Protocol of the Session on October 18, 2007

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt der Überweisung zu.

(Einstimmig)

Ich lasse jetzt über den Antrag und Überweisung des Antrags der FDP abstimmen.

Wer der Überweisung des Antrags der FDP mit der Drucksachen-Nummer 17/70 zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für Umwelt und Energie, federführend, sowie an die Deputation für Bau und Verkehr seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt der Überweisung zu.

(Einstimmig)

Bremer Sozialticket

Antrag der Fraktion Die Linke vom 2. Oktober 2007 (Drucksache 17/73)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Rosenkötter.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Cakici.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seitdem ich in Bremen wohne, bin ich ein bekennender Fan von öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Fahren mit dem ÖPNV ist umweltschonend, es entspannt und bringt einen häufig auf klare Gedanken, besonders, wenn man sich auf eine Sitzung vorbereitet.

(Beifall bei der Linken – Abg. Frau M ö - b i u s [SPD]: Das stimmt!)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Ihnen eigentlich bekannt, was zurzeit eine einfache Fahrt von Bremen-Mahndorf hier in die Stadt kostet? Genau 2,10 Euro! Na und, werden einige von Ihnen sicherlich sagen, so teuer ist es doch eigentlich gar nicht, Dienstleistungen haben ihren Preis! Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, für 10 000 Menschen in Bremen sind die Preise der BSAG allerdings ein großes Problem, weil für sie das Fahren mit Bus und Bahn unerschwinglich geworden ist: ältere Menschen mit geringfügigen Renten, Menschen, die von Hartz-IV-Gesetzen betroffen sind, Menschen in schlecht bezahlten Jobs an der Armutsgrenze. Eine Monatskarte kostet aktuell 42 Euro, dabei stehen Empfängern von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld nach dem Regelsatz monatlich gerade einmal 18,11 Euro für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Verfügung! Das reicht für insgesamt 4 Hin- und Rückfahrten, mehr ist im Etat nicht drin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte diese Entwicklung für einen gesellschaftlichen Skandal, dass sich Menschen dieser Stadt fragen müssen, ob sie noch Geld für den nächsten Arztbesuch erübrigen können, dass sich Menschen dieser Stadt fragen, ob ihr Geld noch dafür reicht, dass sie ihre Kinder von der Kita abholen, dass Menschen dieser Stadt Freundschaften aufgeben müssen, nur, weil sie sich die Besuche nicht mehr leisten können.

Haben wir uns denn schon so sehr an die Skandale Bremens gewöhnt, an 30 000 Kinder, die in Armutsgrenzen aufwachsen, an 40 000 Menschen, die verzweifelt eine Arbeit suchen, an den schleichenden Abriss des Sozialstaats? Sollen wir uns nun auch daran gewöhnen, dass Menschen sozial ausgegrenzt werden, weil für sie das Fahren mit Bahn und Bus zu teuer ist, weil sie nicht mobil sind?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer arm ist, darf nicht noch zusätzlich vom kulturellen und gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden, denn soziale Teilhabe ist eine Grundvoraussetzung für menschenwürdiges Leben und soziale Gerechtigkeit. Das Bremer Sozialticket leistet einen wesentlichen Beitrag, die Mobilität der betroffenen Menschen zu erhalten. Den von der Partei Die Linke in Bremen mitinitiierten Bürgerantrag zur Einführung eines Sozialtickets haben bereits rund 4000 Bremer und Bremerinnen unterzeichnet. Was in anderen Kommunen wie Berlin, Göttingen und Leipzig bereits lange Wirklichkeit ist, muss auch in Bremen möglich sein.

Die Fraktion Die Linke erinnert die Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in diesem Zusammenhang an ihren in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebenen Vorsatz nach Einführung eines ermäßigten Sozialtickets. Dort heißt es: „Wir wollen mit der BSAG Verhandlungen mit dem Ziel aufnehmen, ein ermäßigtes Sozialticket einzuführen“, Seite 49, Koalitionsvertrag!

(Beifall bei der Linken – Abg. F r e h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Richtig!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit unserem heute hier eingebrachten Antrag appellieren wir an Ihre soziale Verantwortung. Als Landesregierung und Opposition garantieren Sie allen Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt wieder uneingeschränkte Mobilität und gesellschaftliche Teilhabe. Zeigen Sie den Menschen, dass Sie Versprechungen ernst meinen, und nehmen Sie umgehend Verhandlungen mit der BSAG auf, um möglichst schon zum 1. Januar 2008 ein Bremer Sozialticket einführen zu können! Lassen Sie uns in gemeinsamer Anstrengung die Vision einer sozialen Stadt für alle entwickeln! Das Bremer Sozialticket ist ein erster Schritt auf diesem Weg. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der Linken)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Grotheer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir brauchen natürlich keine Erinnerung daran, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. So lange ist es ja noch nicht her, dass er unterschrieben worden ist.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. I m h o f f [CDU])

Also, unser Kurzzeitgedächtnis funktioniert, das Langzeitgedächtnis übrigens auch, und im Übrigen glaube ich, es ist jetzt das zweite Mal, dass Sie ein Projekt aus dem Koalitionsvertrag hier in Form eines Antrags aufgreifen, beim letzten Mal war es das Mit

tagessen für Kinder. Ich habe fast den Eindruck, Sie überlegen, ob Sie dem Koalitionsvertrag jetzt nicht doch noch beitreten wollen.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ja, den hat es ja so nicht gegeben!)

Ist das vielleicht der Hintergrund?

(Beifall bei der SPD)

Ich finde es ja ganz sympathisch, dass Sie unsere Anliegen mit solchen Anträgen unterstützen.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Würden Sie sie denn aufnehmen wollen?)

Herr Röwekamp, ich weiß gar nicht, warum Sie jetzt so nervös sind! Ich finde, dass wir uns hier ganz freundlich unterhalten, und ich kann mich erinnern, dass Sie in der letzten Legislaturperiode auch viel entspannter auf Ihren Plätzen gesessen haben, als es jetzt der Fall ist.

(Beifall bei der SPD – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Da hatte ich ja auch noch einen an- deren Platz!)

Entspannen Sie sich ein bisschen!

Wir haben uns als rot-grüne Koalition ganz viel vorgenommen. Wir wollen insbesondere viel für Kinder und Jugendliche tun. Wir wissen natürlich auch, dass sich soziale Gerechtigkeit nicht nur darüber herstellen lässt, dass wir Sozialleistungen ausbauen, aber überall dort, wo wir keine andere Möglichkeit haben, müssen wir eben auf die Sozialleistungen zurückgreifen. Das ist auch der Grund, weshalb wir der Auffassung sind, dass in Bezug auf die Regelsätze etwas getan werden und eine Überprüfung stattfinden muss. Wir haben jetzt gerade den Regelsatz bei dem ALG II auf 347 Euro angehoben, für Kinder sind es 208 Euro im Monat, und uns ist völlig klar, dass man davon Kinder nicht angemessen unterhalten kann.

Wenn wir auf die Berechnungsgrundlagen schauen, dann sehen wir, dass bei der Bemessung dieser Bedarfssätze für das Essen für Kinder 2,62 Euro täglich zugrunde gelegt worden sind, und für den ÖPNV, also für Fahrtkosten, sind es rund 10 Euro, die dort zugrunde gelegt werden. Für Erwachsene sind es rund 18 Euro, es ist völlig klar, dass man davon jedenfalls keine Monatskarte kaufen kann. Davon kann man gelegentlich einmal eine Fahrt mit der Straßenbahn unternehmen, aber man kann dafür kein Abo oder Ähnliches bezahlen.

Wir sagen, das muss besser werden, und deshalb ist es auch gut, dass der Senat sich dessen mit einer Bundesratsinitiative annimmt, um dazu beizutragen, die Regelsätze zu verändern und insbesondere ein

malige Leistungen wiedereinzuführen, die in die Regelsätze eingerechnet worden sind. Der Senat hat sich bekanntermaßen – das finden wir sehr gut – einer Initiative des Bundeslandes Rheinland-Pfalz angeschlossen, dass zukünftig nämlich Lehrmittel zum Schuljahresbeginn mit 83,20 Euro beziehungsweise 111,20 Euro bezuschusst werden können. Das ist eine ganz tolle Sache, dass sich dieser Senat des Themas so annimmt.

(Beifall bei der SPD)

Der Senat hat zusätzlich die Initiative ergriffen, über die Idee des Bundeslandes Rheinland-Pfalz hinaus, dass künftig auch einmalige Leistungen gewährt werden können für von Schule und Kindergarten durchgeführte Veranstaltungen wie Ausfahrten, Veranstaltungsbesuche, und auch Nachhilfe soll künftig bezuschusst werden können. Das gibt es jetzt zwar auch schon, aber nur dann, wenn, so steht es im SGB, ansonsten bei Kindern die Gefahr einer Behinderung besteht.

Das betrifft insbesondere die Fälle, in denen zum Beispiel eine schwere Lese- und Rechtschreibschwäche vorliegt. Alle anderen Formen von Nachhilfe werden dort nicht erwähnt. Das ist gut, dass der Senat der Auffassung ist, dass die Regelsätze überprüft werden sollen, auch das ist Gegenstand dieser Initiative. Damit sind wir sehr einverstanden!

Der Koalitionsvertrag verweist auf das Sozialticket und auch darauf, dass bestimmte kommunale Leistungen, kommunal finanzierte Leistungen vergünstigt zur Verfügung gestellt werden sollen für Menschen mit geringem Einkommen. Wir setzen das um, wir werden das Schritt für Schritt in die Tat umsetzen. Wir wissen, bei uns wachsen die Bäume finanzpolitisch nicht in den Himmel, deshalb müssen wir pfiffige Lösungen finden. Wir müssen sehen, dass wir Lösungen finden und die vorhandenen Angebote nutzen, die direkt bei denen ankommen, die es brauchen.

Dazu zählt zum Beispiel der Gedanke, Sie haben es dankenswerterweise aufgegriffen, dass wir sehen, ob wir wie beim Jobticket oder beim Semesterticket für den Bereich des ÖPNV Lösungen finden, die einerseits den Betroffenen zugutekommen, andererseits aber zusätzliche Fahrgäste akquirieren. Das ist notwendig, um auch einen entsprechenden Ausgleich bei der BSAG herbeizuführen.

Das ist auf einem guten Weg, ich bin da ganz zuversichtlich, dass der Senat dieses Projekt richtig auf den Weg bringen wird, und ich hoffe, dass er uns hier demnächst auch eine Erfolgsmeldung erstatten kann.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Wir können deshalb, nachdem ich hier gesagt habe, wir sind davon überzeugt, dass das richtig ist, natürlich den Antrag der Linken nicht ablehnen, wir wol