Protocol of the Session on January 25, 2012

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Andererseits, und das ist der Grund unseres Handelns, steht das Land Bremen unter Druck, trotz der Steuersenkungspolitik in Berlin eine ordentliche Infrastruktur vorzuhalten, in diesem Fall für Tourismus und Kultur. Dafür führen wir wie sehr viele andere Städte in Deutschland auch zum 1. April 2012 nach langer Diskussions- und Vorbereitungszeit eine Tourismusabgabe, eine Citytax ein. Wir sind der Auffassung, dass das nicht nur machbar und gerechtfertigt, sondern auch gerecht ist. In diesem Sinne bitte ich Sie um die Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Liess.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Kuhn hat die Änderungen soeben beschrieben, die wir im Rahmen des Beratungsprozesses vornehmen wollen. Ich will noch einmal betonen, dass wir dem Hotel- und Gaststättengewerbe entgegengekommen sind und dass wir entgegen der ursprünglichen Planung, die Einführung zum 1. Januar dieses Jahres vorzunehmen, dieses nun am 1. April machen werden.

Ansonsten kann ich nur sagen, dass die Rechnung und Gegenrechnung, die vorhin hinsichtlich der Belastungen der Hoteliers und der Rechnungen, die sie für ihre Kunden stellen, aufgestellt worden sind, auch von uns so gesehen werden, wie Herr Dr. Kuhn es vorgetragen hat. Daher sehen wir auch keine Veranlassung, ihnen weiter entgegenzukommen.

Ich möchte noch zwei oder drei weitere Anmerkungen machen, weil sie in der öffentlichen Diskussion eine Rolle gespielt haben. Wenn es um das Geld geht, bekommen wir häufig die Prophezeiung, dass die Welt bald untergehen wird. Ich möchte auf die umfangreiche Berichterstattung des „Weser-Kurier“ hinweisen, in welchen Städten die Citytax eingeführt wird. Sie werden sie gesehen haben. Ich möchte jetzt nur ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

einige nennen: Städte wie Oldenburg, Osnabrück, Moers, Dortmund, Aachen, Bingen, Köln, Darmstadt, Berlin, Eisenach, Erfurt, Weimar, Gera, München, Hamburg, Verden, Dresden oder die Insel Rügen planen die Einführung einer solchen Steuer. Sie tun es nicht, um die Verbände oder die Touristen zu ärgern, sondern aus demselben ganz einfachen Grund wie wir auch: Wir müssen schauen, dass wir Einnahmen erzielen können!

Die Citytax ist eine der Möglichkeiten, Einnahmen zu erzielen. Wir halten ihre Höhe für angemessen. Wir halten es auch für richtig, dass das System der Klassifizierung der Sterne als Grundlage für die Berechnung dieser neuen Tourismussteuer übertragen wird, selbst wenn es rechtliche Bedenken gibt. Wir haben in der vorherigen Debatte gehört: So ist es mit Gesetzen; im Ernstfall werden sie sich vor Gerichten beweisen müssen. Wir sind der festen Überzeugung und schließen uns damit der Überzeugung des Senats an, dass wir ein gerichtsbeständiges Verfahren gewählt haben.

Wir können, und das ist völlig eindeutig, nicht auf diese Einnahmen verzichten, weil wir diese Steuer nicht erheben, um sie dem allgemeinen Haushalt zuzuführen, wobei es formal natürlich so ist, dass Steuern in den allgemeinen Haushalt gehören. Wir möchten aber, dass die erzielten Einnahmen dafür genutzt werden, dass Tourismus und Kultur, insbesondere auch das Marketing in diesem Bereich, vor dem Hintergrund abgesichert werden, dass wir insgesamt bei den konsumtiven Ausgaben in den nächsten Jahren weitere Einschnitte vornehmen und uns hier neue Einnahmequellen erschließen müssen, um die guten Dinge, die wir im Augenblick geleistet haben, auch weiterhin für den Bereich leisten zu können.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch eine persönliche Bemerkung machen, bevor ich es sachlich noch einmal klarstelle! Es ist ja behauptet worden beziehungsweise war in der Presse zu lesen, dass eine solche Abgabe auch für stornierte Buchungen erhoben werde. Das ist natürlich völlig absurd!

Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass ich bei aller Wertschätzung der Lobbyarbeit, die man insgesamt betreiben muss und insbesondere auch zu betreiben hat, wenn die eigenen Interessen berührt sind, den Stil der Auseinandersetzung in einigen Teilen als sehr gewöhnungsbedürftig begriffen habe.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn man in einem Schreiben an, ich glaube, alle Abgeordneten sehr flach in drei Sätzen erklärt, das Ganze sei erstens unvernünftig und zweitens lediglich ein Notopfer, dann hat man den Ernst der Lage für die Stadt Bremen und die Unterstützung der touristischen Ziele in der Tat nicht begriffen. Wir wollen hier niemanden quälen, sondern versuchen, unsere

Politik in diesem Bereich abzusichern, und dafür brauchen wir diese Einnahmen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kastendiek.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab will ich mein Unbehagen darüber zum Ausdruck bringen, dass wir vielleicht auch zufälligerweise zwei Debatten haben, in denen es – wie Sie richtigerweise sagen – Bedenken gibt. Es ist natürlich auch klar: zwei Juristen, drei Meinungen! Ich bitte um Nachsicht, mein lieber Fraktionsvorsitzender, aber es ist ja oft so.

Dass aber jedes Gesetz und jedes Vorhaben, das wir hier verabschieden, doch unter einem erheblichen rechtlichen Vorbehalt steht, finde ich nicht besonders vorteilhaft, auch nicht für das, was wir als Parlament letztendlich an Output haben.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist der Fall!)

Der Zusammenhang, den Sie, Herr Dr. Kuhn, gerade hergestellt haben, macht mir das rechtliche Problem mehr als deutlich: Wir haben auch hier wieder eine konkurrierende Gesetzgebung zu einem Bundesgesetz. Sie stellen den direkten Zusammenhang zur Mehrwertsteuerabsenkung her. Egal wie man dazu steht, wir müssen sie nicht rechtfertigen, sie war nicht unsere Idee. Dass aber jetzt jedes Gesetz diesen faden Beigeschmack hat, halte ich für sehr schwierig, und ich finde, da sollte die Koalition noch einmal in sich gehen, ob das wirklich der richtige Weg ist.

(Beifall bei der CDU)

Wir befinden uns in der zweiten Lesung und haben uns bereits in der ersten Lesung sehr intensiv ausgetauscht, deswegen bitte ich um Nachsicht, dass ich jetzt nicht alle Argumente wiederhole, es war ja eine sehr intensive Diskussion. An der Vorlage hat sich nicht allzu viel geändert. Ich muss sagen, Citytax hört sich ein bisschen schöner an, das kaschiert das Ganze natürlich. Politik so zu verkaufen, ist natürlich auch nicht ganz ungeschickt. Also, ein kleines Kompliment muss ich an der Stelle für Ihre Fantasie schon zum Ausdruck bringen. Ich bin gespannt auf die nächste Namensgebung eines Gesetzes, ich glaube, da können wir uns noch auf einiges gefasst machen.

Ich möchte dennoch einige Punkte in Erinnerung rufen, weil ich glaube, dass sie schon die Problematik ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

und auch die Verärgerung aufseiten der DEHOGA und der Betriebe noch einmal deutlich machen! Wir haben – und das unterscheidet uns von vielen anderen Städten, die Sie soeben genannt haben, lieber Herr Kollege Liess – eben nicht das PPP-Modell der BTZ. Hier wird ein erheblicher Beitrag, und ich finde, es ist ein sehr positives Beispiel für eine öffentlichprivate Partnerschaft, und das haben wir eben nicht an den vielen Standorten, die Sie gerade genannt haben, von privater und öffentlicher Hand für die Marketingaktivitäten, für den Tourismusstandort insgesamt in eine Kasse eingezahlt.

