Protocol of the Session on December 15, 2011

Noch einmal zu der Frage, warum es jetzt eilig ist: Es gibt zwei Gründe, warum wir Sie bitten, das heute in erster und zweiter Lesung zu beschließen. Das eine ist eine Frage des Vertrauensschutzes. Wenn wir jetzt weitere Monate verlieren, dann können diejenigen, deren Altersgrenze sich verändert, irgendwann auch zu Recht sagen, dass wir den Zeitplan nicht mehr einhalten können und dass der Vertrauensschutz berührt ist. Deshalb will der Senat dieser Auseinandersetzung vor Gericht gern ausweichen, aus Gründen der Rechtssicherheit bitten wir Sie darum, das noch in diesem Jahr zu beschließen.

Der zweite Grund ist auch keine Kleinigkeit. Wie Sie vielleicht der Senatsvorlage über das Wirken Bremens beim Stabilitätsrat entnommen haben, ist die Frage, welche Maßnahmen Bremen eigentlich ergreift, welche konkret benennbaren und bezifferbaren Maßnahmen Bremen eigentlich ergreift, um für den Rest der Bundesrepublik nachvollziehbar die Schuldenbremse einhalten zu können. Dies spielt bei den Beratungen auf der Berliner Ebene eine sehr große Rolle. Da sind Bundesländer aller Couleur, auch da, wo Linke mitregieren oder die CDU, sehr darauf aus, dass Bremen konkret benennt, welche Maßnahmen wir eigentlich ergreifen, insbesondere dann, wenn wir eben, wie bei der Erhöhung der Altersgrenze, mit einer sehr kleinen Gruppe noch besonders nett sind, da ist der Druck besonders groß. Dem Stabilitätsrat werden wir bis zum Frühjahr berichten müssen, welche Maßnahmen wir unternehmen. Eine Maßnahme wird eben das sein, was die Bremische Bürgerschaft hier gleich beschließen wird.

Der letzte wichtige Punkt ist die Vergleichbarkeit mit Angestellten. Frau Vogt hat darauf hingewiesen,

dass es auch da die Altersgrenze gibt, die ihr politisch nicht gefällt. Ich finde es richtig zu sagen, dass man es sich genau ansehen muss. Die Altersgrenze in der Rente mit 67 ist ähnlich blind wie die im öffentlichen Dienst, weil nämlich auch dort nur bei der besonderen Altersgrenze geschaut wird, was eigentlich die Arbeitssituation gewesen ist, aber für all die Menschen, die auf Rente angewiesen sind, gilt das gar nicht. Ich bin bekanntermaßen auch dafür, sich die Rente mit 67 genauer anzusehen, da wir am Ende in eine Situation hineingeraten werden, in der die Menschen aufgrund ihrer Arbeitssituation überhaupt keine Chance haben, ein solches Rentenalter zu erreichen. Wir richten da am Ende eine Rentensituation an, in der die Menschen dann in Armut alt werden. Das sind sehr viele, auf Dauer wird das gesellschaftlich so nicht akzeptiert werden können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Es ändert aber nichts daran, ich glaube noch immer, dass die Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst eher privilegierte Arbeitsplätze sind und wir bei der besonderen Altersgrenze im Gegensatz zur Rente darauf Rücksicht nehmen. Deshalb sind wir da als öffentlicher Arbeitgeber fortschrittlicher, sozialer und aus meiner Sicht auch klüger, aber die Diskrepanz zwischen dem, was im normalen Beschäftigtenleben üblich ist, und dem, was der öffentliche Dienst seinen Beschäftigten bietet, darf nicht zu groß werden, auch der Unterschied zu den Angestellten. Auch deshalb werden wir das hier jetzt umsetzen müssen.

Ich glaube, der Gedanke, dass wir insgesamt zu einer Erhöhung der Lebensarbeitszeit kommen müssen, ist vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung richtig, aber es ist falsch, ausschließlich auf die Verlängerung der Lebensarbeitszeit am Ende der Berufsbiografie zu achten. Wir müssen viel stärker sehen, dass in den anderen Phasen des Lebens Stellschrauben sind, an denen wir uns auch betätigen können, Stichwort Kinderbetreuung für Eltern, die dann eben nicht aus dem Beruf ausscheiden oder in Teilzeit gehen müssen, auch die Frage, wie lange eigentlich eine Ausbildung dauert, wie viele Lebensjahre durch Sitzenbleiben verloren gehen, wie viele durch Fehlzeiten, weil es dem Arbeitgeber nicht gelingt, auf belastende Arbeitssituationen zu reagieren: All das sind die Komponenten, bei denen wir auch gestaltend einwirken können. Ich wünsche mir, ich verspreche das hier, dass wir als öffentlicher Arbeitgeber auf alle diese Dinge ein besonderes Augenmerk haben.

