Protocol of the Session on December 14, 2011

Wir haben in den vergangenen Jahren hier in der Bremischen Bürgerschaft zahlreiche, um nicht zu sagen zahllose Debatten um Personalausstattung, elektronische Fallakten, Datenschutz und um die Arbeit von Fallmanagern geführt. Wir haben vom Senat wiederholt Berichte angefordert und gehört, wie der Senat die bestehenden Missstände beheben will. Jetzt sind wir an einem Punkt, an dem die neue Sozialsenatorin und die Koalition sagen, das System funktioniert, die Fälle werden erkannt. Wir sagen, es ist nicht Aufgabe des Systems, die Fälle bereits erfolgter Kindeswohlgefährdungen zu entdecken, sondern es ist die Aufgabe dieses Systems, die Kindeswohlgefährdung zu verhindern.

(Beifall bei der CDU)

Dies ist aber keineswegs der Fall, und deshalb sagen wir auch ganz klar: Aus unserer Sicht funktioniert das System nicht. Meinen Sie nicht auch, dass vier Jahre nach dem Untersuchungsausschuss nun wirklich Zeit genug vergangen ist, um dieses Problem anzugehen?

Die Kosten, sage ich auch, für die Fremdplatzierung sind natürlich enorm gestiegen, was darauf hindeutet, dass die Kinder im Zweifelsfall sehr schnell in Obhut genommen werden, das ist auch gut so. Der runde Tisch der Qualitätssicherungskommission hat auch einen wesentlichen Beitrag geleistet. Er ist aber auch nur ein Modul in einem bestimmten Segment, vielleicht kann man auch sagen, ein Tropfen auf dem heißen Stein, dennoch gut und richtig. Ich habe es mir genau durchgelesen, jeder einzelne Punkt ist auch von uns zu unterschreiben.

Ich frage aber trotzdem: Sind wir wirklich weitergekommen in dem gesamten Themenkomplex Drogenpolitik? Ich sage Nein! Ich denke, dass Sie nicht alles unternommen haben, um das Risiko wirklich deutlich zu minimieren. Wir sind nach reiflicher Überlegung bezüglich der Ereignisse diesen Sommers und des letzten Falls von Kindeswohlgefährdung deshalb zu der Auffassung gekommen, dass der Senat aus unserer Sicht nicht allein in der Lage ist, dieses Problem zu meistern. Genau deshalb beantragen wir mit dem vorliegenden Antrag die Einsetzung einer Enquete-Kommission zur Drogenpolitik im Land Bremen, damit das gesamte Thema aufgearbeitet wird.

Wir haben den Auftrag deshalb in fünf Themenkomplexe unterteilt, sicherlich haben Sie das alle gelesen, aber ich fasse es noch einmal zusammen. Zunächst ist da die verbindliche Zusammenarbeit und der Datenschutz, die Prävention, die Drogenkriminalität, Substitution und Drogenhilfe und die Kindeswohlsicherung. Wir versprechen uns eine unabhängige und ganz profunde Erörterung aller fachlichen Fragestellungen und wollen am Ende als Parlament zu konkreten Handlungsempfehlungen für den Senat kommen. Die im Auftrag für die Enquete-Kommission formulierten Zielsetzungen machen deutlich,

wie wichtig uns das Thema ist, und ich kann nur persönlich sagen, wie mich dieses Thema umtreibt.