(Beifall der CDU)

Das ist genau die fatale Wirkung! Das ist natürlich auch ein freiwilliger Benefit, den die Hoteliers dort hineingeben, weil natürlich auch ein Eigennutz dahinter steht, das ist doch völlig klar. Es nützt aber auch dem Standort, weil an anderen Standorten das Standortmarketing zu 100 Prozent, insbesondere was den Bereich Tourismus angeht, von der Stadt übernommen wird. Die Hoteliers beteiligen sich hier schon an öffentlichen Ausgaben. Ich finde, das muss auch in der Argumentation berücksichtigt werden, auch wenn man vielleicht über die Art und Weise – ich will darüber jetzt kein Urteil fällen – aus Ihrer Sicht verärgert ist. Dennoch muss man aber nachfragen, warum es hier diese Verärgerung gibt. Ich finde, das kommt in Ihrer Argumentation und in Ihren Überlegungen auch völlig zu kurz, Herr Kollege Liess.

Ein weiterer Punkt, um auch mit diesem Ammenmärchen aufzuräumen, Herr Kollege Dr. Kuhn, das Sie hier gerade an die Wand gemalt haben! Es schwebt offensichtlich auch in Ihrer Vorstellung, Hoteliers seien per se ganz reiche Menschen mit vielen großen Autos und großen dicken Säulen vor ihren Privathäusern. So hört es sich ein wenig an, wenn man den Duktus aufnimmt, den Sie hier vorgegeben haben, nach dem Motto, was wollen die Hoteliers, sie haben doch die Mehrwertsteuererstattung bekommen, in ihre große dicke Brieftasche eingesackt, und jetzt sollen sie sich nicht so anstellen.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Nein, das habe ich nicht gesagt!)

Das ist übersetzt das, was Sie gerade gesagt haben, Herr Dr. Kuhn, nicht mehr und nicht weniger.

(Abg. Frau H o c h [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das ist nicht das, was er gesagt hat, das ist das, was Sie verstanden haben!)

In der Struktur der bremischen Hoteliers gibt es viele kleine und inhabergeführte Familienbetriebe, die wirklich mit jedem Euro rechnen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Wir unterscheiden uns sicherlich auch von Hotelstrukturen wie zum Beispiel in Berlin. Davon sind wir weit entfernt, wenn man die Übernachtungszahlen ansieht. Wir sind auch weit von den Übernachtungszahlen, von den Strukturen und dem natürlichen Aufkommen Kölns entfernt, das ist eine ganz andere Wirtschaftskraft, die dahintersteckt, wenn man die Großregion sieht. Deswegen muss man natürlich auch bei jeder einzelnen Entscheidung die Gegebenheiten vor Ort in der Abwägung der Vor- und Nachteile berücksichtigen.

Wenn es wirklich so wäre, dass dies nur zur Konsolidierung des Haushalts beitragen würde, dann würden Sie in Ihren Haushaltsvorlagen, die Sie auch selbst mit beschlossen haben, sagen, gut, mehr Einnahmen werden zum Schuldenabbau mit herangezogen. Bitte tun Sie nicht so, als würde dies in die Marketingförderung gehen, das ist mitnichten der Fall! Sie haben selbst niedergeschrieben, wofür Sie die Einnahmen beabsichtigten auszugeben. Das steht in den Vorlagen. Da bitte ich dann auch noch um ein bisschen Ehrlichkeit.

In der Abwägung der Vor- und Nachteile bleiben wir bei unseren grundsätzlichen Bedenken und lehnen dieses Gesetz auch in zweiter Lesung ab! – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Dr. Kuhn hat wie immer eine richtige Rechnung aufgemacht. Auch wenn wir manchmal die Ergebnisse unterschiedlich interpretieren und unterschiedliche Schlussfolgerungen daraus ziehen, diesmal ist es nicht so. Ich bin sehr wohl der Ansicht, dass es, wenn Bremen Steuerausfälle hat, weil die Mehrwertsteuer in einem bestimmten Bereich gesenkt wird, auf eine Weise, die meines Erachtens unzulässig ist, dann durchaus die Möglichkeit gibt zu sagen, wir wollen das in irgendeiner Weise ausgleichen, und wir wollen ein Gesetz beschließen, das den Unsinn auf der Bundesebene ein Stück weit ausgleicht. Ich finde, das dürfen wir als Land.