Die Situation bei der Feuerwehr ist hier zu Recht angesprochen worden. Wenn Menschen mit 60 Jahren mit dem Atemschutzgerät nicht mehr die Leiter hochkommen, dann wundert mich das nicht. Es gibt auch schon viele, die das mit 55 Jahren schon nicht mehr schaffen. Wir müssen im öffentlichen Dienst in allen

Bereichen, nicht nur bei der besonderen Altersgrenze, darauf achten und Konzepte entwickeln und auch für mehr Flexibilität und Beweglichkeit sorgen, ohne dass die Menschen mit finanziellen Abstrichen zu rechnen haben. Wie schaffen wir das, dass wir die Menschen möglichst lange so beschäftigen, dass sie gesund sind und Lust und Freude an der Arbeit haben, ohne dass sie ständig die Flucht in Fehlzeiten suchen? Das wird die Herausforderung für alle Arbeitgeber der nächsten Jahre werden!

Ein letzter Satz: Weil der Kollege Senator Mäurer noch etwas zur Polizei sagen will, will ich gern noch zu dem Gedanken von Herrn Hinners sagen, dass wir gemeinerweise die besondere Altersgrenze in sechs Jahren auf 62 Jahre anheben, während die Anhebung der allgemeinen Altersgrenze über 18 Jahre läuft. Auch hier geht es darum, wie die Vergleichbarkeit mit der Rente ist, die ja bei der besonderen Altersgrenze tatsächlich nicht gegeben ist. Auch andere Bundesländer sind da zu anderen Schritten gekommen. Da bewegen wir uns auch im Konzert mit denen. Ich bin dafür, bei solchen Fragen möglichst nicht auszuscheren.

Zu Ihrer Kritik, dass wir die Sollzahl bei der Polizei nicht halten: Wir haben jedenfalls wieder regelmäßig ausgebildet, und ich persönlich gebe mir immer sehr viel Mühe, alles zu tun, was möglich ist, um dafür zu sorgen, dass hier auch über eine regelmäßige Ausbildung und eine gute Arbeitssituation für die Polizei die innere Sicherheit gewährleistet ist. Aber wir sind hier nicht auf einer Insel der Seligen. Ich finde das auch unredlich, den Menschen hier mit diesem doppelten Rittberger zu kommen, eigentlich sind wir dafür, aber wir haben noch Haare in der Suppe gefunden, und damit können wir uns dann doch einen weißen Fuß machen und dagegen stimmen. Das finde ich nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster hat Herr Senator Mäurer das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt zwei Gründe, sich noch zu Wort zu melden. Der erste Grund ist, ich mache sehr deutlich damit, dass ungenehme Entscheidungen des Senats von allen getragen werden und dass wir nicht allein die Finanzsenatorin vorschicken.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Der zweite Punkt betrifft die Darstellung von der LINKEN, die wir heute erlebt haben, es wäre erneut Anlass, sich zu entschuldigen. Dieser Beitrag zeigt mir, dass Sie diesen Gesetzentwurf überhaupt nicht verstanden haben. Sie reden hier davon, dass Feu

erwehrleute mit 62 Jahren noch auf der Leiter stehen. Die Wahrheit ist: Alle Mannschaften der Feuerwehr sind von dieser Regelung ausgenommen. Wir haben den kompletten mittleren Dienst der Feuerwehr ausgeschlossen, weil wir wissen, dass das die Kollegen sind, bei denen man nicht sagen kann, es gibt eine altersgemäße Beschäftigung danach, sondern es sind diejenigen, die vom ersten Tag bis zum letzten Tag unterwegs sind, die hinaus müssen, die in das Feuer gehen, die auf den Leitern stehen. Wir haben nach sorgfältiger Prüfung uns dafür entschieden, dass wir gesagt haben, für diese Kolleginnen und Kollegen bedarf es einer anderen Regelung. Wir wissen, um Brände zu löschen, muss man Atemschutzgeräte tragen. Da sind einfach objektive Grenzen gesetzt, man kann das nicht mehr mit 63 oder 64 Jahren.

Deswegen haben wir gesagt, bei der Feuerwehr, bei allen, die im Schichtdienst sind, die ausrücken, ist mit 60 Jahren weiterhin Schluss. Wir haben lediglich diejenigen, die im gehobenen Dienst und im höheren Dienst sind, in diese Regelung mit einbezogen, die sagt, wir werden in einem Zeitraum von nunmehr sieben Jahren insgesamt das umsetzen und dann eine Altersgrenze bei 62 Jahren haben. Davon sind nur die betroffen, die eigentlich im Tagesdienst sind. Das ist die Minderheit, und für die gilt das.

Was die Gerechtigkeit angeht: Wir haben uns nicht an dem orientiert, was zum Beispiel in dem nicht ganz armen Land Baden-Württemberg gilt. Dort hat die alte CDU-Regierung es noch geschafft, das Alter für alle, also auch für diejenigen, die wirklich noch auf die Leiter gehen, auf 62 Jahre hochzusetzen. Das zu den Krokodilstränen von der rechten Seite!

Wir haben dann weiterhin geschaut, was wir mit der Polizei machen. Natürlich hätten wir gern gesagt, wir lassen alles beim Alten. Aber wo leben wir? Wir haben uns über Jahre gegen diese Entwicklung gestemmt, und das nicht nur wegen der Polizei. Ich habe weiterhin natürlich auch Probleme zu bewältigen, wenn ein Lehrer mit 67 Jahren in eine Hauptschulklasse geht, auch wenn das dann Oberschule heißt.

(Senatorin J ü r g e n s - P i e p e r : Na, na! – Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Sagen wir Gesamtschulklasse! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Jetzt meldet sich Frau Jürgens- Pieper auch noch!)

Ich sage nur, das ist schwierig, und ich glaube, es ist keine leichte Aufgabe. Deswegen sind wir auch sehr schonend mit dem umgegangen, was wir bei der Polizei gesehen haben. Aber es ist einfach Fakt: Um uns herum gibt es kaum noch ein Land, welches sich dieser Entwicklung versperrt hat, sondern wir waren es doch gewesen, die diese ganze Entwicklung im Grunde genommen gebremst haben in der Hoffnung, dass wir vielleicht hier und dort die Entwicklung noch einmal umkehren können. Heute müssen

wir zu Kenntnis nehmen, es geht nicht mehr, wir sind isoliert dabei, und wir haben in fast allen Ländern inzwischen eine Entwicklung, die deutlich auf 62 Jahre geht, zum Teil darüber hinaus. Deswegen haben wir uns zu diesem Modell entschlossen, dass wir gesagt haben, jawohl, wir beißen in den sauren Apfel und verlängern die Lebensarbeitszeit.

Man hätte auch darüber nachdenken können, ob man nun sagt, wir machen das einzelfallgerecht, dass man schaut, wer wie viele Jahre im Schicht- und Wechseldienst gewesen ist. Ich habe das mit der Praxis diskutiert, und alle haben mir gesagt, bitte lassen Sie die Hände davon! Lieber eine schmerzhafte, aber klare Regelung, die sagt, wer eine gewisse Altersgrenze erreicht hat, für den gilt das, und dann werden wir versuchen, in einem Zeitraum von sieben Jahren, denn wir haben noch ein Jahr Zeit, dann kommen sechs Jahre noch dazu, dies umzugestalten.

Wir haben den klaren Auftrag der Koalition, dass wir auch altersgerechte Arbeitsplätze schaffen. Wir sagen nicht, es kann hingenommen werden kann, dass die Kolleginnen und Kollegen bis zum letzten Tag Streife fahren, sondern sie müssen rechtzeitig aus dem Streifenwagen heraus. Deswegen müssen wir darangehen, dass wir massiv dieses Programm vorantreiben, Arbeitsplätze schaffen, wo man auch mit 62 Jahren noch Freude hat und man diese Arbeit leisten kann. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften, Drucksache 18/152, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Damit ist das Gesetz in erster Lesung beschlossen.

Meine Damen und Herren, da der Senat um Behandlung und Beschlussfassung in erster und zweiter Lesung gebeten hat und interfraktionell dies beschlossen wurde, lasse ich jetzt darüber abstimmen, ob wir eine zweite Lesung durchführen wollen.

Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft beschließt entsprechend.

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.