Wir haben uns auf etliche Zielsetzungen verpflichtet. Ich will Ihnen einige davon vorlesen, weil sie sehr umfangreich sind, sollte der eine oder der andere das vielleicht in dem Antrag nicht genau nachgelesen haben: Die Ausarbeitung von Empfehlungen zur wirksamen Aufklärung und Prävention über Gefahren und Suchtpotenziale jeder Art von Drogen gehört genauso dazu wie die Entwicklung eines ressortübergreifenden Konzepts zur Verdrängung der offenen Drogenszene, die Erarbeitung von Vorschlägen zur signifikanten Verringerung der Beschaffungskriminalität, die Ausarbeitung einer ressortübergreifenden Strategie zur Verfolgung und Ahndung von Drogendelikten. Weitere Zielsetzungen sind die Schaffung einer rechtssicheren Verfahrensgrundlage, die geeignet ist, die bisherigen Mängel im System der Drogenhilfe zu beseitigen, die Erhöhung der Verbindlichkeit der Verfahrensgrundsätze für alle Beteiligten im Interesse des Kindeswohls, die Etablierung eines Frühwarnsystems bei drohender Kindeswohlgefährdung, das auch automatisch zu weiteren Schritten führt, die Sicherstellung des Kindeswohls von Kindern und Jugendlichen drogenabhängiger und substituierter Eltern, die Steigerung des Kooperationsverhaltens von drogenabhängigen beziehungsweise substituierten Eltern durch ein geeignetes Anreizsystem, natürlich auch mit Sanktionen, die Etablierung einer NullToleranz-Politik zur Vermeidung des Beigebrauchs bei Substitution, die Verbesserung der Kommunikation zwischen allen Beteiligten, insbesondere innerhalb des Amts für Soziale Dienste, und die Etablierung eines effektiven Kontrollsystems zur Supervision mit den operativen Aufgaben betrauter Fallmanager. Es handelt sich also um einen gesamten Themenkomplex im Bereich der Drogenpolitik.

Wir alle wissen, wie sehr Politik von der öffentlichen Wahrnehmung beeinflusst wird. Im Moment beschäftigen wir uns im Vordergrund, natürlich auch ganz entscheidend und wichtig, mit der Krankenhaushygiene und haben hier einen Untersuchungsausschuss. Die Problematik der Kinder drogenabhängiger beziehungsweise substituierter Eltern dürfen wir an dieser Stelle aber nicht nachgeordnet betrachten, nur weil sie nicht in den Schlagzeilen sind und Gott sei Dank nicht in den Schlagzeilen sind. Das Problem bleibt, und es wird jeden Tag ein Problem sein.

(Beifall bei der CDU)

Ich bitte Sie daher, stimmen Sie unserem Antrag auf Einsetzung der Enquete-Kommission zu, damit wir uns als Parlamentarier die erforderliche Zeit nehmen können, die Drogenpolitik und das Drogenhilfesystem in unserem Land Bremen wirklich zu prüfen und am Ende auch wirklich zu verbessern! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben diese Fragen hier im Haus schon häufiger debattiert. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, Frau Dr. Mohr-Lüllmann, dass Ihr Versuch, eine Enquete-Kommission einzurichten, im Grunde genommen durchdrungen ist von dem Geist und Glauben, dass man diese Problemstellung Drogenpolitik ein für alle Mal klären könne. Ich sage Ihnen, das geht nicht!

(Abg. Frau D r. M o h r - L ü l l m a n n [CDU]: Das Risiko minimieren!)

Man wird ständig in diesem und an diesem Hilfesystem neu justieren müssen, neu nachdenken müssen und sich immer wieder aktuell auf die einzelnen Problemfälle einlassen müssen. Den Weg können Sie nicht verlassen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben in Deutschland ein hochgeschütztes Familienrecht, das ist auch gut so. Deswegen appelliere ich aber zu allererst einmal an die Eltern, mit ihren Kindern richtig, vernünftig, pädagogisch sinnvoll und liebevoll umzugehen. Die Verantwortung den Eltern zu überlassen, heißt aber nicht, dass der Staat nicht verpflichtet ist, da, wo Eltern nicht in der Lage sind, dieser Aufgabe nachzukommen, helfend einzugreifen. Da sind wir dann akkurat bei dem Hilfesystem. Der Fall Kevin hat über die Grenzen Bremens hinaus riesengroße öffentliche Aufmerksamkeit gehabt, das hat auch dazu geführt, dass wir hier in Bremen in vielen Bereichen neu nachgedacht haben. Jetzt aber so zu tun, als sei in den fünf Jahren nichts Positives entwickelt und nichts Neues gemacht worden, heißt, die Augen vor der Realität zu verschließen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es sind nicht nur neue Stellen geschaffen worden, sondern es ist aus meiner Sicht auch eine neue Denkweise eingekehrt, weil die Frage zunehmend vom Kind her gedacht wird. Frau Dr. Mohr-Lüllmann, Sie wissen auch, dass es in dem Untersuchungsausschuss Argumente gab zu sagen, wir müssen das Kind in der Familie lassen, um die Eltern zu stabilisieren. Das habe ich als ziemlich problematisch und völlig verkehrt empfunden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Heute sagt man, an allererster Stelle steht der Schutz der Kinder, und das ist richtig und gut so. Ich ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

glaube, das ist auch ein Stück Änderung in den letzten fünf Jahren in der Denkweise in den entsprechenden Hilfesystemen geworden. Wir können im Übrigen überhaupt nicht erkennen, dass es keine Zusammenarbeit zwischen Inneres, Soziales, Gesundheit und all den zuständigen Stellen gibt. Es gibt eine enger gewordene Absprache mit den jeweiligen Ressorts, und auch das ist gut und richtig so.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich möchte zu dem Punkt auch noch einmal etwas sagen, vielleicht ist das provokant: Ich will den Junkies auch nicht jedwede Verantwortung absprechen. Ich persönlich bin der Meinung, dass man nicht drogensüchtig sein sollte, aber wenn man drogensüchtig ist, dann gibt es überhaupt keinen Grund, warum ein Junkie eine gebrauchte Spritze auf dem Kinderspielplatz entsorgt. Ich will nicht, dass da so getan wird, als sei das ein Bestandteil der Drogenkrankheit, dass man so damit umgehen muss. Nein, an der Stelle fordere ich auch von den Betroffenen, für meine Begriffe kranken Menschen, ein Stück mehr Verantwortung, was ihren Umgang in dieser Gesellschaft betrifft.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich will an dieser Stelle vielleicht sogar persönlich etwas sagen: Als ich 14 oder 15 Jahre alt war, gab es Timothy Leary, den großen LSD-Freak und Professor aus Amerika, der uns gesagt hat, mit LSD könne man sein Bewusstsein erweitern. Das haben wir ausprobiert, das gebe ich zu. Mein Bewusstsein hat sich nicht wirklich erweitert.

(Heiterkeit)

Es war eine irre Erfahrung, aber auch eine unglaublich gefährliche. Einen Vorwurf muss man der 68erGeneration, glaube ich, an dieser Stelle machen, dass sie nämlich die Drogen insgesamt ziemlich verharmlost hat. Das würde ich persönlich zumindest auch als eigene Fehleinschätzung aus den Jahren mitnehmen, und ich würde heute sagen, dass Drogen weitaus gefährlicher sind, als wir das seinerzeit geglaubt haben. Das hat aber die Tür geöffnet für allen möglichen Drogenmissbrauch, und es ist ganz schwierig, wenn man erst einmal in der Drogensucht steckt, da wieder herauszukommen.

Mich ärgern darüber hinaus die Schlagzeilen, die sich immer nur an den „Skandalfällen“ orientieren. Im Untersuchungsausschuss hat sich mir ein Satz ganz tief ins Gehirn eingeprägt. In den vielen Akten habe ich den Satz gefunden, dass ein Junge von acht Jahren dem Amt kundgetan hat, dass seine drogenabhängige Mama noch nicht nach Hause kommen könne, weil sie noch nicht so weit sei. Was das für eine psy

chosoziale Beanspruchung dieses kleinen achtjährigen Kindes ist, ist für mich extrem traurig. Ich glaube, dass diese Kinder anfangen, Überlebensstrategien zu entwickeln gegen drogenabhängige Eltern und alles, was zu dem Umfeld dazugehört, die das Leben prägen und mit Sicherheit nicht dazu führen, dass sie Chancen auf ein glückliches Leben haben, zumindest sind die Chancen dramatisch verschlechtert.

In dem Sinne müssen wir, glaube ich, sehr gründlich darüber nachdenken, was wir für diese betroffenen Kinder politisch bewirken können. Jetzt zu sagen, und das mache ich im Wesentlichen auch, Kinder gehören nicht in drogenabhängige Haushalte, ist schön und gut, was aber tut man dagegen? Drogen sind ja nicht nur Heroin und Kokain, Alkohol ist irgendwie auch eine Droge. In Familien mit alkoholsüchtigen Eltern ist Aggressivität übrigens an der Tagesordnung, die Kinder werden verprügelt bis zum Gehtnichtmehr. Frau Stahmann wird das bestätigen, ein Großteil der Kinder, die aus Familien herausgenommen und in Obhut gegeben werden müssen, kommen gerade auch aus Alkoholikerfamilien.

So gesehen glaube ich, dass wir allesamt aufgefordert sind, darüber nachzudenken, wie wir insgesamt in dieser Gesellschaft dafür sorgen können, dass es Kindern zunehmend besser geht. Dafür ist aus meiner Sicht an dieser Stelle eine Enquete-Kommission absolut nicht nötig. Die Problemstellungen in diesen Fragen sind deutlich und klar. Lösungsansätze werden erarbeitet, und man wird, das betone ich noch einmal, nicht zum Ende kommen, sondern einen Prozess permanent weiterentwickeln und permanent darüber nachdenken müssen, wie man am besten helfen kann.

Die Entscheidung der Piratenpartei halte ich persönlich auch für ziemlich unglücklich, denn ich glaube nicht daran, dass eine Freigabe der Drogen dazu führt, dass Drogenmissbrauch abnimmt. Ich glaube aber auch nicht, dass eine pure Kriminalisierung im Sinne von Fangen und Bestrafen dazu beiträgt, Drogenmissbrauch und Drogenkonsum einzudämmen. Wir brauchen eine gesellschaftliche Atmosphäre, in der deutlich wird, dass Drogenkonsum zumindest für die eigene Lebensplanung keine kluge Aktion ist. Es ist ja bei den Jugendlichen allzu oft das Lebensgefühl – auch ich habe mich damals extrem cool gefühlt –, wir nehmen eine Droge und sind jetzt supercoole Macker. Ich kenne das Gegenstück für Frauen nicht, deswegen zögere ich gerade.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Gibt es nicht, denn ein Macker ist ein kastrierter Esel!)

Es gibt aber auch bei Frauen oder jugendlichen Mädels das Gefühl, obercool zu sein, wenn sie so etwas tun. Ich glaube, wir müssen ganz deutlich machen, dass das nichts mit Coolness, sondern vielmehr et

was mit großer Dummheit zu tun hat, weil die Gefahren, sein eigenes Leben zu verpfuschen, wenn man drogenabhängig wird, gigantisch sind. Ich finde, an der Stelle müssen wir gemeinsam als Bürgerschaft versuchen, das öffentlich deutlich zu machen.

Wir lehnen jedenfalls aus vielen Gründen den Antrag ab. Ich hätte wirklich auch großes Interesse daran, noch länger und gründlicher über diese Fragen zu diskutieren, aber irgendwie ist die Zeit ja immer begrenzt. Auf jeden Fall glaube ich, dass wir diese Botschaft hier gemeinsam im Haus nach außen bringen sollen, dass Drogen uncool, gefährlich und extrem lebensbedrohlich sind. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Kappert-Gonther.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Drogen-Enquete-Kommission nicht einsetzen, das stimmt, so habe ich meine Rede intern überschrieben, und ich werde Ihnen begründen, warum.

Sucht ist eine chronische und schwere Erkrankung. Die Behandlung süchtiger Menschen ist eine schwierige und langwierige Angelegenheit. Jeder, der sich mit der Behandlung Süchtiger auskennt, weiß, dass es im Umgang mit Suchtkranken immer wieder Situationen gibt, in denen es keine einfachen Lösungen gibt und in denen alle Beteiligten an ihre Grenzen kommen.

Wenn jemand erst einmal süchtig ist, egal von welcher Substanz oder welcher Tätigkeit – denken Sie zum Beispiel an die Online- oder Glückspielsucht –, hat dieser Mensch eine Menge Probleme und dessen Umfeld gleich mit und in der Regel eben auch, das stimmt ja, die Kinder, die in den Familien mit suchtkranken Elternteilen leben. Das rechtfertigt aber keine allgemeine Vorverurteilung solcher Familien. Jeder Einzelfall ist anders und muss individuell begleitet werden. Entscheidend ist, wenn wir uns mit dem komplizierten Thema Sucht beschäftigen, dass unser Hauptaugenmerk immer auf der Prävention liegen muss. Das ist die entscheidende Stellschraube, um Suchterkrankungen möglichst in ihrer Entstehung zu verhindern, denn wenn jemand erst einmal süchtig ist, dann wird es richtig schwierig für alle Beteiligten.

Die Prävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und eine Aufgabe, der wir uns im Parlament und in den Deputationen stellen müssen. Wir wollen im Land Bremen ein Umfeld schaffen, in dem Kinder und Jugendliche sich so entwickeln können, dass sie erst gar nicht süchtig werden. Darum ist es ja auch

so richtig, dass wir in der Koalition in dieser Legislaturperiode vereinbart haben, besonders auf die Bedürfnisse der Heranwachsenden und auf das Kindeswohl zu achten. Nun haben wir es aber auch, das ist so und wird auch so bleiben, mit Menschen zu tun, die bereits süchtig sind.

Ja, es ist richtig, das Suchthilfesystem, das Drogenhilfesystem muss ständig verbessert werden, damit können wir auch noch nicht zufrieden sein. Ich bin noch nicht damit zufrieden, wie es läuft. Wichtig ist aber auch, dass wir immer wieder beachten, das Drogenabhängige, das heißt Menschen, die von illegalen Drogen abhängig sind, nur einen Bruchteil aller Süchtigen darstellen und dass wiederum die Drogenabhängigen, die mit Methadon oder anderen Drogenersatzstoffen behandelt werden, auch nur einen Bruchteil der Menschen darstellen, die drogenabhängig sind.

Natürlich müssen wir uns ständig um die Sicherung des Wohls der Kinder kümmern, die mit methadonsubstituierten Eltern zusammenleben. Herr Kollege Möhle hat darauf hingewiesen, wir dürfen darüber aber nie vergessen, dass es auch um das Wohl aller Kinder in unseren beiden Städten geht, vor allem auch um das Wohl der Kinder, die bei Alkoholkranken und anders abhängigen Eltern leben. Gerade bei einem so bedeutenden Thema ist es wichtig, den Blick weit zu stellen und gerade nicht zu verengen.

Wenn Sie, sehr geehrte Frau Dr. Mohr-Lüllmann, nun die Einsetzung einer Drogen-Enquete-Kommission fordern, verengen Sie Ihren Blick auf die Möglichkeiten, die eine solche Kommission hat. Sie wissen alle hier im Raum, dass eine Enquete-Kommission ein sehr schwerfälliges Instrument ist, das lange braucht, um zu möglicherweise durchaus sinnvollen Handlungsvorschlägen zu kommen. Es muss aber täglich gehandelt werden, es muss jetzt gehandelt werden und weiter gehandelt werden in den Arztpraxen, im Amt für Soziale Dienste, in den senatorischen Behörden und überall dort, wo sich Menschen für die Versorgung Süchtiger und die Fürsorge für deren Kinder zuständig fühlen.

So ist es richtig gewesen, dass sich bereits im April 2010 ein runder Tisch zum Thema Sicherung des Kindeswohls im Zusammenhang mit substituierten Eltern – so hieß dieser runde Tisch – gegründet hat. Es wurden Arbeitsgruppen zur intensiven Bearbeitung fünf relevanter Schwerpunktthemen gebildet. Die Themen waren – Sie haben es ja angedeutet – in großer Übereinstimmung mit den Themen, die Sie zur Bearbeitung einer Enquete-Kommission vorschlagen. Ich will das kurz erläutern. Es ging um folgende fünf Schwerpunkte: um den Schwerpunkt Ärztehopping. Das ist ein relevantes Problem bei Suchtkranken, die nämlich von Arzt zu Arzt gehen und sich dort vor allen Dingen Beruhigungsmittel aus der so genannten Benzodiazepin-Gruppe, Sie kennen das alle vom Diazepam, verordnen lassen. In diesem Arbeitskreis sind sehr

wichtige Hinweise entwickelt worden, die dieses Ärztehopping relativ zuverlässig zumindest eindämmen werden.

Es ging um das wichtige Thema Kommunikation. Es ist ja auch richtig, es gibt ganz viele kompetente Stellen, die für Suchtkranke in unseren beiden Städten zuständig sind, aber die Vernetzung und die Kommunikation sind nicht immer so, wie wir sie uns wünschen können. Es sind neue Strategien und Handlungsleitfäden in diesen Arbeitsgruppen entwickelt worden. Das große Thema Kindeswohl hatte natürlich eine extra Arbeitsgruppe. Frau Dr. Mohr-Lüllmann, Sie werden es wissen, dass die Empfehlung für eine interdisziplinäre Bremer Kooperationsvereinbarung zum Schutz der Kinder drogenabhängiger und substituierter Eltern geschlossen werden soll. Ich halte die Ergebnisse, die gerade aus dieser Arbeitsgruppe hervorgegangen sind, für sehr richtungsweisend und gut.