Die Mehrwertsteuersenkung hat den Hoteliers einen Kostenvorteil in einer Größenordnung von zwölf Prozent gebracht. Die Citytax wird zwei, drei oder vier Prozent davon wieder einsammeln, je nachdem wie hoch der Zimmerpreis ist, wie sie eingestuft sind oder nicht. Ich finde das zulässig, insbesondere deswegen, weil ich – wahrscheinlich wie jeder andere Abgeordnete auch – so einen Stapel Papier bekommen habe, so schön fein säuberlich geheftet, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

mit 20, 25, 30 Stellungnahmen von Hoteliers, dass es mit ihnen jetzt wirklich bergab geht, dass sie in eine richtig ernste Lage geraten aufgrund dieser Citytax und dass wir dieses Gesetz dringend nicht verabschieden sollten.

Das waren Formbriefe, die nahezu alle denselben Text hatten. Sie haben behauptet, dass es ihnen an den Kragen geht, einmal ganz banal ausgedrückt. Was sie nicht gemacht haben, ist auszurechnen, ob es wirklich so ist. Ich lasse mich nicht von Behauptungen überzeugen. Ich lasse mich gern davon überzeugen, wenn jemand kurz sagt, worin in der Summe und in der Höhe nun diese Gefährdung besteht. Dann wäre ich bereit, darüber nachzudenken, aber dieser Nachweis ist nicht erbracht worden.

Es gibt jetzt auch zwei Möglichkeiten, mit dieser Citytax umzugehen. Wenn man eine kleine Pension hat, ein familiengeführtes Unternehmen, das mit jedem Euro rechnen muss, dann kostet da eine Übernachtung etwa in der Größenordnung zwischen 40 und 50 Euro. Ich bin relativ sicher, wenn dieses familiengeführte Unternehmen ihre Kundinnen und Kunden mit dem Euro, den es jetzt als Citytax abführen muss, mehr belastet, wird das nicht zu einem deutlichen Einbruch bei den Besucherzahlen führen, sondern sie werden es mit Sicherheit bezahlen. Ein Euro pro Nacht ist eine zulässige Belastung.

Große Hotels, sozusagen die andere Seite, die Sie geschildert haben, die also wirklich richtig Geld verdienen, brauchen das unter Umständen nicht an ihre Kundinnen und Kunden weiterzugeben, sie haben nur einen etwas geringeren Kostenvorteil als vorher aufgrund der Mehrwertsteuerentlastung.

Das heißt also, es ist meines Erachtens sowohl abstrakt als auch im Konkreten kein Nachweis erbracht worden, dass dieses Gesetz nun die dramatischen Folgen hat, die jetzt beschworen werden, sondern wir brauchen dieses Gesetz, um ein Stück weit Einnahmen zu generieren, um bestimmte Dinge zu machen. Deswegen werden wir diesem Gesetz zustimmen! – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kastendiek, der DEHOGA selbst argumentiert mit den Argumenten, die Sie anbringen, mit der BTZ also, überhaupt nicht. Es finden sich dazu überhaupt keine Argumente in seinen Schreiben, in all den Gesprächen. Warum nicht? Weil dieses Portal in seinem eigenen Interesse ist! Das ist eigentlich etwas ganz anderes, und deswegen argumentiert er auch nicht damit.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Das stimmt nicht! Wir haben uns früher schon mit de- nen häufiger unterhalten!)

Na ja, Sie haben einen vierseitigen Brief an alle geschrieben, und darin taucht es einfach nicht auf!

Ich möchte, um Ihnen die mehrfach gespaltene Zunge dieser Fraktion zu verdeutlichen, Ihnen etwas länger aus der Drucksache 20/2829 der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg zitieren. Ich bitte da um Ihre Aufmerksamkeit, weil es schon ein interessanter Fall ist und wir vielleicht ein bisschen daraus lernen können: