Allein wir sollten wissen, die wir das alle in den Jahren 2002 und 2003 in der einen oder anderen Form erlebt haben, wie ein solcher Schuss auch nach hinten losgehen kann, indem nämlich die drei höchsten Verfassungsorgane dieses Landes – die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat – gemeinsam vor das Bundesverfassungsgericht ziehen mit dem Willen, die NPD zu verbieten, und dies nicht gelingt. Das bringt mich zu dem Schluss, dass wir es beim zweiten Mal, auch wieder alle gemeinsam und möglichst im Konsens der demokratischen Parteien, so anstellen müssen – nicht sollen oder können, sondern müssen! –, dass wir die Kriterien des Bundesverfassungsgerichts erfüllen, zumindest die, die wir aus dem Verfahren aus dem Jahr 2003 kennen, aber auch die, bei denen wir vielleicht aus einigen Äußerungen vermuten, wie sie heute gelten könnten.
Dazu gehört eindeutig, dass eben nicht die Führungsetage der NPD mit vom Staat bezahlten V-Leuten besetzt ist, weil wir dann, wenn wir sagen, dass sind nicht die ideologisch Treibenden, die mit den verfassungsfeindlichen Aussagen, die wir für den Verbots
antrag heranziehen, der ja keine Kleinigkeit ist – Parteien sind ja aus gutem Grund in der Bundesrepublik Deutschland relativ hoch geschützt durch die Zweidrittelmehrheit im Bundesverfassungsgericht –, diese Kriterien auch erfüllen. Für Bremen haben wir diese Erkenntnis letzte Woche mitgeteilt bekommen, dass wir die Kriterien erfüllen, und das hat uns sehr beruhigt. Es scheint aber so zu sein, dass sowohl beim Bund als auch in einigen Ländern immer noch V-Leute in Positionen sind, die dazu geeignet sind, dem Bundesverfassungsgericht Gründe zu liefern, dass es am Ende möglicherweise diesen Verbotsantrag, ob nun an der Zweidrittelmehrheit oder generell, scheitern lassen könnte. Da muss aus diesem Haus die Aufforderung ganz dringend an alle staatlichen Stellen gehen, diese Voraussetzungen zu schaffen, dann müssen wir uns das anschauen, und dann empfehle ich uns allen, gemeinsam im Schulterschluss der Demokraten wieder vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen und einen solchen Verbotsantrag zu stellen. Dann können wir auch ziemlich sicher sein, dass wir diesmal Erfolg damit haben werden. Ich möchte aber einen weiteren und letzten Punkt hinzufügen. Ich warne alle in sehr vielen Gesprächen davor zu glauben, dass dann der Kampf gegen alte und neue Nazis, gegen Faschismus, gegen Rassismus beendet ist oder auch nur vorübergehend beendet wäre. Der Kern dessen, was in der Bundesrepublik Deutschland ein Bollwerk errichtet hat nach den schrecklichen Nazizeiten, ist und war der gesellschaftliche Widerstand gegen solche braunen, rassistischen, extremistischen Umtriebe.
Er muss von möglichst allen in der Gesellschaft getragen werden. Dazu zähle ich Initiativen an Schulen, bei Arbeitnehmern oder in der Wirtschaft und Initiativen von Journalisten. Ich will an dieser Stelle mit Frau Röpke und Frau Kröger zwei extrem mutige Frauen in diesem Haus nennen, die das seit einigen Jahren machen. (Beifall)
Ich finde, dass solche Menschen – ich habe öfter mit beiden gesprochen – wirklich extremen Bedrohungen ausgesetzt sind bei der Arbeit, die sie machen. An solchen Menschen in der Politik, im nachbarschaftlichen Umfeld, in Betrieben, in Schulen, gerade auch an den jungen Leuten, an uns allen hängt es, ob diese braune Gefahr zurückgedrängt werden kann. Das heißt, wenn ein NPD-Verbot kommt, können wir uns nicht zurücklehnen, sondern müssen diesen Kampf weiter führen. Bremen ist hier, finde ich vorbildlich, denn in Bremen hat man wirklich den Eindruck, hier bekommen sie wirklich kaum einen Fuß in die Tür oder in irgendwelche Institutionen.
Das ist toll an Bremen, und das sollten wir uns erhalten. Das geht auch nach einem NPD-Verbot weiter. Hier sind wir auch nach einem NPD-Verbot weiter gefordert.
