Servicesicherheit der bremischen Häfen noch gesteigert wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dieser Vorteil der bremischen Häfen kann durchaus bei der Entscheidung eine Rolle spielen, welcher Hafen der Nordrange von den Containerschiffen und den Autotransportern in deren Reiseroute aufgenommen wird.

Richtig geärgert habe ich mich über die Stellungnahme der Handelskammer und über das Gutachten von Volker Kröning, vor allem über die mangelnde Sachkenntnis. Darin heißt es zum Beispiel: „Eine Verankerung des Nachhaltigkeitsprinzips kann im Einzelnen nicht für das Hafenrecht und übriges Wirtschaftsrecht kodifiziert werden, da die Landesverfassung den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen abschließend regelt.“ Ich kann doch auch von einem Juristen verlangen, dass er weiß, was Nachhaltigkeit heißt!

Meine Damen und Herren, unsere Politik, die Politik der Grünen, ist dem Ziel der Nachhaltigkeit verpflichtet. Wer meint, damit ginge es nur um den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, der hat das Prinzip der Nachhaltigkeit absolut nicht verstanden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nachhaltigkeit bedeutet doch, dass wir so wirtschaften, dass nachfolgende Generationen die gleichen Bedingungen vorfinden wie wir. Die Nachhaltigkeit hat somit eine ökonomische, eine ökologische und selbstverständlich auch eine soziale Dimension. Wir Grünen stehen für eine nachhaltige Finanz- und Wirtschaftspolitik. Wir müssen uns angesichts der Verknappung von Erdöl und anderen fossilen Energieträgern für eine nachhaltige Energiepolitik einsetzen. Wirtschaftlich erfolgreich, nachhaltig erfolgreich sind solche Bremer Unternehmen, die sich heute mit knapper werdenden Ressourcen auseinandersetzen und dafür Lösungen anbieten. Eine Politik, die strukturkonservativ stets nur darauf bedacht ist, die bestehenden Verhältnisse zu festigen, Neuerungen zu verhindern und Regeln zu vermeiden, ist daher aus meiner Sicht zutiefst wirtschaftsschädigend.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir erleben in den vergangenen Monaten – zum Teil ausgelöst durch die Bankenkrise – eine verstärkte Debatte darüber, was von der Politik geregelt werden soll. Da ich als Unternehmensberaterin häufig mit Unternehmerinnen und Unternehmern aus Bremen und dem Umland spreche, erlebe ich auch bei denen keine Ablehnung von Regeln und Gesetzen.

Im Gegenteil, es wird von der Politik, von uns gefordert, dass Regeln für eine zukunftsfähige Wirtschaft aufgestellt und auch durchgesetzt werden. Eine Politik nach dem Motto „freie Fahrt für Atomtransporte“, wie sie die Handelskammer fordert, wird längst nicht von allen Unternehmen unterstützt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Im Gegenteil, ich erlebe viel mehr Verantwortungsbewusstsein, viel mehr Innovationskraft und Willen zum Wandel, als die Handelskammer meint. In diesem Sinne bitte ich Sie, unseren Änderungsantrag zu unterstützen. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Vorwurf gegen meine Fraktion – auch gegen mich – war, dass wir die Landesverfassung nicht ernst nehmen und einmal eben so darüber hinweggehen. Vielleicht hilft manchmal Zuhören! Ich habe deutlich gesagt, dass ich genau in diesem Punkt die Verfassung sehr ernst nehme und finde, dass das, was heute hier gemacht wird und das, was den Ausschluss von Kernbrennstoffen und radioaktiven Gütern betrifft, genau Schutz und Pflege von Seehandel, von Häfen und von Wirtschaft ist. Da mögen wir anderer Meinung sein, aber Sie können nicht sagen, dass wir die Verfassung an diesem Punkt nicht ernst nehmen.

Was ich auch schwierig finde, ist, dass Sie so tun, als wäre es ein vergleichsweise ungewöhnlicher Vorgang, dass ein Gesetzgebungsverfahren unterschiedlichen gutachterlichen Beurteilungen unterzogen ist und es auch, wenn man ein Gesetz beschlossen hat, möglicherweise Menschen gibt, die finden, das ist alles nicht so richtig, und gerichtlich dagegen vorgehen. Wenn ich zählen würde, käme ich wahrscheinlich auf Dutzende von Bundes- und Landesgesetzen, bei denen das der Fall ist. Das heißt, der Vorwurf, wir wären in dieser Frage nicht redlich, wer sagt, dieses Haus wäre in dieser Frage nicht redlich, weil manche Leute Bedenken angemeldet haben, dass unter Umständen Gesetze verletzt werden können, ist unredlich. Es ist einfach nicht wahr, dass das unnormal ist.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Jedes Steuerge- setz ist beklagt worden!)

Jedes Steuergesetz ist beklagt worden, das Vermögenssteuergesetz ist beklagt worden, mit dem Vergabegesetz in Bremen haben wir mit der EU Ärger ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

bekommen. Das sind alles Fragen, die man diskutieren muss.

Das wirft natürlich manche spannende Frage auf, die spannende Frage zum Beispiel: Kann die EU ein Bundesland wie Bremen zwingen, Dinge über Häfen zu transportieren, bei denen wir finden, dass wir das nicht wollen? Das ist eine ganz spannende Frage. Möglicherweise stehen wir dann irgendwann vor dieser Frage, und dann wird die Frage gestellt: Welche Rolle spielt eigentlich die Europäische Union, in wessen Interesse handelt sie, und kann man so etwas machen? Diese Fragen werden wirklich sehr interessant, und sie sind auch wichtig, aber so zu tun, als wäre das Verfahren nicht redlich, ist unredlich!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zum x-ten Mal höre ich jetzt, dass wir einen gerechten Anteil an den Lasten des Atomausstiegs tragen müssen. Jeder wird sagen, klar, das ist ja kein Problem, das müssen wir, der Atomausstieg ist eine ausgezeichnete Sache, wir verteilen die Lasten, jeder nimmt seine. Welche Lasten genau entstehen denn für die bremischen Häfen aufgrund des Atomausstiegs? Welche Transporte von radioaktiven Gütern über bremische Häfen finden denn statt, wenn die Bundesrepublik aus der Atomenergie endlich aussteigt? Gar keine! Das Einzige, was denkbar ist, ist, dass wir irgendwann aufgefordert werden, abgebrannte Brennelemente, die wir irgendwann irgendwohin geschickt haben, wieder zurückzuholen. Da wäre ich sehr dafür, dass wir genau das tun.

Das Gesetz kann Ausnahmen beschließen. Das wäre für mich ein Fall, wo wir sozusagen den Dreck, den wir anderswo hingeschickt haben, wieder hierher holen, um ihn hier, so gut es geht, in irgendeiner Weise zu entsorgen. Das ist aber kein Lastenausgleich, das ist eine Verpflichtung, die wir eingegangen sind. Konkrete dauerhafte Lasten entstehen durch den Atomausstieg für Bremen und die Seehäfen nicht, und es gibt auch keine Lasten an diesem Punkt zu verteilen.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie haben jetzt in entlarvender Weise und für mich überhaupt nicht überraschenderweise festgestellt, ja, wir denken über die Moral und Ethik in der Wirtschaft nach, und wir denken darüber nach, wer eigentlich womit Profit machen darf. Das machen wir LINKEN schon eine ganze Weile, und dass Ihre Toleranzschwelle niedriger ist, was das angeht, ist auch nicht neu.

Ich möchte aber darauf aufmerksam machen und die Debatte auch wieder einmal versachlichen, es gibt für den Waffenhandel das Kriegswaffenkontrollgesetz. Man kann kritisieren, dass es möglicherweise nicht ausreicht, es reglementiert aber den Export und

Import von Waffen. Es gibt mit Sicherheit für Tropenholz entsprechende Vorschriften. Das heißt, für diese Dinge gibt es bereits bundesgesetzliche Vorschriften, mit denen man regulierend in den Import und den Export eingreifen kann. Für radioaktive Güter gibt es das nicht. Hätte die Bundesregierung einen konsequenten Atomausstieg geplant, dann hätte sie das mit bedacht, dann hätte sie auf Bundesebene reguliert, dass ein internationales Geschäft mit Brennelementen, mit radioaktiven Stoffen in Deutschland in Zukunft nicht mehr möglich sein darf. In diesem Punkt ist die Bundesregierung aber nicht konsequent, deswegen müssen wir vor Ort überlegen, wie wir diesen Schaden heilen können.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD)