Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist verständlich, dass Sie ein Stück weit aufgescheucht reagieren, wenn man das einmal vorwegnimmt. Ich kann es auch ein bisschen aufgescheucht beantworten zum Thema Koalitionsvertrag, um das vielleicht ein letztes Mal fortzusetzen. Da ist eine Zeile, und diese haben Sie nicht genau genug gelesen, ich werde Ihnen gleich einmal helfen, sie zu verstehen.
(Heiterkeit bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Wenn wir das tun, sieht das ganz anders aus!)
Was nicht in unserem Programm steht und was dann in der Folge nicht in Ihrem Koalitionsvertrag steht, das müssen Sie etwas genauer lesen. Ich lese Ihnen deshalb diesen einen Satz noch einmal vor. „Die bis heute im Ergebnis nicht geminderte unverantwortbare Überlastung der Fallbearbeiterinnen und Fallbearbeiter in der bremischen Jugendhilfe soll beendet werden.“ Sehr einfach! Das machen Sie leider nicht.
(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Nein, sehr falsch! – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Schlicht!) –––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)
Ich habe ihn vereinfacht, und es ist das Beste, wenn man Anträge sehr klar und einfach stellt. Ist Ihnen das zu einfach, Herr Dr. Sieling?
Entschuldigung! Dass die Überlastung beendet werden muss, haben auch Ihre Vertreter anerkennenswerterweise beide eingeräumt. Sowohl bei dem Kollegen Grotheer als auch beim Vertreter der Grünen habe ich das herausgehört. Die Überlastung wird konzediert, und sie wird auch eigentlich wünschbar als etwas dargestellt, was man beheben soll, bloß Sie machen es nicht.
Der Kollege Grotheer sagt, man könne im Haushalt noch einmal nachschauen, ob noch Geld vorhanden ist. Ich habe Ihnen gesagt, wo noch Geld vorhanden ist, und darauf haben Sie nicht Bezug genommen.
Die Idee von Ihnen, dass man nach diesen Vakanzen genau nachfragt, finde ich gut. So war die Frage heute Morgen auch gemeint, bloß die Antwort war: Alles blitzblank, alles in Ordnung! Ich hatte auch nach vorübergehend nicht besetzten Stellen, und damit waren diese Vakanzen gemeint, gefragt. Ich sage es noch einmal ausdrücklich, und die Senatorin wird da Gelegenheit haben, ich nehme es gern in die Formulierung auf, wie viel fällt aus wegen Vakanzen, wegen Schwangerschaft und längerer Krankheit und so weiter. Das hatte ich vorgeschlagen, als allerersten Schritt, wie Sie gesagt haben, da für einen Ersatz zu sorgen, und zwar zeitnah. – Danke schön!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eingangs hatte ich gedacht, ich müsste mich zu dieser Debatte nicht melden, aber die Ablehnungsgründe für den Antrag der Linken reichen mir nicht aus. Ich möchte ihn nicht ablehnen, weil er „aus der Hüfte geschossen“ ist, sondern weil er insofern falsch ist, weil er einen Teilaspekt aus einem komplexen Gebilde herausgreift und meint, das sei hilfreich.
Ich fordere Sie an dieser Stelle wirklich auf, ernsthaft aufzuhören mit einer Politik, die dieses Haus mit –––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Fragen in dieser Weise beschäftigt, wie Sie es hier versucht haben! Das ist der Sache nicht dienlich. Jetzt sage ich Ihnen einmal, wie herum man es machen müsste
Wir müssen allesamt lernen und auch teilweise neu lernen, dass die Fragen in diesem Bereich vom Kind aus zu denken sind. Das tun Sie an dieser Stelle systematisch nicht, und, ich glaube auch, ahnungslos und ungewollt. Ich habe es wirklich satt!
Bei der Anhörung von Frau Rosenkötter war ich zugegen. Frau Rosenkötter hat gesagt, wir befinden uns in einem Prozess. Genau das ist es! Man muss hier nicht glauben, dass es für diese komplizierten Fragen der Jugendhilfe, gerade in dem Bereich von vernachlässigten Kindern, einfache Lösungen gibt. Ich weiß, die Medien freuen sich auch über einfache Antworten. Ich sage Ihnen, die werden wir an dieser Stelle nirgends korrekt geben können.
Wer glaubt, man könnte über Fallzahlen als Statistik reden, der verweigert die konkrete Untersuchung des einzelnen Falles. Jeder Fall ist unterschiedlich, und wenn Sie meinen, Sie könnten die Fallzahlen aufaddieren und sagen, daraus leite sich dies oder jenes ab, dann sage ich, schauen Sie sich jeden einzelnen Fall an! Wir haben uns in dem Ausschuss, Herr Pflugradt war dabei, gerade im Nachhinein sehr viele Einzelfälle angeschaut. Sie sind nicht identisch, sondern man muss sie sehr genau, sehr sorgfältig einsehen. Da gibt es Fälle, in welchen ein Casemanager innerhalb von 2 Telefonanrufen das Problem erledigen kann. Das ist das Arbeitspensum eines, wie ich finde, leichteren Falls. Dann gibt es Fälle, bei denen der Arbeitsaufwand ungleich viel größer ist.
Ziel unserer gemeinsamen Anstrengung, und da hoffe ich, dass die Linke hier „mit im Boot“ ist, ist doch zu versuchen, alles Denkwürdige zu tun, dass solch ein Fall wie mit dem kleinen Kevin nicht wieder passiert. In diesem Sinne brauchen wir wirklich eine gemeinsame Kraft und auch ein gemeinsames Umdenken. Ich bin ganz sicher, es wird eine finanzpolitische und auch eine sozialpolitische, wirtschafts- und bildungspolitische Anstrengung brauchen, weil wir es uns nämlich überhaupt nicht leisten können, dass wir ganze Stadtteile abkoppeln, die der Nährboden für
genau solche Fälle sind, wie man jüngst in Gröpelingen auch schon wieder sehen konnte. Es ist nicht handelbar, wenn wir nicht eine strategische Neudefinition von Sozialpolitik in dieser Stadt hinbekommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nicht nur die Anfrage ist ein besonderes Verfahren, sondern, Herr Möhle hat es eben gesagt, auch die Bearbeitung ist ein besonderes Verfahren. Ich habe ausdrücklich gesagt, sowohl auf der Pressekonferenz als auch auf der Fachtagung, die wir am 9. Oktober abgehalten haben, ich ziehe keine Bilanz, sondern wir befinden uns in einem Prozess.
Genau das macht es deutlich, dass wir hier sehr sensibel mit diesem Thema weiterhin umgehen und uns an den Notwendigkeiten und an den Bedürfnissen orientieren müssen, natürlich immer auch vor dem Hintergrund dessen, was wir im Bereich von Planstellen, von Personalstellen und von Haushalt realisieren können. Wir müssen hier auch das mit einbeziehen, was in den Stadtteilen möglich ist.
Ich will auf das eingehen, Herr Beilken, was Sie gesagt haben, die gefühlte Mangelsituation. Das ist natürlich eine Begrifflichkeit, mit der ich in diesem Zusammenhang sehr wenig anfangen kann und die uns an der Stelle überhaupt nicht weiterhilft
und deutlich macht, dass es bei aller Emotionalität, die in diesem Thema steckt, hier notwendig ist, auch ganz konkret diese Dinge sehr sachlich, sehr fachlich zu behandeln und nicht die Fälle als Zahlen zu sehen, sondern die Fälle in der Notwendigkeit und in der Qualität der Bearbeitung zu betrachten.
Ich will ganz ausdrücklich eingehen auf die Fachtagung am 9. Oktober, und ich bin dankbar dafür, dass wir dort in einer sehr konstruktiven und offenen Art und Weise dieses Thema diskutieren konnten. Ich finde es für mein Ressort weiterbringend, wenn dort auch kritisch damit umgegangen und gesagt wird: An der oder der Stelle brauchen wir eine weitere Modifizierung, was nicht in jedem Fall – und das muss ich ausdrücklich sagen – bedeutet, dass wir mehr Personal haben müssen, sondern dass wir möglicherweise hier die Engmaschigkeit von bestehenden Netzen noch weiter zusammenbringen müssen.
Ich will auch sagen: Veränderungen kosten mehr Arbeit? Ja und Nein! Veränderungen bringen in der Folge auch eine ganze Reihe von Erleichterungen in der Arbeit, und insofern auch Erleichterungen der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den einzelnen Bereichen, die diese herausragende Aufgabe zu leisten haben. Insofern ist es sehr kurz gedacht, wenn man sagt: Ich brauche, weil es Veränderungen gibt, ausschließlich mehr Personal.
Gern nehme ich das Bild vom Fußballtrainer auf, Frau Ahrens, was Sie hier beschrieben und gezeichnet haben. Sie wissen ja bekanntlich, dort kenne ich mich auch ein bisschen aus.
Wenn ich eine gute Mannschaft haben und noch mehr Leistung mit dieser Mannschaft erreichen will, dann investiere ich in die Mannschaft nicht nur sozusagen in Kopfstärke, sondern ich gebe ihnen auch die Möglichkeit, ihre Kondition, ihre Fertigkeiten und Fachlichkeiten zu erweitern, und genau da sind wir dabei. Wir haben hier in diesem Bereich Supervision und im Übrigen auch die Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, die ein fester Bestandteil geworden sind und die auch rege angenommen werden, weiter verstärkt, und das ist richtig so.
Wir arbeiten hier mit Sozialpädagogen und Sozialarbeitern zusammen, die zunächst einmal die Bearbeitung von Verwaltungsvorgängen in Form von Fallakten vielleicht so, wie wir es verstehen, nicht in jedem Fall gelernt haben. Insofern ist es folgerichtig, dass wir ihnen an dieser Stelle auch das eine oder andere, wenn es notwendig ist, an Schulung anbieten.
Auch die Form der Beteiligung, sich in die Diskussions- und Veränderungsprozesse einzubringen, gehört zur Veränderung der Arbeitskultur. Alles das ist eingeleitet, und das Bild, das Sie gewählt haben, vom Bummelzug ist falsch! Hier kann man sehr deutlich sagen, dass unmittelbar und sofort durch das Sofortprogramm und die dann folgenden Maßnahmen, die wir übrigens gemeinsam damals in einer Regierung beschlossen und auf den Weg gebracht haben, zuletzt im Jugendhilfeausschuss und in den Deputationen, es doch sehr schnell vorangekommen ist.
Wir haben hier als ein Beispiel das Kinder- und Jugendtelefon, das Sie ganz deutlich offensichtlich an der Stelle vielleicht auch nicht so ganz richtig eingeordnet haben. Wir haben sehr wohl auch schon seit dem 1. Februar 2007 dort, wie bisher auch, die Möglichkeit gehabt, dieses Telefon Tag und Nacht zu erreichen. Wir haben jetzt einen qualifizierten Hintergrunddienst. Ich bin auch dankbar dafür, dass das vom Kinderschutzbund wahrgenommen wird, dass hier unmittelbar auch von Fachkräften eingegriffen wer
den kann, auch in der Nacht und am Wochenende. Für diesen Bereich gab es bisher eine andere Regelung.
Wir haben eine ganze Reihe, ein ganzes Bündel von Maßnahmen – Sie haben es heute und gestern in der Zeitung lesen können – auch im Bereich von Prävention eingeleitet, es ist zum Beispiel „Pro Kind“. Mit Freude habe ich gelesen, dass wir in Bremerhaven hier jetzt auch gestartet sind. Viele Maßnahmen haben schon bereits im Frühjahr, im Sommer begonnen. Insofern, glaube ich, kann davon nicht die Rede sein, dass hier irgendwo etwas nicht getan wird. Gleichwohl, ich betone es noch einmal, ist es ein Prozess, der ständig auf der Agenda stehen und weiter bearbeitet werden muss.
Ich bin direkt auf den Bereich der Vakanzen angesprochen worden. Das ist ein Thema, ich will es einmal so sagen: Ein Mitarbeiter, der erkrankt; ich weiß nicht, wie Sie darauf reagieren würden, wenn diese Stelle unmittelbar besetzt werden würde. Es ist personal- und haushaltsrechtlich überhaupt nicht darstellbar, eine Stelle, auf der ein Mitarbeiter sitzt, von dem wir nicht wissen, welche Erkrankung er hat und wie lange diese Erkrankung dauert – das muss er uns im Übrigen nicht sagen –, diese Stelle unmittelbar zu besetzen.
Nichtsdestoweniger bemühen wir uns in den Fällen, in denen es notwendig scheint und auch Anzeigen kommen, hier mit Personalvertretung Aushilfe zu leisten. Ich will aber insgesamt zu dem gesamten Personaltableau etwas sagen. Wir haben in der Folge des Oktobers des letzten Jahres insgesamt 27 neue Stellen in ganz unterschiedlichen Bereichen zur Verfügung gestellt, die eine Entlastung vor Ort bedeuten. Nicht in jedem Fall sind es Mitarbeiter vor Ort. Gleichwohl, wenn es um Mitarbeiter geht im Bereich von Amtsvormundschaften, von Erziehungsberatung, so sind auch das Maßnahmen, die zur Entlastung der Fall führenden Mitarbeiter/-innen, so wie Sie es benennen, der Casemanager/-innen vor Ort, beitragen und ganz wesentlich eine Unterstützung sind.
Lassen Sie es uns gemeinsam weiterentwickeln! Im Übrigen nehme ich die Anregung der Bekanntmachung der Notruftelefonnummer vom Kinder- und Jugendschutz gern auf. Lassen Sie uns gemeinsam diesen Prozess weiter begleiten! – Vielen Dank!