Ich glaube, dass wir sehr viel aufzuarbeiten haben, dass wir auch einen Untersuchungsausschuss oder mehrere brauchen, im Land Thüringen ganz gewiss, ich kann gar nicht sehen, wie man daran vorbeikommen könnte. Ich halte das auch im Bund für richtig, dort gibt es noch einen Streit unter den Parteien, ob es nicht auch eine Regierungskommission täte. Ich glaube, dass eine ganz vorbehaltlose Aufklärung durch einen Untersuchungsausschuss das Richtige ist, und unterstütze diese Forderung.
Ich glaube, dass hier noch sehr viel geleistet werden muss, und ich glaube, dass es gut ist, dass dieses Haus sich heute in der gesamten Breite massiv hinter diese Bestrebungen stellt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die seit einigen Wochen bekannte Mordserie einer neonazistischen Bande macht uns Demokraten alle fassungslos. Das, was dort passiert ist, und die Umstände, unter denen so etwas in Deutschland passieren konnte, müssen uns zutiefst erschüttern. Wir trauern um die Toten, und unser Mitgefühl gilt den Verletzten und Angehörigen.
Damit ist es aber nicht getan. Diese Mordserie erinnert uns Demokraten alle daran, dass wir nicht aufhören dürfen zu mahnen und uns dessen zu erinnern, was uns schon die Mütter und Väter des Grundgesetzes zum Auftrag gemacht haben. Deswegen bedeutet diese Mordserie, die selbstverständlich durch die zuständigen Ermittlungsbehörden und auch durch parlamentarische Kontrollgremien rückhaltlos aufgeklärt werden muss, auch für uns in Bremen, selbst wenn es bisher keine Ermittlungsansätze gibt, die Anlass dazu geben, dass Bremen in irgendeiner Weise daran beteiligt gewesen ist, Mahnung, uns des Auftrags zu erinnern, solchen neonazistischen Bestrebungen keinen Millimeter Raum zu geben.
Das bedeutet, dass wir als aufrechte Demokraten jeden Tag gefordert sind, auch nur den kleinsten Anlässen mit allem energischen, demokratischen Anstand entgegenzutreten. Wenn Kinder an den Schulen wegen ihres hebräischen Namens als Juden verunglimpft werden, wenn Nationalsozialisten Demonstrationen in Bremen ankündigen, wenn rechtsradikale Bands ankündigen, in Bremen Konzerte zu ver
anstalten, dann ist das eine alltägliche Herausforderung für uns alle, immer wieder daran zu erinnern, dass gerade in Deutschland solchen Bestrebungen, Veranstaltungen und politischen Weltanschauungen alle Demokraten gemeinsam entgegenzutreten haben. (Beifall)
Das bedeutet selbstverständlich auch, dass wir die Augen nicht davor verschließen können, dass es solche Bestrebungen auch in Bremen gibt. Vielleicht sind es nur 40 Mitglieder, die der NPD in Bremen angehören, und vielleicht sind es nur sieben Bands und Kleingruppen von Burschenschaften, die sich solchen Zielen verschreiben, aber die sind deswegen, nur weil sie wenige sind, eben nicht weniger gefährlich, sondern jeder, der für diesen Revanchismus wirbt, ist eine Gefahr für unsere Demokratie.
Das wiederum bedeutet, dass wir sehr sorgsam, gut vorbereitet und gemeinsam mit allen demokratischen Parteien einen erneuten Anlauf unternehmen sollten, um die NPD zu verbieten. Ich glaube, dass es dazu, unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang Funktionäre der NPD mittelbar oder unmittelbar an dieser Mordserie beteiligt gewesen sind, Anlass genug gibt. Für die CDU-Bürgerschaftsfraktion steht fest, die NPD ist eine verfassungsfeindliche Partei.
Wer Deutschland wieder in den Grenzen von 1937 herstellen möchte, wer die Geschichtsbücher dahingehend umschreiben will, dass der Zweite Weltkrieg von Polen begonnen worden ist, und wer sich zum Ziel gemacht hat, mit Homophobie und Verfolgung von Minderheiten unser demokratisches System zu erschüttern, kann nicht den Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung für sich selbst in Anspruch nehmen.
Zu Recht haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes in Artikel 21 des Grundgesetzes und auch der Gesetzgeber im Gesetz über das Bundesverfassungsgericht an ein Parteienverbot hohe Anforderungen gestellt. Das hat auch eine Ursache und einen Grund. Gerade die Nationalsozialisten waren es, die die völlige Unterwerfung des deutschen Volkes unter anderem dadurch erreichten, dass sie alle anderen Parteien verboten haben. Umso perverser mutet es an, dass dieses Grundprinzip des Schutzes von politischer Meinungsvielfalt nun ausgerechnet von denen ausgenutzt werden soll, die sich in die Tradition dieser Nationalsozialisten in Deutschland stellen.
Wir dürfen die Fehler des ersten NPD-Verbotsverfahrens nicht wiederholen. Aber wir dürfen uns auch nicht vormachen, dass Parteienverbote in Deutschland unmöglich seien. Es hat sie schon zweimal gegeben. Die Sozialistische Reichspartei und die KPD sind in einem Verfahren jeweils vor dem Bundesverfassungsgericht verboten worden. Deswegen ist es nicht unmöglich, sondern es ist unser gemeinsamer Auftrag, auch die verfassungsfeindliche NPD einem neuen Verbotsverfahren zu unterziehen.
Die beim letzten Mal bestehende formale Hürde bedeutet im Übrigen nicht, dass wir jetzt Wochen, Monate oder Jahre der Gleichgültigkeit gegenüber der NPD walten lassen müssen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im ersten Verbotsverfahren war ausschließlich darin begründet, dass eine Minderheit der Richter, die aber wegen des Qualifikationserfordernisses der Zweidrittelmehrheit maßgeblich war, der Auffassung war, dass V-Leute des deutschen Verfassungsschutzes nicht in Landes- oder Bundesorganen der NPD tätig sein dürfen.
Wir wissen, dass aus Bremen diese Voraussetzung erfüllt ist. Ich bin mir auch ganz sicher, dass man das Treiben der NPD auch beobachten kann, ohne in den Bundes- und Landesvorständen V-Leute sitzen zu haben. Wir wollen die Arbeit der NPD ja nicht beeinflussen. Wir wollen sie beobachten, und wenn man beobachten will, muss man nicht in der ersten Reihe stehen. Deswegen geht es nicht um die Frage, ob wir die Beobachtung der NPD durch Verfassungsschutzbehörden abschaffen oder nicht, sondern es geht nur um die Frage, auf welcher Ebene wir V-Leute beschäftigen. An einer solchen Formalie darf ein erneutes Verbotsverfahren eben gerade nicht noch einmal scheitern. (Beifall)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben eine gemeinsame Verantwortung, darüber in der gesamten Gesellschaft zu diskutieren, in Bremerhaven, in Bremen, in allen Städten unseres Landes, weil die ganze Welt auf diese Vorgänge schaut. Wir haben aber auch eine ganz besondere Verantwortung gegenüber denjenigen, die aus den Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern sich keinen eigenen Eindruck mehr machen können über das, wozu Nationalsozialisten in der Lage sind.
Daher lassen Sie uns – trotz aller Trauer und Betroffenheit über die aktuelle Mordserie – gemeinsam den Anlass finden, an jeder Stelle, in jeder Schulklasse, in jeder Diskussionsrunde auf die Verfassungsfeindlichkeit und die Unvereinbarkeit der Ziele der NPD mit dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland hinzuweisen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Tschöpe hat eben dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass nicht nur zehn Menschen den Anschlägen von Nazis zum Opfer gefallen sind, sondern ungefähr fast 180 Menschen seit 1990. Ich denke, das muss an dieser Stelle auch noch einmal gewürdigt werden, weil gerade die Angehörigen selten Solidarität und selten die gebührende Aufmerksamkeit erfahren haben. Vor allen Dingen muss man auch einmal festhalten, dass faschistische Mörderinnen und Mörder hier in Deutschland selten konsequent verfolgt und bestraft worden sind.
Während die Gruppe der NSU noch mordend durch das Land zog, wurden hier die Mittel gegen Rechts in Mittel gegen Rechts und Links umgewidmet und unter Kofinanzierungsvorbehalt gestellt. Aussteigerprogramme für Antifaschisten wurden erfunden, nicht etwa für Faschisten, und die Extremismusklausel wurde eingeführt. Damit wollte die Familienministerin Kristina Schröder im Grunde nichts anderes erreichen, als Faschisten zu verharmlosen und antifaschistisches Engagement in dieser Gesellschaft zu diffamieren und die Gruppen zu kriminalisieren.
Rassistische Einstellungen und Denkmuster finden sich aber in der breiten Mitte der Gesellschaft wieder. Das belegen nicht nur diverse Studien wie zum Beispiel die der Friedrich-Ebert-Stiftung vom letzten Jahr oder die Langzeitstudie von Wilhelm Heitmeyer. Das belegen natürlich auch unzählige Debatten, unzählige Diskussionen, die man führt und bei denen man vermehrt merkt, dass die Zahl derjenigen, die zumindest rassistische Positionen diffus unterstützen, immer größer wird. Immer mehr Menschen, das belegt auch die Friedrich-Ebert-Studie und auch die Studie von Wilhelm Heitmeyer, fordern außerdem einen starken Staat unter einem Führer und sind Minderheiten gegenüber – egal ob Migranten oder Schwule oder Lesben oder auch Langzeitarbeitslose – extrem aggressiv und feindlich eingestellt.
Die gesellschaftliche Basis für solche Morde wächst deshalb, daher ist es für uns auch zu kurz gegriffen, immer nur von Rechtsextremismus zu sprechen, weil der Begriff Rechtsextremismus suggeriert, als wäre das ein Phänomen, das am Rande der Gesellschaft vor sich hinwabert und mit uns überhaupt nichts zu tun hat.
Diese Grundannahmen vorausgestellt, will ich einmal kurz auf den gemeinsamen Antrag eingehen! Für uns als LINKE war in dem Papier interfraktionell eine Position nicht verhandelbar, denn wenn es um die Morde von Nazis geht, hat die sogenannte Extremismustheorie – früher auch Totalismustheorie – nichts zu suchen. Die Morde an den Migranten und der Polizistin waren weder von Kommunisten noch von Anarchisten ausgeführt worden, sondern es waren lupenreine Nazis, die in diesen Jahren unbehelligt mor––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
dend durch das Land ziehen konnten. Deswegen freuen wir uns auch ganz besonders, dass nicht nur die Regierungsfraktionen, sondern auch die CDU sich mit uns geeinigt hat und die Bremische Bürgerschaft meines Wissens den ersten fraktionsübergreifenden Antrag beschließen wird, der ohne diese politisch gefährliche und intellektuell klägliche Gleichsetzung von Rechts und Links auskommt.
Wir sind froh, dass sich das Parlament darüber einig zu sein scheint, dass Kristina Schröders Gleichsetzung von Rechtsextremen und Linksextremen aberwitzig ist, weil sie eben Nazis und Linke und Faschisten und Antifaschisten gleichsetzen will. Wir freuen uns als LINKE auch, dass Rot-Grün im Koalitionsvertrag diesem Unsinn widersprochen und sich gegen die Extremismusklausel ausgesprochen hat. Jetzt gibt es ja bald eine Mehrheit im Bundesrat, und hoffentlich folgt dann auch bald eine Initiative zur Abschaffung dieser Klausel. Das würde antifaschistischem Engagement in dieser Gesellschaft nämlich sehr entgegenkommen. Alle namhaften Beratungsstellen gegen rechte Gewalt fordern in einem aktuellen Appell nämlich eines: die Anerkennung und Unterstützung von antifaschistischem Engagement statt Diffamierung und Kriminalisierung von Antifaschisten.
Gut an dem vorliegenden Antrag finden wir auch den Verweis auf die rassistische Ideologie, die explizit als Ursache rechtsextremer Gewalt genannt wird. Mörderisch wird es nämlich immer dann, wenn Rassismus, Diskriminierung, Chauvinismus und Sozialdarwinismus um sich greifen.
Sarrazins biologische Bevölkerungspolitik, Heinsohns Ausfälle gegen Migrantinnen und Migranten, Langzeiterwerbslose, die „Bild“-Hetze gegen die „Pleitegriechen“, all das zeigt, dass die Zahlen von Heitmeyer und der Friedrich-Ebert-Stiftung sich überall wiederfinden und dass rassistische Ausgrenzungen auch unter Politikern und unter Wissenschaftlern anzutreffen sind. Ich finde es hervorragend, dass wir an dieser Stelle ein deutliches Zeichen setzen, gegen eine Politik, die mit übelster Hetze gemacht wird, weil die Menschen, die diese Hetze betreiben, wissen, dass sie damit in der Bevölkerung auf Zustimmung stoßen, Ressentiments schüren will und deswegen auch ganz gefährliche Brandsätze in die Gesellschaft schleudert. Dieses Spiel mit dem Feuer geht nach hinten los, das haben wir vor 20 Jahren gesehen, als der Mob Asylbewerberheime angezündet hat.
Wir begrüßen es als LINKE deswegen ausdrücklich, dass hier zumindest einmal schriftlich festgehalten
Sehr löblich finden wir auch das fraktionsübergreifende Bekenntnis, dass man umfassende Transparenz über staatliches Handeln und rechtsstaatliche Kontrolle über die Geheimdienste will. Ich finde, das ist definitiv überfällig! Nach dem teilweise skandalösen und teilweise kriminellen Eigenleben der Verfassungsschutzbehörden in Thüringen muss dem ein Ende gemacht werden, das sehen wir genauso! Das Versagen des Verfassungsschutzes, der Leute in der nächsten Nähe des Zwickauer Trios hatte, ist selbst für Geheimdienstmaßstäbe unfassbar und ungeheuerlich. Wer mit solchem Dienst die Verfassung schützen will, scheint nicht viel Wert auf die Verfassung zu legen.
Der Verfassungsschutz hat hier nämlich nicht die Verfassung beschützt, er hat auch nicht die Bürger und Bürgerinnen dieses Landes beschützt, der Verfassungsschutz hat Nazis dafür bezahlt, dass sie Nazis sind und dass sie Nazis bleiben. Er hat auch dabei geholfen, dass Nazis ihre Nazigruppen ungestört aufbauen konnten. Im Endeffekt sind über die Finanzierung dieser V-Leute sogar die finanziellen Mittel dafür bereitgestellt worden. Das Treiben dieses Geheimdienstes darf unserer Meinung nach nicht von Mitarbeitern in einem Gremium aufgearbeitet werden, die von ihrer Anlage her unmöglich machen, dass man sie kontrollieren kann.
Der Verfassungsschutz hat nicht zum ersten Mal objektiv dabei versagt, seine Aufgaben zu erfüllen. Der Verfassungsschutz – das ist die Frage –, ist er auf dem rechten Auge blind, oder ist diese Verstrickung systematisch? Er hat nämlich dazu beigetragen, dass sich Neonazis und rechte Strukturen seit 1990 materiell festigen konnten. Leute, die vom Verfassungsschutz bezahlt wurden, haben seit Jahrzehnten nachweislich Waffen und Sprengstoff beschafft, haben Nazis im Kampfsport unterrichtet und haben Verbrechen mit vorbereitet und durchgeführt. Das ist seit Jahren bekannt! Schon 1993 sagte der damalige Präsident des Bundeskriminalamtes, Herr Hans-Ludwig Zachert, ich zitiere: „Der Verfassungsschutz hat als Frühwarnsystem versagt. Seine Warnungen vor dem Rechtsextremismus waren unzureichend, und er hat nicht nachdrücklich auf die Gefahren aufmerksam gemacht.“ Das ist in den letzten 18 Jahren noch schlimmer geworden, das haben wir jetzt in den letzten Wochen erlebt.
In diesem Zusammenhang muss ich ein wenig Salz in die Wunde streuen, was Bremen angeht. Wenn ich nämlich den Verfassungsschutzbericht von diesem Jahr von Herrn Senator Mäurer nehme, können laut Aussage dieses Berichts terrorismusverdächtig und danach terroristisch demnach im Grunde nur drei Gruppen sein, nämlich: Linksextremisten, Islamisten und kurdische Vereine. Von Nazis oder Rechtsextre
men, die sich bewaffnen und zu kriminellen oder terroristischen Vereinigungen zusammenschließen, kein Wort! Da frage ich mich tatsächlich: Was wollten denn die Nazis mit den scharfen Waffen, die sie letzte Woche beschlagnahmt haben? Können das nicht auch Anzeichen dafür sein, dass sich die Nazi-Szene in Bremen bewaffnet und Verbrechen und Anschläge plant? Das muss man wirklich einmal hinterfragen. Ich frage mich auch immer, wenn ich diesen Verfassungsschutzbericht lese: Haben Sie irgendwelche Anzeichen dafür, dass sich die linke Szene bewaffnet und Schusswaffen hortet? Meines Wissens nicht!